Wallfahrt nach Kiew

Der Hohepriester der deutschen Grünen, Robert Habeck, weiht in der Nähe von Kiew eine Solarenergieanlage. 

Vizekanzler Habeck, in Deutschland von der Industrie als die Verkörperung eines Standortnachteils angesehen, reiste weit – natürlich mit der Bahn –, um in Kiew auf den kommunikativen Pfaden von Ursula von der Leyen zu wandeln. Bilder sind alles, heißt deren Maxime. So wundert es nicht, dass Habeck mit ernster Miene, besorgtem Gesichtsausdruck und Blumen in der Hand zusammen mit der Vizeregierungschefin der Ukraine an einem Mahnmal der Opfer russischer Aggression gedachte. Die Fotografen standen Spalier. Derartige Fotos produzieren das Image eines empathischen Fast-Staatsmanns, der – weil mit seiner Energiepolitik in Deutschland sang- und klanglos gescheitert – nunmehr sein politisches Heil im Ausland sucht. 

Nichts liegt für diesen Apostel des politischen Moralismus näher, als sich in das Land der Märtyrer zu begeben. Dass Habeck den Ukrainern Ratschläge über erneuerbare Energien erteilte, um die Energieversorgung des Landes dezentraler zu gestalten, mutet allerdings grotesk an. Wenn die junge Vizepremierministerin sich auf diesen Kommunikationshandel ihres deutschen Kollegen eingelassen hat, so geschah dies nicht etwa wegen dessen Expertise in der Energiewirtschaft, sondern weil sich die Dame zusammen mit der Mannschaft um Präsident Selensky milliardenschwere Geschenke aus Deutschland erhofft. Die Ersatzteile aus den in Deutschland abgebauten AKWs sollen nunmehr – auf Habecks Geheiß – in die Ukraine geliefert werden. Mit im Tross des moralischen Großaufgebots von Habeck, die deutsche Rüstungsindustrie, allen voran Lenkflugkörperhersteller Diehl, vertreten durch seinen Geschäftsführer Rauch. Kleinere Mittelständler waren ebenfalls mit von der Partie. 

Aus dem antimilitaristischen Saulus ist nun ein Aufrüstungspaulus geworden. Dass man nur mit Waffen Frieden schaffen kann, wenn der Nachbar ein Aggressor ist, stellt keine neue Erkenntnis dar. Indes dämmert sie Habeck erst dann, wenn sich ihm die günstige Gelegenheit bietet, als Moralapostel aufzutreten. 

So steht er wieder einmal auf der Seite des Guten und kann sich für diesen großen Kampf der Unterstützung jener industriellen Kreise versichern, die bis 2022 bei den Grünen verpönt waren. Doch ein moralistischer Karrierist wie Habeck ist anpassungsfähig. Dass die Ukrainer insgeheim über den inkompetentesten Wirtschaftsminister in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland lächeln, stört ihn wenig. „There ist no business like show business.“ Diese Erfahrung gilt auch für die Grünen. Und Habeck ist der rhetorisch begabteste Hauptdarsteller in diesem Moraltheater. 

 

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von http://www.europolis-online.org

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Leserpost

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janblank / 26.04.2024

@Klaus Biskaborn -  mitnichten grotesk. Die “Wirtschaft” ist mittlerweile der größte Subventionsempfänger eines Staates, der ,selbst hochverschuldet, uns alle über “Bürgergeld”“Erziehungsgeld”“Blabla geld” zu Bettlern und Alimentierten machen will. Denn die Hand, die einen füttert beisst man nicht. Dass so ein finanzpolitisches perpetuum mobile aber nicht funktionieren kann, wird man in den Vorstandsetagen auch wissen. Aber auch hier ist einem das Hemd näher als der Rock.  Kleinmütige Halunken werden auf einem Weltmarkt jedoch alsbald aussortiert. Was heißt hier alsbald? Das ist ja schon die Gegenwart! Na egal , Hauptsache es reicht für die Abfindung und das kleine Häuschen in Malibu.

L. Luhmann / 26.04.2024

Der Ukrainekrieg scheint auch ein drolliger zu sein.

janblank / 26.04.2024

Was jeder Psychiater weiß: Die Behandlung narzisstischer Neurosen ist schwierig, dauert lang und ist teuer. Wenn die Symptomträger auf dem “neurotischen Ticket” auch noch zu öffentlichem Ruhm und Einfluß gelangen, nahezu unmöglich. Erst ein völliger Zusammenbruch schafft Raum für neue therapeutische Realitäten. Und der stuhlkreiserfahrene Herr Habeck arbeitet ja bekanntlich mit seiner Partei genau daran. Deutschland ist zu einem Abenteuerspielplatz neurotisch verbohrter Wohlstandskinder verkommen. Aber wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Habeck und die Seinen arbeiten mit Volldampf am Einzigen, was jetzt noch hilft: Totaler Zusammenbruch. Wir schaffen das!

Rudolf Dietze / 26.04.2024

Die Anlage darf er doch nur einweihen, wenn wir sie bezahlt haben, oder?

G. Männl / 26.04.2024

Wer in der Welt will schon im Feld untaugliches Militär-Spielzeug zu utopischen Preisen kaufen. Da geht nur noch Sponsoring über Ukraine Hilfe.

Heiko Stadler / 26.04.2024

Habeck kann gerne bei seinen geliebten Ukrainern bleiben ... aber nein, er braucht ja deutsches Steuergeld.

Knut Wuchtig / 26.04.2024

Es ist wirklich nicht schwer diesen Möchtegern als das zu entlarven was er ist! Mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und vor Langeweile Philosophie studiert. Jetzt durch eine kranke Ideologie an die Macht gespült hat er in seinem Leben nie für irgendetwas arbeiten müssen. Alle diese kranken Ideologen haben keine Ahnung wie Wirtschaft funktioniert und werden den Laden komplett vor die Wand fahren. Ein Großteil der Deutschen engagiert sich wieder mit diesem Mist und wird es hinterher wieder nicht gewesen sein wollen - alles schon mehrfach dagewesen. Das ganze wird irgendwann in einem großen Knall enden, dann muss mal wieder neu aufgebaut werden.

Bernd Fielitz / 26.04.2024

Lohnt sich das denn überhaupt? Höre gelegentlich, daß dort gebombt und zerstört werden soll…? Fakenews?

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