Kaum hatte die "Wissenschaftlerin, Betroffene und aufmerksame Beobachterin unseres Zusammenlebens" die Medien davor gewarnt, "bewusst oder unbewusst die Deutungsmuster von Rechtspopulisten zu übernehmen" und lieber die Finger von solchen Haram-Werken wie „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq zu lassen, meldete sich eine Glaubensschwester der liberalen Muslima aus Dinslaken zu Wort und klagte, dass "wir viel zu häufig über den Islam (diskutieren)".
Ebenso wie Lamya Kaddor möchte auch Dunja Ramadan Debatten über den Islam nicht verbieten, Gott bewahre! "Über all das darf man sprechen, keine Frage – aber dann bitte in der nötigen Differenziertheit." Und nicht so, wie in einer Maischberger-Sendung zum Thema: "Beethoven oder Burka – braucht Deutschland eine Leitkultur?" Da wurden "zur besten Sendezeit... 300 Burka-Trägerinnen, die es in Deutschland geben soll, als Symbol für fast fünf Millionen Muslime hergenommen – was bleibt da noch zu sagen? Es sind Scheindebatten, die unsere Gesellschaft auf perfide Art und Weise spalten." – Spalten, der aktuell beliebte Vorwurf, den meist diejenigen erheben, die sich für eine bunte, diverse und tolerante Gesellschaft einsetzen, ist noch nicht schlimm genug, es muss eine "perfide Art und Weise" sein.
Nun ist es noch nicht lange her, dass sich die Sprecher moslemischer Organisationen darüber beschwerten, dass sie übergangen und eben nicht oft genug zu Talk-Shows eingeladen würden. Aber andersrum ist es auch nicht gut, jetzt wird "viel zu häufig über den Islam" diskutiert.
Der Meinungswechsel mag auch daher kommen, dass die Repräsentanten der moslemischen Organisationen, die alles in allem etwa 20% der in Deutschland lebenden Muslime vertreten, in den Talk-Shows keine bella figura machten, indem sie immer wieder behaupten, der Islam sei eine Religion des Friedens, der Nächstenliebe, der Menschenechte, der Toleranz gegenüber Minderheiten und Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften und dabei alles, was im Islam problematisch ist, auf das Konto einer Ideologie namens Islamismus buchten, die aber mit dem Islam nicht das Geringste zu tun hätte.
Keine Gelegenheit verpassen, sich lächerlich zu machen,
Vom Generalsekretär der DITIB, Bekir Alboga, über den Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime, Ayman Mazyek, der die Scharia mit der Demokratie für vereinbar erklärt, bis hin zu solchen Paradiesvögeln wie Khola Maryam Hübsch oder Kristiane Backer, die vom MTV zum Islam übertrat, verpasste keiner je eine Gelegenheit, sich lächerlich zu machen, wie zuletzt der Vorsitzender der Kleinstpartei „BIG“, Haluk Yildiz, bei Maischberger.
Aber das ist natürlich kein Privileg praktizierender Muslime. Bio-Deutsche können es auch. Zum Beispiel Peter Wien, Professor für Geschichte des Modernen Nahen Ostens an der University of Maryland in College Park, USA, der vor kurzem behauptet hat, "im Islam gibt es keinen traditionellen, religiös oder rassistisch begründeten Antisemitismus"; nicht einmal der Obermufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, der von 1941 bis zum Kriegsende in Berlin residierte, um den Führer zu beraten, wie dieser nach dem Sieg über die Alliierten auch Palästina entjuden könnte, war ein authentischer Judenhasser. "Alles spricht dafür, dass der Mufti in seiner Berliner Zeit zum skrupellosen Antisemiten wurde." Vorher habe er nur die Briten nicht gemocht.
Wien relativert solche Aussagen zum Teil, allerdings auf eine Weise, die in Österreich "verschlimmbessern" genannt wird. Wobei die Muslime selbst dann gut davonkommen, wenn sie ein wenig "mordend, vergewaltigend und plündernd durch die Straßen des armen jüdischen Viertels" ziehen. Denn: "Da, wo Juden und Muslime sich kannten, wurde geholfen. Gemordet und geplündert wurde unter Fremden."
So betrachtet, bekommt auch ein Pogrom mit 200 Toten ein menschliches Gesicht.