Henryk M. Broder / 18.07.2021 / 15:00 / Foto: Acgut.com / 58 / Seite ausdrucken

Je später, umso blauer

Vor ein paar Tagen hat das ZDF – „Mit dem Zweiten sieht man besser“ – bekannt gegeben, es werde seine Nachrichtensendungen in einer neuen Form präsentieren. Mit dem „Relaunch“ wolle man „gebündelte Informationskompetenz, optimierte Virtualität und modernisierte Studioausstattung“ miteinander verbinden.

Wer die Sprache kennt, mit der die öffentlich-rechtlichen, gebührenfinanzierten Anstalten über sich selbst berichten, weiß, was Adjektive wie „gebündelt“, „optimiert“ und „modernisiert“ bedeuten, vor allem, wenn sie als Cluster auftreten: Alles und nichts. 

Man nennt das Verfahren der Verschleierung durch Blasenbildung „Framing“. Statt „Wir steuern auf eine Krise zu“, sagt man „Wir stehen vor einer großen Herausforderung“, das hört sich gleich viel besser an. 

Bettina Schausten, stellvertretende ZDF-Chefredakteurin und Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles, kündigt die Inbetriebnahme eines neuen Studios an, aus dem heraus man „kompakter und konzentrierter“ berichten werde. Für ihren Vorgesetzten, Chefredakteur Peter Frey, gilt das offenbar nicht. Er darf wie bisher weiter mäandern: „Mit dem Relaunch stärken wir die Erklär-Kompetenz unserer Nachrichtensendungen und rücken unsere Moderatorinnen und Moderatoren klarer in den Fokus… Unser neues Studio dient dazu, die Anchors und ihre Interaktion mit Studiogästen und zugeschalteten Interviewpartnern zu stützen.“ 

Die Moderatoren und Moderatorinnen, kündigt Frey an, würden an „einem Nachrichtentisch aus Nussbaumholz in geschwungener L-Form“ stehen, „Gespräche mit Gästen und Expert*innen im Studio können über Eck“ geführt werden. Weiteres wichtiges Detail des Relaunch: „Blau soll die bestimmende Sendungsfarbe bleiben, je später die Sendung, desto dunkler der Farbton.“

Das also ist des Pudels Kern, wenn nicht bereits das Ei des Kolumbus, mit dem man entfremdete Zuschauer zurückholen will: Ein Nachrichtentisch aus edlem Nussbaumholz in geschwungener L-Form und eine der Tageszeit angepasste blaue Studiobeleuchtung. 

Wie lange haben die Relaunch-Experten des ZDF an diesem Konzept gearbeitet? Wie viele externe Berater mussten dazugezogen werden? Ginge es vielleicht noch kompakter und noch konzentrierter, wenn man die Nachrichten live aus der ZDF-Kantine senden würde?

Oder aus dem Amtssitz der grünen Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner? Die hat eben einen „Leitfaden“ für eine „geschlechtergerechte Sprache“ auf den Weg gebracht, eine Handreichung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung, die der Tatsache Rechnung tragen soll, dass die Stadt Bonn sich für „eine gerechte, respektvolle und diskriminierungsfreie Sprache einsetzt“ – in „der internen und externen Kommunikation“. 

Irgendwie ist man bis jetzt ohne einen solchen „Leitfaden“ ausgekommen. Soweit bekannt, hat es weder Protestaktionen vor dem Rathaus gegeben noch wurden wichtige Kreuzungen besetzt, weil sich Kunden oder Bedienstete der Stadtverwaltung ungerecht, respektlos und diskriminierend angesprochen fühlten. Aber das mag eine Frage der Sensibilität sein, die erst hergestellt werden muss, bevor in der internen wie externen Kommunikation die „geschlechtergerechte Sprache“ zur Norm wird. 

Weil sich „manche Menschen dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen, manche nicht“, erklärt die Bonner Oberbürgermeisterin, dürfe „die Sprache der Stadtverwaltung nicht Teile der Bevölkerung ausschließen“. Vielmehr müsse die Stadt „eine Orientierung geben für eine Sprache, die alle Menschen einbezieht“. Die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ würde zwar „weiter zugelassen“, besser wäre es aber „Sehr geehrte Anwesende“ oder „Sehr geehrtes Publikum“ zu sagen. Zu den „Formulierungen, die nicht mehr verwendet werden sollen“, gehören „Rednerliste“, „Fahrzeughalter“, „Vollmachtgeber“ und „Zugang für Rollstuhlfahrer“. Als Ersatz werden empfohlen: „Redeliste“, „fahrzeughaltende“ bzw. „vollmacht-gebende Person“ und „rollstuhlgerechter Zugang“. 

Das ist der „Neusprech“, den George Orwell in seinem Roman 1984 vorhergesehen hat. Eine Dystopie wird wahr, nur dass sie dieses Mal nicht von einem totalitären Regime in die Tat umgesetzt wird, sondern von Freunden der Inklusion und Integration. Also von den Guten oder, wie man inzwischen sagen muss, den Gutmeinenden, Wesen, die nicht als Mann oder Frau, sondern als „Person“ angesprochen werden möchten.

Alles andere wäre ungerecht, respektlos und diskriminierend.                       

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Knapp,Heinerich / 18.07.2021

WER schaut denn noch Fernsehen, dazu noch das ZWEITE,das ERSTE ist ja schon unerträglich. Aber mit Spielgeld in Höhe von 8,7 Milliarden lässt sich der Tag gut überstehen,

Regina Becker / 18.07.2021

Ich habe vor ein paar Tagen eine Mail an eine Stelle schicken müssen, die prinzipiell im Gender-Geschwurbel schreibt. Offenbar haben sie deswegen auch den Thesaurus abgeschaltet, denn es rutschen Rechtschreibfehler (und nichts Anderes ist auch die Genderei) durch. Der Schriftwechsel mit dieser Einrichtung ist nicht von der freundlichen Art. Nun habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich die Anrede gestalten soll. “Personen” wäre nicht schlecht gewesen - aber darauf bin ich nicht gekommen. Mir fiel ein “Verehrte Kreaturen”. Klingt ein wenig krass aber ist gleichbedeutend mit dem Begriff Geschöpf. Schöpfung, Kreation, Kreativität… Ich hab dann aber geschrieben “Sehr geehrte m/w/d” - und ich hoffe sehr, dass die Reihenfolge der Buchstaben nicht als Diskriminierung aufgefasst wird. Aber in einer Zeit, wo man in jeder Werbung und auf jeder Internetseite mit du angeredet wird, sollte man die förmliche Anrede vllt durch ein lockeres “hey Leute” ersetzen. Und was das ZDF betrifft: wozu brauchen die denn einen Tisch?

Holger Kammel / 18.07.2021

Im Ahrtal und in Erftstadt werden noch die Toten eingesammelt, in einem funktionierenden Staat hätten wir eine mehrtägige Staatstrauer, aber in Frankfurt fand am Samstag die CSD-Parade statt. Die Buchstabensuppengemeinde feierte fröhlich. Noch Fragen?

Karla Kuhn / 18.07.2021

Alexander Schilling “.... womit die sprichwörtlich rasenden ‘Furien’ gemeint sind…..” Einfach zu köstlich. Ich liege untermTisch, wieder super Leserbriefe. Was mir am besten gefällt, die “EHRUNG der AFD,” im ganzen Land sichtbar durch blaues Licht,  nachdem sie jahrelang in der Schmuddelecke stehen mußte. ZDF-LER, m w d gehen mutig voran, weiter so ! DANKE!  Dr. Stefan Lehnhoff, höchstens wenn er schwul gewesen wäre, dann hätte ihn das wahrscheinlich mächtig angeheizt, so ein regenbogenfarbiges “Soldatenunterhöschen.”

Ralf.Michael / 18.07.2021

Herr Broder, Sie sollten es machen wie ich. ES hat keinen sittlichen Nährwert, gegen solchen Schwachsinn anzukämpfen. Nach Links und Rechts wie im Krieg einfach ausweichen, einigeln und den Angreifer (hir Feind) voll ins Leere laufen lassen bis Ihm denn der Treibstoff ausgeht…Das läuft sich bald Tot. Kisuaheli und Esperanto wollte auch Niemand, ich stehe sowieso eher auf Galach (Lingua Galactica)... Ansonsten : Höflich ausweichen, freundlich anlächeln, ignorieren und boykottieren. Ich lass mir doch von solchen Mongo`s und Spacko`s nicht die Laune vermiesen. Auf gar keinen Fall !

Gabriele Klein / 18.07.2021

“Soweit bekannt, hat es weder Protestaktionen vor dem Rathaus gegeben noch wurden wichtige Kreuzungen besetzt, weil sich Kunden oder Bedienstete der Stadtverwaltung ungerecht, respektlos und diskriminierend angesprochen fühlten. ”  Danke für diese klaren Worte. Mir gehts genauso,  Auch ich suche immer noch konkret jene der 61 PLUS Geschlechter die bei gewissen Regierenden ihre Vertretung in Auftrag gaben um für sie zu sprechen., und als Extrawurst in den Geschlechterkatalog aufzunehmen. Bis dato suchte ich leider vergeblich nach den Mandanten hinter den Advokaten. Dem “Mündel” scheints die Sprache verschlagen zu haben denn es ist so still wie sein “Vormund” schrill und Ich sehe daher das ganze als eine einzige AGITPROP Nummer der besonderen Güte die darauf abzielt mit dem Vorwand der Vielfalt, die möglichst durch 1 Wort für Alle repräsentiert wird, jene Einfalt voranzutreiben die es erlaubt, den Menschen am Ende auf eine arbeitende KZ Nummer zu reduzieren. Ich meine in Hitlers Arbeitslager gabs auch am Ende nur ein einziges Loch für alle, ohne jede “Diskriminierung” egal ob Trans, hetero oder Bi…. Ansonsten bin ich gespannt wann eigentlich die Ehe zum Straftatsbestand wird, denn hier handelt es sich nicht nur um Diskriminierung pur sondern auch die gefährlichste Form der “Zusammenrottung” für den Staat ganz egal ob hetero oder Homo, so eine Ehe ist das letzte Hindernis einer reibungs- und verantwortungslosen Verwaltung.

Anke Müller / 18.07.2021

Dörner hat in Bonn das Dezernat des OB quasi per Amtsantritt um 8 Stellen erweitert. Und jetzt erkennt man auch, für was sie diese Stellen benötigt. Zudem zahlt Dörner sowohl die neue Stadtsprecher*in wie die beiden neuen Geschäftsbereichsleiter*innen übertariflich. Dörner behauptet auch, die Bonner hätten Platz und würden gerne über zugeteilte “Flüchtlinge” hinaus weitere Bootsmigranten aufnehmen. Wohnungen wie Arbeitsplätze hat sie für solche nicht - die Bonner werden also auf Dauer alimenteren müssen. Verschuldung der Stadt Bonn 2021:  1.900.000.000,00 Euro Verschuldung der Stadt Bonn 2025:  2.700.000.000,00 Euro Die Bonner werden es ihr danken. Zu zahlen werden sie den angerichteten Schlamassel auch dieser Grünen auf jeden Fall haben.

Karla Kuhn / 18.07.2021

“....was Adjektive wie „gebündelt“, „optimiert“ und „modernisiert“ bedeuten, ....”  gebündelt: ” Noch mehr Schwachsinn auf einem Haufen ?  optimiert: Noch mehr Druck ausüben und versteckte Drohungen ? modernisiert: Alles nur noch abartig “Tschändern?”  Na ja, mich berührt es nicht, diese “Staatsmedien?”, “Merkemedien?”  oder wie auch immer die heißen, wurden von mir schon vor langer Zeit eingeäschert, sozusagen Discounter Begräbnis in Tschechien. Hjalmar Kreutzer, je nach Glaubensrichtung, Grüß Gott Diverse ? oder Hallo Du Undefinierbare? oder verliebt, Mein Schätzchen-m-w-d ? oder kalt Hy, Person die hier schon länger lebt ? Diese Sorgen bleiben mir erspart, ich kenne nur Selberdenker mit Grips, alles andere wurde entsorgt.  “....aus dem heraus man „kompakter und konzentrierter“ berichten werde. WAS?,  FAKE NEWS?  “...„einem Nachrichtentisch aus Nussbaumholz….” Igitt, wie Zehohzwei schädlich, warum nicht paar alte Äste zusammengebunden mit Hanfstricken und an der Decke befestigt wie eine Schaukel ? Schließlich muß das Klima spätestens bis gestern gerettet sein. “.....und rücken unsere Moderatorinnen und Moderatoren klarer in den Fokus… ”  NOCH klarer ? Wäre nicht bissel milchiger angebracht ?  Bin ich froh, daß ich die nicht sehen muß !! “Weil sich „manche Menschen dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuordnen, manche nicht“, erklärt die Bonner Oberbürgermeisterin, dürfe „die Sprache der Stadtverwaltung nicht Teile der Bevölkerung ausschließen“  Asche auf das Haupt der früheren Bonner Kanzler, überhaupt auf alle Menschen in Deutschland, diese “SÜNDER” haben Jahrzehnte ganze TEILE der Bevölkerung ausgeschlossen. Haben diese das überlebt ? Oder sind sie an oder mit “Ausschluß” gestorben ? ZDF und ARD besitzen offenbar zuviel ZWANGSGEBÜHREN !! Das MUß geändert werden. VOLKSABSTIMMUNG !

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com