Ramin Peymani, Gastautor / 04.05.2022 / 06:15 / Foto: Lesekreis / 61 / Seite ausdrucken

Warum Boris Becker besser in die Politik gegangen wäre

Boris Becker wird mindestens die nächsten 15 Monate wegen Insolvenzverschleppung im Gefängnis verbringen. In der Politik wäre der deutschen Tennislegende das nicht passiert.

Es war der 7. Juli 1985. Völlig überraschend hatte es ein 17-Jähriger ins Wimbledon-Finale geschafft und gewann das vielleicht bedeutendste Tennisturnier der Welt. Für das deutsche Tennis begann eine neue Zeitrechnung. Wimbledon sollte fortan sein Wohnzimmer sein und er kürte sich dort noch zwei weitere Male zum Sieger. „Ich wäre ein besserer Tennisspieler geworden, wenn ich Wimbledon später gewonnen hätte“, gab Boris Becker immer wieder zu Protokoll. Dabei war seine Profisportlerkarriere mit großen Erfolgen nur so gespickt.

Weitaus weniger gut lief es für den Geschäftsmann Boris Becker. Pleiten, Pech und Pannen, aber auch eine Reihe privater Skandale, begleiteten seine Versuche, sich eine zweite Karriere zu erschließen. Sie gipfelten in einem Prozess vor dem Southwark Crown Court. Nun folgte der Urteilsspruch: Zweieinhalb Jahre Haft wegen mehrerer Insolvenzstraftaten. Es ist eine gewisse Ironie des Schicksals, dass sich der Kreis ausgerechnet in London schließt, der Wahlheimat des einst so unbekümmerten Teenagers aus Leimen. Die deutsche Tennislegende wird mindestens die nächsten 15 Monate im Gefängnis verbringen.

Nach Ansicht der Geschworenen hatte Becker im Rahmen seiner Insolvenz im Jahr 2017 Vermögenswerte verschwiegen und Gelder auf andere Konten übertragen, um sie der Insolvenzmasse zu entziehen. Es wird wohl immer sein Geheimnis bleiben, ob er wirklich nur naiv oder falsch beraten war. Er habe jedenfalls nicht in böswilliger Absicht gehandelt, so sein Verteidiger. Das Gericht sah es anders. Es soll hier jedoch nicht darum gehen, das Urteil zu bewerten. Und Beckers Lebensleistung für das deutsche Tennis wird man immer würdigen müssen, ganz gleich, wie man zu seiner Person steht.

Berufspolitiker werden selten belangt

Machen wir einen Szenenwechsel und wenden wir den Blick auf die führende Politik. Vergesslichkeit, Schlamperei oder gar die Überzeugung, nicht entdeckt zu werden, findet man auch dort. Die Verstöße reichen von Flugmeilenvergehen über die Erschleichung von Sitzungsgeldern bis zur Verheimlichung großer Einkünfte, von erschlichenen Doktortiteln ganz zu schweigen. Dafür werden Berufspolitiker nur selten belangt. Bestenfalls schütten sie öffentlich Asche auf ihr Haupt und treten für eine Weile in hintere Reihen zurück, bis Gras über die Sache gewachsen ist, um dann aus dem scheinbaren Nichts bis in Ministerämter wieder aufzusteigen.

Weitaus ärger ist es dort, wo Steuergelder verschwendet werden, weil man ideologische Rohrkrepierer durchsetzen will oder wider besseres Wissen handelt. Da sind wir schon näher am Fall Becker. Denn wer in der Politik Zugriff auf das Treuhandvermögen der Bürger hat, agiert nicht weniger niederträchtig, wenn er dieses für Zwecke einsetzt, bei denen schon von vornherein kein Nutzen für das Gemeinwohl erkennbar ist. Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler ist Jahr für Jahr prall gefüllt mit erschreckenden Beispielen. Die vor wenigen Tagen erschienene neueste Ausgabe kann kostenlos heruntergeladen werden.

Eine Strafverfolgung müssen Berufspolitiker allerdings nicht fürchten, weil es entsprechende Straftatbestände für sie gar nicht gibt. Politiker sind eben keine Unternehmer. Und genau da liegt das Problem: Ohne eine Haftung analog dem Aktienrecht oder wenigstens den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches werden wir einer Kaste niemals Herr werden, bei der regelmäßig der Eindruck entsteht, dass ihr das Bewusstsein fehlt, als Treuhänder zu agieren. Der Gemeinwohlschaden übersteigt dabei häufig die Dimensionen, die die deutsche Tennislegende nun hinter Gitter gebracht haben.

Sich das Beste aus allen Welten aussuchen

Schon lange plädiere ich für die Politikerhaftung. Gerne wenden die Betroffenen dann ein, dass dies ja gar nicht ginge und dass sich wohl bald niemand mehr fände, der noch in die bezahlten Parlamente oder gar in Regierungsämter strebe. Das ist natürlich kompletter Unfug. Auch das Argument, es fände sich kein Versicherer, der entsprechende Policen zu akzeptablen Konditionen anbiete, ist eine reine Schutzbehauptung. Die Managerhaftpflicht beweist das Gegenteil, die dort zu versichernden Summen stehen denen, um die es in der Politik geht, in wenig nach.

Nein, sie wollen es einfach nicht. Und sie können selbst darüber entscheiden, wie über alles andere auch, was sie betrifft. Berufspolitiker, und dazu zählen nicht zuletzt bezahlte Parlamentarier, dürfen sich das Beste aus allen Welten aussuchen. Geldverschwendung dient zwar nicht der persönlichen Bereicherung, doch wäre eine Strafverfolgung hier nicht minder wichtig. Das Mittel zur Aufhebung der Immunität wird aber fast nur dort genutzt, wo man unliebsame politische Gegner loswerden will. So ist die Strafverfolgung von Parlamentariern und Amtsträgern zum politischen Stilmittel verkommen. Ansonsten herrscht Solidarität, da hackt die eine Krähe der anderen kein Auge aus.

Boris Becker konnte auf derlei Abschirmung vor dem Rechtsstaat nie hoffen, Solidaritätsbekundungen hin oder her. Vielleicht hätte er nach seiner Tenniskarriere in die Politik gehen sollen. Er säße zwar jetzt vermutlich nicht in London, aber zumindest wohl auch nicht im Gefängnis. Ein kleiner Trost bleibt ihm: Verurteilte Straftäter ergattern sogar Posten in den höchsten politischen Gremien und internationalen Organisationen. Es ist also vielleicht doch noch nicht alles vorbei für den Mann, dessen zweite Karriere nun mit einem Paukenschlag zu Ende ging.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Blog Liberale Warte.

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Torsten Hopp / 04.05.2022

Vergütung für Berufspolitiker verdoppeln und Haftung einführen. Natürlich mit ensprechender Selbstbeteilugung bei Versicherungen. Keine Lobbyarbeit und danach angemessene Zeit keine Arbeit in Großkonzernen zulassen. Dann gebe es weniger Schrott und mehr Qualität und die Kosten wären für den Steuerzahler erheblich geringer. Es gibt schon viele Möglichkeiten etwas zu ändern. Aber wer soll das beschließen? Die Schulabbrecher und Lügner selber?

Werner Arning / 04.05.2022

Ach Boris. Er wurde wahrscheinlich mehr gelebt, als dass er selber gelebt hat. Viele wollten ihren Teil abhaben. Ein kleiner Junge aus Leimen in der großen weiten Welt. Und dann kamen die Berater, die guten Freunde, die Geliebten, das Fernsehen, das Geld, die Berühmtheit. Solange er noch spielte, ging es ihm wahrscheinlich noch ganz gut. Solange er den Schläger in der Hand hielt, konnte er noch eigenverantwortlich, zumindest auf dem Tennisplatz, handeln. Konnte sein Schicksal, zumindest zum Teil, selber bestimmen. Ein As und die Welt konnte schon wieder ganz anders aussehen. Ein gelungener Return und das Blatt konnte sich wenden. Doch nach dem Tennis … Da war er einfach nur der Leimener Junge, der versuchte, sich neu zu erfinden. Doch es waren nur Rollen, die er annahm. Niemals war er wohl er selbst. Und die Welt, sie verlockte, spielte ihm falsche Tatsachen vor, zog ihn mal auf dieses, mal auf jenes Parkett. Man konnte immer noch etwas an ihm verdienen, oder sich in seinem Rampenlicht sonnen. Und Boris machte stets gute Mine zum bösen Spiel. Mach jetzt eine Zäsur, Boris. Ziehe dich zurück. Nutze die Zeit im Knast. Wir haben uns vor sehr langer Zeit mal unterhalten. Du kannst dich nicht erinnern. Du hast damals ein Buch gelesen: „Der Baader-Meinhof-Komplex“. Ich war überrascht, dass du dich für so ein Buch interessierst. Es war ein nettes, kurzes Gespräch und es ging nicht um „Boris Becker“ sondern nur um dich.

Angela Seegers / 04.05.2022

Ist doch eigentlich eine traurige Bilanz, die unsere Demokratie (bei Diktaturen kommt es immer vor) da bietet. Die beste aller Regierungsformen, die uns 16 Jahre vor Augen geführt hat, was für „Könner“ da Unterschlupf finden. Bund der Steuerzahler muss hilflos zusehen. Gerade wird ja der krachlederne Andi aus Amigoland „mia san mia“ noch mal vorgeführt. Ohne Resultat.

Claudius Pappe / 04.05.2022

Sie ( die Politiker ) beschimpfen uns als Nazis und ähnliches und wenn wir uns dann über sie lustig machen, gehen sie zum Staatsanwalt ( soll so ein Fall in Wuppertal geben ) Wenn wir sie mit ” hau ab ” und ” Volksverräter ”  auf Wahlkampfveranstaltungen ( Merz, Söder, Wüst ) empfangen sind sie beleidigt und werfen uns vor, ” wir sollten lieber arbeiten gehen “.

Helmut Ehmer / 04.05.2022

Boris Becker, hoffentlich der nächste Bundespräsident!

Detlef Rogge / 04.05.2022

Beckers Lebensstil beschäftigt allenfalls die Phantasie der Unterklasse und dazu passend Boulevard-Medien und Yellow-Press. Für die mittleren und bürgerlicheren Kreise existieren Sport-Parvenüs, wie Boris Becker, dagegen überhaupt nicht, geschweige, daß sie zum Orientierungsziel würden. Zugespitzt finden sich solche Biographien im Profifußball, der prominente Superkicker nicht selten mit Migrationshintergrund und IQ unterhalb der Nachweißgrenze. Lebensziel: Luxusnutten, Luxusautos, Luxushäuser. Becker ist dagegen ein an sich selbst Gescheiterter, in der Politik wäre er sicher völlig fehl am Platz gewesen.

Olaf Hüffner / 04.05.2022

Für Herrn Becker gilt halt nicht: too big to fail. Herr Becker ist halt weder Kreditinstitut oder Hypothekenfinanzierer für öffentliche Protzprojekte, noch politisch willfährige Organisation, sprich: “Sozialunternehmer”. Vielleicht hätte er eine steuerbegünstigte Stiftung gründen sollen - was sich da alles an “Steueroptimierern” tummelt ...

Ludwig Luhmann / 04.05.2022

Man sollte diesem verlogenen Politikerpack auch eine Ehrlichkeitsklausel aufdrücken: Wer vor der Wahl etwas verspricht, muss sich nach der Wahl daran halten. Und Wahlbetrug sollte hart bestraft werden. Da wir Dodos uns aber daran gewhöhnt haben, von oben getreten zu werden, werden wir nicht nur getreten, sondern auch dafür verachtet, dass wir uns seit Generationen treten lassen. Die Politiker haben keinerlei Repsekt vor uns, weil wir dehostilisierte nützliche Idioten sind!

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