Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Politiker nach der Aufgabe oder dem Verlust seines Amtes in die Wirtschaft wechselt, um dort einen Job anzunehmen, der viel besser bezahlt wird als die Arbeit in der Politik. Manchmal sieht es danach aus, als habe der Politiker den Wechsel von langer Hand geplant.
Der frühere stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Generalsekretär der CDU, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, also Merkels rechte Hand, Ronald Pofalla, zog sich Ende des Jahres 2014 aus der Politik zurück und wurde Anfang 2015 „Mitarbeiter der Deutschen Bahn“.
Erst diente er dem Unternehmen als „Generalbevollmächtigter für politische und internationale Beziehungen“, nach nur acht Monaten wurde er zum Vorstand für die Bereiche „Wirtschaft, Recht und Regulierung“ ernannt und Anfang dieses Jahres zum „Vorstand für Infrastruktur“ befördert.
Degoutant an diesem Vorgang war vor allem, dass es ausgerechnet Pofalla war, der zehn Jahre zuvor, also 2005, Gerhard Schröder heftigst angegriffen hatte, nachdem dieser nach verlorenen Wahlen und dem Ende seiner Amtszeit als Bundeskanzler einen gut bezahlten Posten bei der Nord Stream AG annahm, die zu 51% der russischen Gasprom gehört. Schröders freundschaftlicher Umgang mit Wladimir Putin war bei diesem Karrieresprung sicher kein Hindernis.
Gemessen an Pofalla und Schröder ist Christian Wulff ein Pechvogel. Er musste im Februar 2012 als Bundespräsident zurücktreten, zwei Jahre später wurde er in einem ordentlichen Verfahren vom Vorwurf der Vorteilsnahme, also Korruption während seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen freigesprochen.
Wie alle ehemaligen Präsidenten bekommt auch Wulff einen jährlichen „Ehrensold“, es sind derzeit 236.000.- Euro. Kleingeld, gemessen an den Bezügen von Schröder und Pofalla. Doch als vor ein paar Tagen bekannt wurde, dass Wulff als Berater und Prokurist für eine türkische Modefirma arbeitet, die nach Deutschland expandieren möchte, war die Aufregung groß. Wie kann er nur! Sind 236.000.- nicht genug? Braucht er ein Zubrot?
Die Tatsache, dass Wulff mit seinem Einsatz für eine türkische Firma auch das Image der Türkei aufpolieren hilft, blieb dagegen unbeanstandet. Denn: „Der Islam gehört zu Deutschland“. Türkische Mode auch.
Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche
PS. Gerhard Schröder steigt auf.