Henryk M. Broder / 10.01.2022 / 10:00 / Foto: Acgut.com / 80 / Seite ausdrucken

Bedeutende Denkerinnen und Denker des 21. Jahrhunderts: S. L.

Letzten Mittwoch erschien in der NZZ ein Artikel von Oliver Maksan darüber, wie „die Pandemie das Verhältnis der Deutschen zum Staat derzeit bunt durcheinander" würfelt. Der Text fing mit dem Satz an: „Jeden Tag verliebt sich in Deutschland ein Linker in den starken Staat." Wie es der Zufall will, erschien am selben Tag auf SPIEGEL-Online ein längerer Meinungsbeitrag, der die lustige NZZ-Zeile so genau bestätigte wie eine Koloskopie den Verdacht auf Darmkrebs: Die Denkpest geht um von Sascha Lobo, einem „Autor und Strategieberater mit den Schwerpunkten Internet und digitale Technologien". 

Der Text bestätigte einmal mehr eine alte Theorie, die von Erich Fromm und Wilhelm Reich in den 1930er Jahren entwickelt wurde: Man muss nur hinsehen und an der Oberfläche kratzen, um den autoritären Charakter einer Person (oder einer „Bewegung") freizulegen, egal wie sie sich kostümiert hat, als Retter, Beschützer, Verhüter oder Irokese.

Die gefährlichen "Millionen Sympathisierenden"

Der Meinungsbeitrag von Lobo fängt so an: Zehntausende Menschen gehen auf die Straße, vorgeblich gegen Coronamaßnahmen und Impfpflicht. Tatsächlich ist aus „Querdenken“, Esoterik-Gläubigen und Rechtsextremen eine gefährliche Protestbewegung entstanden, ihr kaum verstecktes Ziel ist ein Umsturz. Verschwörungserzählungen dienen als ideologischer Fugenkitt, begleitet von Antisemitismus und autoritär geprägtem Elitenhass. Die meiner Einschätzung nach größte Gefahr geht aber weniger vom harten Kern aus – sondern von den schätzungsweise mehreren Millionen Sympathisierenden mit ihrer Anfälligkeit für Verschwörungserzählungen und ihrer coronabasierten Akzeptanz von Extremismus und Gewalt.

Und so geht es weitet, über Stock und Stein, über braune Wiesen und rote Wälder, kreuz und quer durch einen Biergarten voller Alkis, in dem nur einer nüchtern bleibt, Lobo. Die Denkpest, die das Land befallen hat, ist eine unbewusste Ideologie, wie unangenehmer Körpergeruch, Betroffene sind nicht ohne Weiteres in der Lage, es zu riechen – aber alle anderen leiden darunter. Lobo hat ein feines Näschen, nur den eigenen Körpergeruch nimmt er nicht wahr. Wie kommt so ein cleaner junger Mensch auf einen so schmutzigen Begriff wie Pest? Hat er Albert Camus' Roman gelesen? Weiß er oder weiß er nicht, dass Pest von Ratten verbreitet wird? Und wofür Ratten stehen? Und was würde er mit den Ratten anstellen, wenn man ihn machen ließe?

Der Irokese vom Prenzlauer Berg läuft sich schon mal warm für seine Beförderung zum Entweser. Auf SPON, wo man lange nach einem männlichen Pendant zu der durchgeknallten Margarete Stokowski gesucht und schließlich gefunden hat.

Siehe auch:
Was ist los mit Sascha Lobo, Karl Lauterbach e.a.?

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Peer Munk / 10.01.2022

Bei Lobo trifft wieder ein Zitat von Hayek: “so kommt es, dass nicht wenige, die sich über die Verirrungen des Nationalsoz. erhaben dünken und alle seine Äußerungen ehrlich hassen, sich doch für Ideale einsetzen, deren Verwirklichung auf geradem Wege die verabscheute Tyrannis herbeiführen würde.”

Paul Siemons / 10.01.2022

Sehen Sie sich einmal ein Bild von Lobos Murmel an, denken Sie sich den Hahnenkamm weg und dafür eine jener lächerlichen Fantasieuniform-Kappen, wie Göring sie schätzte, auf die Omme. Fällt Ihnen etwas auf?

Alex Micham / 10.01.2022

Was ich aus diesem Artikel mitnehme: Lobo stinkt. Seien wir aber objektiv: Er passt zum Online-Sturmgeschütz der Konzernfrömmigkeit wie der A auf den Eimer.

B. Ollo / 10.01.2022

Es ist wie mit den Blinden und den Farben, wenn Hirnamputierte über Denkpest fantasieren. Aber nicht alles ist Mist, was aus Lobos Mund kommt. Seine Erfahrungen mit seinem Körpergeruch nehme ich ihm sofort ab. Irgendwer wird es ihm gesagt haben. Eigene Denkleistung war also gar nicht von Nöten und das allein spricht schon für ein Körnchen Wahrheit.

Jörg Plath / 10.01.2022

Broder in Bestform. Super!

Heiko Stadler / 10.01.2022

Lobo: “Die meiner Einschätzung nach größte Gefahr geht aber weniger vom harten Kern aus – sondern von den schätzungsweise mehreren Millionen Sympathisierenden ...”. Da haben wir sie wieder, die friedlichen Spaziergänger! Genaus so ist es auch, wenn Lobo auf der Autobahn fährt. Die größte Gefahr geht nicht vom Geisterfahrer aus, sondern von den vielen Millionen Entgegenkommenden.

Sabine Lotus / 10.01.2022

Tzja, alle 11 Minuten verliebt sich eine verwirrte Seele in S.L. Gut dabei ist: Die gibt es nun in den Geschmacksrichtungen “Denkpest” und “fuck Klaus and all’ye”. Kann sich jetzt jeder selbst aussuchen, was ihm besser schmeckt. :)

Juliane Mertz / 10.01.2022

” Gefährliche Protestbewegung” darf man als Kompliment betrachten. Bisher waren es ja immer “einige wenige”.

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