Paul Nellen / 02.09.2019 / 13:29 / Foto: Superbass / 15 / Seite ausdrucken

Kooperation mit orthodoxem Islam im Sinne des Friedens?

Das größte Hindernis für ein Umsteuern der deutschen Politik der Umarmung der multiplen Kohorten des orthodoxen Verbandsislam und für ein Ende des bedenkenlosen politischen Eingehens auf dessen Forderung nach Teilhabe seiner Vertreter am öffentlichen Leben – im Austausch gegen Mitwirkung der Verbände am Integrationsprozess – ist das, was der südafrikanische Soziologe und Kriminologe Stanley Cohen einmal die "implizite Leugnung" nannte: ein Problem im Rahmen eines generellen Kontextes (hier: Integration des Islam in die säkulare deutsche Demokratie) wird zwar erkannt, aber seine möglichen negativen Begleiterscheinungen und Folgen werden in Abrede gestellt. Das ist heimtückisch für die Politik, weil es dazu verführt, sich in Sicherheit zu wähnen und sich im Konfliktfall allenfalls mit kurzfristigen Scheinlösungen zufrieden zu geben.



Die Ablehnung von Politikern, den Kurs der Zusammenarbeit mit dem Islamismus beziehungsweise mit dessen Verbänden – trotz vielerlei Erkenntnisse über deren teilweise parallelgesellschaftliches und auslandsgesteuertes Wirken – grundsätzlich zu ändern oder gar aufzugeben, ist leicht zu erklären. Eine Abkehr vom hierzulande stark umworbenen Verbands-Islam würde, so die ängstliche Annahme, die Bemühungen um die Integration von Millionen Muslimen enorm gefährden, die auf der weitgehenden Zusammenarbeit mit jenen Verbänden beruht; vergleiche hierzu etwa den "Staatsvertrag" mit den orthodoxen Islamverbänden in Hamburg. 

Diese befürchtete Destabilisierung würde den Wert vieler aufwendig gestalteter, vielfach aber von Wunschdenken geleiteter Kooperationsformate zwischen Staat und organisiertem Islam zerstören. 

Der Übergang in eine neue Politik des bewussten Kooperations- und Anerkennungs-Verzichts, ja der Isolierung der orthodox-fundamentalistischen Verbände würde seinerseits, so die Befürchtung, ohne eine vorbeugende kollektive Immunisierung der Muslime gegen eine Solidarisierung mit "ihren" Verbänden, nicht gelingen. Eine solche Immunisierung aber würde eine Befreiungsrevolution für die einen bedeuten – für die säkularen, der religiös unpolitischen, demokratischen Lebensweise verbundenen Muslime also –, zugleich aber eine Kriegserklärung für die anderen, das heißt für jene Verbände, die dem mit unserer Gesellschaft inkompatiblen Scharia-Islam verpflichtet sind.


Nur wenige in Politik und Medien wünschen sich eine solche Konfrontation – schlicht, weil dadurch, angesichts der inzwischen angewachsenen rein quantitativen Bedeutung des Islam in Deutschland und Europa, die Möglichkeit einer innerstaatlichen Unfriedensausbreitung gegeben ist, in letzter Konsequenz also die Aussicht auf einen Bürgerkrieg. 

Daher werden in allerlei Konferenz-Formaten Probleme rund um den Islam in Deutschland zwar be- und angesprochen, aber selten wirklich konkrete und praktikable Lösungskonzepte erarbeitet oder durchgesetzt, die zur Verringerung der islamischen Dysfunktionalitäten in der Gesellschaft substanziell beitragen. Vielmehr leugnet man schlicht, dass es Probleme fundamentaler Art mit dem Islam überhaupt gibt – schon die Rede von „dem“ Islam gilt ja als böswillige Verallgemeinerung. Allenfalls will man lösbare "Einzelfälle" anerkennen, für die es nur guten Willen "von beiden Seiten" brauche, um ihnen zu begegnen. Damit will die Politik nach außen hin, so hofft sie, "Handlungsfähigkeit" zeigen und die Illusion aufrechterhalten, unangefochten Herrin der Verfahren zu sein. 

Schweigen, auch Verschweigen, ist natürlich Gold

Die eigentlichen und einzigen Profiteure dieses Rollenspiels sind freilich die handelnden Akteure beider Seiten selbst, die ihre Legitimation, ihr öffentliches Vertrauenskapital und nicht zuletzt ihre mandatierten Einkünfte durch die entsprechenden Verfahrensrituale abzusichern hoffen. Unausgesprochenes Motto: „Wer redet, schießt nicht ...“ Und Schweigen, auch Verschweigen, ist natürlich Gold.

Jedenfalls so lange, wie die hierbei zugrundeliegenden Mechanismen vom Publikum nicht durchschaut werden. Regelmäßige Islamkonferenzen haben bis heute nicht vermocht, auch nur einen einzigen „Bericht zur Lage des Islam in Deutschland“ der Öffentlichkeit vorzulegen – sie (die Lage und die Öffentlichkeit gleichermaßen) verbleibt in Hinblick auf das Projekt "Integration des Islam" weitgehend im Nebel von Mutmaßungen und von Wunschdenken. Was sich in der Nachrichtenlage, etwa im Bereich Kriminalität oder Störung der öffentlichen Ordnung, alltäglich auf unseren Straßen abspielt und dabei auf migrantische sprich großenteils muslimische Tatverdächtige hinweist, wird von Medien und Politik gleichermaßen meist als „Einzelfall“ relativiert. Das Aufsummieren ähnlich gelagerter Einzelfälle gilt bereits als argwöhnische Verdächtigmachung. Dagegen steht die Ermahnung des deutsch-syrischen Sozialwissenschaftlers Bassam Tibi: „Einzelfälle indizieren stets etwas Allgemeines“ (in: „Islamische Zuwanderung und ihre Folgen“, Vorrede). 

Wir haben uns inzwischen angewöhnt, dort, wo von „Einzelfällen“ die Rede ist (fast immer dann, wenn es um die Themen Zuwanderung, Integration, Islam geht, und nur selten, wenn es sich um als rechts konnotierte Vorkommnisse handelt), nicht nach auffälligen Tendenzen zu fragen, weil dies angeblich die Gefahr von „Pauschalisierungen“ heraufbeschwöre. Womit zugleich der Anspruch der Sozialwissenschaften, aber auch der Anspruch menschlicher Erkenntnis generell negiert wird, von einer Kette von „Einzelfällen“ auf einen – womöglich sogar drohenden – allgemeinen Trend, zumindest auf eine oder mehrere gemeinsame Grundlagen eines generellen Kontextes zu schließen. 

Diese Selbstpreisgabe des menschlichen Erkenntnisvermögens ist beispiellos und nur als Folge schwerer Selbst-Narkotisierung oder -betäubung erklärbar. Kommt hier noch eine autosuggestive Euphorisierung hinzu, mit der sich Teile der Gesellschaft willkommenskulturell schon glauben, einem herbeigesehnten Wunschzustand zu nähern („Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt“; “Natürlich gehört der Islam zu Deutschland, und natürlich gehören Muslime zu Deutschland. Und ich finde, darüber können wir ganz schön froh sein.” – Katrin Göring-Eckhardt), dann sind so gut wie alle massenpsychologischen Elemente beisammen, die schon einmal in Deutschland und unter ganz anderen Vorzeichen dem klaren Verstand ein Ende und der massenhypnotisch aufgeladenen Vernunftfeindschaft den Weg bereitet haben. Der Weg in eine weitere Katastrophe, zuvor wiederholt implizit geleugnet, wäre dann kaum noch aufzuhalten.

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Volker Kleinophorst / 02.09.2019

Ja klar, super Idee. Moslems sind doch auch nur Menschen, die ihr Glück suchen. Und zwar mit aller Gewalt.

ellen widmaier / 02.09.2019

Sehr guter Beitrag über die “Preisgabe des menschlichen Erkenntnisvermögens” bei der sogenannten Einzelfall-Betrachtung heute. Wie Mehltau hat sich diese Form von “Selbstnarkotisierung” über die Gesellschaft gelegt. So funktionieren kollektive Denkverbote - ganz ohne Zensor. Aber ich bin nicht so pessimistisch. Es gibt auch eine Dialektik der Denkverbote: Früher oder später müssen sie scheitern, weil die Wirklichkeit sie einholt. Der Preis, den die Gesellschaft dann zahlen muss, kann aber sehr hoch sein.

Wilfried Cremer / 02.09.2019

Wer den Doppeltod begehrt, der sollte ihn halbiert bekommen. Stattdessen legt man Polizeibeamten rechtlich Fesseln an und lässt sie reihenweise in die Hospitäler prügeln. Schweinerei!

Harald Hütt / 02.09.2019

Ob wir beschwichtigen, beschweigen, beschönigen und/oder ausblenden, es wird zur Konfrontation mit den Muslimen kommen. Der Koran hat die Strategie vorgegeben. Die Muslime planen über lange Zeiträume. Technologisch und militärisch sind sie dem Westen hoffnungslos unterlegen. Sie erobern im Gegensatz zum Zeitraum 7. - 17. Jhd. Europa nicht mit dem Schwert, sondern( noch) mit den Gebärmüttern ihrer Frauen. Solange sie in der nummerischen Unterzahl sind, agieren sie vermeintlich integrativ. Haben sie die Mehrheit beginnt die feindliche Übernahme. Mit jeder muslimischen Geburt rückt für uns und ganz Europa der vorangestellte Konflikt näher. Schon jetzt erreichen Forderungen, Gewalt und Verunglimpfungen durch Muslime neue Höhen. Erinnern wir uns und gedenken wir der Jahre 1492 und 1683. Das Gebot ist, wir müssen uns wohl oder übel mit der Tatsache abfinden, dass, wenn wir unserer Kultur und Zivilisation nicht verlustig gehen wollen, über eine Reconquista von Europa nachzudenken ist. Da nutzen auch keine “Stuhlkreise”. Bitte verstehen Sie alle das nicht als aktiven Aufruf zur Gewalt und Progrom, nur sehe ich ganz klar, dass wir ohne Wehrhaftigkeit untergehen. Das hat die Geschichte gelehrt. Fahren Sie in die Visegrad Staaten, da ist meine Überzeugung mehrheitsfähig. Aber hier müssen wir ja jeden Widerstand durch feindliche Übernahme gegen “Rechts” bündeln, während wir den Gegenspieler im eigenem Land immer stärker werden lassen.

Ralf Pöhling / 02.09.2019

Endlich wird das mal klar auf den Punkt gebracht. Danke dafür, Herr Nellen. Der massive Einfluss konservativ bis radikalislamischer Kräfte aus dem Ausland auf die hiesigen Verbände, und damit auch auf die hiesige islamische Gemeinde, ist also offenbar nicht nur in Insiderkreisen bekannt, wird aber in der Öffentlichkeit bzw. Politik nicht direkt thematisiert, weil man die Eskalation vermeiden will. Zunächst verständlich, aber auf Dauer wird dies nicht gutgehen. Denn damit öffnet man dem konservativ-radikalen Islam, der mit unserer Verfassung und unserer westlichen Werteordnung auf Kriegsfuß steht, die Tür und fällt somit nicht nur der eigenen Bevölkerung in den Rücken, sondern besonders den liberalen Muslimen, die vor dem konservativ-radikalen Islam zu uns geflohen sind. Es ist deshalb zielführend, sich an islamischen Ländern zu orientieren, die den konservativ-radikalen Islam in die Schranken weisen konnten. Dafür braucht es u.A. einen knallharten Militär-, Sicherheits-, und Justizapparat. Also etwas, was man in unserem Land gemeinhin als “Polizeistaat” bezeichnet und was von unserer links-liberal tickenden Gesellschaft verteufelt wird, bis zum geht nicht mehr. Hier muss unsere links-liberale Gesellschaft umdenken, denn wenn unser Militär-, Sicherheits- und Justizapparat das Problem nicht beheben sollte, wird der Polizeistaat dennoch kommen. Allerdings kein nach westlich-rechtsstaatlichen Grundsätzen orientierter Polizeistaat, sondern ein Scharia Polizeistaat. Und dann ist es vorbei mit der links-liberalen Gesellschaft. Das Problem hätte man vermeiden können. Wenn man 2015 die Grenzen nicht einfach aufgerissen und die Zuwanderung gezielt kontrolliert hätte. Dieses Land hat sich nun aber verändert. Diesem Umstand muss man Rechnung tragen. Durch konsequente Aufrüstung und konsequente Anpassung der Gesetze an die neue Lage. Die Forderung der USA nach einer Erhöhung des deutschen Wehretats ist richtig. Dies ist allerdings nur der Anfang.

Martin Lederer / 02.09.2019

Das könnte eben “unschöne Bilder” geben. Und Frau Merkel weiß am allerbesten, wie ungern das deutsche Gutmenschen-Publikum unschöne Bilder hat. Das ist z.B. auch mit den Clans so: Die deutsche Qualitäts-Politik würden denen gerne Milliarden Euro im Jahr zahlen (eine Art weitere GEZ), wenn diese nur keine unschönen Bilder mehr produzieren würden. Aber im Clangewerbe herrscht eben der freie Markt: Auch wenn die Politik entsprechende Abmachungen mit bestimmten Clans machen würde, kommen andere und sagen: Wir wollen mehr.

Thomas Taterka / 02.09.2019

Der Islam ist eines der Kuckuckseier, die der Selbstherrlichkeit unserer demokratischen Gesellschaft ins Nest gelegt wurde und durch das sie sehr schmerzvoll und verspätet zum Realitätssinn ernüchtert wird . Danach aber sind dann alle wach und es wird nicht nach Trost aussehen, sondern nach echter Panik, fürchte ich. In allen sozialen Etagen.

Wolf Scholz / 02.09.2019

Es wird so viel geschwafelt, pardon analysiert siehe “autosuggestive Euphorisierung”, aber nichts getan. Darüber kann KGE wirklich ganz schön froh sein.  Mach, lieber deutscher Michel, dein Kreuz bei AfD! Wolf Scholz

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