Marcus Ermler / 06.03.2020 / 12:00 / Foto: A.Savin / 57 / Seite ausdrucken

Anti-Israel-Forschung, finanziert vom Auswärtigen Amt

Bei wissenschaftlich begründeter Delegitimierung jüdischen Lebens sollte in einem Land, das dem Judenhass in Form der Rassenideologie des Dritten Reichs ein (pseudo-)wissenschaftliches Gewand verlieh, eigentlich alle Alarmglocken schrillen. 

Insbesondere dann, wenn diese Forschung maßgeblich vom Auswärtigen Amt finanziert wird, dessen höchster Repräsentant, Außenminister Heiko Maas, gleich einer Monstranz die Aussage vor sich herträgt, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“. Doch damit nicht genug: Diese israelfeindliche Wissenschaft wird ebenso monetär unterstützt von einer hamburgischen Wissenschaftssenatorin, Katharina Fegebank, die zu ihrem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem vor wenigen Monaten äußerte:

Die Grenze des eigentlich Unsagbaren hat sich in Deutschland in letzter Zeit verschoben. Wir müssen uns mit aller Macht gegen Antisemitismus und Rassismus stemmen.“

In einer Wissenschaft, die sich ideologiegeschwängert selbst als Kontrapunkt zu „Nie wieder Auschwitz“ positioniert, ist es von der der Delegitimierung der Heimstätte jüdischen Lebens im Besonderen hin zur Delegitimierung jüdischen Lebens im Allgemeinen immer nur einen formaljuristischen Winkelzug weit.

Beim „German Institute of Global and Area Studies“ (kurz GIGA) scheint man dies jedoch völlig anders zu sehen. Wie anders ist es zu erklären, dass der mit dem GIGA assoziierte Prof. Dr. Martin Beck im „GIGA-Focus Nahost“, einer Online-Publikation des GIGA mit „Forschungsergebnisse[n] und Analysen zu regionalen und globalen Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, einen Artikel veröffentlichen kann, der den Narrativen der antisemitischen BDS-Bewegung nahezu ungeschminkt und nur leicht verklausuliert folgt, um Israel so „wissenschaftlich“ zu delegitimieren. 

Das GIGA ist in Eigendarstellung ein „unabhängiges, sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut mit Sitz in Hamburg“, welches Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft ist und vorgibt, „Wissenschaft zum Wohl und Nutzen des Menschen“ zu betreiben. So unabhängig, wie sich das GIGA darstellt, ist es jedoch nicht. Es wird „gemeinsam vom Auswärtigen Amt, der Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung und den anderen Bundesländern finanziert“, die 70 Prozent des „Jahresbudgets von zirka 11 Millionen Euro“ tragen. Also 7,7 Millionen Euro. Hamburgs ehemaliger Erster Bürgermeister und heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz bezeichnete das GIGA daher auch als „bereichernde und wertvolle Institution für die Hansestadt“.

„Bestenfalls eine defekte und schlechtestenfalls keine Demokratie“

Der Autor des Beitrages, Prof. Dr. Martin Beck, ist nicht nur „assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter am GIGA Institut für Nahost-Studien“ und ehemaliger „Repräsentant der Konrad-Adenauer-Stiftung in Amman“, sondern war von 2004 bis 2007 „wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Orient-Institut“ in Hamburg. Das Deutsche Orient-Institut ist berüchtigt. Sein ehemaliger Leiter Udo Steinbach, so ein Bericht von Benjamin Weinthal in der Jersualem Post im November 2019, habe den „palästinensischen ‚Widerstand‘ gegen Israel mit dem Aufstand im Warschauer Ghetto von 1943“ verglichen und ferner postuliert, dass „die Israelis die Palästinenser massakrieren“. 

Steinbach als Beiratsmitglied der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, die vom Jerusalem Center for Public Affairs als linksextrem, islamistisch und der Muslimbruderschaft zugehörig eingestuft wird sowie bekannt dafür ist, die „Kauf nicht beim Juden“-Bewegung zu unterstützen, schaffte es 2006 im „Manifest der 25“, Israel vorzuwerfen, dass es ihr „Holocaust [sei], der das seit sechs Jahrzehnten anhaltende und gegenwärtig bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Leid über die (muslimischen wie christlichen und drusischen) Palästinenser gebracht“ habe.

Beck behauptet nun in seinem aktuellen Artikel Israels politisches System – keine Demokratie?, dass „Israel bestenfalls eine defekte und schlechtestenfalls keine Demokratie“ sei, denn Israel „ging im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts den Weg einer Entdemokratisierung, der im 21. Jahrhundert vollendet wurde“. So postuliert Beck in seinem Artikel weiter, dass Israel „sein früheres Alleinstellungsmerkmal als einzige Demokratie im Nahen und Mittleren Osten verloren“ habe und im polittheoretischen Sinne „keine Demokratie“ mehr sei. 

Wie weist Beck nun diese Behauptungen nach? Er hangelt sich dabei in seiner Publikation an gängigen Narrativen und Zielen der BDS-Vertreter entlang. 

So macht Beck die „Kauf nicht beim Juden“-Bewegung BDS zu einer „gewaltfrei agierende[n] politische[n] Bewegung“, der von Israel der Zugang am „pluralistisch-demokratischen Prozess“ verwehrt würde. Er stellt die BDS-Kampagne also als gewaltfreie Graswurzelbewegung dar. Eine Bewegung, die so gewaltfrei ist, dass ein führender Vertreter wie As'ad AbuKhalil die wahren Beweggründe des BDS mit den Worten umriss: „Das wirkliche Ziel von BDS ist, den Staat Israel niederzuringen. […] Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser sind unvereinbar mit der Existenz des Staates Israel“.

Formaljuristische und polittheoretische Winkelzüge sollen aufzeigen, dass „rund fünf Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser im israelischen Herrschaftsverband unter einer auf Dauer angelegten Besatzung leben, ohne dass sie demokratische politische Rechte besäßen“. Israel wird so indirekt, dem Jargon der BDS-Bewegung folgend, als „Apartheidsregime“ bezeichnet, das systematisch eine ethnische Bevölkerungsgruppe in ihren Rechten und der demokratischen Partizipation diskriminiert. So wird Zionismus, wie in der Behauptung des BDS, zum Rassismus. Daher kann Israel in Becks Augen auch keine Demokratie sein. 

Palästinensische Nakba-Erzählung wird zur Wissenschaft

Weiterhin verbreitet Beck auch die Erzählung der palästinensischen Nakba. So leitet Beck nämlich diese vorgebliche Inexistenz israelischer Demokratie aus den Folgen des „Palästinakrieg zwischen den Jahren 1947 und 1949“ wie des „Junikrieges 1967 um Ostjerusalem“ für die Palästinenser ab, ohne jedoch die politischen Hintergründe in irgendeiner Weise akkurat zu betachten. So habe Israel, in der Darstellung Becks, zwischen 1947 und 1949 die palästinensische Bevölkerung „vertrieben“ und 1967 das israelische Herrschaftsgebiet „erweitert“. 

Wir wissen es natürlich besser. Der Krieg von 1947 war Israels Unabhängigkeitskrieg gegen eine Allianz von arabischen Staaten um Ägypten, Syrien, Libanon, Jordanien und den Irak, die das Existenzrecht Israels verneinten. Der Krieg von 1967 war der Sechtstagekrieg, in dessen Vorlauf Ägypten mit 1.000 Panzern und 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels aufmarschierte. Ägyptens Präsident Nasser erklärte seinerzeit dazu: „Unser grundlegendes Ziel ist die Vernichtung Israels“. 

In beiden Kriegen ging es also nicht, wie Becks Narrativ es darzustellen versucht, um die Vertreibung der Palästinenser oder Gebietserweiterungen, sondern schlicht und einfach um die Existenz jüdischen Lebens wie das Existenzrecht eines jüdischen Staates, den die arabische Allianz nicht akzeptierte. Beck hingegen stellt die Palästinenser als Opfer von „Vertreibung“ und Gebietserweiterungen Israels dar, deren BDS-Bewegung überdies nur eine „gewaltfrei agierende politische Bewegung“ sei, bei der Israel versuche, sie „aus dem pluralistisch-demokratischen Prozess auszuschließen“.

Israel auch für das undemokratische Elend der Hamas verantwortlich

Besonders abenteuerlich wird die Konstruktion der Inexistenz israelischer Demokratie anhand der Darstellung des Gazastreifens und der dort herrschenden protofaschistischen und judenhassenden Hamas. So trüge für das Elend im Gazastreifen nicht die seit 2007 dort alleinherrschende Hamas die Verantwortung, sondern vielmehr habe „Israel die Besatzungsherrschaft über den Gazastreifen durch weitgehende Abriegelung von der Außenwelt fortgesetzt, ohne sich auf eine zeitliche Begrenzung zu verpflichten oder den dort lebenden Menschen irgendeine Form demokratischer Mitwirkungsrechte zu gewähren“. 

Wie gesagt, im Gazastreifen herrscht die Hamas und nicht Israel. Trotzdem behauptet Beck weiter, dass die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens“ durch Israel „die extremste Form der Verweigerung politischer Grundrechte erleben“ würden. Am undemokratischen Elend im Gazastreifen trägt also nicht die regierende Hamas die Schuld, sondern geheimnisvolle jüdische Kräfte von außen. Wie weit diese Lesart noch vom Glauben an eine jüdische Weltverschwörung entfernt ist, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Noch dreister wird es, wenn Beck die Opfer des Hamas-Regimes in Israel durch Raketenbeschuss beziehungsweise Selbstmordattentate wie auch diejenigen unter den Bewohnern im Gazastreifen selbst ausschweigt und stattdessen im üblichen Narrativ linker Antizionisten behauptet:

Versuchen die Palästinenserinnen und Palästinenser des Gazastreifens dennoch, ein grundlegendes politisches Recht wie jenes auf Versammlungsfreiheit auszuüben, zahlen sie einen extrem hohen Preis. Dem Bericht einer vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingesetzten unabhängigen internationalen Kommission zufolge wurden zwischen dem 30. März und dem 31. Dezember 2018 183 Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens, darunter 35 Kinder, von israelischen Soldatinnen und Soldaten erschossen, als sie im Gazastreifen nahe der Sperranlage zu Israel an Demonstrationen gegen die israelische Blockade teilnahmen“

Israelhass ist eine Meinung...

Da passt es ins Bild, dass Martin Beck bereits im Juni 2019 einen Artikel veröffentlichte, in welchem er von der BDS-Bewegung behauptet, sie habe keine „kriminelle[n] Attacken gegen Juden und jüdische Institutionen in Deutschland oder anderswo“ begangen. Und weiter, dass der Bundestag in seinem Verbot der BDS-Bewegung dem (falschen) Gedanken erliege, „dass das infrage stellen des Existenzrecht Israels als jüdischer Staat grundlegend illegitim wäre“. Denn Israel betreibe schließlich ein „repressives Besatzungsregime“, welches den „Palästinensern den Zugang zu grundlegenden Menschenrechte entziehe“. 

Ferner sei BDS doch nur eine „soziale Bewegung, die die Umsetzung des Völkerrechts und der Menschenrechte einfordert“. Beck konstatiert schließlich über den „Antizionismus“ der „Kauf nicht beim Juden“-Bewegung, dass dieser eine legitime Meinung sei:

Die Kritik an der israelischen Politik, selbst in der radikalen Form des Antizionismus, ist Ausdruck einer politischen Meinung, die auf einen Staat und seine Politik abzielt, die sich grundlegend vom Antisemitismus als Ausdruck von Rassismus unterscheidet.

Offen bleibt die Frage, ob Martin Beck sich hier auch einfach nur der Geisteshaltung von Raif Hussein anschließt, dem ehemaligen Vorsitzenden der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, der mit Becks ehemaligem Chef und DPG-Beiratsmitglied Udo Steinbach bestens vernetzt ist und 2014 auf einer Demonstration gegen Israel erklärte:

Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen das palästinensische Volk. […] Israel hat mit [in] einer freien Welt nichts zu suchen. […] Die Europäer und in erster Linie Deutschland muss sich entscheiden. Gehört es zu der freien Welt? Meinetwegen. Dann muss es auch diese freie Welt gegen einen Eindringling, der faschistisch ist wie Israel, verteidigen und erklären, dass er nicht zu dieser Weltgemeinschaft, zu dieser demokratischen Weltgemeinschaft gehört […] Der palästinensische Widerstand in jeder Hinsicht und in jeder Form ist gerecht.

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Leserpost

netiquette:

Brigitte Miller / 06.03.2020

@Frau Eleonore Weider wollten Sie sagen, die Linken seien islamophil? Islamophob sind sie jedenfalls nicht. @Frau Ilona Grimm ich schaue mir Krimis mit Wörner auch nicht mehr an . Obwohl ich das nicht ganz in Ordnung finde , schliesslich kann man sich nicht immer aussuchen, in wen man sich verliebt. Allerdings scheint sie ja mit ihm einverstanden und dies schon einige Zeit.

Burkhart Berthold / 06.03.2020

Wir wissen, dass Antisemitismus recht gut ohne Juden auskommt: Das Gerücht über sie genügt. Wir lernen aber, dass auch der Kampf gegen den Antisemitismus nichts mit Juden zu tun haben muss, schon gar nicht mit dem Wunsch, ihnen zu helfen. Vielmehr dient der angebliche “Kampf gegen den Antisemitismus” tatsächlich nur dem Kampf gegen eine als lästig empfundene Opposition. Das erklärt, warum Leute, die dem BDS nahestehen und den Israeli Rückzüge empfehlen, diejenigen Antisemiten nennen, die Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkennen. Merke: Politik ist oft kompliziert. Aber nicht in Deutschland.

Eleonore Weider / 06.03.2020

Gabriele Klein / 06.03.2020 - Es ist eine beliebte Taktik der extremen Rechten wohlwissend und mit Kalkül, Absurditäten zu verbreiten ??????? Upps??  Prof. Dr. Martin Beck und diese gesamte Mischpoke steht eher links und sind durch die Bank islamophob.

HaJo Wolf / 06.03.2020

Israel führt seit seiner Gründung einen Überlebenskampf, Israel ist von muslimischen Feinden umgeben, die die Vernichtung aller Juden und des Staates Israel auf der ToDo-Liste haben. Vor den Israelis muss man allerhöchste Achtung haben, denn neben dem täglichen Überlebenskampf gegen den Islam trotzen sie der Wüste Anbauflächen ab, sind mit in der Weltspitze bei Software usw usw. Jeder Moslem, der sih nach Koran und Scharia richtet, ist ein mörderischer Feind Israels und muss getötet werden, weil er sonst Israelis, also Juden töten wird. Da sich die cdeutsche Politik feige drückt und nicht eindeutig auf die Seite Israels stellt, muss und darf man diese Politiker als antijüdisch und antiisraelisch bezeichnen. Ich schäme mich nicht für den Holocaust der Nazis, ich war nicht dabei, habe weder Verantwortung noch Schuld. Ich schäme mich für die aktuellen Politiker.

Robert Jankowski / 06.03.2020

Wenn ich das hier lese und dazu das Geschwurbel von Heiko “Eichmann” Maas über das Verhältnis zu Erdogan anhöre, dann weiß ich vor allen Dinge Eines: diese SPD könnte sich auch in IS-PD umbennen. Was man dort an Forderungen liest und hört ist ausnahmslos pro islamistisch. Diese Partei hegt und pflegt mit BRD-staatlichen Geldern den Islam in jeder Ecke dieser Erde. Wer die Hintenruntergefallenen in Deutschland aufs Schlimmste mit Hartz4 gängelt, während er millionenfacher islamistischer Zuwanderung Tür und Tor öffnet, darf sich nicht wundern, wenn ihn die Deutschen nicht mehr wählen. Aber da die ja sowieso aussterben, spielt das in 20 Jahren sowieso keine Rolle mehr.

E Ekat / 06.03.2020

Solange der Zentralrat sich nicht zu Wort meldet ist es schwer, sich dazu kritisch zu positionieren.

Gabriele Klein / 06.03.2020

@W. Düring. Vielen Dank für Ihren hochinteressanten Kommentar. Muss sagen dass ich aus einigen Leserkommentaren auf Achgut, die ich teils so informativ wie die Artikel selbst finde sehr viel gelernt habe. Ich lebte in dem Irrglauben dass die DDR mit dem Nationalsozialismus besser abgerechnet hätte. So lernte ich das zumindest mal. Aber das was Sie da beschreiben ist die genau gleiche nahtlose Kontinuität mit der gestandene Nazis nach dem Kriege weiter auf der Karriereleiter emporkletterten so wie das Herr Klee in seinem Buch zum Thema für die BRD recherchierte.(1) Aber’offensichtlich waren solche Karrieren nicht nur in der BRD sondern auch in der doch so bewußt “anti-faschistischen” DDR an der Tagesordnung (Was für eine Schande für Ost und West.  (1) siehe E. Klee und Was sie taten - Was sie wurden: Ärzte, Juristen und andere Beteiligte am Kranken- oder Judenmord (Die Zeit des Nationalsozialismus)

Martin Müller / 06.03.2020

Bei Heiko Maas keimt in mir schon lange Verdacht, dass er ein verkappter Antisemit ist.

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