Manfred Haferburg / 06.04.2019 / 06:15 / Foto: Bundesarchiv / 74 / Seite ausdrucken

Aber wir haben doch die Wunderwaffe!

Ein jahrelanges mediales Trommelfeuer aus allen Rohren sorgt dafür (hierhierhier), dass ja keine Zweifel daran aufkommen, dass das Klima-Armageddon des globalen Versengens über uns kommt, wenn wir nicht von sofort auf gleich unseren Lebensstil aufgeben und in Sack und Asche auf die Bäume zurückklettern. Es dürfen auf keinen Fall Wende-Zweifel an der kommenden Verkehrs- und der Agrarwende und der verpfuschten Energiewende aufkommen. Dafür werden im Wochentakt neue Wunderwaffen vorgestellt – keine ist absurd genug – um den zahlenden Bürger davon zu überzeugen: „Na bitte, es geht doch“. 

Der Verkehrswendemotor will trotzdem nicht anspringen. Da wird prompt herausposaunt. Innolith-Chef Alan Greenshields sagt im Gespräch mit DIE WELT 

Forscher haben einen Batterietyp entwickelt, der E-Autos mit 1000 Kilometer Reichweite zulässt. Löst „Innolith“ sein Versprechen ein, könnte das den Durchbruch für die E-Mobilität bedeuten... Die Vorteile klingen fast zu gut, um wahr zu sein: keine exotischen Materialien, keine Brandgefahr und gut zehnmal mehr Ladezyklen als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien. Die Innolith-Batterie, wirbt das Unternehmen, sei nicht nur sicherer und weise deutlich geringere Kosten pro Ladezyklus auf: Sie macht das E-Auto mit 1000 Kilometer Reichweite möglich. Die Rede ist von 55.000 Ladezyklen mit halbstündigem Wechsel und einer Ladetiefe zwischen 0 und 100 Prozent. „Und das ist kein theoretischer Wert“. Und Greenshields behauptet:"Das haben wir gemessen.“ Hat mal einer die erforderliche Stromstärke für 1000 km in einer halben Stunde Ladezeit ermittelt? Das erinnert peinlich an den Spruch: „Das Netz ist der Speicher, das ist alles ausgerechnet“.

Innolith ist eine deutsche Firma mit Sitz in Basel, die unter anderem Namen schon einmal revolutionäre Batterien gebaut hat – genau ein Stück. Da diese nicht einmal richtig funktionierte, folgte die Pleite auf dem Fuße. Und nun rettet ein russischer Oligarch mit einem englischen Pleitier als Direktor die revolutionäre Technologie. Dann hat der Diesel aber ausgerußt. 

Eine Fehlzündung nach der anderen

Auch der Energiewendemotor stottert schon lange und hat eine Fehlzündung nach der anderen. Da muss doch Umweltbewegung schnell mal tröten. So sagt Etogas-Geschäftsführer Dr. Karl Maria Grünauer: „Diese Anlage löst die Probleme der Energiewende. Seit drei Jahren elektrisiert das Konzept Power-to-Gas die Energie- und Mobilitätsbranche. Nach erfolgreichen Tests der neuen Ökostromspeichertechnologie hat der Etogas-Kunde Audijetzt die erste Anlage im industriellen Maßstab eingeweiht. Die Anlage für den Ingolstädter Autobauer verfügt über eine 25-mal so große Eingangsleistung wie die bislang weltweit größte Power-to-Gas-Anlage. Mit der Einweihung der 6-Megawattanlage beginnen wir mit der kommerziellen Anwendung dieser neuen Stromspeichertechnologie“.

Und weiter: „Mit dem in der Anlage erzeugten Treibstoff können Autofahrer mit einer CO2-Bilanz von 20 Gramm pro Kilometer nahezu kohlendioxid-neutral fahren. Die Gasmenge aus Werlte versorgt 1.500 A3 g-tron mit einer jährlichen Fahrleistung von jeweils 15.000 km - insgesamt sind das 22,5 Millionen Kilometer“.

Nun wollen wir mal ein bisschen kopfrechnen: Die Gesamtfahrleistung aller Pkw in Deutschland liegt bei 630,5 Milliarden Kilometern – LKW nicht mitgerechnet. Dann gelingt die Energie- und Verkehrswende durch Sektor-Kopplung doch ganz leicht. Wir müssen lediglich noch 28.000 solcher Anlagen bauen. Und für die 70 Milliarden Kilometerleistung der LKW womöglich nochmal weitere 60.000, das habe ich aber schon nur noch grob geschätzt. 

Ist das wirtschaftlich machbar? Der Wirkungsgrad von Power to Gas liegt, optimistisch gesehen, so in der Nähe von 50 Prozent. Dazu singt die Ökobranche ihr Mantra: "Ohne staatliche Förderung wird die Technologie niemals zur Marktreife gelangen. Notwendig ist aus unserer Sicht ein Entgegenkommen beim Strompreis." Ach, ist der Strompreis der Ökobranche zu hoch? Aber auf den schlechten Wirkungsgrad von PtG sattelt nochmal der Wirkungsgrad des Fahrzeugmotors auf. Da bleibt am Ende von dem Strom geschätzt weniger als ein Drittel zur Nutzung übrig. Energetisch ist das ein unakzeptabel schlechtes Geschäft, von der Wirtschaftlichkeit nicht zu reden – hier wird ein grüner Traum wahr: Den Literpreis des Kraftstoffes wollten sie auf fünf Euro pro Liter steigern. 

Durchhalteparolen für erlahmende Volksbegeisterung

Und was sagt die Politik zu Power to Gas? 

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass schon heute mit der Errichtung von großtechnischen Elektrolyseanlagen mit mehr als 50 Megawatt (MW) Leistung begonnen werden muss, damit bis 2030 die Skalierung, die Weiterentwicklung der Produktionstechnik für die Anlagen und deren Netzintegration gelingt.

Der Bundesrat stellt fest, dass derzeit die für das Gelingen der Energiewende unerlässliche Wasserstoffelektrolyse noch nicht wirtschaftlich ist. Er fordert die Bundesregierung auf, ein Markthochlaufprogramm aufzulegen, mit dem die Erstellung großtechnischer Anlagen zur elektrolytischen Wasserstofferzeugung ermöglicht wird.“ 

Markthochlaufprogramm? Kurz gesagt: Erst mal machen – es ist ja nicht unser Geld.

Das Wirtschaftsministerium ist da ein bisschen vorsichtiger, wohl weil sie die Steuerzahlerkohle für anderen Unfug brauchen: 

Die Speicherung von umgewandeltem regenerativem Strom im Erdgasnetz stellt eine viel versprechende Option dar…. Allerdings führt diese Mehrfachumwandlung zu hohen Verlusten beim ursprünglich eingesetzten Strom. Deswegen ist diese vielversprechende Lösung bislang wirtschaftlich noch nicht vertretbar. Mittelfristig könnte Power-to-Gas aber entscheidend dazu beitragen, das Problem der kurz- und auch einem unverzichtbaren Partner für Strom aus erneuerbaren Energien zu machen“. 

Wenden auf dem Prinzip Hoffnung. Aber gegen die Gesetze der Physik und Ökonomie können weder „mittelfristig“ noch langfristig die deutschen Wenden zum Sieg geführt werden, auch nicht mit Wunderwaffen. Wunderwaffen, ob sie nun „Dicke Bertha“ oder „Paris-Geschütz“ oder „V 1, 2, 3, 4“ hießen, waren nie mehr als Durchhalteparolen für erlahmende Volksbegeisterung angesichts einer von vornherein verlorenen Sache. Wunderwaffen haben den Deutschen nie zum Sieg verholfen, sondern haben unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in diverse Desaster geführt. 

Den Preis bezahlt ein Volk, das sich von den Tölpeln und Einfaltspinseln auf der Kommandobrücke (Reinhard Mey: „Das Narrenschiff“ – nicht die letzte Strophe verpassen) täuschen lässt. Und der Preis ist hoch.

 

Manfred Haferburg ist Autor des Romans „Wohn-Haft“. Der Roman beschreibt auf spannende Weise den aussichtslosen Kampf eines Einzelnen gegen ein übermächtiges politisches System. Ein Kampf, der in den Schreckensgefängnissen des sozialistischen Lagers endet. Ein Kampf, in dem am Ende die Liebe siegt. Wolf Biermann schrieb dazu ein ergreifendes Vorwort. Der 524-Seiten-Roman ist als Hardcover zum Verschenken für 32 €, als E-Book für 23,99 € und als Taschenbuch für 20 Euro erhältlich. (Amazon 40 Kundenbewertungen: 4,5 von 5 Sternen)

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Okko tom Brok / 06.04.2019

Man beginnt fast zu hoffen, dass diese Hirngespinste möglichst schnell und drastisch zerplatzen, damit es noch einen „Weg zurück“ gibt. Vergessen scheint das Elend, das in Europa bis zur Industrialisierung geherrscht hat, und verdrängt werden die mörderischen Folgen einer Deindustrialisierung: 80 Mio. Menschen (oder mehr) kann Deutschland ohne klassische Industrien („mit Qualm und so“) niemals ernähren. Vor zweihundert Jahren lebten hier höchstens die Hälfte, und sie haben trotzdem oft gehungert…. Oder sollen die alle als „Sonderbeauftragte der Regierung“ arbeiten? Oder als Pressesprecher bei den Grünen?????

Matthias Thiermann / 06.04.2019

Mag sein, aber Aufklärung wäre, wenn ein Volk das rechtzeitig merken und dagegen wählen würde. Bis auf 12, 13 % ist das eben nicht der Fall.

Michael Elicker / 06.04.2019

Sehr geehrter Herr Haferburg, so sehr ich Ihre Darstellung und Position auch schätze, am Ende fehlt mir Ihr Vorschlag, wie es anders gemacht werden sollte. Wenn wir als „gesetzt“ annehmen, dass wir CO2-neutral werden müssen, bzw. wollen, führt am Verzicht auf fossile Energieträger doch kein Weg vorbei. Deshalb ist doch jede Form der PtX-Technologien sinnvoll. Bleibt als Frage, wie das P (P für Power) dargestellt werden soll. Will Deutschland energieautark werden, bleibt eigentlich nur die Kernenergie. Da wir diese aber nicht wollen (dürfen), bleibt der Import CO2-neutraler Energieträger aus Regionen, die hinsichtlich Wind und Sonne höhere Potentiale als Deutschland aufweisen; Energie ist genug da. Sie haben recht: das wird teuer; wäre es billig, würden wir es ja heute schon machen. Deshalb kann es nur auf internationaler Ebene (EU, oder besser gleich weltweit) funktionieren.

Joachim König / 06.04.2019

Der Wahnsinn ist wohl nicht mehr zu stoppen. Erst wenn alles in Grund und Boden ökologisiert ist, wird die Bevölkerung merken, dass der Plan nicht funktioniert. Doch dann ist es zu spät, für eine Wende, von der Wende. Was müsste ich zuletzt lesen? „Grüne kritisieren privaten Autobesitz“ In Russland eröffnet Daimler ein neues Werk. Und schafft somit Arbeitsplätze. Nicht in DE. Und Altmaier und Putin und der Daimlerchef drücken grinsend den Startknopf für das Projekt. Erst wenn der letzte Diesel/Benziner verschrottet ist, werden die Menschen merken, dass der Strom für das ökologische Wunderwaffen-E-Auto (mit ökologisch gewonnenem Silizium) nicht aus der Steckdose kommt, dann wenn man ihn braucht. Und wenn die ausbleibende Mineralölsteuer auf den Strompreis aufgeschlagen wird, überlegt man es sich besser 2x, ob man abends noch die energiesparende LED-Beleuchtung einschalten (kann) will.

Hayo Schmidt / 06.04.2019

Wenn man ùberschüssigen regenerativen Strom in einen physischen Energieträger umwandelt, ist der Wirkungsgrad drittrangig. Solange es keine bessere Alternative gibt. Allerdings: Die Anlagen dürften dann nur zu Zeiten mit Überschussproduktion laufen. Was die veröffentlichten Wirtschaftlichkeitsberechnungen über den Haufen wirft. Wir brauchen also Berechnungen, die beide Aspekte berücksichtigen. Ohne diese wissen wir nichts und können uns keine fundierte Meinung bilden.

Steffen Schwarz / 06.04.2019

Hatten wir schon: Solarword, die Holzgasbude in Freiberg, Biogas, Erdwärme, Dämmung usw,. alle haben Miliarden von Förderung versenkt bzw können nur machen, wenn sie Milliarden immer zugezahlt bekommen,oder sind thermodynamischer Blödsinn. Ich sage immer wieder. Die Physik kennt keine Ideologie, nur Fakten.

P.Steigert / 06.04.2019

Die Links-Kirchen beten einfach für ein Klima-Wunder. Sind sie nicht alle die Zeugen Gretas?

Heinz Wieland / 06.04.2019

Ein wie immer lesenswerter Artikel von Ihnen, sehr geehrter Herr Haferburg, und zugleich ein, wie ich finde, tröstlicher! Denn wenn ein Regime zu “Wunderwaffen” greifen muss, dann ist der Spuk wohl bald vorbei. Das zumindest lehrt uns unsere Geschichte.

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