Das Internet bietet mehr Freiraum, als es abgehobenen Politikern und ihren Hofberichterstattern lieb sein kann. Frau Grütters ist symptomatisch für “Eliten”, die sich als Vormünder des Volkes aufspielen. Die Medien unterstützen dies, indem sie Regierungsschefs als “Landesvater”, “Landesmutter” oder “Mutti” bezeichnen. Anscheinend fehlt bei Politikern und Medienleuten das Verständnis dafür, dass in einer Demokratie das Volk der Souverän ist und das Recht hat, sich unabhängig von der Meinung der “Eliten” zu informieren, ja sogar eine andere Meinung als diese zu vertreten.
Monika Grütters scheint Sachen zu rauchen, die ihre Sinne vernebeln. Oder im Gegenteil so klaren Verstand hervorbringen, dass sie mit allen dümmlichen Mitteln versucht, die Staatspropaganda nach vorne zu puschen, ohne zu merken, dass sie sich und ihre Aussagen ad absurdum führt. Wenn das noch möglich wäre, würden solche Politiker wahrscheinlich am liebsten das Internet wieder abstellen. Das eigentlich Bestürzende daran ist, dass solche Personen Ministerposten bekleiden, aber an solchen Fehlbesetzungen in der Politik haben wir in Deutschland ja mittlerweile keinen Mangel mehr. DDR 2.0 auf voller Fahrt.
Als Willy Brand in seiner Regierungserklärung 1969 sagte “Wir wollen mehr Demokratie wagen”, gab es das Internet noch nicht. Es gab aber schon den Willen des “Volksrüpels,” gegen verkrustete Strukturen und Abschottung der Machtelite anzukämpfen. Wenn Brandt schon damals das Mitspracherecht der kritischen Jugend billigte, ist im Zeitalter des Internets “das Recht auf freie Meinungsbildung” unabdingbar. Das kann auch eine Staatsministerin Grütters nicht verhindern.
Als Beleg dafür, daß Meinungsvielfalt ein bedeutendes und keinesfalls schädliches Merkmal einer freien Gesellschaft ist, mag auch gelten, dass trotz so kontroverser Positionen, wie sie Frau Grütters und Herr Sarrazin heute vertreten, beide seinerzeit im gleichen Laden, nämlich unter dem Dach der Bankgesellschaft Berlin tätig waren. Was in der Wirtschaft funktioniert, wird im ideologiedeformierten politischen Raum scheinbar immer unmöglicher. In dem Licht muss wohl die Hinwendung der Frau Grütters zu Internet-Kontrollfantasien gesehen werden. Schade drum, und es passt auch dort der Satz: „ die größten Kritiker der Elche, waren früher selber welche“.
Die Angst vor dem mündigen Bürger wächst offensichtlich. Darf der Bürger sich darüber freuen, oder muss er mit schärferen Abwehrreaktionen als dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz rechnen?
Frau Grütters ist keine Ministerin, Kultur ist seit den Erfahrungen im 3. Reich mit Reichskultur, Musik- und Schrifttumskammer Ländersache und das ist gut so. Die Grütters, die einen Professorentitel ohne Promotion und Habilitation führt ist eine Sekretärin, genauer Staatssekretärin für Kultur und den Ausführungen einer Sekretärin wird hierzulande zu viel Gewicht beigemessen.
Der Beitrag der Ministerin ist erschreckend. Zum einen fällt mir Günther Weisgerbers Spruch ein, wonach die heutige CDU es schwer haben würde als rechter Flügel der alten SPD durchzugehen. Zum anderen fühle ich meinen Verdacht bestätigt: die gegenwärtige Politik strebt nach dem chinesischen Modell. Wohlstand und Marktwirtschaft sind gut, aber alles muss unter der strengen Kontrolle der Politik geschehen. Und insbesondere muss die Meinungsbildung nach den verordneten Vorgaben erfolgen. Dass die Ministerin das als „freie Meinungsbildung“ bezeichnet, ist ein Hohn.
Wer hat denn mit dem Unfug angefangen? Wenn der Bürger Lunte riecht, dass er hinters Licht geführt werden soll, dann beschafft er sich die Informationen auf anderen Wegen. Das war schon im 2. Weltkrieg mit der BBC so, zu Zeiten der DDR war die Alternative das Westfernsehen - heute eben das Internet.
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