Henryk M. Broder / 23.05.2020 / 06:25 / Foto: Pixabay / 109 / Seite ausdrucken

Eine Kanzlerin, 15 Minister und 40 Fallschirme

Je länger ich darüber nachdenke, was in den letzten 10 Wochen passiert ist, desto unsicherer werde ich. War der „Lockdown“, der die Gesellschaft, die Wirtschaft, das Kultur- und das Privatleben lahmlegte, eine katastrophale Fehlentscheidung, oder ist es die schrittweise „Lockerung“ der Maßnahmen, wie zum Beispiel die Wiederzulassung von Fußballspielen vor leeren Rängen mit Rücksicht auf die „prekäre“ Lage von Fußballvereinen, die Millionen Euro für den Ankauf von Spielern ausgeben und auf die Einnahmen aus den Übertragungsrechten angewiesen sind?

Die erste Ahnung, dass etwas schiefgehen würde, überkam mich Ende März, als ich den Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag sagen hörte, er habe soeben eine „Sternstunde des Parlamentarismus“ erlebt, „weil alle Fraktionen an einem Strang gezogen haben“, und das „war wirklich eine tolle Erfahrung“.

Der Mann, 1981 geboren, muss ausgerechnet an dem Tag die Schule geschwänzt haben, als im Sozialkundeunterricht „das Wesen des Parlamentarismus“ behandelt wurde. Er wird es in der Politik bestimmt weit bringen, notfalls auch in der Bundeszentrale für politische Bildung.

Der Wasserstand am Deutschen Eck

Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen, aber eines ist immer gleichgeblieben: der mentale Wasserstand am Deutschen Eck. Was immer die Regierung beschloss, verfügte, auf den Weg brachte, zwei Drittel bis drei Viertel der Deutschen waren dafür. „Der Untertan“, 1914 von Heinrich Mann geschrieben und 1918 erschienen, erlebte seine triumphale Wiederkehr. „Ziviler Gehorsam“ wurde zur Bürgerpflicht.

Nichts macht den Deutschen mehr Spaß, als zu gehorchen, strammzustehen und sich darauf zu verlassen, dass die Regierung es gut mit ihnen meint. Die gleiche Regierung, von der sie enteignet und in die Irre getrieben werden, die ihnen sagt, wie sie „Demokratie leben!“ sollen, die von einer „Wende“ in die andere stolpert, der ganzen Welt als „Vorbild“ dienen will und sich 40 „einsatzfähige Fallschirme“ aus US-Produktion bei einem privaten Anbieter ausleihen muss, weil es bei dem hauseigenen Zulieferer „unvorhersehbare Verzögerungen“ gegeben habe.

Schon möglich, dass die Regierung in der Corona-Krise alles richtig gemacht hat. Aber 40 Fallschirme für eine Kanzlerin und 15 Minister, ist das nicht ein wenig zu viel des Guten? 

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Alexander Schilling / 23.05.2020

Man wollte es wohl nicht an die große Glocke hängen, dass der für die Fallschirme vorgesehene Stoff für einen großen Rettungsschirm benötigt wird.

Rudolf Krakora / 23.05.2020

Und Frau UvdL sitzt in Brüssel und schwadroniert von Billionen. Frau UvdL mag vielleicht eine gute Ärztin sein, aber sie war als Ministerin, egal in welcher Position, eine totale Fehlbesetzung.

Dieter David Seuthe, Autor und Psychotherapeut / 23.05.2020

Lieber Henryk M. Broder, leider ist der Lockdown angesichts einer durch Regierungen, Medien und Teilen der Wissenschaft hypergepuschten “Todeskrise” von praktisch allen Nationen weltweit im leichen Untertanengeist befolgt worden. Nehmen Sie China, Frankreich, Israel, Kanada, sogar Neuseeland (sage ich als Neuseeländer, informiert durch unsere Freunde dort). Nur Schweden ist wegen seinem eigenständigen Weg immer wieder unter medialen Beschuss geraten. Entscheidend wird sein, wie der Ausweg aus dem Desaster gefunden wird, das die Regierungen überall angerichtet haben. Die seit 1870 diktaturverkrüppelten Deutschen (Preußen, Nazis, DDR, immer in Berlin angesiedelt) lassen sich von einer machtgierig gleichgeschalteten deutschen und europäischen Regierung allerdings weniger unterdrücken als zum Beispiel die Franzosen. Dort habe ich on Anti-Corona-Demos noch nichts gehört.

Frances Johnson / 23.05.2020

Eins fällt auf: so viele Untertanen wie in Umfragen scheinbar da, trifft man gar nicht, es sind mehr als ein Drittel kritisch, würde ich sagen. Ich zweifle Umfragen grundsätzlich an. Die Tücken liegen in dem Wort repräsentativ (werentscheidet, ws repräsentativ ist?) und in der geringen Zahl. Nur durch diese oft beschönigenden Umfragen erklären sich die ellenlangen Gesichter in Wahlnächten. Sagen wir, jemand riefe mich an. Würde ich ihm sagen, dass mich 2015 die schiere Menge entsetzt hat? Oder würde ich zugeben, dass ich in den jetzigen Abläufen einige Dinge überaus kritisch betrachte? Dann notiert er sich, platt wie das alles heute so ist, auf seinem Blatt “Coronaleugner”. Will man herumlaufen als Leugner, nur weil man Dinge kritisch sieht? Also sagt man am besten bei der Umfrage, was sie hören wollen. In der Wahlnacht sind dann alle nackt. Und nach der Wahlnacht zurrt sie sich am Sessel fest und bastelt irgendwas, egal mit wem außer AfD, Hauptsache, sie bleibt. Schlimmste head of state nach dem Krieg. Und wen ich so frage, wer auch immer, sieht sie kritisch. Aber vielleicht frage ich die falschen Leute. Alles Leugner auf der Straße.

Caroline Romero / 23.05.2020

Herr Broder, die Deutschen wollen mehrheitlich gehorchen, Regeln befolgen und nicht selbst denken. Täten sie es, dann würden sie womöglich zu dem Schluss kommen, dass Merkel die Krise schamlos nutzt, um das (lästige)  Grundgesetz in Teilen auszuhebeln. Ich befürchte, selbst das wäre den meisten egal. Der deutsche Untertan blüht zu neuer Größe auf. Vermutlich demnächst in digitaler Totalüberwachung.

giesemann gerhard / 23.05.2020

Ob es die Lust am Strammstehen, am Geschurigeltwerden ist, weiß ich nicht. Eher ein Vorurteil. Sicher dürfte sein: Angst ist eine große Triebkraft, auch Lebensangst. Ich merke das in Gesprächen mit Leuten meiner Alterskohorte 60+, aber auch gerade mit Jüngeren, ich denke, die fff-Kids sind davon angetrieben. Da haben sie nicht unrecht, begreifen aber nicht, dass es nicht das Klima sein wird, das ihre Lebensbedingungen einschränken wird, sondern das “menschengemacht”, will heißen: Die viel zu vielen Menschen sind ganz sicher menschengemacht, allez. Mit allen Folgen, die immer heftiger werden von Jahr zu Jahr. Besonders deutlich zu sehen an den Invasoren, die schon seit Langem sagten: Deutschland gehört nicht den Deutschen. Fragt sich nur, wem denn. Wenn in Berlin der häufigste Namen von neugeborenen Bübchen Mohamed ist, dann sieht man den Trend. Heftiger, weil jedes Jahr weltweit so 80 bis 100 Millionen Menschlein netto hinzu kommen - innert 30 Jahren bis 2050 also 2 bis 2,5 Milliarden. Die wollen alle leben, und wer glaubt, dass das 2050 einfach so aufhört, dem wünsche ich viel Glück. 2 bis 2,5 Milliarden, das ist die Zahl an Menschen, wie überhaupt gelebt haben um 1950, dem Jahre meiner Gnadengeburt. Also in 30 Jahren wird eine ganze Menschheit von 1950 HINZU gekommen sein, Futur Zwei nach Harald Welzer. Da kann ich den fff-Kids nur sagen: ff - viel Vergnügen. Und sie werden aus dem Süden kommen, nicht als Freunde, sondern als Eroberer, nach Houari Boumedienne, gucksdu bei “gutezitate” unter dem Namen. Boumedienne (1927 - 78) war mal algerischer Staatspräsident, um 1980 gab es 17 Mio. Algerier, heute sind das 34. Solche Länder gibt es jede Menge ganz in unserer Nachbarschaft, mit dem Koran als Betriebsanleitung im Tornister. Fazit: Jedes Jahr so ca. 80 bis 100 Mio. weniger Menschlein weltweit - das täte die Situation entspannen und niemandem würde etwas genommen - im Gegenteil, bessere Zukunft für alle. Vor allem für die Kinder selbst. Umdiegehtes, dochnichtummich.

Christian Noha / 23.05.2020

ALI-MAMA und die 40 Räuber. Bisher ging alles dank Schröders Arbeitsmarktreformen und Marios Nullzinsen gut. Die Deutschen waren sprichwörtlich zu beschäftigt, um darüber nachzudenken, wer sie eigentlich wirklich regiert. Dabei wird es immer offensichtlicher: Von einer Lügnerin, die nur auf ihre Umfragewerte zwecks Machterhalt und Konkurrenzverdrängung glotzt. Die Lügen fingen mit der Griechenland-„Rettung“ an, setzten sich beim absurden Gleichsetzen deutscher Flusskernkraftwerke mit Fukushima fort und erreichten ihren traurigen moralischen „Höhepunkt“ beim Belügen der NSU-Opferfamilien („Wir tun alles, um aufzuklären“ 23.2.2012; stattdessen wurde geschreddert, was das Zeug hielt, um nichts aufzuklären). In der Flüchtlingskrise wurde Merkels Nichtstun an den Grenzen von servilen Medien zum moralischen Superlativ verklärt, während man 2020 die Grenzen dann doch hysterisch schließen und die Wirtschaft anschließend abschmieren lassen konnte. Und dies obwohl Mitte März der Kulminationspunkt der „Corona-Krise“ bereits erreicht war. Diese seit 10 Jahren währende Inkompetenz kann man aber nun wenigstens messen, in Form von schnell steigenden Arbeitslosenzahlen. Vielleicht wird dann wenigstens vom Wähler mal umgedacht (von den MSM erwarte ich dagegen nichts mehr, sie fallen immer wieder auf das Antifaschismus-Narrativ der Ex-FDJ-Propaganda-Sekretärin herein, um fachlich-sachliche Kritik am Regierungskurs nicht selbst zu hinterfragen).

Doris Wannbest / 23.05.2020

Ja, da blüht er auf, der deutsche Michel. Sprechen Sie mal hier und da mit Gastronomen, so hört man diese feststellen, dass es viele Denunzianten gibt, die das Ordnungsamt anrufen, wenn Gäste oder Personal den Maulkorb vergessen. Und es gibt genug Idioten, die sich ganz fürchterlich empören, wenn sie jemanden ohne Maulkorb im Supermarkt sehen. Ekelhaft.

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