Thomas Rietzschel / 18.10.2019 / 13:56 / Foto: A.Savin / 65 / Seite ausdrucken

Wo der Sultan recht hat, da hat er recht

Dass wir einmal Recep Tayyip Erdogan würden beipflichten müssen, hätten wir uns nie träumen lassen. Ein Unding! Aber was will machen, trifft einer den Nagel auf den Kopf, und sei es der durchgeknallte Despot am Bosporus. Nachdem sich Heiko Maas aufgereckt hatte, um dem türkischen Präsidenten mit zitternden Knien zu drohen, hat sich der Sultan nur kurz geschüttelt. „Der deutsche Außenminister“, sagte er grinsend, sei ein „politischer Dilettant“, der nichts „von Politik verstehen würde“: „ein Mann, der seine Grenzen nicht kennt“. 

Das war starker Tobak, der da aus der Wasserpfeife dampfte - alles andere als höflich oder gar diplomatisch. Eine Rüpelei, die auf den Rüpel zurückfiele, fiele einem nur etwas ein, was sich dagegen einwenden ließe. Doch womit außer mit den drei Knopflöchern am Revers seiner Sakkos hätte Heiko Maas bisher Aufsehen erregt? Wer hätte schon etwas auf seine Worte gegeben, in Washington, in Moskau, in Teheran, im Kongo oder in Kiev. Bald achtzig Reisen rund um die Welt seit dem Amtsantritt des Genossen 2018 und alles zusammen ein einziger Schuss in den Ofen.

War einer seiner Amtsvorgänger, Frank-Walter Steinmeier, wenigstens noch als begnadeter Darsteller in der Rolle des Diplomaten aufgefallen, dilettiert Heiko Maas unterdessen schlichtweg unter der Wahrnehmungsschwelle. Dabei brauchte Deutschland gerade jetzt, da Erdogan abermals einen Krieg mit entsetzlichen Folgen anzettelt, einen Außenminister, der als Persönlichkeit ernst genommen werden könnte, keinen Gernegroß, der sich lächerlich macht, wenn er versucht, mit dem Fäustchen auf den Tisch zu hauen. So antwortete er auf die Frage, was Deutschland angesichts des Einmarsches der Türkei in Syrien untrnehmen würde, souverän mit der Feststellung, das Wichtigste wäre, "dass wir uns daran nicht beteiligen". Das war alles, was ihm einfiel.

Eine Schande für Deutschland

Einer wie Erdogan, der Kraft seiner Skrupellosigkeit herrscht, besitzt ein feines Gespür für die Schwachen. Außer Verachtung kann er nichts für sie aufbringen, zumal er Europa und die Deutschen insbesondere längst in der Tasche hat, nicht zuletzt dank des diplomatischen Versagens der Bundeskanzlerin. Nach dem Flüchtlingsdeal, den sie 2016 einfädelte, muss ihm die EU zu Willen sein, ihn besänftigen, indem sie seinem Land Jahr für Jahr Hunderte von Millionen als Beitrittskandidat überweist, kein Waffenembargo verhängt und allenfalls ein bisschen mault, setzt er wieder einmal seine Truppen im Marsch. Könnte er doch jederzeit, ein, zwei oder drei Millionen syrischer Flüchtlinge von der Leine lassen.

Das immerhin scheint selbst unser Außenminister begriffen zu haben. Mehr als einen Eiertanz kann er in der Auseinandersetzung mit dem Türken nicht aufführen. Weil er gleichwohl so tut, als wäre er in der Lage, allein mit dem erhobenen Zeigefinger etwas auszurichten, hat ihn der Sultan jetzt als „politischen Dilettanten“ abgefertigt. Wie sollte man ihm widersprechen. Wo er recht hat, muss man am Ende sogar Recep Tayyip Erdogan recht geben. Eine Schande für Deutschland. 

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Ferdinand Klar / 18.10.2019

jetzt merkt es vielleicht auch noch der Letzte im Land der Besserwisser: Das Leben ist kein Ponyhof und nur eine stabile Haustür sorgt für den Hausfrieden. Lernen von den Juden bedeutet Überleben lernen (das sage ich als Agnostiker).

Frank Dieckmann / 18.10.2019

Das Deutsche Volk hat genau den Außenminister und die Regierung, die es verdient und sich nach gründlicher Überlegung in freien und geheimen Wahlen auch selbst genau so und nicht anders ausgesucht hat.

Dietrich Herrmann / 18.10.2019

Pennäler Maas! In Außenpolitik Note ungenügend. Setzen!

Markus Knust / 18.10.2019

Das einzig Gute an der Gesamtsituation ist doch gerade, dass dieser Willkommens Junta ihr eigenes Unvermögen um die Ohren fliegt. Erinnern wir uns an die großen Jubel über den Türkei Deal, der genialen “Vom Ende her” Denkerin und ihrer Adlaten. Aber die Realität gewinnt am Ende eben immer, denn sie ist unumstößlich. Und Zwerge werfen vielleicht doch keinen großen Schatten, selbst wenn die Sonne der Kultur niedrig steht. Hier haben wir nun einen Fall vorliegen, denn können die Versager in Berlin nicht mit dem Scheckbuch des Steuerzahlers in die Zukunft verschieben. Entsprechend ihrer Fähigkeiten agieren sie eben auch.

J. Werner / 18.10.2019

Von dem Maas bis an die Merkel. gibt es wenig Hoffnungsvolle, Helle Köpfe, Gescheite Leute und Intelligente Gnome, aber viele Fatzke, Eitelkeiten und dunkle Anzugträger mit braunpolierten Schuhen, die dazu nicht passen wollen. Geschenkt, schlechter Geschmack und hilfloses Rumgeeiere. Aber wer soll das noch ernst nehmen und ertragen? Paßt zur Werbekampagne : das ist sooo Deutsch! Wann sehen wir Herrn Maas endlich in den Sandalen mit weißen Frotteesocken? Derweil brennt die Hütte von allen Seiten. Geopolitik? Diplomatie? Einfluß? War zuletzt wohl für Kohl und noch Schröder ein Begriff. Niemand für zuständig,  niemand mehr zu Hause, oder? Klimarettung und Kampf gegen Rechts ist wohl lustiger.

Sepp Kneip / 18.10.2019

Was hätte man sich früher aufgeregt, wenn einer derart einen deutschen Außenminister niedergemacht hätte. Früher, in der Vor-Merkel-Ära, waren das auch noch gestandene Politiker und Diplomaten. Heute fühlt man eher eine klammheimliche Freude über ein solches Abwatschen, auch wenn es von Erdogan kommt. Solches ist symptomatisch für die Entfernung der Politiker vom Bürger. Man fühlt sich einfach nicht mehr verbunden mit denen, die den Bürger und Deutschland vertreten sollen. Je mehr die abgehobene Politiker-Kaste eins auf die Nase kriegt, ums mehr fühlt man sich bestätigt in der Abneigung gegen sie. Ich nehme die derzeitige Opposition davon aus.

Ralf Pöhling / 18.10.2019

Es zeigt sich gerade genau das, was ich seit Jahren im Netz zu vermitteln versuche. Man wird im islamischen Kulturkreis nicht ernst genommen, wenn man nicht seinen Mann steht! Erdogan erwartet von uns Gegenwind und er bekommt ihn einfach nicht. Die gesamte Situation, die sich derzeit entwickelt, hat ihre Ursache zuvorderst in der offensichtlichen Schwäche unseres(!) politischen Spitzenpersonals. Man redet die ganze Zeit von Multikulti und hat doch vom Umgang mit anderen Kulturen überhaupt keine Ahnung.

P. F. Hilker / 18.10.2019

Guter Aufsatz. Zeigefinger-Diplomatie. Das ist es, was die gesamte EU ausmacht. Mehr bekommt man nicht zustande. Gabriel, das ist der, der zuerst die NGOs in Israel besuchte und dann den Ministerpräsidenten, sagte gestern, man müsse schon mal die Bevölkerung hier auf die neuen 3,5 Mio Neubürger vorbereiten. Grenzen dicht, würde nicht helfen. Tja, wie heißt es doch so schön, wenn du solche Politiker hast, dann brauchst du keine Feinde mehr.

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