Warum Sucharit Bhakdi mich als Jüdin verletzt hat

Von Malca Goldstein-Wolf.

Wer wie Sucharit Bhakdi darüber fabuliert, dass Juden ihr eigenes Land in etwas verwandelt haben, das schlimmer ist als Nazi-Deutschland, der kritisiert nicht, der dämonisiert. Bhakdis Ergüsse haben mich als Jüdin in Mark und Bein getroffen.

Ich möchte nicht überall Antisemitismus unterstellen, bin froh, wenn ich nicht mit Judenhass konfrontiert werde. Mit dem Namen „Goldstein“ fühlt es sich aber so an, als hätte ich einen Davidstern auf der Stirn tätowiert. Da ist es manchmal schwierig, in den sozialen Netzwerken den „Tatort“ zu kritisieren, ohne als Kindermörder beschimpft oder für die Bankenkrise verantwortlich gemacht zu werden.

Es gibt antisemitische Klischees, die sind offenbar so tief verwurzelt, dass sie längst die Mitte der Gesellschaft erreicht haben. Zum rechten Judenhass gesellt sich der immer stärker werdende und in Teilen leider salonfähige Antisemitismus, gerne geschürt von sogenannten Intellektuellen aus der Wissenschafts- und Künstlerszene sowie der islamistische Hass auf Juden, der uns auch körperlich bedroht.

Es ist wichtig, jede Form von Judenhass zu benennen und jede Form gleichwertig zu ahnden. Leider gelingt das in der Realität oftmals nicht. Von Innenministerin Faeser zum Beispiel wissen wir aus Erfahrung, dass sie zwar Rechtsextremismus bekämpft, Linksextremismus und Islamismus aber schändlich vernachlässigt. Diese Fahrlässigkeit bedroht übrigens nicht nur Juden, sie bedroht Frauen und Homosexuelle ebenso, ist eine Gefahr für unsere demokratischen Werte.

Und manchmal taucht Antisemitismus dort auf, wo man ihn nicht vermuten würde, wo man ihn am liebsten auch nicht sehen möchte, weil es schmerzhaft ist, wenn Menschen, die man doch eigentlich schätzt, manchmal sogar verehrt hat, sich antisemitisch verhalten, antisemitische Klischees bedienen.

Völlig irrsinnig, Israel mit Nazi-Deutschland zu vergleichen

Eine immer weiter verbreitete Form ist der Judenhass, der sich als Israelkritik tarnt. Bitte nicht falsch verstehen: Selbstverständlich darf man die israelische Politik kritisieren, zumindest dann, wenn man sich nicht ausschließlich auf den jüdischen Staat einschießt. Konstruktive Kritik bedient allerdings in keinem Fall antisemitische Ressentiments.

Wer wie Sucharit Bhakdi darüber fabuliert, dass Juden ihr eigenes Land in etwas verwandelt haben, dass schlimmer ist als Nazi-Deutschland, der kritisiert nicht, der dämonisiert, stellt einen Vergleich an, der geschmackloser und widerlicher nicht sein könnte.

Es ist völlig irrsinnig, Israel mit Nazi-Deutschland zu vergleichen. Selbstverständlich darf die rigide, israelische Corona-Politik diskutiert werden. Allerdings wollte die israelische Regierung ihre Bevölkerung mit den Impfmaßnahmen schützen und nicht auslöschen. Wer solche Vergleiche anstellt, muss sich einen Antisemitismus-Vorwurf gefallen lassen, und es wäre wünschenswert, dass das auch diejenigen erkennen, die ihn als Wissenschaftler schätzen.

By the way, hat man eigentlich ähnlich formulierte Kritik an den Neuseeländern geübt, die aus ihrem Land ein Corona-Gefängnis gemacht haben? Sind Neuseeländer jetzt auch die Reinkarnation des Bösen? Bhakdis Ergüsse haben mich als Jüdin in Mark und Bein getroffen, und es darf nicht sein, dass man in Deutschland Juden pauschal als diejenigen verurteilt, die das Böse gelernt und umgesetzt haben.

Wenn solche Äußerungen nicht als antisemitisch gewertet werden, was soll denn dann noch kommen, bis wir Judenhass als das erkennen, was er ist? Da kann jemand noch so sympathisch und klug erscheinen, Judenhass ist Judenhass.

Wenn Roger Waters von mächtigen Juden fabuliert, die im Hintergrund die Fäden der US-Politik ziehen würden, bedient er lupenreine antisemitische Klischees. Und auch als Fan seiner Musik darf man die Augen davor nicht verschließen. Dass solche Äußerungen Normalität geworden sind, dass es Normalität war, Juden als das Böse zu karikieren, das hatten wir schon einmal …

 

Malca Goldstein-Wolf ist eine deutsch-jüdische Aktivistin und Publizistin, die sich gegen Judenhass einsetzt. Sie hat dafür gesorgt, dass Roger Waters Tournee 2018 nicht durch den WDR mit öffentlichen Geldern subventioniert wurde. Neben ihrem Aktivismus als ehrenamtliches, geschäftsführendes Mitglied des deutschen Präsidiums von Keren Hayesod, Israels größter Spendenorganisation, sammelt sie Gelder für israelische Menschen in Not. Mehr finden Sie auf ihrer Facebookseite.

Foto: Tapfer im Nirgendwo

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Mike Höpp / 25.05.2023

ja, ich verstehe ihre verletztheit! nur ging es hier um den umgang einer regierung mit der bevölkerung- das lässt sich nicht relativieren. weder aus der einen, noch aus der anderen sicht. bakhdis aussagen waren unglücklich und verfehlt.  das thema aber war ein anderes, nämlich die benutzung der einigkeit einer nation, impfpflicht zu erwirken. israel war da vorreiter- nicht zu vergessen jedoch, dass die regierung sachlicher agierte als die deutsche und ergebnisse nüchtern verifizierte. bei uns noch immer in weiter ferne. ob nun deutscher mit jüdischen wurzen, israeli…es geht um nur eines. das diktat, um die würde des menschen. ich persönlich las bakhdis sätze als nahezu hilflos, sich gehör zu verschaffen gegen den irrsinn. abstahierend von zugehörigkeiten. absehend von persönlichen befindlichkeiten, so sehr ich die ihre nachvollziehen kann. dünnes eis, ich weiß. auf das sie sich wagen, ich mich auch. ganz herzliche grüße, mike höpp

Bernhard Freiling / 25.05.2023

Ist die Welt dem Schwachsinn anheim gefallen? Sind hier nur noch Hysteriker unterwegs? Da zieht Jemand die richtigen Schlüsse, leider mit einem unpassenden Vergleich - und? “Man” spricht nicht mehr über dessen Analyse sondern nur noch über den “unpassenden Vergleich”. Sofort findet sich Einer, der sich darob persönlich beleidigt fühlt. Warum fühlt der sich beleidigt? Weil “die Medien” einen Mäusfurz zu einem Elefantenschiß aufgeblasen haben. # Da lob’ ich mir “meine Thais”. Die lächeln jeglichen Schwachsinn einfach weg.

Nikolaus Szczepanski / 25.05.2023

Ich halte die Äußerungen des Professors auch nicht für besonders einfühlsam. Möglicherweise der Hintergrund seiner Thailändischen Herkunft? Allein: Es gibt und gab auf deutschen Straßen massenhaft den Ruf: “Juden ins Gas”. Diese Tatsache hatte bislang keine Wirkung auf die deutschen Justizorgane. Es sieht daher wie ein Ablenkungsmanöver aus, den Professor wegen “Volksverhetzung” anzuklagen, die härteren Fälle dagegen nicht. Der Grund: Der Professor ist für die Ankläger ungefährlich. Die o.a. angeführten Rufer dagegen schon. Damit allerdings, offenbart die Justiz selbst einen gehörigen Anteil von Antisemitismus in Form einer Alibi-Veranstaltung. Insgesamt durch die in weiten Teilen merkwürdige Schweigsamkeit des Zentralrates der Juden in Deutschland bestätigt.

Ludger Rethmann / 25.05.2023

Tja. Was ich an Hendrik Broder so schätze, was ja zugleich irgendwie sein Alleinstellungsmerkmal in der journalistischen Szene ist und auch in weiten akademischen Kreisen kaum anzutreffen bleibt: dass er sehr früh sehr dezidiert den “linken” Antisemitismus benannt hat. Heutzutage ist dieser Antisemitismus auch im öffentlich-rechtlichen mainstream angekommen und gilt wohl irgendwie als chic. Und die SPD bedient sowohl linken als auch religiös-nationalistisch motivierten Antisemitismus. Könnte ja wahlausgangentscheidend sein. “Islamo-Gauchismo” im Parteiformat.

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