Paul Nellen / 09.07.2020 / 10:00 / Foto: Benjamin B. Hampton / 98 / Seite ausdrucken

Filmförderung: Gegen Zensur hilft nur Selbstzensur

Die Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein gibt soeben bekannt:

"Ab sofort sind Antragsteller*innen dazu verpflichtet, einen Fragenkatalog zur Diversität ihres geplanten Projektes zu beantworten. So sollen sie zur bewussten Beschäftigung mit dem Thema Diversität und zur kritischen Überprüfung des eigenen Handelns angeregt werden."

Ein Beispiel aus dem Katalog der Anregungen – hier zu "Development" ("Projekt-Entwicklung") –, mit dem die Filmförderung der beiden norddeutschen Bundesländer künftig alle Antragsteller zur "kritischen Handlungsüberprüfung" auffordert:

1. "Greift die Geschichte eins oder mehrere der nachfolgend genannten
Themen direkt auf:

a) Alltag in der dritten Lebensphase

b) Geschlechterrollen

c) Hautfarbe bzw. People of Color

d) Leben mit Behinderung

e) Mehrgeneratives Zusammenleben

f) Migration und Vertreibung

g) religiöse oder weltanschauliche Fragen

h) sexuelle Identitäten

i) sozioökonomischer Status?

2. Wird die Handlung maßgeblich von einem oder mehreren der genannten Themen beeinflusst?

3. Sind eine oder mehrere Hauptfiguren direkt in genannte Themen involviert?

4. Sind die Geschlechter in der Geschichte ausgeglichen repräsentiert bzw. dargestellt?

5. Kommen bei den Figuren People of Color vor?

6. Tauchen Figuren mit anderer als heterosexueller Orientierung auf?

7. Werden Figuren mit einem unterprivilegierten sozioökonomischen Hintergrund dargestellt?

8. Werden Figuren erzählt, die Menschen mit Behinderung darstellen?

9. Durch welche Ansätze in der Figurenentwicklung werden klischeehafte Rollenbilder vermieden? (bitte beschreiben)

Welchem Geschlecht sind die folgenden Kreativen zuzurechnen? (ggf. Anzahl):

a) Produzent*in

b) Regisseur*in

c) Drehbuchautor*in" ... usw."

Natürlich ist nicht recht einzusehen, wenn nur Filmschaffende Fragen wie die vorgenannten beantworten müssen. Zu vermuten ist, dass sich jede Art von öffentlicher Förderung demnächst einem ähnlich wohlmeinenden Katalog zu stellen haben wird. In Kunst und Kultur wird es in einem weiteren Schritt daher bald auch nicht mehr nur um neue, noch zu schaffende Werke gehen – es dürfte künftig auch gefragt werden, ob die Aufführung bereits geschaffener Werke in öffentlich finanzierten Einrichtungen nicht in gleicher Weise zu befragen wäre, ehe man sie ungeschützt auf das diversitätsverlangende Publikum loslässt. 

Es wird danach wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch private kommerzielle und andere Einrichtungen unter Erklärungsnot geraten, wenn sie ihre Mit- und Zuarbeiter projektbezogen nicht zu vergleichbaren "Anregungen“ "verpflichten“, wie die Filmförderungsrichtlinien im deutschen Norden sie ab sofort vorsehen. Über das ganze Land wird sich jetzt „Das Diversity-Raster“ legen – abgekürzt und zur Aufwertung der noch immer nicht ausgeglichen gewürdigten Lebensleistung der Ostdeutschen liebevoll „DDR 2.0“ genannt.

Schon ist absehbar, dass ein neu benanntes, aber uraltes Berufsbild in Deutschland wieder entstehen wird – jenes des oder der sogenannten „DDR-Beauftragen“, zuständig für die korrekte Anwendung des Diversity-Rasters in allen Lebensbereichen. 

Nur böser Wille ist natürlich wieder mal am Werk, wenn Einzelne schon daran erinnern, dass man eine solche Person zu anderen Zeiten noch schlicht „Zensor“ nannte. Aber so weit muss es ja nicht kommen – die Selbstzensur wird uns davor bewahren. Das Beispiel der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein zeigt uns, wie es schon mit ein bisschen "handlungsüberprüfendem" Nachdenken geht.

Foto: Benjamin B. Hampton historyofmovies via Wikimedia Commons

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Leserpost

netiquette:

Ilse Polifka / 09.07.2020

Dazu fällt mir nicht nur die DDR ein. Man kann ruhig noch einige weitere Jahre zurück gehen. Wir sind bald wieder soweit.

Joerg Haerter / 09.07.2020

Ich kann mich nicht erinnern, in der letzten Zeit einen guten Film aus D gesehen zu haben. Und es wird nicht besser, selbst die Amerikaner und Engländer lassen stark nach, belanglos und zum Teil lächerlich und nichtssagend. Dazu kommt jetzt die nächste Keule, Rassismus. Bald kann man wirklich sagen, gute alte Zeit.

Ilse Polifka / 09.07.2020

Dazu fällt mir nicht nur die DDR ein. Man kann ruhig noch einige weitere Jahre zurück gehen. Wir sind bald wieder soweit.

Steffen Schwarz / 09.07.2020

Auf gehts: weiland NS und DDR/ Udssr-  Filme müssen Haltung zeigen,  der politischen Bildung und Erziehung des neuen kommunistischen Menschen dienen, stets den festen Klassenstandpunkt darlegen und propagantistischer Vorreiter sein um gegen imperialistischen Hass und Hetze Partei ergreifen D im Jahre 2020

Klaus Biskaborn / 09.07.2020

Als gelernter DDR Bürger möchte ich darauf hinweisen, was wir jetzt erleben und vor allem noch erleben werden wird die DDR Verhältnisse glatt in den Schatten stellen. Leider erkennen das die Westdeutschen überhaupt nicht und nicht wenige Ostdeutsche sehnen eine neue DDR herbei, sie finden sich in dem jetzt aufkommenden roten Übel wieder zu Hause. Die Teile der kritischen und im Vollbesitz ihrer geistigen Fähigkeiten befindlichen Deutschen nehmen aktuell rapide ab. Insofern können die Linken Kräfte von CDU bis Linke und ihre vielfältigen Helfer in Gesellschaft und Wirtschaft ungehindert ihren Transformationsprozess umsetzen. Das Erwachen wird auch für Eiferer und Befürworter der aktuellen Entwicklung erschreckend sein. Sie können sich das mangels Intellekt nur nicht vorstellen

Karsten Dörre / 09.07.2020

Es helfen auch intensive Friktionsbewegungen, um was künstlich anzuregen.

Gudrun Meyer / 09.07.2020

Selbst Hollywodfilme fallen inzwischen oft durch polit. Korrektheit auf, obwohl viele, und gerade die erfolgreichsten, Produzenten finanziell auf starken, eigenen Beinen stehen. Wie soll man da eine künstlerische Unabhängigkeit von staatlich bezuschussten Filmprojekten erwarten? Und noch dazu in D! Jaaa, im Gegenwartsdeutschland. Vor 30, 40 Jahren waren sogar die Spielfilme im dt. Staatsfunk zwar kaum je ernsthaft politisch inkorrekt, aber es gab auch keine Schablone, anhand derer sie gedreht werden mussten. Die meisten dieser Filme waren unpolitisch. Das reicht heute nicht mehr. Wenn der Film in einem abgelegenen Bergdorf keine POC und in einem unter Heterosexuellen beliebten Tanzlokal leine Homosexuellen herumlaufen lässt, soll das ja schon “rassistisch” oder “homophob” sein.  Und das wirklich Jämmerliche an dt. Gegenwartsjournalisten und dem größten Teil unserer Kulturschickeria ist, dass schon minimalster Druck oder die bloße Möglichkeit, unter minimalsten Druck zu geraten, diese Leute zur Gleichschaltung animiert. In einem Regime, wo man besser gleich die eigene Gesundheit schont und deshalb bei jeder Zensurmaßnahme mitmacht, finde ich das verständlich und normal, auch wenn diese Leute sich später vielleicht nicht als Widerstandskämpfer aufspielen sollten. Die FREIWILLIGE Gleichschaltung erst der Journos, dann der Politiker - und so ist es gelaufen -  finde ich so unverzeihlich wie unsere Kanzlerin eine demokratisch etwas fragwürdige, aber verfassungsrechtlich legale Wahl.  Diese Wahl wurde rückgängig gemacht, die Gleichschaltung wird uns noch lange begleiten. Die schlimmste Möglichkeit ist nicht mal eine Regimepresse, sondern ein Presseregime. Eben das wird in D immer sichtbarer.

Kay Ströhmer / 09.07.2020

Naja, die Filmförderung ist ja ohnehin als so eine Art Sozialhilfe konzipiert. Wer als Filmemacher nicht dazu in der Lage ist, Werke zu erschaffen, die wenigstens die Kosten ihrer Produktion einspielen, kann auf diesem Wege noch ein paar Euro abgreifen. Und dann ist es auch egal, was die Kinobesucher sich nicht ansehen wollen: Alltag in der dritten Lebensphase, Geschlechterrollen, Hautfarbe bzw. People of Color etc. . So gesehen ist der Fragenkatalog eine Hitliste der garantierten Kino-Mißerfolge. Und die Bewohner der linken Blase legen sich damit gegenseitig Steine in den Weg. Ist doch prima.

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