Wie meistens gibt es auch hier Pro und Contra. Dass die Beamten vom Staat abhängen, hat eine relativ hohe Unabhängigkeit zur Folge und ein korrekt arbeitender Lehrer braucht kaum eine Elternbeschwerde oder handfeste Drohung (“Wir wissen, wo du wohnst”) zu fürchten. Da sieht es bei Angestellten schon etwas anders aus, vor allem an Privatschulen. Hier gilt: “Wer zahlt, bestimmt den Kurs” und nicht wenige Lehrkräfte agieren und bewerten so, wie sie eben müssen, um nicht Missfallen zu erregen. Das ist eine demütigende Situation und wahrscheinlich würden sich ohne Beamtentum zu wenig Personen finden, die den Beruf überhaupt ausüben wollen.
Die Stimmen der Lehrer sind schlecht organisiert. Ergo: Sie werden nicht gehört/Ernst genommen (Ausländeranteil, Inklusion, ...) Und sie sind teilweise erbärmlich: Rechtschreibreform, Genderismus. Kein Aufbegehren, keine Revolte, verkommene 68er-Generation halt. Und sie schwimmen in der linksgrünen Mainstream-Denke, trauen sich nicht aufzumucken. Von dort kommt ständig die Forderung nach mehr Bildung. Gemeint ist aber dabei nicht bessere Bildung, sondern lediglich Mehr Geld für eher weniger Bildung. Ich kann das vom Fach Mathematik belegen: Kein einziger Lehrer kann begründen warum Minus mal Minus gleich Plus ist! Kein Schüler lernt wie man einen beliebigen echten Bruch kürzt. Kennen die Lehrer selber nicht mehr den Euklid-Algorithmus sowie die (unendliche) Geometrische Reihe?! Und: Wie berechnet man ohne TR: Quadratwurzel, 10er-Logarithmus einer Zahl, den Wert von 10 hoch einer beliebigen Kommazahl.Fehlanzeige, Oder: Wie kann man die Steigung einer Geraden erklären, wenn man dazu den 2.Teil des Strahlensatzes braucht, der aber erst später dran kommt!? Oberstufe: Nicht einmal Einser-Abiturienten können das Integral über einen halben Kreisbogen berechnen (so dass die halbe Kreisfläche herauskommen muss)! Stochastik-4-Felder-Tafel: Ich sage den Nachhilfeschülern: Ihr braucht die Aufgabe gar nicht einmal ganz durchlesen, nur herausfinden, was gegeben ist. Damit lassen sich (Schema F) alle 16 Wahrscheinlichkeiten berechnen. Die plastisch unterlegte Story lenkt nur ab. Und dann noch die Digitalisierung: Statt zu lernen wie man Klicks macht sollte man beibringen: Was ist das entscheidend neuartige eines LAN, wass ist peer-to-peer, was ist stimulus,was ist ein MIB, was ist OOP, GUI, OSI-Schichtenmodel, was ist IETF, ITU-T, IEEE., was ist MAC Adresse und was ist OUI, .....
Dann war Volker Pispers also ein Lehrer. Dann ist es meiner Meinung kein Wuder, daß er über “gestrandete Urlauber” (der Anbieter ist in Konkurs” so hergezogen hat. Denn er kann sich wohl schwer vorstellen, daß ein Arbeitnehmer im Februar schon seinen Sommerulaub klarmachen muß. Un dann war der Anbieter wohl noch solvent.
Lieber HaJo Wolf, lesen sie sich doch bitte nochmals genau durch, was Sie in ihrem Kommentar geschrieben haben. Sie unterstellen Herrn Geißler einerseits “Was für ein unfassbarer Unsinn! Wenn Sie, Herr Geißler, mit dieser Prämisse unterrichten, dann haben Sie definitiv den falschen Beruf.” Jede weitere ihrer Aussagen unterstützt aber andererseits Geißlers Position.
„dann hat beim Lehrer das Studium oft wenig mit dem tatsächlichen Berufsalltag zu tun“ — Mehr noch: Ähnlich wie beim Automechaniker oder beim Drucker hat sich in den vergangenen vierzig Jahren das Berufsbild sehr stark geändert. Sind bei den handwerklichen Berufen, die fachlichen Anforderungen durch den elektronischen Fortschritt gestiegen, sind beim Sekundarlehrer die fachlichen Anforderungen immens gefallen; nicht mal mehr die bösen Sekundärtugenden wir korrektes Rechnen, Schreiben, Lesen müssen beherrscht werden, geschweige denn Bruchrechnung, Dreisatz oder die korrekte Beugung fremdsprachlicher Verben. Dafür müssen die Lehrer zunehmend reparieren, was an Integration, Inklusion und Erziehung seitens der Zuständigen unerledigt geblieben ist. Es darf ja keiner ausgegrenzt werden, und gerade Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, das System auszureizen. Solange aber mütterliche Lehrkräfte sich beliebig tief bücken, um die Jungs „dort abzuholen wo sie stehen“ oder chillen, prostituiert sich letztlich jede Schule.
@Karla Kuhn: Hallo, ich grüße Sie Frau Kuhn, Beamtentum für Lehrer war schon mal Gesprächsthema in den 70ern/ 80ern. Dann kam die Berechnung der Stunden. Diese sind weitaus mehr als vorgeschrieben. Ich möchte darüber nicht debattieren. Es ist nachgeprüft und jahrelang berechnet worden. Feststellung war, dass aufgrund des Stundendeputats doppelt soviel Lehrer hätten eingestellt werden müssen. Dies geschah in Schweden. Hier hat man dann schnell den Scwanz eingezogen und die Lehrer Beamte sein lassen. Das war plötzlich billiger. Und streiken war auch nicht mehr drin. Der Schwur auf die Republik sichert ihnen zwar den Arbeitsplatz, aber er lässt sie auch psychisch darben, mit dauernden Überstunden und miesen Arbeitsplätzen ( unterrichten Sie mal in Kreuzberg oder in anderen niedlichen Orten). Es hat schon was masochistisches.———Meine Wochenarbeitszeit in allem betrug in den Hochzeiten 70 Stunden über Wochen, in der Phase 400 Lernentwicklungsberichte schreiben, und das mit 3 Kindern. Ich habe öfters Eltern eingeladen( faule Lehrer), mich für 3 Tage zu begleiten. Eine hat es 1 1/2 Tag ausgehalten, danach wollten die anderen nicht mehr. Nein, einfach ist das nicht und war es nicht, aber - es gibt, wie auch woanders, ganz schöne nicht kindermögende Schluffis dazwischen, wie in anderen Berufen auch. Besonders schlimm ist es deswegen, weil es die Prägezeit der Kinder ist. @G. Schäfer: Moin! Ja Tanzen hilft, und wie….s. Augustinus .... Mensch lerne tanzen. Auch das wäre eine Abhandlung über das Bewegtsein des Menschen wert. Würde so manchen in seiner tiefenpsychologischen Bedeutung überraschen.
Mein lieber Herr Geißler, lassen sie sich nicht irre machen, von einigen “Alleswissern”, die ihren durch und durch wahren Satz: “Lernen lässt sich das Lehren nicht” anzweifeln. Natürlich kann sich jeder Dösbaddel mit zwei Staatsexamen vor eine Klasse stellen und sagen: “Ich tu Euch jetzt mal dat kleine Ein mal Eins lernen”. Deshalb ist er noch lange kein Lehrer. Zudem sind die Anforderungen in den Fächern substantiell enorm unterschiedlich. Wie oft sind Kollegen aus der Mathe-Fraktion in der Pause zu mir gekommen, wenn sie mal zur Vertretung für einen Deutsch-Kollegen verdonnert wurden, da sie völlig hilflos waren, wenn es um die Vermittlung eines literarischen oder auch nur um die Analyse eines nichtfiktionalen Textes ging. Ohne Buch und (zwei oder drei mögliche) vorgegebene Lösungswege waren sie wie Nichtschwimmer in der Nordsee. Auch recht lustig und einen Beweis für Inkompetenz finde ich, wie einige der Kritiker mit den Begriffen Pädagogik, Didaktik und Methodik herumschmeißen. Es gilt ihr Satz: “Wissenschaftliche Pädagogik hat mit dem realen Lehrerberuf in der Regel so viel zu tun wie ein Biologiebuch mit Gartenarbeit.” Und zum Schluss noch die leicht modifizierte Form meines letzten Leserkommentars: Das Referendariat ist nach meiner Erfahrung dazu da, um aus offenen, lebensbejahenden Jungakademikern staatskonforme, grau-uniformierte Lehrbeamte zu formen. Und zweitens genügend A16 Stellen für karrieregeile aber nicht unbedingt schulalltagstaugliche Fachleiter zu schaffen, die bereit sind diese Aufgabe zu übernehmen.
Schöner Artikel mit einem ganz persönlichen Déja vu: Mein Lehramtsstudium brach ich in den 1970ern ab, nachdem ich mich in Geschichte ein Semester lang mit der Frage auseinandersetzen musste, ob die Münzprägungen am Ende der römischen Republik Hinweise darauf lieferten, dass Julius Caesar es auf die Kaiserwürde abgesehen hatte. Die Frage wurde auch diesmal, wie schon in den vergangenen 2000 Jahren, nicht endgültig geklärt. In Germanistik wurde meine Seminararbeit von einem damals schon altlinken Dozenten verrissen, weil ich ein Werk von Hermann Hesse nicht als “kleinbürgerlichen Eskapismus” einstufen mochte. Der sinnlose Zwang zum kleinen Latinum gab mir dann den Rest. Von den Pädagogikveranstaltungen fange ich gar nicht erst an. Weil es wohl doch so etwas wie Karma gibt, bin ich jetzt mit einer Lehrerin verheiratet, die diese Heldensaga vermutlich ebenfalls unterschreiben könnte.
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