Bill Gates investiert Millionen und Milliarden Dollar in Dinge, die ihm wichtig erscheinen. Zum Beispiel in die Landwirtschaft. Und in Fleisch aus dem Drucker.
„Ich denke, alle reichen Länder sollten auf 100 Prozent synthetisches Rindfleisch umsteigen.“ Nein, das hat nicht Cem Özdemir gesagt, der weitgehend machtlose Landwirtschaftsminister eines weitgehend machtlosen Landes. Dies ist eine Aussage von einem, der wirkliche Macht besitzt: Bill Gates, laut Forbes-Liste mit rund 119 Milliarden Dollar aktuell auf Platz sieben der reichsten Menschen der Welt. Auf den zehn ersten Plätzen findet man, mit Ausnahme des Franzosen Bernard Arnault, Chef des „Luxuskonzerns“ LVMH, nur US-Amerikaner.
Microsoft-Gründer Gates, der sich vor zehn Jahren aus seinem legendären Unternehmen zurückgezogen hatte und seither mit seinem Mega-Vermögen privatisiert, braucht sich keinen lästigen Wahlen zu stellen, ihm kann auch ziemlich egal sein, was die Mehrheit der Menschen über ihn denkt. Er investiert einfach Millionen und Milliarden Dollar in Dinge, die ihm wichtig erscheinen und schafft Tatsachen und Trends, während andere nur reden.
Doch Bill investiert nicht nur, er spendet auch. Über die Bill & Melinda Gates Foundation, die „bei weitem mächtigste private Wohltätigkeitsstiftung“, auch an Medienhäuser wie den Spiegel. Und die berichten dann natürlich absolut unabhängig, wenn es um das geht, was dem mildtätigen Spender am Herzen liegt. Etwa die Durchimpfung der Welt gegen was auch immer, Klimaschutz, neue Energien und künstliche Intelligenz, um nur ein paar von Bills Steckenpferden zu nennen. Gates will die Menschheit vollkommener machen, eine bessere Welt schaffen – da trifft er sich wieder mit dem weitgehend machtlosen Cem.
Mehr als eine reine Geldanlage
Der mildtätige Bill investiert auch in Branchen, die man zunächst nicht mit ihm in Verbindung bringen würde: die Landwirtschaft beispielsweise. In den USA gilt Gates mit rund 100.000 Hektar als einer der größten Besitzer von Farmland, wenn nicht sogar der größte überhaupt. Die Flächen des Hightech-Tycoons und der von ihm gesteuerten Beteiligungsgesellschaften wie Cascade Investments L.L.C. verteilen sich über mehr als ein Dutzend Bundesstaaten, darunter Illinois, Iowa, Louisiana und Kalifornien.
Zunächst einmal ein relativ sicheres Investment in einem diversifizierten Beteiligungsportfolio, denn gutes Ackerland ist auch in den USA ein knappes Gut, und die Boden- und Pachtpreise sind in den vergangenen Jahren steil angestiegen. Doch oft zahlen Gates‘ Investmentgesellschaften deutlich höhere Preise als ortsansässige Landwirte und drängen sie aus dem Markt, was darauf hindeutet, dass für Gates der Landkauf in großem Stil mehr sein dürfte als eine reine Geldanlage.
Und wir wissen ja, Bill schwebt Großes vor, er möchte, dass zwecks Klimarettung in nicht allzu ferner Zukunft nur noch synthetisches (Rind)fleisch auf die Teller kommt, zumindest in den Industrieländern des woken Westens. Deshalb steckt er seine Milliarden auch in Agrar-Startups wie Upside Foods, ein Forschungsunternehmen, das „Fleisch“ mit Hilfe der Biotechnologie in vitro züchten und vertreiben will. Andere Unternehmen, die Fleischersatz auf Proteinbasis produzieren und von Gates gesponsert werden, heißen Beyond Meat und Impossible Foods.
Veggie-Futter aus dem 3D-Drucker
„Die Leute wollen wissen, warum will Bill Gates all dieses Land?“, fragte die New York Times etwas scheinheilig und äußerte zugleich die Vermutung, dass der Mann mit seinen Milliarden offenbar die Landwirtschaft „im Alleingang“ neu erfinden wolle. Gates hat übrigens auch die Führung bei Breakthrough Energy Ventures (BEV) inne, einem Fonds, der sich auf Lösungen gegen den Klimawandel konzentriert und an dem auch andere Tech-Milliardäre beteiligt sind. Da spielt eins ins andere beim Multimilliarden-Monopoly zur Rettung der Menschheit durch selbsternannte Philanthropen.
Bislang ist die Lust der Bevölkerung auf Fleischersatz zwar noch überschaubar, doch wenn sich die von Gates gesponserten Medien lange genug ins Zeug legen, um den Konsum echten Fleisches zu verteufeln und die Ersatzprodukte hochleben zu lassen, könnte es irgendwann zum Selbstläufer werden. Hofft Gates.
Und wenn die Leute das Zeug nicht freiwillig kaufen und essen, wird es ihnen verabreicht. Die ersten könnten Insassen von Krankenhäusern und Altenheimen werden, die sich nicht wehren können, wenn ihnen künftig Veggie-Food aus dem 3D-Drucker aufgetischt wird, mit dem die Universität Stuttgart-Hohenheim experimentiert auf der Grundlage eines Breis aus so hochwertigen Zutaten wie Margarine, Puderzucker, Backpulver und Haferfeststoff, einem Abfallprodukt der Produktion von Hafermilch, die Veganer in ihren Malzkaffee schütten.
Fast schon froh über kleinbäuerlichen Romantizismus
„Durch die Lebensmittel-Drucktechnik ergeben sich auch viele Möglichkeiten, das Essen individuell anzupassen, zum Beispiel für kranke Menschen“, wird ein Professor Mario Jekle zitiert. „Mit dem 3D-Drucker kann das ganz individuell zusammengestellt und es können dann ähnliche oder gleiche Lebensmittel gedruckt werden – nur mit anderen Inhaltsstoffen.“ Wie Bill Gates ist sich – ein paar Etagen darunter – auch Mario Jekle sicher, dass der Klimawandel „unsere Nahrung und unseren Konsum bald verändern“ (könnte), und daran müsse man sich rechtzeitig anpassen.
Angesichts solch ökonomischer und kulinarischer Perspektiven ist man fast schon froh über den kleinbäuerlichen Romantizismus, dem viele Grüne bis heute anhängen.
Die Redaktion dankt einem Achse-Leser, der uns eine Linksammlung zu diesem Thema zur Verfügung gestellt hatte.
Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.