1.080 Abgeordnete aus 25 europäischen Staaten haben in einem Gemeinsamen Brief an die Regierungen ihrer Länder appelliert, eine Annexion palästinensischer Gebiete durch Israel zu verhindern, "zutiefst besorgt über den Präzedenzfall, den dies für die internationalen Beziehungen insgesamt schaffen würde", soll heißen für die Besetzung Tibets durch China, den Anschluss der Krim an Russland und die Okkupation von Nord-Zypern durch die Türkei. Mit von der Partie – die Spitzen der deutschen Grünen und Postkommunisten.
Gemeinsamer Brief von 1.080 Abgeordneten aus 25 europäischen Staaten an europäische Regierungen und die politischen Führungen gegen israelische Annexion im Westjordanland
Wir, Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus ganz Europa, die sich für eine auf Regeln basierende globale Ordnung einsetzen, teilen ernsthafte Bedenken über Präsident Trumps Plan für den israelisch-palästinensischen Konflikt und die bevorstehende Annexion von Gebieten des Westjordanlandes durch Israel. Wir sind zutiefst besorgt über den Präzedenzfall, den dies für die internationalen Beziehungen insgesamt schaffen würde.
Europa hat sich über Jahrzehnte für eine gerechte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts in Form einer Zwei-Staaten-Regelung eingesetzt, die im Einklang mit dem Völkerrecht und den einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen steht. Bedauerlicherweise weicht Präsident Trumps Plan von international vereinbarten Parametern und Prinzipien ab. Er fördert effektiv die dauerhafte israelische Kontrolle über ein fragmentiertes palästinensisches Gebiet, lässt den Palästinensern keine Souveränität und gibt Israel grünes Licht für die unilaterale Annexion bedeutender Teile des Westjordanlandes.
Im Einklang mit dem Trump-Plan sieht der neue Koalitionsvertrag in Israel vor, dass die Regierung bereits ab 1. Juli 2020 mit der Annexion beginnen kann. Ein solcher Schritt wäre für die Aussichten auf einen israelisch-palästinensischen Frieden fatal und würde die grundlegendsten Normen internationaler Beziehungen einschließlich der Charta der Vereinten Nationen in Frage stellen.
Wir sind zutiefst besorgt über die Auswirkungen der Annexion auf das Leben von Israelis und Palästinensern sowie über ihr destabilisierendes Potential in einer Region vor der Haustür Europas. Diese Besorgnis ist in einer Zeit, in der die Welt mit der COVID-19-Pandemie, dem größten kollektiven Notstand seit Jahrzehnten, kämpft, nicht weniger schwerwiegend.
In Würdigung des langfristigen Engagements Europas für eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts fordern wir die europäischen Staats- und Regierungschefs auf, entschlossen auf diese Herausforderung zu reagieren. Europa muss die Führung darin übernehmen, internationale Akteure zusammenzubringen, um eine Annexion zu verhindern und die Aussichten auf eine Zwei-Staaten-Regelung und eine gerechte Lösung des Konflikts zu sichern.
Europäische Vertreter, darunter der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, haben erklärt, dass eine Annexion „nicht unangefochten vonstattengehen kann“.
Wir unterstützen dies voll und ganz: Die gewaltsame Aneignung von Territorium hat im Jahr 2020 keinen Platz und muss entsprechende Konsequenzen haben. Die Unterlassung einer angemessenen Reaktion würde andere Staaten mit Gebietsansprüchen ermutigen, grundlegende Prinzipien des Völkerrechts zu missachten. Die auf Regeln basierende globale Ordnung ist für Europas eigene langfristige Stabilität und Sicherheit von zentraler Bedeutung. Wir haben ein starkes Interesse daran und die Verantwortung dafür, sie zu schützen.
Eine dauerhafte Lösung des Konflikts muss den legitimen Bestrebungen und Sicherheitsbedürfnissen beider Seiten, der Israelis und Palästinenser, gerecht werden und ihre Gleichberechtigung garantieren. Europa verfügt über die diplomatischen Instrumente, um dieses gerechte Ziel zu fördern, und wir sind bereit, solche Bemühungen zu unterstützen.
Aus Deutschland dabei:
Luise Amtsberg, Grüne; Rasmus Andresen, Grüne; Ulrike Bahr, SPD; Margarete Bause, Grüne: Dietmar Bartsch, Die Linke; Franziska Brantner, Grüne; Leni Breymeier, SPD; Agniesza Brugger, Grüne; Karl-Heinz Brunner, SPD; Birke Buill-Bischoff, Die Linke; Udo Bullmann, SPD; Delara Burkhardt, SPD; Reinhart Bütikofer, Grüne; Dieter Dehm, Die Linke; Özdem Demirel, Grüne; Yasmin Fahimi, SPD; Sylvia Gabelmann, Die Linke; Kai Gehring, Grüne; Stefan Gelbhaar, Grüne; Sven Giegold, Grüne; Katrin Göring-Eckardt, Grüne; Erhard Grundl, Grüne; Gregor Gysi, Die Linke; Robert Habeck, Grüne; Anja Hajduk, Grüne; Heike Hänsel, Die Linke; Gabriela Heinrich, SPD; Anton Hofreiter, Grüne; Andrej Hunko, Die Linke; Dieter Janecek, Grüne; Ulla Jelpke, Die Linke; Achim Kessler, Die Linke; Katja Keul, Grüne; Katja Kipping, Die Linke; Cansel Kiziltepe, SPD; Sylvia Kotting-Uhl, Grüne; Sven Lehmann, Grüne; Sabine Leidig, Die Linke; Stefan Liebich, Die Linke; Tobias Lindner, Grüne; Erik Marquardt, Grüne; Christoph Matschie, SPD; Martina Michels, Grüne, Falko Mohrs, SPD; Niema Movassat, Die Linke; Claudia Müller, Grüne; Zaklin Nastic, Die Linke; Ingrid Nestle, Grüne; Hannah Neumann, Grüne; Cem Özdemir, Grüne; Aydan Özoguz, SPD; Tobias Pflüger, Die Linke; Bernd Riexinger, Die Linke; Clauda Roth, Grüne; Margit Stumpp, Grüne; Jürgen Trittin, Grüne; Sahra Wagenknecht, Die Linke; Gerhard Zickenheiner, Grüne; Sabine Zimmermann, Die Linke u.a.m.