Wenn Frau Grütters glaubt, dass das Internet derzeit mehr Freiraum ermöglicht, als die Demokratie vertragen kann, dann gehört sie zu den Leuten, die meinen, Demokratie sei zu wertvoll, um sie dem Volk zu überlassen.
Man könnte Hasskommentare, dreiste Lügen, Drohungen und viel “Wildwuchs” im Internet stark eindämmen, wenn alle mit Klarnamen “posten” müssten und nicht unter oft abenteuerlichen Pseudonymen, was auch zur Überschaubarkeit beitragen würde. Doch darum geht es vielen unserer Politiker gar nicht, sondern um das eher Grundsätzliche. Frau Grütters ist nicht nur Staatsministerin, sondern auch CDU-Vorsitzende in Berlin, wo sie die Öffentlichkeitsarbeit mehr oder weniger dem Generalsekretär Evers überlässt. Dabei könnte sie angesichts der chaotischen Verhältnisse in der Hauptstadt, die das Ergebnis einer teilweise bewusst katastrophalen Politik sind, die leider mehr im Internet als in den Medien oder im Parlament diskutiert und kommentiert werden, ihre Position nutzen, die wütenden oder verzweifelten Bürger zu unterstützen und damit ihre Partei wieder voranbringen. Doch nichts von alledem passiert, man hat eher fast den Eindruck, dass sie jegliche Auseinandersetzung scheut und ihr deshalb die kritischen Kommentare im Internet eher peinlich sind. Eine Oppositionspartei, die nicht darauf reagiert, wenn unbescholtene Bürger nach einem Strategiepapier mit dem Missbrauch von Verwaltungsvorschriften wie Verbrecher gejagt werden, während letztere sich unbehelligt austoben dürfen, darf sich nicht wundern, wenn die Wähler in Scharen angewidert davonlaufen. Doch davon will sie sicherlich nichts wissen, sie macht ja in “Kultur”.
Das Internet bietet mehr Freiraum, als es abgehobenen Politikern und ihren Hofberichterstattern lieb sein kann. Frau Grütters ist symptomatisch für “Eliten”, die sich als Vormünder des Volkes aufspielen. Die Medien unterstützen dies, indem sie Regierungsschefs als “Landesvater”, “Landesmutter” oder “Mutti” bezeichnen. Anscheinend fehlt bei Politikern und Medienleuten das Verständnis dafür, dass in einer Demokratie das Volk der Souverän ist und das Recht hat, sich unabhängig von der Meinung der “Eliten” zu informieren, ja sogar eine andere Meinung als diese zu vertreten.
Monika Grütters scheint Sachen zu rauchen, die ihre Sinne vernebeln. Oder im Gegenteil so klaren Verstand hervorbringen, dass sie mit allen dümmlichen Mitteln versucht, die Staatspropaganda nach vorne zu puschen, ohne zu merken, dass sie sich und ihre Aussagen ad absurdum führt. Wenn das noch möglich wäre, würden solche Politiker wahrscheinlich am liebsten das Internet wieder abstellen. Das eigentlich Bestürzende daran ist, dass solche Personen Ministerposten bekleiden, aber an solchen Fehlbesetzungen in der Politik haben wir in Deutschland ja mittlerweile keinen Mangel mehr. DDR 2.0 auf voller Fahrt.
Als Willy Brand in seiner Regierungserklärung 1969 sagte “Wir wollen mehr Demokratie wagen”, gab es das Internet noch nicht. Es gab aber schon den Willen des “Volksrüpels,” gegen verkrustete Strukturen und Abschottung der Machtelite anzukämpfen. Wenn Brandt schon damals das Mitspracherecht der kritischen Jugend billigte, ist im Zeitalter des Internets “das Recht auf freie Meinungsbildung” unabdingbar. Das kann auch eine Staatsministerin Grütters nicht verhindern.
Als Beleg dafür, daß Meinungsvielfalt ein bedeutendes und keinesfalls schädliches Merkmal einer freien Gesellschaft ist, mag auch gelten, dass trotz so kontroverser Positionen, wie sie Frau Grütters und Herr Sarrazin heute vertreten, beide seinerzeit im gleichen Laden, nämlich unter dem Dach der Bankgesellschaft Berlin tätig waren. Was in der Wirtschaft funktioniert, wird im ideologiedeformierten politischen Raum scheinbar immer unmöglicher. In dem Licht muss wohl die Hinwendung der Frau Grütters zu Internet-Kontrollfantasien gesehen werden. Schade drum, und es passt auch dort der Satz: „ die größten Kritiker der Elche, waren früher selber welche“.
Die Angst vor dem mündigen Bürger wächst offensichtlich. Darf der Bürger sich darüber freuen, oder muss er mit schärferen Abwehrreaktionen als dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz rechnen?
Frau Grütters ist keine Ministerin, Kultur ist seit den Erfahrungen im 3. Reich mit Reichskultur, Musik- und Schrifttumskammer Ländersache und das ist gut so. Die Grütters, die einen Professorentitel ohne Promotion und Habilitation führt ist eine Sekretärin, genauer Staatssekretärin für Kultur und den Ausführungen einer Sekretärin wird hierzulande zu viel Gewicht beigemessen.
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