Henryk M. Broder / 24.03.2022 / 15:00 / Foto: Acgut.com / 71 / Seite ausdrucken

Eine Option für alle, die den Sinn des Lebens suchen

An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gibt es seit kurzem eine Antisemitismus-Beauftragte. Sie hat sich viel vorgenommen. Auch in Bezug auf sich selbst.

Nachdem inzwischen jedes Bundesland einen eigenen Antisemitismus-Beauftragten hat – in Berlin sind es sogar fünf, darunter einer für den Bezirk Lichtenberg – ziehen jetzt andere zivilgesellschaftliche Einrichtungen nach. Der bzw. die Neueste im Bunde ist, bitte festhalten, eine Fachfrau für Energieverfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. Katharina Herkendel. Dabei ist die FAU kein Antisemitismus-Hotspot, und es ist schon eine Weile her, seit der letzte jüdische Student exmatrikuliert wurde.

Trotzdem, was nicht ist, kann ja noch werden, das ganze Leben ist work in progress, und deswegen hat die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg seit kurzem eine Antisemitismusbeauftrage. Auf die in solchen Fällen übliche Gretchenfrage – „Was sind ihre Aufgaben?" – gab sie die für solche Fälle vorgestanzte Antwort: „Die Aufgaben sind vielschichtig und wir passen das Profil permanent an aktuelle Situationen an. Zu reagieren, zu agieren und zu repräsentieren sind meine Kernaufgaben.“ Sie wolle „vor allem Anlaufstelle gegen Antisemitismus sein, Juden und Jüdinnen an der FAU bei Bedarf als Vertrauensperson dienen und auch niederschwellige antisemitische Verdachtsmomente nachverfolgen“.

Den letzten Punkt finde ich am interessantesten. Was sind „niederschwellige antisemitische Verdachtsmomente“? Vielleicht, wenn ein Student einem anderen Studenten nicht gleich „Du Judensau“ nachruft, sondern es erst einmal niederschwellig mit „Du kleine Judensau“ versucht? Frau Prof. Dr. Katharina Herkendel geht es aber auch um etwas, das nicht niederschwellig ist, etwas echt Oberschwelliges. „Neben der Entwicklung von sauberen Technologien in der Energieverfahrenstechnik, wo ich als Juniorprofessorin arbeite, empfinde ich dieses Zusatzamt (als Antisemitismus-Beauftragte) als sehr sinnstiftend.“

Ja! Wenn der Antisemitismus als solcher ein sinnloses Unterfangen ist – bis jetzt ist jeder Versuch, die Judenfrage zu lösen, gescheitert –, dann muss wenigstens der Kampf gegen den Antisemitismus sinnvoll, geradezu sinnstiftend sein. Und deswegen braucht dieses Land noch mehr Antisemitismusbeauftragte, die nach einem Sinn im Leben suchen. Der Anfang ist gemacht. Nun muss das Projekt niederschwellig in die Breite weiterentwickelt werden. Bald wird es einen oder eine Antisemitismus-Beauftragte(n) bei der Bahn, der Bundeswehr, der Feuerwehr und hoffentlich auch bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth geben. 

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Stephan Bujnoch / 24.03.2022

Die Flut von Antisemitismusbeauftragten hat die Regierung Merkel nicht daran gehindert, vor der UN Israel ein ums andere mal zu verurteilen. Da kann man schon von institutionalisierter Heuchlerei sprechen.

Hans Reinhardt / 24.03.2022

Klar, im besten Deutschland aller Zeiten gilt “suum cuique”. Demnächst werden dann die Hammerskins, der Freundeskreis Ulrich von Hutten und die Grauen Wölfe ihren eigenen Antisemitismusbeauftragten bekommen. Die wollen auch nicht länger außen vorstehen. Wenigstens müssen deren Beauftragte sich nicht mit niederschwelligem Gedöns abgeben. Wie sieht es eigentlich bei der Antifa aus? Wenn man Saskia Esken Glauben schenken kann, ist dort ja jedes Mitglied von Hause aus Antisemit, äh, Antisemitismusbeauftragter.

Andreas Müller / 24.03.2022

Niederschwellige antisemitische Verdachtsmomente sind z.B. , wenn Sie sagen würden : “Ich habe mich über mich selbst geärgert”. Allerdings kann das mittelschwellig werden, je nachdem, wie sehr Sie sich geärgert haben. Dann kommt Ludwig Spaenle dazu.

D. Schmidt / 24.03.2022

Oh my Buddah. Ich komme aus der Gegend. Schüttel. Schuster bleib bei deinem Leisten oder so, würde ich sagen. Will Putin nicht die Nazis in der Ukraine beseitigen? Bei uns scheint es nur so von Nazis zu wimmeln wie sich manche einreden. Soll er hier mal aufräumen, oder wie? Ich glaube in England oder USA gibt es mehr Nazis als in D. aktuell. Die Frau Prof. Dr. scheint wohl nicht ausgelastet zu sein, wenn sie sich so eine Fata Morgana ans Bein bindet. Und sowas schimpft sich Prof. oder Dr. brain washed.  tststststs. Obwohl. Um so mehr arabische Stunden sich auf der Uni einschreiben, umso größer wird das Problem wohl werden. Ist das jetzt ein deutsches Problem oder doch ein Einwanderungsproblem? Fragen über Fragen.

Christa Born / 24.03.2022

Ui, wusste gar nicht dass es an den Unis Antisemitisten gibt. Ist das ein neues Studienfach? Master of Antisemitismus? Sachen gibt’s das glaubst du nicht.

Kurt Lewin / 24.03.2022

Grandios, Herr Broder, wie Sie die selbstgefällige, inhaltsleere Heuchelei dieser Kämpfer:Innen gegen den Antisemitismus entlarven. Was lassen sich die Spindoctors noch für neue woke Begrifflichkeiten einfallen, mit denen man sich selbst moralisch aufpolieren kann. Und irgendein Pöstchen ist dann sicher auch wieder zu vergeben.

Marcel Seiler / 24.03.2022

Es gibt ja zunehmenden wirklich ernst zu nehmenden Antisemitismus in Deutschland. Der ist auch nicht unbedingt niederschwellig. Ich habe nur das Gefühl, dass diese Antisemitismusbeauftragten den Antisemitismus nicht da suchen, wo er zu finden ist; das dürfen sie wahrscheinlich gar nicht.

Maximilian Müller / 24.03.2022

Das Problem bei Antisemitismusbeauftragen - überhaupt bei aller Beauftragen (Gleichberechtigung) - ist doch, dass die Existenz eines solchen Beauftragen impliziert, dass auch ein Problem besteht. Da aber keines besteht, schafft man es künstlich, indem man das vermeintliche Problem aus “niederschwelligen Verdachtsmomenten” konstruiert (oder importiert, aber das ist ein anderes Thema). So legitimiert man sich und seine Ideologie quasi selbst. In einem solchen Klima der permanenten Erwartungshaltung und Gefahr gibt es kein Zurück, der Selbsterhalt erfordert eine fortwährende Eskalation des eigenen Narratives. Das nimmt in Deutschland surreale Ausmaße an. Wir sind ein Land unter Schock, dass sich in eine Scheinwelt geflüchtet hat, aus der es nicht mehr heraus findet. Sich der Realität zu stellen, wird mit jedem Tag schwerer. Die ‘Aufgewachten’  träumen vor sich hin, während um sie herum das Haus brennt. Sie jagen Schatten nach, die nicht existieren und bestätigen sich dabei gegenseitig in ihrem Wahn. Mit dem Wasser der Vernunft ist da wohl nicht mehr viel zu machen, wir werden wohl warten müssen, bis das Haus abgebrannt ist. Bis dahin bleibt nur, den Irrsinn zu dokumentieren, um die Verantwortlichen irgendwann zur Rechenschaft zu ziehen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com