Georg Etscheit / 27.08.2023 / 13:00 / Foto: Manuel Jacob / 22 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Schinkennudeln Landsberger Art

Nach, nun ja, Adolf Hitler und Uli Hoeneß rückt wieder ein Prominenter in die JVA Landsberg ein: der „Starkoch“ Alfons Schuhbeck. Ein Anlass, über Knastfutter zu sinnieren.

Ich hatte als Journalist einmal Gelegenheit, mir eine deutsche Justizvollzugsanstalt (JVA) von innen anzusehen. Damals war Uli Hoeneß gerade wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden und die Pressestelle des Bayerischen Justizministeriums sah sich mit einer solchen Flut von Anfragen nach den Haftbedingungen des Ex-Nationalfußballers und Präsidenten des FC Bayern konfrontiert, dass man kurzerhand eine Art Massenbesichtigungstermin organisierte. Hoeneß sollte seine Strafe in der JVA Landsberg am Lech verbüßen, wo auch ein gewisser Adolf Hitler eingesessen hatte. Seither gilt der Bau als, nun ja, Promiknast.

Das 1908 im Stil einer Festung erbaute Gefängnis machte auf mich keinen besonders freundlichen Eindruck. Häftlinge bekam man zwar nicht zu Gesicht, doch es roch nicht gut in dem dunklen Kasten und die Zellen waren klein, kalt und etwas feucht, wie mir schien. Ich mochte mir nur ungerne vorstellen, wie es sich anfühlen würde, wenn sich hinter einem selbst die stählernen Türen klirrend schließen würden und man mit Menschen auf Tuchfühlung leben müsste, bei deren Anblick man sonst die Straßenseite wechseln würde. Natürlich wollten meine Kollegen wissen, ob „der Uli“ vielleicht stante pede zum Trainer der Gefängnismannschaft bestellt werde. Doch Ministerium wie Gefängnisleitung legten Wert darauf, dass Hoeneß wie jeder andere Strafgefangene behandelt werden sollte. 

Ein „Promibonus“ wurde ihm dann allem Anschein nach aber doch gewährt. Nach seinem Haftantritt am 2. Juni 2014 konnte er schon über Weihnachten und Silvester 2014 einen Hafturlaub antreten. Am 2. Januar wurde er in den Offenen Vollzug verlegt und arbeitete täglich achteinhalb Stunden als „Assistent der Abteilungsleitung Junior Team“ im Nachwuchsbereich des FC Bayern München. Schon am 29. Februar 2016 wurde er nach Verbüßung von weniger als der Hälfte seiner Strafe aus der Haft entlassen und der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt.

Entsteht hinter Gittern ein neues Kochbuch?

Damals konnte man auch einen Blick in die Häftlingskantine werfen und den aushängenden Speiseplan in Augenschein nehmen. Ein Kollege schilderte seine Eindrücke folgendermaßen: „Typ: in die Jahre gekommene Jugendherberge, zweckmäßig eingerichtet, lange, abgenutzte Tische mit Dutzenden Stühlen. Die Längswand zeigt ein Gemälde der Landsberger Altstadt. Ein ehemaliger Insasse habe es gemalt, erzählt ein Justizvollzugsbeamter. Einige Meter weiter hängt ein Schild: „He Kollega, du Ruhe, nix blabla.“ Der Speiseplan verspricht Gemüsesuppe und Schinkennudeln zum Mittag. Zum Abendessen, das sich die Häftlinge nach Feierabend abholen können, gibt es Roggenbrot, Käse, Margarine und Tee.“

Nun ist abermals ein Prominenter in Landsberg „eingerückt“: Alfons Schubeck, seines Zeichens „Starkoch“ sowie Mannschaftskoch des FC Bayern bei Auswärtsspielen der Champions- und Europa-League. Zudem umtriebiger Gastrounternehmer, wobei von seinem einstigen Reich einstweilen nur noch einige Gewürzläden samt Onlineshop übrigbelieben sind. Auch Schuhbeck wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt, diesmal zu drei Jahren und zwei Monaten.

Einen Journalistentermin gab es diesmal nicht, doch vieles dürfte sich in der JVA Landsberg seit Hoeneß‘ Zeiten nicht verändert haben. Natürlich mutmaßen nun Kollegen, Schuhbeck werde sofort die Gefängnisküche auf Vordermann bringen. Wobei Schuhbeck mit seinen schon 74 Jahren im Gefängnis eigentlich nicht mehr arbeiten sollte. Aber vielleicht schreibt er ja ein neues Kochbuch: „De profundis – Leckeres aus der Gefängnisküche“. Eine Bewerbung Schuhbecks auf eine aktuell von der bayerischen Justiz ausgeschrieben Stelle als Koch in der Landsberger Gefängnisküche dürfte allerdings chancenlos sein. Die Stellenanzeige richte sich nicht an Köche, die selbst einsitzen, schreibt Bild, superschlau wie immer.

„Raffinierte Küche wissen die Häftlinge nicht zu schätzen“

Das kulinarische Angebot in einem Gefängnis dürfte irgendwo zwischen Krankenhaus, Jugendherberge und Uni-Mensa liegen, mit stilistischem Schwerpunkt auf Hausmannskost, etwa Königsberger Klopse mit Salzkartoffeln, Grießbrei mit Früchtekompott, Szegediner Gulasch mit Kartoffelpüree wie in der JVA Tegel. Viel Platz für Kreativität ist da nicht. „Ich habe mal eine Lachssauce kreiert oder Schmelzkäse mit Edelpilzen auf den Speiseplan gesetzt, das kam gar nicht gut an“, wird der dortige Küchenchef in einem Zeitungsbericht zitiert. „Die Häftlinge haben zwar hohe Ansprüche, aber raffinierte Küche wissen sie nicht zu schätzen. Dazu fehlt ihnen die kulinarische Vorbildung.“ Insofern dürfte es wohl kein „Riesengewinn“ (Bild) für die „Knast-Insassen“ sein, wenn Sternekoch Schuhbeck im Gefängnis selbst „am Herd zaubert“.

Wahrscheinlich wäre schon ein schönes Rezept aus Schuhbecks Werkstatt für „Schinkennudel mit Birnen und Pfefferkäse“, begleitet von einem „Bittersalat mit Birnenspalten und Blue-Cheese-Dressing“ für Häftlingsgeschmäcker deutlich überambitioniert. Eine puristischere Variante von Schuhbecks Kollegen Alexander Herrmann wirkt da schon JVA-kompatibler. Aber Herrmann dürfte wenig Neigung verspüren, seinen mit zwei Michelin-Sternen dekorierten Arbeitsplatz im schönen Oberfranken mit einem schmucklosen Zuchthaus zu vertauschen.

 

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

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Thomas Szabó / 27.08.2023

Kulinarische Zukunftsvision Teil 2: Im Jahre 2030 werden nur noch in den Gefängnissen Fleischgerichte serviert, um Revolten vorzubeugen. Neue Formen von Zuhälterei, illegaler Prostitution, Zwangsprostitution, Menschenhandel, Sklaverei, Zwangsarbeit machen sich breit: Zuhälter lassen ihre Prostituierten in den Gefängnissen einsitzen. Gewissenlose Eltern weisen ihre Kinder & Adoptivkinder in Jugendgefängnisse ein. Die Insassen empfangen als Besucher getarnte zahlende Kunden, wohlhabende Feinschmecker, Gourmets zur mittäglichen & abendlichen Gefängnisspeisung, wo es noch Fleischgerichte gibt. Eine Prostituierte erhält pro Besucher pro Mahlzeit an die 500€, wovon 400€ der Zuhälter kassiert. Manche Großfamilien, Familienclans schicken bis zu 500 Großteils adoptierte Kinder & Jugendliche in die Jugendgefängnisse. (Woke Beamte hinterfragen nicht, ob z.B. Herr & Frau Mohamed tatsächlich 100 Kinder haben, denn die Meldestellen reagieren sensibel auf Rassismus-Vorwürfe.) Schinkennudeln Landsberger Art erreichen auf dem Schwarzmarkt horrende Preise bis zu 1000€ pro Portion. Dafür kann sie der solvente Abnehmer zuhause, außerhalb der Gefängnismauern einnehmen, im Rahmen von Jubiläen, Hochzeiten, als dekadenten Luxus. Aber er muss sich vor Razzien der HJ (Habeck Jugend) hüten! Selbstverständlich gibt es im Deutschland des Jahres 2030 alles, absolut alles, Schweinekopf mit Apfel im Maul, Kaviar, Rindersteak, Fasanenbrust, süße Kindereier, zarte Kinderhoden in Sahne, in Milch gekochte Mädchenbrüste, aber nur in der Grünen Parteizentrale in Berlin und auch nur für die Mitglieder der Inneren Partei, zu denen sich die globale, sozialistische Millionärselite zählt. Eine weitere Form der Kriminalität spielt sich auf den Friedhöfen ab. Es werden immer wieder Leichen ausgegraben und illegale Restaurants mit fleischhaltigen Speisekarten sprießen im Untergrund. Der Kunde weiß nicht und will wohl auch nicht wissen, ob das hochbezahlte Hühnchen auf seinem Teller tatsächlich Hühnchen ist!

T. Schneegaß / 27.08.2023

Warum der Hitler dort einsaß, habe ich verstanden. Aber was haben denn Hoeneß und Schuhbeck eigentlich angestellt? Das, was man im Mainstream liest, kann es ja nicht sein, da müssten ja…. (ich habe gerade was über Meldestellen gelesen). Aber die Frage ist doch hoffentlich nicht meldepflichtig, was dem Steuerhinterzieher vom Steuerveruntreuer unterscheidet, außer der dabei recht deutlichen Größenordnung in €? Wieso kommt der, der mithilft, dass ein paar Pinuts weniger veruntreut werden können, nach Landsberg und die, die… (ach so, Meldestelle).

Franz Klar / 27.08.2023

Vielleicht entsteht aus diesen Zutaten die Gastrogroteske ” Schinkennudelblues live at Ländsbörg ” ?

Thomas Szabó / 27.08.2023

Wie die Gefängnisinsassen eine Umstellung auf eine gute, gesunde, grüne, progressive, vegetarische Küche aufnehmen würden? Eine Zukunftsvision: Im Jahre 2030 sind die Gefängnisse die einzigen Orte, wo es noch Fleischgerichte gibt. (Die woken, wehleidigen, weichlichen, weibischen, weinerlichen Wärter würden keiner ernsten Revolte standhalten.) Die Gefängnisse sind geheime Gourmettempel für Insider, für einflussreiche Feinschmecker. Dort gibt es verbotene Gerichte wie Wiener Schnitzel vom Schwein! Saftige, ölverklebte Schnitzel mit knusprigen Kohle-Kartoffeln! Ein himmlischer Genuss im Vergleich zu den geschmacklosen, grünen, braunen, gelben, roten, grauen, schwarzen, blauen Gemüse, Algen, Insekten-Pampen, die den Bürgern gegen Lebensmittelkarten aus kollektiven Trögen in transparenten mehrweg-Plastiktüten ausgehändigt werden. Die Besuchszeiten der Gefängnisse richten sich nach den Essenszeiten & Speiseplänen. Armen, alten Opas & Omas die ihre einsitzenden Enkel besuchen, werden horrende Preise für ihre Besuchszeiten gezahlt. “Hey Alte! Ich geb dir 100€, wenn ich an deiner Stelle deinen Enkel besuchen darf.” Früher schmuggelten Besucher & korrupte Wärter Sachen in die Gefängnisse. Heute schmuggeln Besucher & korrupte Wärter Essen aus den Gefängnissen. Aus dem Freiluftgefängnis Deutschland strömen die Besucher in die geschlossenen Gefängnisse. Manche begehen Delikte, um eingesperrt zu werden. Andere buchen Kulinarik-Urlaube im Gefängnis, äußerst populär! Dazu benötigt man soziale Vorwände: “Wir leisten den Insassen seelischen Beistand.” “Ich gebe den Gefangenen Gender-Kurse.” (Und ähnlicher verlogener Scheiß.) Szene am JVA Landsberg: Ein Gefangener winkt aus dem vergitterten Fenster mit einem Würstchen. Gutbürgerlich gekleidete Passanten machen Männchen, apportieren Bargeld. Der hämisch grinsende Gefangene isst laut schmatzend das Würstchen. Die erniedrigten Passanten schleichen sich gesenkten Kopfes.

A.Schröder / 27.08.2023

JVA Landsberg, mehr Tradition und Geist als ich geahnt habe. Jedenfalls sollten heutige Politiker, sofern mal verurteilt, nicht dorthin geschafft werden.

Wilfried Cremer / 27.08.2023

hallo Herr Etscheit, nach Clara Viebig bestand in der Strafkolonie, die vor ca. 130 Jahren die Sümpfe im Hohen Venn per Drainage trocken legen sollte, die Standard-Hauptmahlzeit aus Grieß o.ä., Erbsen und Schmalz. Das war doch günstiger, wobei man mit Schmalz heute wohl nicht mehr kommen könnte. Wieso aber geht der Schinken durch?

Frank Box / 27.08.2023

Wo haben Sie dieses URALTE Foto her?

M.Beyer / 27.08.2023

Eine Haftanstalt hat pro Häftling ca. 3,30 Euro pro Tag für die gesamte Verpflegung zur Verfügung , so dass man froh sein kann - überhaupt etwas zu bekommen. Ich war von 2017 - 2018 in der JVA Attendorn und kann sagen , dass die Verpflegung angemessen war. Sonntags gab es auch mal ein Stück Braten. Gruß an alle Mitarbeiter der JVA Attendorn !

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