Claudio Casula / 26.04.2022 / 12:00 / Foto: Imago / 83 / Seite ausdrucken

Ein Tummelplatz für Antisemiten

Immer wenn türkische und arabische Demonstranten ihren Judenhass auf deutschen Straßen bekunden, schlägt die Stunde der Sonntagsredner. Bei uns gebe es keinen Platz für Antisemiten, heißt es dann. Ha!

Dr. Goebbels hätte es gefallen: Seit einem Vierteljahrhundert treffen sich moslemische Judenhasser jährlich zum „Al-Quds-Tag“, einem antisemitischen Happening mitten in Berlin. Sie rufen „Kindermörder Israel!“, „Intifada bis zum Sieg!“ oder, wie gestern bei einer ähnlichen Veranstaltung, auch „Drecksjude!“ und „Scheißjude!“, dazu „Du Schwuchtel, Dreckiger Jude, Hurensohn und Fick deine Schwester“, das Übliche eben.

Gewöhnlich hat das keine Konsequenzen. Wenn Innenministerin Nancy Faeser den Evergreen der Gemeinplatzwarte twittert („Für Judenfeindlichkeit gibt es in unserer Gesellschaft keinen Platz“), dann wärmt sie damit zum x-ten Mal eine Phrase auf, die von der Wirklichkeit nicht weiter entfernt sein könnte. Gleichwohl wird sie immer wieder emittiert, etwa vom damaligen Regierungssprecher Steffen Seibert nach der Verbrennung von israelischen Fahnen, von SPD-Mann Thomas Oppermann nach dem Angriff auf zwei Kippa-tragende Männer in Berlin oder von Kirchenmännern. Mal hat der Antisemitismus keinen Platz im Sport, mal keinen in Baden-Württemberg und mal keinen in Bayern.

Was natürlich Nonsens ist. „Der Platz dafür ist auf den Straßen dieses Landes jederzeit vorhanden“, schreibt Johannes Boie in seinem BILD-Kommentar. Und das wussten nicht nur die 600 Teilnehmer der Demo in Berlin, das wissen alle antisemitisch sozialisierten Migranten, weswegen sie sich auch keine Sorgen machen müssen, ernsthaft für ihren ausgelebten Hass belangt zu werden.

Politische Kleingeister par excellence

Das Problem beginnt schon mit einem Umstand, den Ferdinand Lassalle einst so umschrieb: „Alle große politische Aktion besteht in dem Aussprechen dessen, was ist, und beginnt damit. Alle politische Kleingeisterei besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“ Auch 150 Jahre nach dem Tod des Gründervaters der Sozialdemokratie erweisen sich in diesem Sinne Nancy Faeser („An antisemitische Beschimpfungen dürfen wir uns niemals gewöhnen – egal von wo und von wem sie kommen“) oder Frank-Walter Steinmeier („Judenhass – ganz gleich, von wem – wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden“) als politische Kleingeister, wie sie im Buche stehen. Von Politikern, die das Problem nicht einmal benennen, darf man kaum erwarten, dass sie es in Angriff nehmen, geschweige denn eines Tages lösen könnten.

Immerhin sprach der CDU-Abgeordnete Paul Ziemiak den „islamischen Antisemitismus“ an, auch AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sprach von „importiertem Antisemitismus“. Antisemitische Beleidigungen müssten konsequent strafrechtlich geahndet und derartige Hass-Demonstrationen verboten werden. „Dies gilt insbesondere für die Al-Quds-Tage in Berlin, wo Demonstranten regelmäßig die Zerstörung Israels fordern.“ Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle sagte, alle Akteure müssten sich „darüber im Klaren sein, dass der vermeintliche politische und gesellschaftliche Einsatz gegen Antisemitismus in Deutschland von Jüdinnen und Juden oftmals nur als Lippenbekenntnis wahrgenommen wird“.

Anschlag auf Synagoge „Kritik an Israel“

In der NZZ brachte es Alexander Kissler vor einem Jahr auf den Punkt: „Die Empörung vieler Politiker danach ist ebenso wohlfeil wie die Ankündigung, nun durchzugreifen. Seit Jahren wird muslimischer Antisemitismus in Deutschland toleriert.“

Nicht einmal antisemitische Straftaten wie Anschläge auf Synagogen werden halbwegs angemessen sanktioniert. So befand ein Gericht, dass der Angriff auf das jüdische Gebetshaus in Wuppertal während des Gaza-Krieges 2014, begangen von drei Palästinensern, „politisch motiviert“ gewesen und als „Kritik an Israel“ zu werten sei. Er könne „nicht als Antisemitismus bezeichnet“ werden. Die Täter kamen mit einer Bewährungsstrafe davon.

Wie zuletzt der 17-jährige Syrer, der 2021 einen Bombenanschlag auf die Hagener Synagoge geplant hatte. Diese milden Urteile stehen in merkwürdigem Kontrast zur Eilfertigkeit und Härte, mit der Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen abgeurteilt wurden. Da dauert es mitunter nur einen Tag, bis teils empfindliche Strafen nach einem „beschleunigten Verfahren“ verhängt werden.

Kurzer Prozess? Nur mit den Richtigen! Es macht eben einen Unterschied, ob es sich um „rechte“ oder muslimische Täter handelt. Hat doch Nancy Faeser sehr früh klargestellt, wo für sie der Feind steht:

„Ein ganz besonderes Anliegen wird für mich der Kampf für die offene Gesellschaft und gegen ihre Feinde sein – der Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere Demokratie und ich will als Innenministerin diese Gefahr mit aller Entschlossenheit bekämpfen.“

Die Entschlossenheit unserer Innenministerin, den muslimischen Antisemitismus zu bekämpfen, muss der Mob, der zuletzt in der deutschen Hauptstadt seine hässliche Fratze zeigte, nicht befürchten. 

Foto: Imago

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Gerald Weinbehr / 26.04.2022

Diese Innenministerin ist ein Skandal. Dass eine Nancy Faeser dieses Amt bekleidet, ist ultimativer Fingerzeig, wie kaputt unsere “Demokratie” ist. Dass auch andere Spitzenpolitiker nur Sprechblasen ablassen und ansonsten tatenlos zusehen, macht es noch weniger erträglich. Die Mainstreammedien stehen Spalier, Kritik an Faeser, Steinmeier & Co. ist von dort nicht zu erwarten. Die berichten anlässlich des Prozessbeginns lieber ausführlich über die “psychische Erkrankung” des Messerstechers aus Somalia, der in Würzburg drei Frauen ermordete. Das passt ins Narrativ, eingewanderter Judenhass dagegen überhaupt nicht. “Qualitätsmedien” dt. Prägung!

Stanley Milgram / 26.04.2022

...und überall sieht man die rechten Glatzen in Springerstiefeln? Ich sah keine, sehe keine, und das wird sicher auch so bleiben. Ein Schwachsinn.

Franz Michael / 26.04.2022

Der Begriff Antisemitismus wurde doch schon lange politisch instrumentalisiert und dient der Regierung einzig für neue Gesetze, Überwachung und Repressionen aller. Was z.B. Dr. Michael Blume als “Antisemitismusbeauftragter” und Wiesenthal Preisträger von sich gibt, lässt an eine perfide Verdrehung seitens der offiziellen Politik zu. Der Spagat der fundamental religiösen Integration in den Neoliberalismus ist restlos gescheitert und kann auch in diesem letztlich religiösen Land mit einer Willkürjustiz nicht funktionieren. Siehe auch K. Thörner, “Deutscher Arbeitswahn und Judenhaß. Von Luther bis Hitler “. Das Teile und Herrsche auch Segregation Prinzip hat hier seine Grenzen, erst recht in dem deutschen Verwaltungswahn. 100 Jahre Verfassungsbruch, 70 Jahre Missachtung des GG. Siehe auch Thomas Darnstädt, “Verschlusssache Karlsruhe”. Ein bisschen Religion gibts nicht.

Fred Burig / 26.04.2022

@L. Bauer:”... Niemand, außer der AfD, wird daran etwas ändern! Weil sie alle mitgemacht haben, weggeschaut haben und getwittert haben diese Maulhelden. ”  Das sehe ich auch so! Aber solange es noch jede Menge verkappte MSM- Konsumenten gibt, die glauben, wenn was u.a. in der Zeitung steht, kann es doch nicht sooo falsch sein, wird dieses Dilemma kein baldiges Ende finden. Selbst wenn es persönlich ans “Eingemachte” geht, lässt sich diese “Schafherde” immer noch weiß machen - Der Putin, die Rechten oder Corona sind schuld. MfG

Marc Blenk / 26.04.2022

Lieber Herr Casula, der real existierende Antisemitismus in Deutschland ist vornehmlich ein Amalgan von linker und muslimischer Judenfeindlichkeit. Da haben sich zwei Ideologien gefunden. Womit keineswegs gesagt ist, dass jeder Linke und jeder Muslim judenfeindlich ist. Aber im breiten, bräsigen deutschen ideologischen Grundstrom gelten Juden als Fremdkörper, nicht nur, wenn sie für das Existenzrecht Israels eintreten. Der einzige Unterschied zwischen linkem und muslimischen Antisemitismus ist die unterschiedliche Perspektive auf den Holocaust. Der gilt für so manchen judenhassenden Muslim als Vorlage eines Großreinemachens, während er für manchen Linken bekannterweise ein Alibi liefert, in die Politik zu gehen. Vor allem aber wirkt er in der linken Szene wie eine Konjunkturspritze, schaut man sich allein die Anzahl an Antisemitismusbeauftragten an, wobei es bei den allerwenigsten dieser jobmäßig von der Sonne geküssten Spezie um den Schutz lebender Juden in Deutschland geht. Die Perfidie gipfelt darin, dass man ganze Milieus heutigen Judenhasses selbst zu den neuen Juden erklärt. Nicht selten dient die Antisemitismusbeauftragung dem Aufbaus des Narrativs, Muslime zu den Opfern der Gesellschaft zu deklarieren, sogar mithilfe des Vergleichs mit der Situation der Juden in der Nazizeit. Die Rolle der Antisemitismusbeauftragung bei der Verschleierung des gesellschaftlich bestimmenden Antisemitismus gehört genauer untersucht.

sybille eden / 26.04.2022

Steinmeier :” Antisemitismus dürfen wir in unserem Land nicht dulden !” Nun hat er ihn aber doch geduldet, oder ist diese Demo aufgelöst worden ? Wurden gar Wasserwerfer eingesetzt oder gar Gummigeschosse ? Nichts davon gehört, wie nennt man dann solche Personen die dem “Volk” glatt ins Gesicht lügen, und das fortlaufend und regelmäßig ? Einen dreissten Lügner und einen Gesinnungslumpen ! Diese Kanaille ist einfach nur noch widerlich.

Alexander Peter / 26.04.2022

Judenhass mag viele Gesichter haben, aber einen gemeinsamen Feind. Im vorliegenden “Falle” ist es aber “Business as usual”. Die eine Seite lässt ihren Ressentiments in regelmäßigen Abständen freien Lauf, die offizielle Politik antwortet darauf automatisch und routiniert: “Nie wieder”, und damit ist es auch getan. Weil alle Beteiligten dies genau wissen, sollte man einfach zur Tagesordnung übergehen, also “Corona”, “Klima” und “Ukraine”. Mitbürger jüdischen Glaubens werden wissen, was sie zu tun haben.

Ilona Grimm / 26.04.2022

@Martin Schott: Doch, es gibt DEN Islam. Es gibt nämlich nur einen Islam, weil es nur einen KORAN gibt. Und der gilt für alle Menschen, die der muslimischen Glaubensideologie qua Geburt oder Konversion angehören. Folglich gibt es auch keinen Islamismus. Dies hat Sultan Erdogan höchstselbst bestätigt. Zur Urteilsfindung reicht allerdings die Lektüre des Buches.

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