Dirk Maxeiner / 26.03.2023 / 06:15 / Foto: Pixabay / 78 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Nichts Neues immer dramatischer

Alle Jahre wieder erscheint ein Bericht des „Weltklimarates“, so auch letzte Woche. Und wieder ist das Ende nah. Wirtschaftsminister Habeck will Heizungen und Autos abschaffen, und Wohnungsbauministerin Geywitz empfiehlt, der Wohnungsnot aufs Land zu entfliehen. Doch wie kommt man dahin ohne Auto?

Am Mittwoch war in Bayern Kaiserwetter, und ich schlenderte durch Augsburg. Der blaue Himmel hatte allerhand Menschen angelockt, und auf dem Bürgersteig traf ich sogar zweimal auf Boten des Herrn. Die einen warben für „Bibelstunden“, die anderen hielten mir eine Zeitschrift mit dem Titel „Erwachet!“ entgegen. Beides waren nette Zeitgenossen, die freundlich grüßten und einen in Ruhe ließen, wenn man kein Interesse bekundete. 

Der Markenkern der Zeugen Jehovas erinnerte mich spontan an den unseres grünen Wirtschaftsministers. Der hatte Caren Miosga in der Tagesschau ein Interview gegeben, und die fragte unschuldig, was der Herr Habeck denn vom Widerstand gegen das Verbot konventioneller Heizungen halte und überhaupt, wer das denn bezahlen solle. Seine Antwort waberte wie eine Nebelbank in der Ostsee, Frau Miosga betätigte daraufhin die Nebelschlussleuchte und bat den „Wirtschafts- und Klimaminister“ um etwas mehr Durchblick.

Prompt kam Habecks Zeugen-Jehovas-Moment, und er rief „Erwachet!“. Am Tag zuvor habe der Weltklimarat „seine Prognose noch einmal verschärft“, rief der Wanderprediger, „Die Zeit läuft uns davon“. Das ist insofern nicht falsch, als die Zeit uns schon seit mindestens 20 Jahren davonläuft. Unvergessen ist etwa die Schlagzeile der Bild-Zeitung von 2007 „Wir haben noch 13 Jahre“ – also eigentlich hätte schon 2020 Zapfenstreich sein müssen. Greta Thunberg stellte vor fünf Jahren in einem Tweet die Behauptung auf, dass „der Klimawandel die gesamte Menschheit auslöschen wird“, wenn wir nicht „in den nächsten fünf Jahren aufhören, fossile Brennstoffe zu verwenden“. Nachdem die fünf Jahre rum sind, ist die Menscheit noch da, dafür ist aber der Tweet von Greta ausgelöscht. Die Vereinten Nationen haben am Montag nun eine neue Bewährungsfrist veröffentlicht, die besagt, dass sich der Planet in den „2030er Jahren“ einer katastrophalen Schwelle nähern wird, wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen würden. 

Der Planet schiebt mit jedem neuen IPCC-Bericht einen Airbag von 10 Jahren vor sich her. Wie man aus diesem prognostischen Dilemma herauskommt, schildert indes der Spiegel in einem Beitrag mit der Überschrift: „Zeugen Jehovas Weltuntergang auf Wiedervorlage“. Darin heißt es: „Eigentlich stand 1975 die Apokalypse ins Haus – am Ende traf zum vierten Mal eine Weltuntergangsprognose der Zeugen Jehovas nicht zu. Nach dieser falschen Prophezeiung verzichtete die Sekte auf neue konkrete Termine für ‚Harmagedon‘“. Ich tippe mal, dass beim „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) der Groschen auch irgendwann fällt, da der Planet sich ja konsequent weigert, die Extinction-Rebellion in die Tat umzusetzen.

Für den nächsten Evangelischen Kirchentag

Der Unterschied zwischen den Zeugen Jehovas und den Grünen besteht im übrigen darin, dass die einen in der Fußgängerzone stehen und dich in Ruhe lassen – und die anderen auf der Regierungsbank sitzen und dich nicht in Ruhe lassen. Vielleicht sollten die mal tauschen, dann veröffentlicht die Achse zum Dank eine Ausgabe des „Wachtturm“.

Die 36-seitige Zusammenfassung des IPCC-Klimaberichtes für „Policymakers“ besticht übrigens durch eine beeindruckende Anzahl von woken Modewörtern, man könnte fast glauben, es sei für den nächsten Evangelischen Kirchentag geschrieben. Woke (englisch „erwacht“) ist laut Wikipedia ein im afroamerikanischen Englisch in den 1930er Jahren entstandener Ausdruck, der ein „erwachtes“ Bewusstsein für mangelnde soziale Gerechtigkeit und Rassismus beschreibt. Es handelt sich hier also um einen der eklatantesten Fälle von „Cultural appropriation“ (kulturelle Aneignung) seit Sascha Lobos Irokesenfrisur. Auf den drei Dutzend Seiten des Dokuments tauchen 31-mal die Begriffe „Gerechtigkeit“ und „Ungerechtigkeit“ auf. „Inklusiv“ und „Inklusion“ kommen 17-mal vor, sogar „Kolonialismus“ und „marginalisierte Gruppen“ haben ihren Auftritt. Ob es sich dabei um eine wissenschaftliche Ausführung oder um eine Fango-Packung für Menschen mit 1,5-Grad-Fieber handelt, weiß ich jetzt nicht so genau.

Sehr gut gefallen hat mir jedenfalls die Forderung eines Autors, „der Verringerung des Klimarisikos für einkommensschwache und marginalisierte Gemeinschaften, einschließlich der Menschen in informellen Siedlungen, Vorrang einzuräumen“. Damit kann nur der nicht vom Staat ausgehaltene Anteil der deutschen Bevölkerung gemeint sein, hier wird Klimaschutz endlich einmal handfest! 

Dazu passt die neueste Idee von Klara Geywitz, die ich bislang nicht kannte, die aber tatsächlich deutsche „Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen“ ist. Dem Grad ihrer Unbekanntheit entnehme ich, dass ihr Aktivismus sich in Grenzen hält, das heißt, die Frau tut nix – und macht damit auch keinen Scheiß, was ich dem Rest der Berliner Combo ausdrücklich zur Nachahmung empfehlen möchte. Um die Wohnungsnot in den Städten zu lindern, will Frau Ministerin mehr Menschen zum Umzug auf das Land bewegen. „In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,7 Millionen leerstehende Wohnungen. Der überwiegende Teil dieser Wohnungen befindet sich in ländlichen Regionen“, sagte sie. Dafür habe sie eine „Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung unterzeichnet“, das heißt, sie will weiter nix tun, da fällt mir ein Stein vom Herzen. Es bleibt lediglich die Frage, wie die Leute aufs Land kommen und sie sich dort fortbewegen sollen, weil mit der Berliner S-Bahn ja spätestens in Königs Wusterhausen Endstation ist. In den Veröffentlichungen zu dem Vorstoß konnte ich jedenfalls nirgends ein böses Wort mit vier Buchstaben finden: Auto.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

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T. Schneegaß / 26.03.2023

@Uwe Heinz: Es war und ist ein Privileg der Jugend, gegen ihre Eltern- und Großelterngeneration zu rebellieren, wir selbst haben das auch getan. Heute sehe ich aber dabei einen gravierenden Unterschied zu früher. Zu “meiner Zeit” ging es im Wesentlichen um den Lebensstil, also Musik, Haare, Sex u.a., die uns mit den Altvorderen kollidieren ließen. Die Lebensgrundlagen wurden nicht infrage gestellt, wir erkannten, möglicherweise unbewusst, an, dass unsere “Alten” unser Dasein und Fortkommen mit ihrer Arbeit sicherten. Mit den 68-igern im Westen begann genau das, was heute praktisch in der Vernichtung der Lebenswerke ganzer Generationen mündet und D quasi in das vorindustrielle Zeitalter zurückwerfen wird. Der Bildungsgrad der heutigen Bilderstürmer reicht offensichtlich nicht aus, zu begreifen, dass sie in der Welt ihrer Vorstellungen nicht mal den Kleber und die Handys besitzen würden, die sie für die Organisation ihres Zerstörungswerkes brauchen. Und da dieser Rückfall in ein “besitzloses Glück” als moderne Sklaven genau der Agenda der Anstifter entspricht, ist die Situation eine ganz dramatisch andere als je zuvor. Ob dieser Trümmerhaufen ebenso beseitigt werden kann, wie die der Städte nach dem Krieg, bezweifle ich, ist aber auch nicht mehr meine Zukunft.

Tobias Kramer / 26.03.2023

@Bernd Büter: Stimme Ihnen zu. Die Mehrheit der Westdeutschen, aber mittlerweile auch die jüngere Generation der Ostdeutschen haben schlicht keine Ahnung vom Sozialismus (Kommunismus) und was das bedeutet. Wobei ich sagen muss, dass der DDR-Sozialismus gegen das, was hier am anrollen ist, fast noch harmlos war. Heute kämpfen die neuen “Bunten” auf vielen Gebieten. Es muss tatsächlich erst wieder zum Zusammenbruch kommen und die meisten müssen alles verlieren (vlt. sogar das eigene Leben oder das Leben von Angehörigen. Stichwort Spritzbrühe), bis sich was ändert. Nur sämtliche Täter werden sich nicht verstecken können. Nach 1945 und 1989 konnte man Akten schreddern. Heute sind sämtliche Beweise digital und in millionenfachen Händen. Die kleinen und großen Täter gehen offen und mit Klarnamen vor. Sie machen sich damit “unvergesslich”. Und das ist gut so.

Bernd Keller / 26.03.2023

Rage against the machine… Netter Text

Uwe Heinz / 26.03.2023

@T.Schneegaß: Ich hoffe immer noch auf die Vernunft und Bauernschläue der Landbevölkerung gegenüber der woken Weißheit der Städter. Mir tun aber die jungen Leute leid, denen man gerade die Zukunft versaut. Deren Aufgabe wird es sein die Trümmer wieder aufzubauen, die sie gerade (fremdbeeinflußt und zukunftsverängstigt) erzeugen!

Karl Napp / 26.03.2023

Die Flucht aufs Land wird gesteuert durch den Mindest-IQ von 70. Grüne und Woke müssen da in Berlin, Hamburg, Bremen, Köln, Frankfurt uns seit der Nach-Uhde-Zeit auch München bleiben.

Friedrich Richter / 26.03.2023

Als in der Diaspora (in einer katholischen Insel mitten in Deutschland) aufgewachsener Atheist würde ich mir auf der Regierungsbank Leute wünschen, die wissen, nicht solche, die glauben. In Ruhe gelassen zu werden oder nicht ist immer eine Frage der Macht, Damit fallen beide genannte Gruppen für mich aus. Allerdings lebe ich schon so lange nicht mehr in Deutschland, dass ich beim nächsten Mal nicht mehr mitwählen darf. Es könnte mir also egal sein, aber es beschäftigt mich doch irgendwie.

Lothar Hannappel / 26.03.2023

Sie wissen, dass sie uns verarschen. Wir wissen , dass sie uns verarschen. Sie wissen, dass wir wissen, dass sie uns verarschen. Sie wissen, dass wir uns weiter verarschen lassen.

Marc Munich / 26.03.2023

@Rainer Irrwitz @“Schon Jesus war ein Apokalyptischer Untergangsprediger der den jüngsten Tag tatsächlich noch zu seinen Lebzeiten erwartet hatte.”  Sorry, aber den “jüngsten Tag” haben die unmittelbaren Anhänger* (Jünger*) Jesu nach dessen Tod erwartet, aber nicht J. Chr. selbst! Der hat sie (zumind. lt. Evangelien) wegen ihrer diesbezüglichen Fragerei (“Sag uns, wann wird das alles geschehen”...)  vielmehr immer wieder zurechtgewiesen (“Es gebührt euch nicht, zu wissen Zeit oder Stunde, welche der Vater seiner Macht vorbehalten hat”;  “Doch jenen Zeitpunkt aber kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater”...).

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