Eine Pellkartoffel namens Blume, die eine Burgundertrüffel sein möchte

Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg fordert den stellvertretenden Ministerpräsidenten von Bayern zum Rücktritt auf, weil der sich nicht impfen lassen will. 

Es ist vollbracht. Inzwischen hat jedes Bundesland einen eigenen Antisemitismus-Beauftragten, in Berlin sind es sogar fünf. Einen, den das Land berufen hat, einen bei der Polizei, einen bzw. eine bei der Staatsanwaltschaft, einen beim Bezirk Lichtenrade und einen bei der Jüdischen Gemeinde. Den Antisemitismus-Beauftragten des Bundes nicht mitgerechnet. Von einigen, z.B. der Antisemtismus-Beauftragten von NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, oder dem Antisemitismus-Beauftragten für Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, hört man wenig bis gar nichts; der „Beauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus" des Saarlandes wirkt in völliger Anonymität, ebenso wie seine Kollegen in den anderen Bundesländern. Oder weiß jemand, wie der Antisemitismus-Beauftragte von Meck-Pomm heißt?

Eine Ausnahme bildet der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, über den unser Kollege Felix Perrefort an dieser Stelle geschrieben hat, er habe sich „einen Antisemitismusbegriff zusammengeschustert, der es ihm erlaubt, sich selbst als Opfer antisemitischer Verschwörungstheorien" zu präsentieren. Das macht er gut und gerne und so oft, wie sich die Gelegenheit dazu bietet, ein Kanarienvogel unter lauter Spatzen. Es ist ihm gelungen, sich selbst davon zu überzeugen, dass er mehr als nur eine dunkle Ahnung vom Antisemitismus hat, wobei seine Theorien noch abenteuerlicher sind als die Ansichten Erich von Dänikens über Ufos und Aliens.

Die Anerkennung, die ihm von bildungsfernen Funktionären der jüdischen Gemeinden in BW entgegengebracht wird, hat ihn dermaßen beflügelt, dass er sich nun traut, einen auf Karl Lauterbach zu machen. Er gab einer minderbedeutenden Webseite ein Interview, in dem er – in seiner Eigenschaft als Antisemitismus-Beauftragter von BW – „vor den Gefahren durch Querdenker" warnte, was nicht weiter neu oder bemerkenswert wäre, wenn Blume bei dieser Gelegenheit nicht eine Forderung an den stellvertretenden Ministerpräsidenten von Bayern, Hubert Aiwanger, gerichtet hätte, die wie ein Ultimatum klang. Aiwanger möchte sich „zur Wissenschaft" bekennen oder „Konsequezen" für sich ziehen, von seinem Amt zurücktreten oder „wenigstens damit aufhören, von Impfnebenwirkungen zu sprechen, die wissenschaftlich nicht nachweisbar sind". Sagt Michael Blume – Vegetarier, Antisemitismus-Beauftragter und Fachmann für Magie und andere Grenzwissenschaften.

Was war passiert? Aiwanger, Chef der Freien Wähler, hatte öffentlich erklärt, dass er sich nicht impfen lassen will. Und dass es eine Entscheidung ist, die jeder für sich treffen muss.

Das Interview mit Blume ist schon deswegen lesenswert, weil es den Größenwahn einer Pellkartoffel offenbart, die eine Burgundertrüffel sein möchte. Es reicht Blume nicht, über Antisemitismus zu dilettieren, er muss auch über Nebenwirkungen delirieren, „die wissenschaftlich nicht nachweisbar sind". Jetzt schon, nicht einmal ein Jahr nach dem Start der Impfungen.

Damit kann man es in BW weit bringen, einem Land, in dem ein ehemaliger NS-Marinerichter Ministerpräsident werden konnte. Auch in der Politik sind die langfristigen Nebenwirkungen einer Verirrung wissenschaftlich nicht immer nachweisbar. 

Foto: Dr. Michael Blume/Council of Europe CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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paul peters / 07.08.2021

ich musste beim lesen unweigerlich schmunzeln. eigentlich hätte ich lachen sollen, da wurde mir jedoch bewusst, dass in diesen krisengeschüttelten zeiten überwiegend pellkartoffeln das sagen haben - da verging mir sogar das schmunzeln. schlimmer noch, ich beobachte bei mir eine kafkaeske verwandlung, da ich beginne zu überlegen, ob die verwendung des begriffs pellkartoffel, also im engeren sinn “kartoffel” überhaupt pc ist? könnten sich da migrantische kreise nicht diskriminiert fühlen bei soviel konzentration auf das urdeutsche? und wie wird DIE kartoffel gendergerecht umschrieben, wenn sie sich auf ein männliches wesen bezieht - etwa der kartoffelnde? der weg ist noch lang.

Andreas Müller / 07.08.2021

Könnte es sein, daß wir einen Antisemitismusbeauftragten für Antisemitismusbeauftragte benötigen ?

Markus Kranz / 07.08.2021

Naja, irgendwie muss man ja von den unübersehbaren Hamas Demos mitten in Deutschland ablenken. Und da hilft eben jedes Thema - dritte Geschlechter, Bahlsen Schokoladenkekse, falsch gewählte Ministerpräsidenten. Hauptsache, das Feindbild stimmt und die Worte IS, Hamas, Würzburg, Breitscheidplatz und Dresden werden nicht genannt.

Heribert Glumener / 07.08.2021

Zum Foto von Herrn Dr. Blume: ich finde, er hat irgendetwas Chinesisch-Feminines an sich (Augenaufschlag, gezupfte? Brauen). Dazu dieses apart-zarte Wärzlein an der unteren Wange, ferner die grazile Handhaltung (zu der allerdings die wurstig wirkenden Finger kontrastieren – außerdem sollte der Zeigerfinger nicht die sicherlich fein geschwungenen Lippen verdecken). Der Finger am bzw. fast im Mund könnte auch als Ausdruck einer Regression (gleich nuckeln oder knabbern) gedeutet werden, oder aber ein „sich nicht den Mund verbrennen dürfen“ widerspiegeln (beide Deutungen sind lediglich assoziativ-spekulativ). Keine Spekulation: mit der Handhaltung sollte der Eindruck von Intellektualität erzeugt werden; hierzu hätte allerdings der Zeigefinger besser etwas nach unten – Kinn -  versetzt werden sollen (damit echte Denkerminik; diesbezüglich könnte sich Herr Dr. Blume für zukünftige Fotos am Beispiel des kürzlich verstorbenen Karl Dall orientieren). – Scharf rügen muss ich Herrn Dr. Blume dafür, dass er offenbar von Querdenkern nur in der männlichen Form spricht. Dies geht nicht – üble Diskriminierung, seines Amtes unwürdig! Es muss lauten: Querdenker hicks (Kurzschluckauf) innen.

Wolf von Fichtenberg / 07.08.2021

GROTESKE (2/2): „ Impfen, impfen, aber ohne Wurst. Impfen, impfen! Lieber‘n Bier für’n Durst!“ Frau Schwein hat sich inzwischen in die Gruppe der Randalierer eingereiht und grunzt vergnügt. Der Reporter wird ins Abseits gedrängt und eine Froschmaske blafft ihn an: „Warum gibt es hier keine Veggiewürste?“ Der Reporter stutzt:  „Das ist ihr Anliegen?“ „Ja. Befreiung aller Schweine und nur noch Tofuwürste.“ – „ Gut“, lenkt der Reporter ein, „ich werde mit dem Verantwortlichen sprechen.“ Die Horde tobt: „Sieg! Wir haben die Schweine gerettet.“ Dann unterfassen sie Frau Schwein und grölen sich aus dem Studio hinaus. Nur der alte 68er rollatort hinterher, stoppt aber kurz bei dem Reporter. Dieser sieht den Altstudenten fragend an: „Was wollen Sie eigentlich? Sie waren doch einmal ein Revolutionär, jemand der gegen das Establishment stand, der Normen nicht anerkannte.“ „Was ich will?“ – „Ja.“ – „Ein Bier und ein gegrilltes Nackensteak.“ – „Hä?“ – „Na, warum glauben Sie haben wir Frau Schwein entführt?“ – „Aber…?“ – Der Alte grinst: „Was für alle gilt, das gilt noch lange nicht für uns!“ Dann lacht er laut auf: Draußen plärrt aus einem billigen Lautsprecher das Lied: „Durchgeimpft in dieser Nacht, Tofuwürste mitgebracht. Ungeimpft kommst Du nicht raus, wir alle sind … im Irrenhaus. Wum-Ta-Wum-Ta…“——- … Der Reporter jedoch dreht sich weg und übertönt die Szenerie mit der Jetztzeithymne: G.O.D – Separat the idiots (auch auf youTube)… <>

Wolf von Fichtenberg / 07.08.2021

GROTESKE (1/2): Oha, Herr Broder. Der Link zu dem Interview öffnete sich, ich las und sofort schrie es – trotz der thematischen Ernsthaftigkeit - in mir: „Zynisch-satirische Groteske“ (sehr grotesk). Doch zuerst lassen wir Herrn Blume selbst zu Wort kommen, denn klingt es nicht putzig, dieses (…)“Ich habe gesehen, dass sehr viel darüber gespottet wurde, dass in Thüringen Menschen mit einer Bratwurst für die Impfung belohnt wurden. Ich glaube aber, dass das genau die richtigen Ansätze sind.”(…)—>>>>>>  Nein, ich spotte nicht. - Dazu befragt ein Reporter einfach einmal jemanden der betroffen ist. Ein Schwein. Hauptlieferant der angesprochenen Würste. – „Herr Schwein, wie sehen Sie die Sachlage?“ – „ Frau Schwein, wenn schon, dann bitte die korrekte Anrede. Wir werden im Teeniealter verwurstet. Etwa 80 Kilogramm sind das Schlachtmaß. Und sehr oft sind wir weiblich. Quasi Germany Next Bratwurst.“ – „Ja, aber wie sehen Sie das?“ – „ Ich, also wir, sehen dann gar nichts mehr. Bratwürste haben keine Augen.“ – „ Das meine ich nicht.“ – „ Dann drücken Sie sich gefälligst präzise aus.“ -  „Also, wie sehen Sie diese Schweinereien, denn auch Sie als künftige Impfzugabe…“ – „ Ja, so ist das nun einmal. Die einen schlachten, die anderen werden geschlachtet.  Schmecke ich Ihnen nicht?“ -  Das Interview wird rabiat unterbrochen. Steine fliegen, Scheiben bersten und eine Horde Schweinmaskierter in grünen Froschanzügen stürmt das Studio, Buttersäure spritzt. „Free Pigs!“ steht in Neudeutsch auf einem Schild, welches adipöse Hände in die Höhe recken und hüpfend skandiert man die Parole „ Schwein-Schwein-Schwein ist hin“, angeführt von einem erkennbaren Alt-68er, der sich am roten Rollator mühsam aufrecht hält. „Oh, das riecht jetzt aber gut“, grinst Frau Schwein und umarmt den Hüpfling mit dem Buttersäurespray. „Nenn mich Piggie…“ stöhnt sie und die Horde tobt im Kreis herum. - 2/2

Angela Seegers / 07.08.2021

Sogar Kanzler Kiesinger hat sich gemausert, von NSDAP zu CDU…. Wie viele alte Nazis sind in der Adenauer CDU untergekommen? Darüber herrscht der Schleier des Schweigens. Herr Blume gehört zur Enkelgeneration, oder?

Sabine Lotus / 07.08.2021

Achherjee, jetzt habe ich doch glatt den Weg beschritten und den Klamauk mit den magentafarbenen Überschriften (passend zum binären Blümchen) mal überflogen. Die Verschwörungsmythen also mal wieder. Kann mir die welke Blume bitte mal erläutern, wo in der Verschwörung die Theorie liegt, wenn sich Politikkasper von einem Klübchen ‘Sonderausbildungen’ überhelfen lassen und dieser Club frank und frei “you’ll own nothin, you’ll have no privacy (ja, auch dieser Satz war im ursprünglichen Text enthalten, kam aber nicht so gut an) and you’ll be happy” und das bis 2030, in die Welt hinaus zwitschert und zusätzlich seine Lieblingsabsolventen nach allen Regeln der Kunst protegiert? Alles frei zugänglich auf deren eigenen Seiten. Und wenn man das thematisiert ist man also VTler. Fein. Mein Aluhut steht mir gut.  Dann nur halt noch kurz zur Überschrift “Es wird Gewalt geben”. Wird? Da sind Blümchens ‘besten Freunde und Helfer’ doch wohl schon ein Schrittchen weiter. Hol dir mal ein Update ‘friend’.

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