Henryk M. Broder / 13.12.2019 / 09:00 / Foto: Ralf Roletschek / 52 / Seite ausdrucken

Wir Merkelianer. Der Fisch stinkt vom Kopfe her

Am Mittwochabend gab es in den Tagesthemen (ab 9:00) einen Bericht über Kommunalpolitiker, die beleidgt, bedroht und angegriffen werden. Die Kommunen, sagte Caren Miosga, seien die "Keimzellen der Demokratie", und "das Rückgrat sind die Menschen, die sich darin politisch engagieren". Deswegen sei es nicht zu begreifen, dass in den vergangenen Monaten in mehr als in 900 Kommunen in Deutschland "Menschen körperlich angegriffen wurden..., nur weil sie ein politisches Mandat haben". 

Es folgte ein Bericht aus zwei hessischen Gemeinden, pars pro toto für die Lage in der ganzen Republik und das Mobbing von Amtsträgern. Ein Sprecher des hessischen Städte- und Gemeindebundes sagte, der Umgang miteinander in der Kommunalpolitik werde "immer unangenehmer". Ein Bürgermeister warnte vor den Folgen einer Entwcklung, "wenn man die Repräsentanten und ihre Entscheidungen nicht mehr respektiert". Dann werde es bald mit der Demokratie vorbei sein.

Das war alles richtig und nachvollziehbar. Was in dem Bericht überhaupt nicht vorkam, war irgendein Hinweis auf die Leute, welche die Demokratie in den Kommunen  kaputt machen wollen. Nur einmal wurde eine "Bürgerinitiative" erwähnt, die sich gegen den Bau eines Logistikzentrums einsetzt. Aber gehören "Bürgerinitiativen" nicht ebenfalls zu den "Keimzellen der Demokratie"? Werden die Bürger – und natürlich auch die Bürgerinnen – nicht immerzu aufgerufen, sich zu engagieren?

Woher kommt die Gewalt? Das Leben wird rauer, nicht nur im Verkehr nimmt die Rücksichtslosigkeit zu. In einem Land, dessen Regierung Gesetze missachtet oder sie je nach Bedarf interpretiert, fühlen sich auch die Bürger ermächtigt, die Spielregeln zu ignorieren. Wir sind alle Merkelianer. Demokratie wird von unten nach oben aufgebaut, aber der Fisch stinkt vom Kopfe her. Und der Geruch verbreitet sich von oben nach unten.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop vorbestellt werden. Die zweite Auflage ist ab dem 18. Dezember lieferbar.

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Max Wedell / 13.12.2019

Ich erinnere mich noch gut an die Kritik aus dem bürgerlichen Lager, als die antiautoritäre Erziehung aufkam: “Diese Kinder werden später nicht mit Autoritäten umgehen können”. Daraufhin lachten die Antiautoritären und sagten: “Das ist ja gerade unsere Absicht. Unsere Kinder sollen keinen Respekt vor Autoritäten haben, sie sollen frei sein.” Seither verbreitete sich die antiautoritäre Erziehung stark. Darüber sollte nicht die Tatsache hinwegtäuschen, daß die schlimmsten Ausuferungen der Anfangszeit natürlich nicht mehr üblich sind: Kinder bekommen meist nicht mehr Farben in die Hand gedrückt, um die ganze Wohnung zu beschmieren, ihnen wird nicht mehr gesagt, daß es in Ordnung ist, wenns pressiert, sich auf der Stelle zu erleichtern, oder miteinander sexuell zu experimentieren. Ganz üblich ist aber, auf Anordnungen und Befehle in der Erziehung ganz zu verzichten, und dem Kind eine bestimmte Verhaltensweise nahezulegen, indem ihm erklärt wird, warum sie jetzt gerade sinnvoll sei. Nimmt das Kind die Erklärung nicht an, sind die Eltern hilflos und lassen das Kind gewähren. Das Kind erlebt die Eltern als Autoritäten nicht. Ganz besonders natürlich auch nicht in den Fällen, indem das Kind nicht erzogen wird, weil beide Eltern arbeiten und das Kind lange alleine zu Hause ist. Was für eine Sorte Erwachsene entsteht aus solchen Kindern? Ohne jetzt ein umfangreiches Psychogramm zu beschreiben: Es sind die Menschen, die sich von ihren eigenen Bedürfnissen antreiben lassen, die Schwierigkeiten haben, die Bedürfnisse oder Rechte anderer zu berücksichtigen, und die ein Problem damit haben, Autoritäten anzuerkennen. Werden ihre Anliegen vom Staat nicht ausreichend berücksichtigt, werden involvierte Amtsträger, Politiker und Behördenmitarbeiter angepöbelt, bedroht und angegriffen. Schließlich fühlt man sich im Recht, und das ist alles, was zählt. Oft reicht allgemeine politische Unzufriedenheit schon aus, um allen staatlichen Autoritätsträgern aggressiv gegenüberzutreten.

Marcel Groß / 13.12.2019

Das glaube ich nicht. Natürlich stinkt der Fisch vom Kopf her. Aber der vergiftete Zeitgeist ist überall und kam mit der Generation Y auf, also von unten, dem die Alten gern gefolgt sind. Es liegt also auch an den Alten, denn sie waren die ersten “Alten” die ihre Werten nicht treu waren und statt diese gegen die Generation Y zu verteidigen, wurden sie sozusagen zu moralischen Wendehälsen. Wer will schon der alte Sacke sein und Mitschwimmen mit Vorteilen macht ja mehr Spaß. Dieser Zeitgeist ist in wenigen Worten schnell zu erläutern. Setzt Deine Ellbogen ein, um Deine Ziele zu erreichen. Wer gutmütig und ehrlich ist, ist dumm. Tricksen ist ausdrücklich erwünscht. Kleine Lügen sind menschlich. So kann man das auch in der englischsprachigen soziologischen Forschung über die Generation Y nachlesen, z. B. bei wikipedia. Hier ist zu lesen, dass es noch nie eine Generation gab, die so hohe Zustimmungswerte bei dem Item hat “Ellebogen einsetzen zur Erreichung der Ziele ist ok”. Interessanterweise siehst das die deutsche Forschung ganz anders, Was diesen Wertewandel verursachte und was die Dynamik dahinter ist, ist die eigentlich interessante soziologische und psychologische Fragestellung, der sich natürlich wenig zugewendet wird, wie auch, wenn man das Problem noch nicht mal benennen kann. Aber das Ergebnis sehen wir überall: das Lügen und Täuschen in Wirtschaft (Banken, VW), Politik und Medien, selbst Wissenschaft, wobei hier eher die Kompentenz und selbstständiges Denken hinter den niederen Bedürfnissen wie Einfluss, Schein statt Sein und Vitamin B auf der Strecke bleiben.  Und dieser vergiftete Geist wird es sein, der die Welt in allen Bereichen in die nächste Krise stürzt.

Karla Kuhn / 13.12.2019

“Woher kommt die Gewalt? Das Leben wird rauer, nicht nur im Verkehr nimmt die Rücksichtslosigkeit zu. In einem Land, dessen Regierung Gesetze missachtet oder sie je nach Bedarf interpretiert, fühlen sich auch die Bürger ermächtigt, die Spielregeln zu ignorieren. Wir sind alle Merkelianer. Demokratie wird von unten nach oben aufgebaut, aber der Fisch stinkt vom Kopfe her. Und der Geruch verbreitet sich von oben nach unten.”  Herr Broder, TREFFENDER hätte Sie es nicht ausdrücken können !! Nur noch eine Frage,  WO bleibt bei den Politikern die EMPATHIE für die VIELEN OPFER der vielen messerstechenden “Eingeladenen” von Merkel ?? Oder werden die als “Kollateralschaden” verbucht ?  Und WO bleibt die Empörungswelle der Politiker, wenn es AfD POLITIKER trifft ?? Für mich sind solche Äußerungen SOLANGE Heuchelei, bis ALLE Opfer angesprochen werden !  Übrigens, HAß  hat IMMER eine Ursache ! Bei einer Umfrage wurden POLITIKER als die unbeliebteste Kaste, neben Anwälten und Lehrern ausgemacht, nur SIEBEN Prozent finden sie gut !! NOCH FRAGEN ? Und die ewige Trump, Putin, Salvini, Orban, Johnson und AfD Hetzerei hängt mir zum Hals raus und macht weder bestimmte Medien noch bestimmte Politiker beliebter !  Johnsons Sieg freut mich !

Reiner Gerlach / 13.12.2019

Ich sehe verschiedene Ursachen für die Zunahme der Belästigungen oder auch Bedrohungen. Da wäre die Art der Kommunikation mit dem Rest der Welt. Wer jeden “Gedankenfurz” per Facebook oder Twitter hinausbläst, erreicht nicht so unbedingt das gemeine Volk. Dann kommt nämlich auch das Echo auf den gleichen Wegen zurück und die senken doch die Hemmschwelle beträchtlich. Welcher normale Mensch würde sich die Mühe machen, dem Justiz- oder sonstigen Minister einen Brief zu schreiben? Nein, Facebook-Kommentar, ohne Anrede und Gruß, mit Rechtschreibfehlern usw. Ist doch anscheinend so gewollt. Dann kommt als Nächstes die eigene Hybris. Mancher gewählte Repräsentant fühlt sich von Gott persönlich berufen. Warum fällt mir da gerade der Bürgermeister von Altena im Sauerland ein? Nachdem ihn ein Langzeitarbeitsloser (ist das korrekt so?) aus Frust mit dem Messer am Hals verletzt hat, tat er kund, dass er sich von seinem Kurs in der Flüchtlingspolitik nicht abbringen lasse. Er habe da eine Mission. Vermutlich hat die Halsverletzung zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff geführt, man weiß ja nie. Und letztlich wird ja Alles und Jedes politisch ausgeschlachtet und die Richtung der Ermittlungen vorgegeben. Bei dem Mord an dem Regierungspräsidenten Walter Lübcke kann es sein, dass sein Hinweis an “seine” Bevölkerung, sie sollen sich doch ein anderes Land aussuchen, wenn es ihnen hier nicht passt der Auslöser war. Es kann aber auch ganz einfach sein, dass er privat jemanden so gekränkt hat oder dass er die Frau seines Chauffeurs gevögelt hat. Das wurde aber alles von vornherein ausgeschlossen. Die Rechten waren es. Fertig.

Gert Köppe / 13.12.2019

Der deutsche Fisch stinkt extrem, auf Grund fortschreitender Verwesung. Dieser Prozess kommt sicher nicht durch die herbei gefaselte „Klimaerwärmung“, sondern daher, das der Fisch hier schon etwas länger tot ist.

Corinne Henker / 13.12.2019

Warum “vergessen” die ÖR eigentlich regelmäßig zu erwähnen, WELCHE Partei das Hauptopfer von Gewalttaten gegen Politiker (bzw. der Familie) ist? Für das 2. Quartal 2019 waren die Zahlen sehr eindeutig: 31 Gewaltattacken gegen Politiker (Körperverletzung oder gefährliche Körperverletzung), davon 24 gegen die AfD, 3 gegen GRÜNE,  jeweils 1 gegen Linke und CDU und 2 gegen Politiker von kleineren Parteien. Aber das passt ja nicht ins Framing-Narrativ der “bösen Rechten”.

Karl-Heinz Vonderstein / 13.12.2019

Was mir immer fehlt ist, warum sich hierzulande Politik und Medien nicht mal genauer fragen, woher all der Hass kommt auf die Politik und Politiker und Medien und Journalisten.Man tut immer so als wenn es dafür keine Gründe gäben könnte und solche Leute einfach nur hasserfüllte Menschen seien, mit einer schlimmen Gesinnung.

Torsten Lange / 13.12.2019

Im Boxen erzielt derjenige den wirkungsvollsten Treffer,  der in den gegnerischen Angriff hineinschlägt. Will sagen: Die ständigen linksgrünen Dauerangriffe auf die Diskussionskultur und damit auf die Demokratie laufen über ihre Begriffsdominanz und propagandistischen Assiziationsketten. Diese gilt es zu brechen und umzukehren.  Gehasst werden die Vertreter der AfD im Berliner Reichstag (man schaue nur mal in die wutentgleisten Gesichter ihrer gender-öko-sozialistischen Gegner) , in Landes- und Kommunalparlamenten,  Hetze betreiben Bundespräsidenten (“Dunkeldeutschland”, “Hassprediger” sowie Vorzeigedemokraten wie die Özdemirs , Kahrs, Stegners und viele andere mehr (“Mischpoke” ,“Nazis”, die “mit allen Mitteln” bekämpft werden müssen . Diese Begriffsbesetzung muss umgedreht werden:  Belege sammeln, ihnen den Spiegel vorhalten, immer und immer wieder ! Raus aus der Verteidigungs- und Rechtfertigungsecke und mit dem mächtigsten Mittel dagegenhalten: der Sprache! Die Achse ist als Entlarvungsblog in diesem Kontext unverzichtbar.

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