Claude Cueni, Gastautor / 03.04.2022 / 15:00 / Foto: Pixabay / 69 / Seite ausdrucken

Fortschritt durch kulturelle Aneignung

Um zu realisieren, wie bescheuert die Kritik der „kulturellen Aneignung“ ist, muss man das konsequent zu Ende denken: People of Colour dürfen dann weder Handy noch Internet nutzen, keine Autos fahren, keine Lifte betreten, keine Antibiotika einnehmen.

155 nach Christus schwärmte der griechische Autor Aelius Aristides für Globalisierung und kulturelle Aneignung. Entlang der Handelsrouten wurden Produkte getauscht, zu Hause kopiert und weiterentwickelt. „Cultural appropriation“ führte meistens zu einer Bereicherung und Beschleunigung des Fortschritts. Ohne diese gegenseitige Inspiration würden heute noch große Teile der Menschheit als Nomaden durch die Steppen ziehen, mit Holzspeeren ihr Mittagessen jagen und Emojis an die Höhlenwände malen. Einige würden bereits in der Bronzezeit leben, andere zum Mond fliegen.

Um zu realisieren, wie bescheuert die Kritik der „kulturellen Aneignung“ ist, muss man das konsequent zu Ende denken: People of Colour dürfen dann weder Handy noch Internet nutzen, keine Autos fahren, keine Lifte betreten, keine Antibiotika einnehmen. Und kein Nichtweißer dürfte „Give peace a chance“ singen. Denn all diese Errungenschaften wurden nun mal von Weißen vollbracht, aber kein Bleichgesicht käme auf die Idee, People of Colour die Nutzung ihrer kulturellen Leistungen übel zu nehmen.

Im Gegenteil: Es ist uns völlig egal, ob Nichtweiße jodeln, in Appenzeller Trachten herumlaufen oder Fondue essen. Wir sehen das eher als Kompliment. Und haben wir nicht selbst arabische Zahlen, Geometrie, Astronomie, Schießpulver, Papierherstellung, den Blues und vieles mehr übernommen? 

Tanzen Sie Samba, kochen Sie indonesisch

Darf man sich morgen noch exotische Sprachen aneignen? Es ist schon erstaunlich, dass diese Absurditäten Universitäten erobern. Wie wohlstandsverdorben muss man sein, um solche „Probleme“ zu erfinden? Erleben wir nicht bereits in der Gastronomie, wie kulturelle Aneignung Speisekarte und Lifestyle bereichern?

Wer diese gegenseitige Befruchtung ablehnt, erschwert die Verständigung zwischen den Kulturen, grenzt sich ab und spaltet die Gesellschaft wie Rechtsextreme, die Fremdartiges ablehnen. Auch wenn die Motivation eine andere ist.

Die Welt ist nun mal bunt wie die Natur und hat nichts übrig für diesen totalitären Zeitgeist. Tragen Sie Dreadlocks, tanzen Sie Samba, kochen Sie indonesisch und schicken Sie Ihre Kinder in Indianerkostümen an die Fastnacht. Wenn jemand damit ein Problem hat, ist es sein Problem und nicht Ihr Problem.

 

Claude Cueni (66) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK, wo dieser Beitrag zuerst erschien. Zuletzt erschienen bei Nagel & Kimche die Romane „Genesis – Pandemie aus dem Eis“ und „Hotel California“.

Foto: Pixabay

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Fred Burig / 03.04.2022

@Uta Buhr:”... Auweia, @Fred Burig, Sie haben doch tatsächlich das Wort “Mulatte” ausgesprochen bzw. in Ihre Tastatur gehämmert. Das wird böse Folgen für Sie haben….”  Wieso für mich, ich dachte für die Mulatten! Bei denen besteht doch Unklarheit, wer von wem sich was angeeignet hat! MfG

Brigitte Miller / 03.04.2022

Bravo Herr Cueni, dass Sie das ansprechen.  Das sollte man selbstbewusst dem Ansinnen von PoCs und ihren Vertretungen , den Links/Grünen Woken , entgegen rufen. Aber die meisten Angegriffenen ducken sich und streuen Asche über ihr Haupt. Haben sie doch Schuld auf sich geladen, als sie sie die Welt kolonisierten. Sippenhaft lässt grüssen. Bei den aggressiven Transgender-Ideologen laufen die gleichen Mechanismen ab. Der Traum von Martin Luther King hat sich nicht verwirklicht, Farbe spielt wieder eine grosse Rolle, der Traum der ersten Feministinnen, Gleichberechtigung ohne Ansehen des Geschlechts, ist absurden Genderdiskussionen und Sprachzerstörung gewichen.

STeve Acker / 03.04.2022

ich denke dieser Schwachsinn ist ein weiteres Element in der großen Zielsetzung des woke-linken Universalismus-Mainstreams:  es geht darum unsere Gesellschaft auf allen Ebenen zu zerstören. Das lässt sich an folgendem am besten erkennen:  Am Anfang ging es darum benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu helfen. . zb. Feminismus,oder für Homosexuelle.  Hatte durchaus Berechtigung , vieles wurde erreicht. Und jetzt man sich für den Islam, fördert die Einwanderung , stärkt die Ausbreitung, Kritik an islamischen Praktiken erntet shitstorms, wird gebrandmarkt. Und wie geht der Islam mit Frauen um, wie mit Homo- und Transsexuellen ? Egal , der Zuwachs des Islam hilft unsere Gesellschaft zu zerstören, und wird weiter gefördert. Wenn man dann die Menschen nötigt, bei jeder Kleinigkeit nachzudenken , ob das nicht “kulturelle Aneignung”, ist , verwirrt man die Gesellschaft weiter.

Peer Doerrer / 03.04.2022

Wenn alle der ” Jungmänner ” die zu uns nach Europa einströmen so adrett und businesslike aussehen würden , gäbe es mehr ”  Negerküsse ” .

St.Elmo / 03.04.2022

Es sind indische Zahlen nicht arabische,  die Araber haben sie von den Indern übernommen, die Europäer von den Arabern.

Manfred Wetzel / 03.04.2022

Wie oft wurde in der frühen Menschheitsgeschichte eigentlich die Schrift erfunden? Es wird nur wenige Male gewesen sein. Denn aus einfachen Symbolen ein Schriftsystem zu entwickeln ist kein Pappenstiel. Ich vermute, in Mesoamerika, in Zentralasien und am Euphrat wird es je eine Schriftquelle gegeben haben. Alle anderen Schriften entstanden durch kulturelle Diffusion. Wer kulturelle Aneignung verbietet der behindert die Entwicklung der Gesellschaft.

Gabriele H. Schulze / 03.04.2022

Gestern im Bus: drei dicke nichtbekopftuchte naximalpigmentierte Frauen unterhielten sich sehr sehr laut in einem afrikanischen Idiom. Sahen meinen gequälten Blick und wechselten flugs für ein paar Sätze in’s Teutsche. Eine der Damen hatte blond gefärbtes, geglättetes Haar. In mir tobten heftige Abneigung, gar Rassismus, wegen Kopfweh und der Drang, der Blondine kulturelle Aneignung vorzuwerfen. Werde selbst schon bescheuert!

STeve Acker / 03.04.2022

Wenn jemand zb. Dreadlocks trägt, dann weil er das schön findet. Ist also eine Wertschätzung der anderen Kultur. und das soll ganz schlecht sein… Ich staune immer wieder wie der größte Schwachsinn immer noch getoppt wird.

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