Sie tagten die Nacht durch, Christian Lindner kletterte erst um halb vier in seinen Dienstwagen, Durchbruch angeblich um sechs. Und am Morgen stieg der weiße Rauch auf: Die „Ampel“-Koalitionäre haben sich geeinigt, mehr dann um zwölf in der Pressekonferenz, die nicht wirklich mit Spannung erwartet wurde.
Zwölf Uhr mittags, High Noon, betraten die drei von der Zankstelle die Bühne und schritten zu ihren Pulten. Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner waren wild entschlossen, es kurz und schmerzlos zu machen. Das immerhin gelang.
Scholz begann mit der vorhersagbaren Behauptung, die Gespräche seien „vertrauensvoll, vertraulich und sehr konstruktiv“ gewesen. Die Regierung halte an allen Zielen – „klimaneutraler“ Umbau des Landes, Vollversorgung von Unbeschäftigten, Ukraine-Unterstützung – fest, müsse nun aber wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts „mit deutlich weniger Geld auskommen“. Und wo spart man das ein? Beim Bürgergeld, das Millionen Nicht-Bürger beziehen? Bei der Finanzierung der irregulären Einwanderung? Wird etwa ein Einstellungsstopp in der Bundestagsverwaltung verhängt? Oder auf Protz- und Prestigebauten wie die Erweiterung des Bundeskanzleramts (777 Millionen Euro) verzichtet? Keine Radwege in Peru finanziert und keine Hilfen an die terroraffine Palästinenserführung gezahlt?
Nee, alles falsch. 17 Milliarden Euro werden „erwirtschaftet“ (Scholz), also weniger ausgegeben. Der Klimafonds (KTF) wird ein bisschen gekürzt (minus 12 Milliarden, bis 2027 dann 45 Milliarden), umfasst aber immer noch 160 Milliarden Euro. Mit Haushalt 2024, so Scholz, halten wir die Schuldenbremse ein. Notfalls aber doch nicht, nämlich wenn es für die Ukraine militärisch und/oder finanziell gar nicht gut läuft, dann werden wir nämlich „reagieren müssen“. An den acht Milliarden Euro Unterstützung wird jedenfalls nicht gerüttelt.
Weihnachtlich kommt Robert Habeck daher. Man habe sich auf ein „großes Paket“ geeinigt, das sei gut und notwendig. Es werde „in soziale Sicherheit“ und „Innovationen“ investiert, die KTF-Lücke unter anderem dadurch geschlossen, dass man die Bundesbahn „anders finanziert“ und Einnahmen durch CO2-Besteuerung steigert. Es werde umgeschichtet, eingespart und die Förderung für E-Mobile eher beendet als geplant.
Untertreibung des Jahres
Christian Lindner sieht in der Einigung ein „klares Signal“, die Koalition „handlungs- und einigungsfähig“, der Kurs der „fiskalischen Konsolidierung“ werde fortgesetzt. Wegen der „nicht zufriedenstellenden“ wirtschaftlichen Entwicklung – heißer Kandidat für die Untertreibung des Jahres! – gebe es „Rekordinvestitionen“. Lindner meinte reichlich unkonkret: „Wir gehen teilweise auch kreative Wege“ und ließ seine Zuhörer damit ratlos zurück. Aber Hauptsache, gut die Hälfte der Hilfen aus Europa an die Ukraine kommt von uns. Da ist der Finanzminister richtig stolz.
„Klimaschädliche Subventionen“ in Höhe von drei Milliarden Euro würden abgebaut (womit dann praktisch die Senkung der Stromsteuer finanziert würde). Hört sich erst mal gut an, ist aber leider ein weiterer Schlag für die siechende Wirtschaft, die für das Versagen der „Ampel“ bluten muss. Aber wer braucht schon die Industrie für den klimaneutralen Umbau des Landes? Ach ja: Ab dem 1. Januar 2024 kehrt die Regierung „auf den Preispfad der GroKo zurück“ – Lindnersprech für die Anhebung des CO2-Preises beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien.
Wir halten fest: Nicht betroffen von den Milliardenkürzungen sind der verfettete Staat und seine Diener, die illegalen Zuwanderer, die „Bürgergeld“-Bezieher („keine Reduzierung von sozialen Standards!“) und die Ukraine. Neue Belastungen kommen hingegen zu auf die arbeitenden und steuerzahlenden Bürger und auf die Industrie – also insgesamt ein, wie Lindner es ausdrückt, „ausgewogenes, gutes Paket, das unser Land voranbringt.“
Nach einer Viertelstunde ist es vollbracht, das Trio infernale zieht sich in seine Gemächer zurück, und die Journalisten packen, ohne eine einzige Frage gestellt zu haben, stumm ihre Siebensachen. So sieht es also aus, wenn eine demokratisch gewählte Regierung ihr Sonderunvermögen präsentiert. Jedenfalls in Berlin.
Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.