Claude Cueni, Gastautor / 23.10.2019 / 13:00 / Foto: Pixabay / 13 / Seite ausdrucken

Die Wetterhexe

Zuerst kam der Regen. Neun Monate lang. Die Menschen klagten und beteten. Dann kam die Hitze, elf Monate lang, sie war ungewöhnlich stark, "glühend und schrecklich", wie ein Chronist im Jahr 1540 berichtete, mit Temperaturen von weit über 40 Grad. In Italien war es bereits im Winter wärmer gewesen als normalerweise im Hochsommer. Ganze Seen trockneten aus, in Basel konnte man an einigen Stellen den Rhein zu Fuss überqueren, Wälder brannten, Felder verkümmerten, Ernten fielen aus, das Vieh verendete auf den Weiden, in Europa verdursteten über zehntausend Menschen, viele kollabierten bei der Feldarbeit, die Nahrungsmittelpreise schossen in die Höhe, Mord und Totschlag waren die Folge.

In über 300 Chroniken wird Europas größte Naturkatastrophe detailliert geschildert. Das meteorologische Phänomen übertraf alle späteren Hitzesommer bei weitem.

Da man damals davon ausging, dass alles im Leben einen Sinn hat und einer gewissen Logik folgt, suchte man nach einer Ursache. Wer war dafür verantwortlich? Wer zum Teufel hatte gesündigt? Wen hatte Satan als Werkzeug für diesen "Wetterzauber" benutzt? Das musste eine Hexe sein, die sich mit schwarzer Magie auskannte.

Die Wahl fiel auf die 50-jährige Prista Frühbottin. Sie verkehrte mit Menschen am Rande der Gesellschaft und gehörte somit zu den üblichen Verdächtigen. Am 29. Juni 1540 wurde sie in Wittenberg wegen angeblichem "Wetterzauber" und dem Vergiften der Weiden zusammen mit ihrem Sohn verhaftet. Sie wurden Opfer der damals populären Hexenprozesse. Zusammen mit zwei anderen "teuflischen Gesellen" schmiedete man sie an Eichenbalken. Sie wurden „geschmäucht und abgedörrt“, bis nur noch ein Häufchen Asche übrig blieb.

Die angebliche „Wetterzauberin“ erlangte eine gewisse Berühmtheit. Selbst Martin Luther erwähnte sie in einem Brief an seine Ehefrau und nannte die Hexenverbrennung „nichts Neues, weil auch in diesen Landen der Teufel tobt“ und bezeichnete die Hinrichtung als „Gottes Strafe für die Verachtung seines lieben Wortes“.

Es dauerte 473 Jahre, bis der Rat der Stadt Wittenburg Prista Frühbottin und ihre Familie rehabilitierte.

 

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag in der Schweizer Wochenzeitung BLICK, wo dieser Artikel zuerst erschien. Ende des Jahres erscheinen seine dort veröffentlichten Kolumnen als E-Book. Mehr unter der web.adresse www.cueni.ch.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Wolfgang Janßen / 23.10.2019

Was in den Chroniken steht, weiß ich nicht. Es kann aber nicht etwas von Temperaturen über 40 Grad stehen, da es damals keine Thermometer gab. Die wurden erst später erfunden.

Helge Grimme / 23.10.2019

Ach hätten wir 1540 doch die Schmieden als schlimme CO2-Ausstoßer verboten. Dann gäbe es heute keine Sorgen um das Klima. Denn die Überlebenden lebten auf den Bäumen.

A. Ostrovsky / 23.10.2019

Im Patriarchat wurden Hexen verbrannt, im Matriarchat verbrennt man Leugner, alte weiße Männer. Es ist aber auffällig, dass die Verfehlungen die gleichen sind! Leugnung des Menschengemachten und der Bund mit dem Satan. Die Zeiten ändern sich nie!

Karsten Dörre / 23.10.2019

Laut Zeitzeugen wurden die Verurteilten “an Säulen gebraten”, indem sie “an Eichenpfeilern emporgesetzt, angeschmiedet und mit Feuer, wie Ziegel, jämmerlich geschmäucht und abgedörrt wurden” (Jörg Haustein, Martin Luthers Stellung zum Zauber- und Hexenwesen, Stuttgart 1990, S. 187). Sie wurden nicht verbrannt. Asche bezieht sich bei dieser Todesart auf die runtergebrannten Feuerstellen, die sich unter den Toten befanden (Holzschnitt Lucas Cranach d.J.). Und wir können von Glück reden, dass wir ältere Generationen als Wetterhexer nicht von den jungen Generationen ähnliches Schicksal erleiden werden, weil die CO2- und Feinstaub-Belastung bei diesem Schicksal viel zu hoch wäre.

Ko. Schmidt / 23.10.2019

War sie eine dieser schlimmen Klimaleugnerinnen? Gott behilf!

Rainer Hanisch / 23.10.2019

“Wer zum Teufel hatte gesündigt?” Die bösen alten, weißen “klimaleugnenden” Männer! Mit ihren SUVs, der unökoloischen Energiegewinnung, dem Heizen mit fossilen Brennstoffen, dem ausufernden Fleischkonsum…. Der Vergehen ließen sich noch etliche aufzählen! Glücklicherweise gibt es heutzutage die heilige Greta! Die wir’s schon richten. In 20, 50 oder 100 Jahren wird wohl auch der letzte Klimaschützer merken, dass sich Klima nicht sonderlich von den Mühen der Menschen beeindrucken lässt! Und dass aller Verzicht und aller CO2-Ablasshandel für die Katz war.

Roland Stolla-Besta / 23.10.2019

Ich würde ja gerne Claudia Roth für die Klimaerwärmung verantwortlich machen, erinnert sie mich doch immer an die Hexe aus „Hänsel und Gretel“ meiner Kindertage. Aber die Dame zu verbrennen wäre besonders unter dem Aspekt der dadurch schlechteren CO2-Bilanz (oder war es H20 oder H2SO4?) nicht opportun.

Michael Stoll / 23.10.2019

So hat man das damals gemacht. Heute werden die dümmsten 1% der Weltbevölkerung CO2-besteuert. Hat es 1540 geholfen, hat es nach der Hexenverbrennung geregnet?

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