Henryk M. Broder / 08.12.2022 / 11:00 / Foto: Imago / 69 / Seite ausdrucken

Danke, Frau Merkel!

Heute seit einem Jahr ist Olaf Scholz Bundeskanzler. Muss man ihn deshalb würdigen? Oder vielleicht doch lieber seine Vorgängerin, die ihm das Land in einen zu seinem Regierungsstil passenden Zustand gebracht hat?

Ein altes chinesisches Sprichwort sagt, für eine gute Tat sei es nie zu spät. Heute vor einem Jahr hat Angela Merkel ihr Amt an Olaf Scholz übergeben. Bis zum letzten Moment gab es Spekulationen, sie werde nicht aufgeben, einen nationalen Notstand erklären und weitermachen. Sie hat es nicht getan, und dafür sind wir ihr zu Dank verpflichtet. Aber nicht nur deswegen.

Ihre 16 Jahre im Amt waren auch ein Experiment, ein großangelegter Versuch, was man einem Volk alles zumuten kann, ohne dass es rebelliert. Ansprachen auf dem Niveau einer Betriebsfeier. Politik als „Mensch, ärgere dich nicht“. Stillstand als simulierte Beweglichkeit.

Natürlich war nicht alles schlecht unter Merkel. Es gab einige Momente, die vielversprechend waren. Als sie von Südafrika aus eine Wahl für ungültig erklärte und forderte, so ein Fehler dürfe sich nicht wiederholen. Als sie sagte, es sei nicht möglich, die Grenzen der Bundesrepublik zu überwachen. Als sie in Jerusalem bekanntgab, die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsräson. Selten kam eine so dicke Lüge auf dermaßen dünnen Beinen daher.

Das Wichtigste aber, das wir Angela Merkel verdanken, ist: Sie hat bewiesen, dass die Deutschen ein Volk der Mitläufer sind. Es ist nicht fair, Angela Merkel für alles verantwortlich zu machen, was in ihrer Amtszeit passiert oder unterblieben ist. Es gibt keine One-Man-Rule. Alle autoritären Systeme funktionieren nur, weil sie genug Follower haben, keine Überzeugungstäter, sondern eben Nutznießer, die um ein paar Vorteile willen bereit sind, ein kleines Rad in einem großen Windpark zu sein.

Eine Volksgemeinschaft, der man eine „Energiewende“ verordnen kann, deren Kosten zwar ruinös sind, die sich aber dennoch lohnt, weil sie uns global zu „Vorbildern“ macht, eine solche Volksgemeinschaft findet sich mit allem ab, das ihr als „alternativlos“ angetragen wird. So gesehen, waren die 16 Merkel-Jahre durchaus lehrreich, auch wenn sie keine ganz neuen Erkenntnisse zutage gefördert haben.

Aber was ist schon neu? Die Sonne geht jeden Tag im Osten auf und im Westen unter. Und wer es genauer wissen will, dem seien zwei Bücher empfohlen:

„Der Untertan“ von Heinrich Mann und „Die Getriebenen“ von Robin Alexander.

Foto: Imago

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Leserpost

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Lao Wei / 08.12.2022

Fehlt noch die Frage: wo ist die S-Aktie?? von IM-Erika (ALTERNATIVLOS) abgeblieben? Übrigens, nur der „Einberufungsbefehl von oben ist ALTERNATIVLOS“.

Bernd Oberegger / 08.12.2022

Das System ist nicht mehr wandlungsfähig. DDR-Metastasen haben sich gebildet. Ein Wandel kann nur nach dem Muster von 1989 kommen. Diesmal wird aber eine Komponente fehlen, nämlich die Friedliche.

T. Schneegaß / 08.12.2022

Kleiner Tip an alle “Fans”: heute abend sendet der MDR ein eineinhalb-stündiges Porträt der Abrissbirne. Wer also mehr über diesen wunderbaren Menschen (oder Menschin?) wissen will, als er ohnehin schon weiß, kommt nicht darum herum, heute einen Tagessatz Zwangsgebühr zu überweisen.

Lucius De Geer / 08.12.2022

Nach dieser launigen “Laudatio” bleiben uns hier nun zumindest weitere Anbiederungsversuche aus den Reihen von Merkels Klatschhasen erspart, oder? Dass die Achse nach wie vor einen “Arm weit Abstand” zu Vertretern der Schwefelpartei hält, ist indessen verständlich. Denen wird der Staatsapparat nach der jüngsten Anbräunungs- und Säuberungsaktion nämlich vermutlich noch weiter auf den Leib rücken.

Gebhardt Ballensiefen / 08.12.2022

Schmerzlich, aber wahr. Der (deutsche) Mensch ist immer derselbe, von den wenigen Ausnahmen abgesehen. Übrigens, noch eine Buchempfehlung, Etienne de la Boetie: “Von der freiwilligen Knechtschaft des Menschen” (1577) Da steht schon alles drin!

Klaus Keller / 08.12.2022

Der Untertan hält sich an die Regeln, geht arbeiten, bezahlt seine Steuern, hält den Laden am laufen. Das muss aufhören. Von Dr. Merkel kam ja der Hinweis auf die mögliche Zukunft Deutschlands: Das Leben wird jeden Tag neu ausgehandelt. Die Frage ist nur ob der Ersatzspieler des Untertanen auch einen Staatsanwalt in der Kitteltasche hatte oder ob frei Schnauze spielt.

G. Zülken / 08.12.2022

Merkel ist zwar offiziell keine Bundeskanzlerin mehr, aber weiterhin wird Politik in ihrem Sinne gemacht. Sie ist weiterhin die wichtigste Person in Scholzens Kabinett und ihr Schatten wacht zwar heimlich, aber bestimmt, über Scholzens Aktivitäten. Scholz hat selbst zugegeben, sich weiterhin von seiner Zieh-Mama in Sachen Politik beraten zu lassen. Wahrscheinlich lässt er sich nicht nur beraten, sondern Merkel bestimmt weiterhin zusammen mit ihren Freunden, den Grünen, was politisch in Deutschland aus ihrer Sicht getan werden muss. Beim vergangenen Wahlkampf gab es eine Karikatur. Scholz im Brustbeutel von Mama Merkel. Bei der grottenschlechten Politik des Scholzens Kabinett, ein absolut passendes Bild und Beispiel.

Ludwig Luhmann / 08.12.2022

Der wahre Führer heißt Klaus Schwab.

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