Henryk M. Broder / 13.06.2019 / 06:00 / Foto: Archives New Zealand / 68 / Seite ausdrucken

Antisemitismus-Beauftragte am laufenden Band

Nicht nur der Antisemitismus hat derzeit in Deutschand Konjunktur, der Anti-Anti-Semitismus auch. Was im Prinzip nicht schecht ist, vor allem, wenn sich Deutsche ohne jüdischen Herkunftshintergrund des Themas annehmen. Allerdings, wie alles, was in Deutschland verwaltet wird, hat auch der AAS seine komischen Seiten. Im Bund gibt es schon seit über einem Jahr einen Antisemitismusbeauftragten, er ist vor kurzem unter friendly fire geraten, als er Juden den Rat gab, in gewissen Vierteln auf das Tragen einer Kippa zu verzichten. 

Daneben und darüber hinaus hat Berlin drei AAS-Beauftragte, einen für das Land, eine bei der Generalstaatsanwaltschaft und einen bei der Jüdischen Gemeinde. Bald könnte auch jeder der 12 Stadtbezirke einen eigenen AAS-Beauftragaten haben, denn der Antisemitismus in Charlottenburg-Wilmersdorf muss ganz anders angegangen werden als der in Treptow-Köpenick. Jeder Bezirk hat auch einen eigenen "Europa"-Beaufragten, die sich zu einer „Landesarbeitsgemeinschaft der EU-Beauftragten der Berliner Bezirke" zusammengeschlossen haben. Wenn das mal kein Vorbild ist!

Jetzt ziehen die Länder nach. Bayern hat einen AAS-Beauftragten, ebenso Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Wobei die letzte Personalie ein wenig aus dem Rahmen fällt, nicht nur weil BLS von München aus die Zustände in NRW im Auge behalten soll, sondern weil die ehemalige Justizministerin  ein ganz anderes Amt angestrebt hat, das mit viel mehr Glamour verbunden ist. Nun ja, lieber ein Huhn im Kochtopf als einen Flamingo im Teich.

Hinzu kommen private Initiativen, die es gut meinen und sich viel Mühe geben, wie z.B. „eine Gruppe" unter dem Dach der ZEIT-Stftung "mit interreligiöser und transkultureller Kompetenz und langjähriger Erfahrung im Erkennen, Erforschen und Bekämpfen von Antisemitismus". Wer solche Sätze schreibt, der ist nicht nur omnipotent, der wird auch mit dem Antisemitismus im Handumdrehen fertig wie Vitali Klitschko mit Odlanier Solis. Diese Gruppe von Pädagoginnen und Pädagogen, Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Multiplikatoren, Psychologinnen und Psychologen, zivilgesellschaftichen Akteuren u.a. Fachkräften will uns allen helfen, „Antisemitismus im Alltag" zu erkennen. 

Und solange es für Antisemitismus keinen verlässlichen Urintest gibt, möchte ich eine Definition vorschlagen, die sich bewährt hat. Ein Antisemit ist einer, der die Juden noch weniger leiden kann, als es an sich natürlich ist. Ohne jede interreligiöse und transkulturelle Kompetenz.

Foto: Archives New Zealand Flickr CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Julian Schneider / 13.06.2019

Mein ganzes langes Leben hatte ich nichts mit Antisemitismus zu tun. Nicht im Freundeskreis, nicht im Bekanntenkreis, nicht in der Wahrnehmung. Vor nicht allzulanger Zeit gar erfuhr ich von einer langjährigen Bekannten nebenbei, dass sie Jüdin ist. War mir gar nicht aufgefallen (Ironie aus). Im Ernst: Ich weiß von den wenigsten, welche Religion sie haben und es ist mir auch wurscht, Ausnahme Islam. Mein erster Kontakt mit Antisemitismus war während einer Palästinenserdemo in meiner Stadt, auf der “Palästinenser” und Linke tatsächlich Dinge wie “Juden ins Gas” geplärrt haben. Die vermehrte Zahl von Antisemitismusbeauftragten scheint sich aber nicht dieser Leute annehmen zu wollen, sondern die Mär verstärken zu wollen, dass die bösen Rechten (=Regierungskritiker) und überhaupt alle Deutschen offen und latent Antisemiten sind. Und ganz ehrlich: Ich habe es satt, dass ich und alle anderen rechtschaffenen Leute in Deutschland als Nazis, Rassisten und Antisemiten verunglimpft und beleidigt werden - nur weil sie gegen Klimawahn, Genderwahnsinn und Refugees welcome Religion sind.

María-José Blumen / 13.06.2019

Ich bin gespannt wann es den ersten Anti-Anti-Islamismus-Beaufrtragten geben wird. Bei der so schlimm grassierenden “Islamophobie” wäre es doch schon höchste Zeit dafür, oder? Würde ein noch zu schaffender Anti-Anti-Islamismus-Beauftragter den muslimischen Damen den Ratschlag geben, sie sollten doch aus Sicherheitsgründen darauf verzichten in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen, dann wäre wohl nur bei unseren Eliten der Aufschrei gross. Die Brüder, Väter, oder Cousins der Damen würden sich schon tatkräftigst darum kümmern dass das Kopftuch drauf bleibt und jedem der es wagte einer der Damen zu nahe zu treten würde es wohl schlecht bekommen. Wahrscheinlich wird es genau deswegen nie zu einem Anti-Anti-Islamismusbeauftragten kommen müssen.

Frank Volkmar / 13.06.2019

Wenn man dem Religionswissenschaftler Michael Blume glauben darf (DLF-Interview vom11.06.19), der da sagt : “Antisemitismus steckt ganz tief in unserem Denken” -Wer Antisemitismus nur bei anderen sucht, habe das Problem nicht verstanden, sagte Michael Blume im Dlf. Der Religionswissenschaftler versteht den Antisemitismus als eine Ersatzreligion.”, dann schreit das geradezu nach zusätzlichen Antisemitismusbeaftragten, die uns immer wieder sagen, wie tief der Antisemitismus gerade in “Biodeutschen” steckt. Also suchen wir nicht immer bei anderen, sondern bekennen unsere Schuld. Vielleicht ergibt sich ja auch eine Zusammenarbeit der Antisemitismusbeaftragten der Länder mit zum Beispiel Frau Chebli, die sicherlich eine gute Vermittlerin der Schuld der Vielen wäre. Es ist wie in “1984”. Wir müssen nur Verstehen und Bekenntnis ablegen, darauf folgt dann Heilung !

Harald Hotz / 13.06.2019

Großartig! Der Antisemitismus wird erst besiegt sein, wenn es mehr Antisemitismusbeauftragte gibt als Antisemiten. Ich wohne ja im Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz und da lohnt sich schon die regelmäßige Fahrt über den Bodensee um ab und zu mal von außen auf Gagaland zu schauen. Was mich kollosal irritiert ist diese fast autistische Selbstbespiegelung dieses Landes, das doch offiziell so weltoffen sein möchte und in seinem Denken und politischen agieren doch so unsäglich provinziell und selbstzentriert ist. Egal wo man hinkommt, über die Deutschen wird nur noch der Kopf geschüttelt. Man möchte sie schütteln und rufen: “Kommt zur Besinnung, da draußen gibt es auch eine Welt! Angela Merkel ist nicht die Führerin der freien Welt, sondern nur die Leiterin einer Anstalt!” Und vermutlich geht die größte Gefahr für die geistige Gesundheit vom öffentlich-rechtlichen Anstaltsfunk aus.

Gottfried Meier / 13.06.2019

Wer bezahlt eigentlich diese ganzen Beauftragten? Es gibt ja mittlerweile für alles irgendeinen Beauftragten. Da wundert es mich nicht, dass wir einen Arbeitskräftemangel haben, wenn alle Beauftragte werden wollen. Ich bin gespannt, wann es den ersten Beauftragtenbeauftragten gibt.

Susanne antalic / 13.06.2019

Es ist nur Kosmetik, wie alle Beauftragten für irgentein Gedönst und bringt guten Freunden einen sicheren Job und bewirkt Null. Man tut nur so, nach aussen, als wenn man sich kümmern würde und importiert weiterehin Hunderttausende Antisemiten. So bleibt der Job kriesensicher. Komischeweise hatte man vor 2015 nicht so viele AAS Beauftragten gebraucht, woran kann es nur liegen ?

Teresa Marques Montanhas / 13.06.2019

Die Ernennung von Antisemitismusbeauftragten am laufenden Band kann man nur als puren Aktionismus der deutschen Politik entlarven. Es soll nach außen signalisiert werden, dass “offensiv” gegen Antisemitismus in Deutschland vorgegangen wird. Offen zur Schau getragener Antisemitismus, wie beispielsweise bei der Al-Quds-Demonstration in Berlin, wird hingegen toleriert.

Sebastian Laubinger / 13.06.2019

Es werden also weitere Pöstchen geschaffen, die vom dämlichen Steuermichel zu alimentieren sind, dabei so nützlich sind wie ein Hautausschlag. Traurig, aber es verwundert mich nicht mehr. Mich verblüfft nur, wie unverfroren gewisse Zeitgenossen daran gehen, den Steuerzahler auszunehmen, denn diese sogenannten “Beauftragten” tun bestimmt einiges, nur leider ganz und gar nicht das, wofür man sie (vorgeblich!) bestallt hat. Lieber Herr Broder, ich danke Ihnen für die letzte Definition. Die hat ins Schwarze getroffen. Jeder Politiker I’m Bundestag sollte sich diese ausdrucken, einrahmen und ins Dienstzimmer hängen, und zwar so, dass er (sie oder es) die selbe jeden Tag im Blick hat. Mit freundlichen Grüssen, Sebastian Laubinger

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com