Henryk M. Broder / 27.03.2020 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 72 / Seite ausdrucken

Das Virus bringt die Leute um den Verstand

Das „neuartige“ Corona-Virus fordert nicht nur tausende von Menschenleben, es bringt auch einige Leute um den Verstand, zum Beispiel Martin Hagen, den Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag. Er macht „Politik aus Leidenschaft“, und was er darunter versteht, machte er am Donnerstag in einer Sendung von augsburg.tv klar. Da sagte er über eine Sitzung des Landtags vom selben Tag: „Es war heute eine Sternstunde des Parlamentarismus, weil alle Fraktionen an einem Strang gezogen haben, weil wir ein Gesetz in Rekordzeit verabschiedet haben, aber es nicht einfach abgenickt haben, sondern auch noch im parlamentarischen Verfahren geändert und verbessert haben durch Initiativen der Oppositionen, denen die Regierung auch zugestimmt hat. Es war wirklich eine tolle Erfahrung.“

Wenn also alle Parteien an einem Strang ziehen, keiner widerspricht und die Regierung der Opposition entgegenkommt, dann ist das keine Farce, sondern eine Sternstunde des Parlamentarismus. Zumindest für einen jungen Abgeordneten, der auch in der Volkskammer der DDR bella figura abgegeben hätte. So bringt das Virus die Volksgemeinschaft wieder zusammen. Und wäre Wilhelm II. noch am Leben, würde er sich entspannt zurücklehnen und sagen: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Infizierte.“

In denselben Teppich der Nationalen Front beißt auch der „freie Medienjournalist“ Steffen Grimberg in der taz. Was, Sie kennen Steffen Grimberg nicht? Ja, wo leben Sie denn? Der Mann war doch mal Leiter des Grimme-Preises und Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, wo er „Medienjournalismus“ von der Pike auf lernte. Jetzt arbeitet er für das Medienportal MEDIEN360G des MDR und die taz. Was allemal mehr Spaß macht, als Karola Wille die Aktentasche hinterherzutragen. 

In seiner letzten taz-Kolumne macht er Mathias Döpfner fertig, der es tatsächich gewagt hat, „höchstpersönlich im eigenen Blatt“ zu verkünden, „wie er die Welt sieht und was nun passieren muss“ angesichts von Corona. Eine Sauerei! Höchstpersönlich und im eigenen Blatt, statt einen seiner Referenten in der „jungen welt“ schreiben zu lassen. How dare he? 

Schlimmer noch, Döpfner spannt sich selber „vor den Karren derer, die diesem System den Kampf angesagt haben“, zum Beispiel „Henryk M. Broders „Achse des Guten“ . Warum er, Döpfner, „seinen Beitrag jetzt ausgerechnet dort für eine Zweitveröffentlichung freigegeben hat, fragt er sich hoffentlich mittlerweile selbst“, schreibt Grimberg, um gleich in die rutscherprobten Knie zu gehen und zuzugeben, dass der Springer-Chef „durchaus kluges Zeug“ schreibt. Nur leider nicht in der taz, die sich nicht vor den Karren derer spannen lässt, die diesem System den Kampf angesagt haben, sondern um die Leser wirbt, denen die FR zu radikal ist. 

Kaum hatte sich Steffen Grimberg in der taz erleichtert, stieg sein Kollege René Martens, ebenfalls freier Medienjournalist, in die MDR-Bütt, um Grimberg beizuspringen und darauf hinzuweisen, dass Springer „längst eine Vorfeldorganisation der AfD“ ist, wobei sich Martens auf den Kommunikationsberater und „SPD-Netzpolitiker“ vom SPD-Stammtisch Moabit-Nord, Robert Pietsch, bezog, der einen Tag zuvor auf Twitter ebensolches verbreitet hatte.

So greift ein Rädchen ins andere und am Ende des Kettenbriefes wird Robert Pietsch mit Steffen Grimberg und Rene Martens über die Turmstraße torkeln und die erste Strophe der SPD-Hymne singen: Wann wir schreiten Seit' an Seit' und die alten Lieder singen, und die Wälder widerklingen, fühlen wir, es muss gelingen: Mit uns zieht die neue Zeit, mit uns zieht die neue Zeit. – Glück auf, Genossen!

Foto: Achgut.com

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Andreas Stueve / 27.03.2020

Henryk Broder. Achse des Guten. Klingt ein wenig wie Darth Vader. Todesstern.Die besten der Guten haben wieder zugeschlagen. Man stelle sich vor, die würden nichts mehr publizieren. Sie hätten fast nichts mehr zu tun und wir nichts zu lesen.

Sabine Schönfelder / 27.03.2020

Haaallloooo, Ihr Lieben, Danke der Nachfrage, alles okay, allenfalls meine freiheitsliebende Seele fühlt sich etwas komprimiert an, angesichts der exponentiell ansteigenden medialen Agitation der Massen, hin in die finanzielle und demokratische Dauerquarantäne. Die Meinungsverengung wird erfolgreich von allen Seiten betrieben. Auch auf der Achse wabert eine angespannte Auseinandersetzung um die Meinungshoheit über die Gefährlichkeit des C.-Virus, anstatt eines argumentativen offenen Austauschs verschiedener Auffassungen. Bin jetzt Klima- und Coronaleugner. Man wächst mit seinen Aufgaben. Niemand scheint die Parallelität in den Argumentationsreihen zu erkennen. Superaufklärer und Sciencefiler number one, Michael Klein, veröffentlicht auch nur sehr reduziert kritische Anmerkungen von „Coronaleugnern“ (meine war leider nicht dabei) und kombiniert fleißig Fakten mit seiner eigenen Meinung. Er bezeichnet, very sachlich und objektiv Wodargs Aussagen als wirre Thesen, denen er aber großzügig eine öffentliche Darstellungsmöglichkeit zubilligt. Auch der Herr der „Weltgruppe“ ist auf der Achse „ganz bei uns“, versteht all die Ängste, welche die Medien selbst schüren, sieht die willkürliche politische Ermächtigung und Wirtschaftskrise kommen, um uns dann das linke Mantra zu verkünden: alles wird viel einfacher, immateriell eben und voll emotional, ohne Moos viel los, kein Strom und trotzdem darin schwimmen. Kommentieren verliert seinen Reiz und seinen Zweck, wenn man nur innerhalb des vorgegebenen „Haltungsfensters“ veröffentlicht wird. LG

J. Eggers / 27.03.2020

Der Beitrag von Mathias Döpfner, der erst in der WELT und dann auch hier erschien, war auf einem Niveau, das man heute in den klassischen Medien und auch in den von ihm verantworteten Blättern kaum noch findet. Mich hat er zumindest nachhaltig beeindruckt. Derartige Gedanken gehen mir zwar auch durch den Kopf, aber sie so in Worte fassen kann nicht jeder. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand, der im Kopf nicht ideologisch zugenagelt ist oder an supranasaler Insuffizienz leidet, diesen Text nicht als einen wertvollen Diskussionsbeitrag aufnehmen kann.An dem Grimbergschen Beitrag in der Taz erkennt man den verbohrten Ideologen, der in Schubladen denkt, der aus argumentativer Hilflosigkeit heraus spaltet, und der einer inhaltlichen Diskussion nicht gewachsen ist. Mit dem erbärmlichen Hinweis, dass der Artikel doch auch auf der in seinen Augen „bösen Achse“, erschien, wird dies endgültig bestätigt. Wahrscheinlich sind solche Leute insgeheim neidisch auf die Fähigkeit anderer, so klar denken und schreiben zu können.

Jürgen Keil / 27.03.2020

In der DDR haben auch alle Volkskammerfraktionen an einem Strang gezogen. 40 Sternjahre des Parlamentarismus. Es ist einfach nur noch peinlich.

Claudius Pappe / 27.03.2020

Finanzministerin Katrin Lange SPD Brandenburg : "Nach ihrem Abitur, welches Lange 1991 absolvierte, und dem Abschluss als Hochbaufacharbeiterin für Beton- und Stahlbeton (ebenfalls 1991), begann sie eine Ausbildung zur Regierungsassistentin im Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (1991–1993). Es folgten Stellen als Angestellte im Bauamt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin (1993–1994), als Angestellte im Ministerium des Innern des Landes Brandenburg (1994–1996), sowie als Leiterin des Ordnungsamtes des Amtes Meyenburg (1997–2001)." Quelle-Wikipedia

sybille eden / 27.03.2020

Tja, lieber Herr Broder, 80 Jahre Sozialdemokratisierung, 68er Neomarxismus und die"Merkelsierung" tragen halt ihre Früchte, äh - b.z.w. FRÜCHTCHEN !

Peter Wichmann / 27.03.2020

@ Iris Lang. -- Liebe Frau Lang, wo denken Sie hin beziehungsweise was schreiben Sie nieder? „Artikel … erschienen und dann gelöscht“ – aber doch nicht in Deutschland! Doch nicht gelöscht! Verschwunden nur hinter dem letzten – vielleicht vorletzten - großen Rettungsanker für unsere dahinsiechenden Medienschaffenden: der Bezahlschranke. Und tatsächlich ist er dort auch gut aufgehoben. Ein Blick über die (Stand 27.3.20, gegen 18:00) noch immer nicht beschrankten achgut-Leserbeiträge zu diesem Artikel genügt völlig, um sich den Rest zu denken. Die Beiträge von Döpfner, der sich gelegentlich als besonnener Konservativer zu präsentieren beliebt, im übrigen aber den ökosozialistischen Zersetzern und Merkel-Huldigern in seinen Blättern freie Schreibhand läßt, muß man nicht gelesen haben. --- Das eigentlich Niederschmetternde an der Geschichte ist, daß irgendwer in der achgut-Redaktion meinte, die Gelegenheit ergreifen und die Werbetrommel für Döpfners WELT rühren zu müssen: "Hier ist der Link zum Text bei Die Welt, ein Abo lohnt sich". Was Döpfner dafür wohl gezahlt hat?

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