Werter Herr Noll, beide Taten, grauenhaft und sinnlos, die eine zum Mythos erhoben, die andere bald der Vergessenheit verfallen. In einem unterscheiden sich die Fälle, Amadeu Antonio war kenntlich Schwarzafrikaner und daher Rassismus offenbar das Kriterium für seinen Mord. Der kleine achtjährige Junge war offenbar Biodeutscher. Weshalb musste er sterben, war er tatsächlich ein austauschbares Zufallsopfer, oder hatte der Täter vor, gezielt einen Deutschen zu töten, dann wäre das Tatmotiv gleichfalls rassistisch und beide Taten ließen sich gleichsetzen. Ich denke, wir werden es nie erfahren.
Es muss doch möglich sein, dass auf Bahnsteig 7 wenigstens ein kleines Kreuz installiert wird, das die Erinnerung wach hält. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass sich in Frankfurt dann wieder ein Vollidiot finden wird, der es mit Graffiti vollschmiert.
Die deutschen Opfer vom Breitscheidplatz blieben ebenfalls namenslos. Wie anders wurde in Polen auf den Tod von Lukasz Urban reagiert. Auch das ermordete italienische Mädchen musste nicht in der Vergessenheit verschwinden. Wir Deutschen dürfen nicht um unsere Toten trauern (was ich nicht auf Tote deutscher Abstammung beschränke). Zur Trauerbewältigung braucht man ein Ritual. Der Gedenkgottesdienst in Berlin damals war hingegen ein Ritual ohne Trauer. Das Verhalten von Frau Merkel jetzt - Totstellreflex - ist einer Kanzlerin absolut unwürdig, aber es war genauso zu erwarten.
Ob Amadeu Antonio wirklich so glücklich darüber wäre, dass sein Name heute für Denunziation und Schmutzkampagnen steht? Amadeu Antonio war einfach ein ganz normaler Mensch, kein Verbrecher, jemand der auch ich hätte sein können. Er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Deshalb wissen wir noch wer er war. Heinz Marcisz war auch nur zur falschen Zeit am falschen Ort, wird aber nicht erinnert. Und Enver Simsek? Mehmet Turgut? Und wie die Toten vom Berliner Weihnachtsmarkt heißen? Aber Beate Zschäpe und Anis Amri kennt fast jeder. Was Deutschland fehlt, ist eine Kultur die die Opfer mindestens genauso würdigt wie sie die Täter, ja, verherrlicht. Frankreich und Großbritannien könnten hier Vorbilder sein, wie das geht. Beim Brand des Londoner Hochhauses und den Anschlägen in Manchester und Nizza wurde den Menschen die Gelegenheit gegeben, zu sehen wer die Opfer waren - wenn die Angehörigen einverstanden waren. In Deutschland wird das nicht einmal versucht. Ob die deutsche Fixierung auf die Täter an der speziellen Geschichte liegt ist wohl schwer zu sagen. Auf jeden Fall ist es sehr schade. Vielleicht gelingt es der Mutter von Susanna, das zu ändern. Zumindest kennen einige in meinem Umfeld ihren Namen noch. Mit etwas Glück wird sie nicht vergessen. Vielleicht können wir es schaffen, uns wenigstens an die Kinder zu einen, die nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren, denn das ist kein Verbrechen.
Alan Kurdi, Amadeu Antonio, namenloses deutsches Kind. Niemand instrumentalisiert hier. Verstehe die Eltern nicht oder sind die in Schutzhaft? In diesem Land rechne ich mittlerweile mit allem. Es ist erbärmlich. Und natürlich: Merkel trägt die Verantwortung oder wie es bei Einzelfällen von “Anderdenkenden” hieße, hat mitgemordet. Wer bitteschön sonst? “Das grundlegende Problem hinter der Straftat eines Migranten ist die politsche Verantwortung dafür”, sagt Hans-Georg Maaßen im Interview mit der Rheinischen Post. Dem kann ich nur zustimmen. Merkel 2017 abzuwählen, war erste Bürgerpflicht, denn das die es nicht so mit Verantwortung hat, war da nun schon lange klar. Da sind der deutsche Michel und die besonders eifrige Merkelwählerin Micheline (Frau ist ja schon mal gut) wieder durch den Idiotentest gerauscht.
Sehr geehrter Herr Noll, Sie artikulieren genau das, was mich seit Tagen umtreibt. Und gleichzeitig geschieht das, was in unserer Wohlstandsgesellschaft immer geschieht: Es wird Geld gesammelt für die Hinterbliebenen. Wahrscheinlich aus lauteren Motiven von einem Familienvater. Aber auf mich macht das den Eindruck, dass es nicht nur aus Mit-Leiden heraus geschieht, sondern aus dem schlechten Gewissen heraus. das sich freikaufen will. Im Unterbewusstein macht sich nämlich das Wissen um die schreiende Ungerechtigkeit breit, dass diese Ereignisse durch mehr Achtsamkeit hätten vermieden werden können. Danke für Ihren Beitrag.
Genau mein Gedankengang Herr Noll. Der kleine Steppke soll möglichst schnell in der Anonymität vergessen werden um das dazugehörige Problem weiter totschweigen zu können. Bei dem kleinen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi war es das krasse Gegenteil. Er wurde in extremer Form instrumentalisiert , um die Welt weiterhin in Gut (kritiklose Refugee Welcome Klatscher) und Böse ( Kritiker der offenen Grenzen) einteilen zu können. Sein Name wird heute als NGO-Schiff mißbraucht , damit Schlepper sich eine goldene Nase verdienen können.
Danke, Herr Noll, Sie sprechen mir aus dem Herzen. Ich hoffe, dass die Mutter ihren Schmerz über diese abscheuliche Tat öffentlich macht, Dann wird sich auch der Namen des Kindes, das auf so eine perfide Art und Weise sein Leben lassen musste, öffentlich. Mich beschäftigt diese grausame Tat sehr und ich möchte und wünsche mir, dass das Opfer einen Namen bekommt, um im Gedöchtnis zu bleiben. Ich hoffe die Mutter erkennt das ebenso. Wäre es ein Kind eines “Geflüchteten ” gewesen, wäre löngst alles bekannt, samt sömtlicher Stories über die trauernde Familie und dem bösen Deutschen. Lichterketten mit Konzerten würden wochenlang, medial aufbereitet, stattfinden. Kirchenvertreter und Politiker würden ihre Empörung und Trauer ständig absondern und sich pberbieten wollen. Und hier? Einfach nur Stille… ich trauere um ihn, dem kleinen unschuldigen Jungen ohne Namen, aber keinen interessiert es wirklich in meinem Bekanntenkreis.
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