Claude Cueni, Gastautor / 09.08.2023 / 16:00 / Foto: Pixabay / 11 / Seite ausdrucken

Als die Schweiz Söldner exportierte

Vor rund 600 Jahren exportierte die Schweiz weder Flugabwehrsysteme nach Katar noch gepanzerte Fahrzeuge nach Botswana, sondern Zeitsoldaten aus Fleisch und Blut.

Man nannte sie „Reisläufer“, weil diese Söldner „reisten“. Bei ausländischen Herrschern war die Kriegskunst der Schweizer gefragt. Mit ihren sechs Meter langen Spießen stachen sie Ross und Reiter nieder und waren manchem Ritterheer überlegen. Man hielt diese „Gewalthaufen“ deshalb für unbesiegbar. Für junge Männer war der Anreiz, im Ausland Kriegsdienst zu leisten, groß, zumal Überbevölkerung und die damit verbundene Arbeitslosigkeit immer mehr Menschen in die Armut trieb.

Auf Söldner spezialisierte „Jobcenter“ vermittelten zwischen Herrscherfamilien und jungen Schweizern, die einem trostlosen Dorfleben entfliehen wollten. Später übernahmen Kantone dieses lukrative Business. Sie setzten durch, dass sich vermittelte Söldner bei Verfehlungen keinem fremden Richter stellen mussten. Als die Inflation die Kaufkraft des Soldes schmälerte und das Recht auf Plünderung eingeschränkt wurde, verlor die Reisläuferei an Attraktivität. Es war schließlich das Schießpulver, das den Mythos der Unbesiegbarkeit zerstörte.

Während der französischen Kolonialkriegen in Indochina (1946–1954) und Algerien (1954–1962) traten rund 7500 Schweizer der französischen Fremdenlegion bei. Diese Eliteeinheit für Auslandeinsätze war bereits 1831 gegründet worden. Seit der Revision des Militärstrafgesetzes im Jahre 1927 ist Schweizern der Dienst in fremden Armeen verboten. Einige schließen sich trotzdem der Legion an. Wer jedoch nach den obligaten fünf Dienstjahren zurückkehrt, muss (theoretisch) mit einer Haftstrafe rechnen. Das gilt auch für die wenigen Schweizer, die sich in der Ukraine der „Internationalen Territorialverteidigungs-Legion“ angeschlossen haben.

Vom Söldnerverbot ausgenommen ist die 1506 gegründete päpstliche Schweizergarde. Ihre Tätigkeit wird als Polizei- und nicht als Militärdienst eingestuft. Die Motivation, in einer Renaissance-Uniform in der brütenden Hitze Wache zu schieben, gleicht in einem Punkt den Beweggründen der Reisläufer: Es ist der jugendliche Drang, der Eintönigkeit zu entfliehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Schweizer Blick“.

 

Claude Cueni ist Schriftsteller und lebt in Basel. Zuletzt erschien sein Thriller „Dirty Talking“.

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W. Renner / 10.08.2023

Wie sich die Zeiten ändern. Heute importieren sie Söldner aus Afghanistan, Syrien und sonst wo her.

Lutz Liebezeit / 09.08.2023

1500 ungefähr lagerten vor Bern 150.000 Migranten, angelockt von der Wohlfahrt des Christentums. Bern hatte 30.000 Einwohner und die finanzierten und ernährten die 150.000 Obdachlosen. Die kamen aus aller Herren Länder, Söldner, Landfahrer, Bettelorden, das war wie heute. Es sah überall in Europa so aus. Martin Luther war selber oft Opfer der Bettelorden geworden. Aus dieser Überschwemmung, der nicht vorhandenen Ordnungsmacht, der übergroßen Verbrechensrate, da waren Morde auf offener Straße, Strauchdiebe, Buschklepper, Brandschatzer durch organisierte Bandenkriminalität und Landfahrer wegen der offenen Grenzen hat Luther sich seine Meinung gebildet. Im Wald waren damals die Räuber, ..

Jochen Lindt / 09.08.2023

Die größten Söldnerheere hatte Deutschland.  Schon immer.  Ohne deutsche Söldner wäre Amerika nicht unabhängig geworden.

Carlo Mayer / 09.08.2023

Die Schweizer haben nicht vergessen, dass sie in den Bergdörfern jahrhundertelang bitter arm waren und ihre Söhne wegschicken mussten. Sie passen auf ihr Geld auf. Die Deutschen hatten es im Vergleich zu Italien, Frankreich, England und Spanien auch nie zu nennenswertem Wohlstand gebracht (Katastrophe 30jähriger Krieg), schmeißen aber in der einzigen Wohlstandsperiode, die das Land je hatte (von 1960 bis 2015) mit dem Geld um sich wie besoffene Matrosen und werden bald wieder arm sein.

Hans-Peter Dollhopf / 09.08.2023

In summa im Sold von Herrn ausländischer Territorien, mit sechs Meter langen Lanzen nicht minder brachialen Gegnern effektiv Tod zu bringen, bedarf bei der Mehrzahl aller Einzelnen körperlich, kognitiv und emotional phänomenaler Besonderheit. Das verbreitete Phänomen ist Ausdruck seines inhärenten Erbes. Und so wurden die zurück gebliebenen Schweizer zu jenen Alpenberg- und Talbewohnern mit ihrem lustigem Dialekt, wie wir sie heute kennen. Sie hätten sich damals in ihrem Sturm und Drang so schön ins Bild des europäischen Kolonialismus einfügen können. Allein, es fehlte der dafür notwendige und ungehinderte Zugang zur offenen See.

Bargel, Heiner / 09.08.2023

Um 1500 hatten die Schweizer Söldnerheere einen Feind, dem auch sie unterlagen. In dieser Zeit ist vor den Toren Berns ein ganzes Heer (die Angaben, die ich fand, schwanken zwischen 6000 und 8000 Söldner) an der Syphilis gestorben. Es sollen nur 148 (da scheinen die Quelle wieder einig zu sein) überlebt haben.

Jürgen Rhode / 09.08.2023

Die Schweizer Gardisten im Vatikan tragen bis heute noch ihre lächerliche Uniform. Wenn das keine Tradition ist.

Ralf Pöhling / 09.08.2023

Einen ganz herzlichen Gruß in die freiheitliche Schweiz. Ihr wisst wie man es richtig macht. :-)

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