Thomas Rietzschel / 19.10.2021 / 16:00 / 22 / Seite ausdrucken

Weiterleben mit den Toten Hosen

Freut Euch des Todes. Zwar war er bisher keine Ende, dem man entgegenfieberte. Noch im hohen Alter hoffte jeder, dass ihn der Sensenmann verfehlen möge. Nun aber haben „Die Toten Hosen“ einen Einfall gehabt, der die eigene Bestattung zum erstrebenswerten Ziel macht. In ihrem online-Shop können die Fans, wie dpa berichtet, einen „Bestattungsbehälter“ erwerben, eine Urne für die Asche des Lebens, biologisch abbaubar und verziert mit dem Logo der Punk-Band sowie den Worten „Bis zum bitteren Ende“.

Damit hätten, so noch einmal dpa, die Musiker einen „Volltreffer gelandet“. Die erste Charge, das Stück zu 180 Euro, war ruckzuck ausverkauft. Wer zu spät kam, muss sich aber auch nicht grämen. Es gäbe „Nachschub“, verspricht der Band-Manager Patrick Orth. 

Wem das geschmacklos vorkommen sollte, der möge sich erinnern, dass sich die Band eben darauf, auf die Geschmacklosigkeit, versteht wie nur wenige. 1983 feierten sie in einer kleinen bayerischen Kirche eine, so Wikipedia, „chaotisch ablaufende Hochzeitsfeier“. Das Gotteshaus musste danach neu geweiht werden.

Der Geist der Zeit

Drei Jahre später stand eine Konzertreise unter dem Motto „Ficken, Bumsen, Blasen“ auf dem Programm. Der Skandal wurde zum glänzenden Geschäft. Was immer man den Jungs vorwerfen mag, mit ihren Rüpeleien und Entgleisungen treffen sie den Geist der Zeit. Der Rubel rollt. 

Während andere noch mit ihrer Schwangerschaft Reklame machen, Woche für Woche den wachsendem Babybauch auf dem Boulevard vorrecken und sich beim Stillen ablichten lassen, um den Fans irgendwelchen Krimskrams anzudrehen, haben die cleveren Hosen längst erkannt, dass sich nicht nur mit dem Beginn des Lebens, sondern ebenso mit seinem Ende Kasse machen lässt.

Dass das Beispiel Schule machen wird, ist weniger zu befürchten als zu hoffen. Könnte es doch immerhin sein, wir bekommen demnächst auch Totenhemden mit den lebensgroßen Abbildern von Helene Fischer, Andrea Berg oder Heidi Klum übergestreift. Und welcher Mann würde nicht gern mit einer dieser Damen in die ewigen Jagdgründe reisen. 

Himmel, Gott und Fegefeuer waren gestern, heute haben wir Popgrößen und Schlagersternchen, mit denen wir die Ewigkeit erreichen wollen, bis sich die Hosen-Urne biologisch zersetzt und gemeinsam mit der Asche unseres Lebens wieder in den Naturkreislauf eingeht. Zurück zu den Würmern. Vielleicht keine menschlich sehr anziehende, aber doch allemal eine ökologisch korrekte Perspektive, eine Steilvorlage für die Grünen – eine zudem, die sich auszahlt. Wenn das Geld im Kasten klingt, gehen Verstand und Respekt in die Hosen. 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

F. Hoffmann / 19.10.2021

Ach Gott, der Herr Campino ist Düsseldorfer Oberschichtsprössling, der weiß wie man sich verkauft. Den Käufern der Urne darf man dann wohl ein baldiges Ableben wünschen, damit sie ihren Kauf lange Zeit genießen können.

Stanley Milgram / 19.10.2021

Alles, was uns wirklich nützt, kostet nichts (Liebe, Freunde, Gelassenheit). Nur das Überflüssige kostet viel…

Michael Fasse / 19.10.2021

„Bis zum bitteren Ende“ stimmt leider nicht. Nach dem irdischen Ende kommt für viele, die zuvor nur „Tote Hosen“ im Kopf hatten, ein grausamer Anfang, der nie ein Ende haben wird. Die Hölle ist ein realer Ort. Der Himmel aber auch. Wir haben die Wahl. Entscheiden kann man sich aber nur hier! „Himmel und Erde sind meine Zeugen, dass ich euch heute vor die Wahl gestellt habe zwischen Leben und Tod, zwischen Segen und Fluch. Wählt das Leben, damit ihr und eure Kinder nicht umkommt! Liebt den Herrn, euren Gott, und hört auf ihn! Haltet ihm die Treue! Dann werdet ihr am Leben bleiben…“ 5.Mose30,18

Peter Krämer / 19.10.2021

Ich brauche keine Urnen von den leeren Hosen und die Musik erst recht nicht.

Carsten Fischer / 19.10.2021

Tja, die Herren Staatspunker-Millionäre… in den 80ern war ich mal dabei wie Campino und Bela B. sich im Tempodrom-Backstage in Berlin gegenseitig “Teenieverarschung” vorwarfen. Die Teeniefans sind inzwischen über fuffzig, verarschen lassen sie sich immer noch.

Reinhard Schilde / 19.10.2021

Die Typen sind so tot wie ihr Bandname. Da passt die Urne schon irgendwie. Eine vollkommen überschätzte Schrappelkapelle, deren gebrüllte Lieder man nur im Vollrausch ertragen kann. Nach dem Erfolg der Urne kommt sicher noch der streng limitierte, voll kompostierbare, CO2-neutrale Sarg. Auch dafür werden sich Käufer finden. Merchandising von Idioten für Idioten.

Claudius Pappe / 19.10.2021

Ein Totenhemd mit der Göttlichen ( nicht Greta….....Garbo )........................................... mir wird speiübel….......................Na , dann weiß man wenigstens wer Schuld daran war…....

Ludwig Luhmann / 19.10.2021

Hatte diesen Typen in den 80ern kennengelernt. Agressive A-Löcher, die einen stark betrunkenen Clochard nach ihrem miesen Konzert am Hintereingang des Konzertsaales brutal zusammengetreten hatten.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Thomas Rietzschel / 17.06.2023 / 15:00 / 12

Kaube weiß, was Habeck mit Börne verbindet

Vor einer Woche wurde der Börne-Preis für Essays, Kritik und Reportage an Wirtschaftsminister Robert Habeck verliehen, in der Frankfurter Paulskirche. Man muss schon eine Weile…/ mehr

Thomas Rietzschel / 22.03.2023 / 16:00 / 24

Der beleidigte Lauterbach

Karl Lauterbach, Gesundheitsminister im Kabinett von Olaf Scholz, hat viel an Ansehen verloren. Aber er vertraut sich selbst noch immer, wie einst der nackte Kaiser,…/ mehr

Thomas Rietzschel / 13.03.2023 / 11:00 / 17

Pazifistische Kriegsführung mit Erfolgsgarantie

Dass unsere Panzer eher zufällig als zuverlässig anspringen, dass sie kaum Munition haben, die sie verschießen könnten – alles nicht so schlimm, lässt sich der Feind…/ mehr

Thomas Rietzschel / 23.01.2023 / 16:00 / 56

Sag mir, wo die Panzer sind, wo sind sie geblieben?

Erinnern Sie sich an Peter Struck, den letzten Bundesminister für Verteidigung, der – mit Verlaub – noch einen Arsch in der Hose hatte? Weil er die…/ mehr

Thomas Rietzschel / 20.12.2022 / 12:00 / 52

Wann kommt die Fahrrad-Steuer?

Warum müssen die Halter von Kraftfahrzeugen KfZ-Steuer zahlen, indes die Radler das öffentliche Straßennetz unentgeltlich nutzen dürfen, es mehr und mehr für sich beanspruchen, zunehmend…/ mehr

Thomas Rietzschel / 23.11.2022 / 16:00 / 24

Im neuen marxistischen Kapitalismus

Möchte der Staat die Bedeutung der Arbeit mit der Höhe seiner Sozialleistungen ausstechen, um den freien Bürger zum betreuten Mündel herabzusetzen? Mit der „wohltätigen“ Diskreditierung…/ mehr

Thomas Rietzschel / 04.11.2022 / 14:30 / 67

Lauterbach im Taumel der Macht

Was er seit seiner Berufung zum Minister veranlasst und ausgeführt hat, ist nicht mehr als die tolldreiste Posse eines Narren, der im Wahn seiner Macht…/ mehr

Thomas Rietzschel / 28.09.2022 / 16:00 / 43

Mehr Licht!

Nach der Umweltverschmutzung im Allgemeinen und der Luftverschmutzung im Besonderen haben sich die Klimabewegten von Thunberg und Neubauer bis zu den Geistesgestörten, die sich auf Autobahnen…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com