Henryk M. Broder / 23.09.2018 / 10:00 / 40 / Seite ausdrucken

Handauflegen und Telekinese

Wenn man nach einem Begriff sucht, der die Befindlichkeit der Bundesrepublik kurz und knapp zusammenfasst, wird man rasch fündig: Irrenhaus. Der Chefarzt ist eine Frau, promovierte Physikern; ihr zur Seite steht ein Team von Ärzten, die sich auf Gesundbeten, Handauflegen und Telekinese spezialisiert haben.

Im weitläufigen Park, der die Klinik umgibt, findet beinahe täglich eine Demonstration „gegen rechts“ statt, wobei sich einige Patienten als „Nazis“ verkleiden müssen, damit die anderen jemanden haben, gegen den sie demonstrieren können. Für eine Einweisung in die Klinik reicht ein ärztlicher Befund, der oder die Betroffene verhalte sich auffällig, indem er oder sie „die Gesellschaft spalten“ würde.

Die Leitung der Anstalt hat ein halbes Jahr gebraucht, um sich auf die Verteilung der Posten zu einigen. Seitdem sind die Bereichsleiter damit beschäftigt, sich gegenseitig Inkompetenz und Versagen vorzuwerfen. Aber irgendwie geht der Klinik-Betrieb weiter, was vor allem den Patienten zu verdanken ist, die sich in autonomen Selbsthilfegruppen organisiert haben. Eine nennt sich „antifa zeckenbiss“ und produziert kurze Videos, die von zwei anderen Gruppen, die „Tagesthemen“ und „heute-journal“ heißen, im Klinik-TV gezeigt werden. 

Jüngere Patienten, die „Medien und Kommunikation“ studiert haben, sorgen dafür, dass dem Klinik-TV die Themen nicht ausgehen. Sie leben in selbstgebauten Baumhäusern und leisten damit „Widerstand“ gegen ein Unternehmen, das den Park roden will, um die darunter liegende Braunkohle abbauen zu können.

Über den Stand der Auseinandersetzungen zwischen den Baumrettern und der klinikeigenen Parkpolizei wird regelmäßig in den Klinik-TV-Nachrichten berichtet.

Derweil bemüht sich die Klinikleitung, dem Eindruck entgegenzuwirken, sie habe die Lage nicht unter Kontrolle. Der seit Jahren schwelende Konflikt um den Dieselantrieb der Ärzteautos soll durch Prämien für den Ankauf von sauberen Neuwagen beigelegt werden.

Bliebe nur ein Problem, das die für „juristische Streitfälle“ zuständige Bereichsleiterin „beschämend“ findet. Nur jeder dritte Patient in der Klinik ist eine Frau. Eine Quote soll für mehr Gerechtigkeit sorgen, angestrebt ist ein 50-Prozent-Anteil von Frauen – sowohl unter den Patienten wie den Ärzten.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Michael Jansen / 23.09.2018

Da haben Sie die Lage wieder exakt auf den Punkt gebracht, werter Herr Broder! Bei dem Unfug, der heutzutage von unseren selbsternannten Eliten verzapft wird, ist es immer schwieriger, dass man in Kommentaren nicht ständig Worte wie geisteskrank, Schwachsinn, Klapsmühle oder zumindest Kindergarten benutzt. Bei Facebook merke ich, dass ich immer öfter zum Clownsgesicht-Icon greife, da sich weitere Bemerkungen zu den Leistungen unserer Politiker erübrigen.

Gabriele Schulze / 23.09.2018

Ich weiß nicht, Herr Broder - arme Irre können ja nix dafür, die Angesprochenen schon!

Thomas Gräbner / 23.09.2018

Fehlt der Hinweis, dass der Hausmeister anmerkte, dass er ohne die Braunkohle unter dem Park nicht weiß, wie er im kommenden Winter die Klinik heizen soll und ob dieses Hinweises dann Defätist abgetan wurde.  Daraufhin wurde Krankenschwester Uschi beauftragt zu testen, ob denn nicht auch Torf brennt.

Dietrich Herrmann / 23.09.2018

8, 9, 10… Klasse, Herr Broder!

Karla Kuhn / 23.09.2018

“Bliebe nur ein Problem, das die für „juristische Streitfälle“ zuständige Bereichsleiterin „beschämend“ findet. Nur jeder dritte Patient in der Klinik ist eine Frau. Eine Quote soll für mehr Gerechtigkeit sorgen, angestrebt ist ein 50-Prozent-Anteil von Frauen – sowohl unter den Patienten wie den Ärzten.”  Das soll ein Problem sein ?? Müßte sich doch im Handumdrehen ändern lassen !!  Ja, gute Beschreibung der Zukunft, nur müssen dann die Protagonisten ausgetauscht werden wegen Altersschwäche und Demenz, die neuen liegen schon auf der “LAUER”  Kommt dem Narrenschiff immer näher, herrlich.

u.lutz / 23.09.2018

Hallo Herr Broder, Ihre Artikel verbessern immer wieder meinen Tag. In der Klinik würde ich zur Therapie noch Blockflötenspielen und Lachyoga anbieten.

A.S. Sawa / 23.09.2018

Wieder mal eindeutig und unverwechselbar auf denPunkt gebracht Herr Broder - vielen Dank dafuer!

fritz kolb / 23.09.2018

Meine Gedanken sind deckungsgleich mit den Ihren, Herr Broder. Und auch mit den 5 ersten Kommentaren dazu, vor allem mit dem von #Christian Freund. Wenn ich dazu noch den heutigen Schäuble-Kommentar in der Welt lese (das ist der mit der Inzucht-Angst), dann ahne ich: das Irrenhaus muß unbedingt bald geschlossen werden, wegen grober Behandlungsfehler des Personals. Das Nachgeordnete erledigt sich dann ganz von selber.

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