Der Bundesbank fehlen Milliarden

... und wie ein Bilanzausgleich erzielt werden kann, ist unsicher, derweil kümmert sich ihr Präsident Joachim Nagel um den „Kampf gegen rechts“.
 
Die seit 2021 ins Kraut schießenden Preissteigerungen mit einer seit 1948 einmaligen Inflationsdynamik lassen die stabilitätspolitische Bilanz von EZB und Bundesbank nicht im besten Lichte erscheinen. Zwar hat Herr Weidmann stets vor genau diesen Gefahren der angeschwollenen Geldmenge gewarnt. Doch scheint es Präsident Nagel nicht länger nur um die Bekämpfung der Inflation zu gehen. Er hat Höheres im Sinn. Dass die Inflation seit 2021 auch in Deutschland zweistellige Dimensionen erreichte, lag – dies wird auch von der EZB zugegeben – an der falschen Datenprognose der Europäischen Zentralbank, die noch in der zweiten Hälfte 2021 das Inflationsphänomen negierte. 

Inzwischen befindet sich der Inflationstrend aufgrund einer historischen Zinswende auf dem Rückmarsch. Diese geldpolitische Wende zu 4,5 % Leitzinsen, hat allerdings jene Zentralbanken, die, wie Bundesbank und die Niederländische Bank, niedrigverzinsliche Anleihen in Milliardenhöhe erworben hatten, in eine Brédouille gebracht. Denn Niedrigzins oder Nullzinsen aus über 400 Milliarden Anleihen der Bundesrepublik Deutschland stehen hohe Zinszahlungen an die Banken aufgrund ihrer Einlagen bei der Zentralbank gegenüber. Die Verluste des Jahres 2022 wurden im Jahre 2023 nochmal übertroffen. 21,6 Milliarden Verluste heißt das peinliche Ergebnis für die Bundesbank, die eine ausgeglichene Bilanz nur unter Nutzung aller Rücklagen erreichen konnte. Ob und wie ein Bilanzausgleich in den künftigen Jahren erzielt werden kann, ist höchst unsicher. Denn die von Herrn Nagel geführte Notenbank ist blank.

Die Folgen der Anleihenaufkäufe

Dennoch scheint Herr Nagel diesbezüglich nicht beunruhigt zu sein und sich über die politische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland mehr Sorgen zu machen. So wies er in einem Gespräch mit einer Mediengruppe stolz darauf hin, zum ersten Mal bei einer „Anti-Rechts-Demo“ in Frankfurt mitgegangen zu sein. Auch nutzte er seine Apelle – offensichtlich eine Bringschuld als SPD-Mitglied gegenüber dem Kanzler – um auf das Wohlstandsrisiko durch sogenannte rechtspopulistische Parteien hinzuweisen. In einem Punkt überschreitet Nagel das ihm anvertraute Mandat: Er warnt vor einem Austritt aus der EU, insbesondere natürlich einem Austritt aus der Währungsunion, und versteigt sich zu der Behauptung, dass die Währungsunion Pfeiler des Wohlstands in der Bundesrepublik Deutschland sei.
 
Angesichts der von Nagel zu verantwortenden Bilanzzahlen für die Bundesbank in den letzten zwei Jahren ist diese Behauptung mit der Wirklichkeit nicht in Übereinstimmung zu bringen. Im Gegenteil: die Währungsunion hat sich nicht zuletzt aufgrund einer Verlagerung von Anleihen in Höhe von 5 Billionen Euro in die Bilanzen des Eurosystems zu einem Projekt mit nuklearem Risiko entwickelt. Hätte das Eurosystem nicht in diesem Umfang Anleihen aus Italien, Frankreich, Spanien, ganz zu schweigen von Griechenland und Zypern, gekauft, hätten diese Länder sehr viel höhere Zinsen zahlen müssen und wären mit dem Zweifel der Kapitalmärkte an ihrer Rückzahlungsfähigkeit konfrontiert worden. Nun kommt die Quittung nicht nur für die Ertragslage der Bundesbank, sondern auch für das erhebliche Neubewertungsrisiko jener niedrig verzinslichen Anleihen, die die Bundesbank erworben hat und die heute an den Kapitalmärkten mit Abschlägen von 20 % gehandelt werden. Nagel sollte den Mut aufbringen, diesen Sachverhalt zu klären und die Folgen der Anleihenaufkäufe beim Namen zu nennen.
 
Doch Herr Nagel ist kein mutiger Mann. Das sieht man bei jedem seiner öffentlichen Auftritte – mit ängstlichem Blick, sorgenvoll, nahezu schüchtern. Und in Auftritten zusammen mit Frau Lagarde benimmt sich der Chef der wichtigsten Europäischen Notenbank, als sei er ihr Sekretär. Nun hat sich Nagel auch noch den Erwartungen der Ampelkoalition im „Kampf gegen rechts“ unterworfen. Vielleicht meldet er sich bei Innenministerin Faeser, um für seine Beiträge in diesem Kampf aus dem Demokratieförderungsgesetz ein paar Millionen Zuschüsse zu erhalten. Die Löcher der Bundesbank wird er damit nicht füllen und die Fehler seiner eigenen Politik vermag er nicht zu vertuschen.

 

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von http://www.europolis-online.org

Foto: Montage Achgut.com/Imago/ Dontworry CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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W. Renner / 03.04.2024

Der Erfinder der Guldenmark aus der Parallelwelt. Wie rechnet man fehlende Milliarden heute eigentlich in Guldenmark, Nordeuro und Neudrachmen um? Gibts dafür noch keinen Experten beim Zwangsfunk? Als habilitierter Thälmann Pionier, nennt man das heute wohl einfach Sondervermögen.

A. Ostrovsky / 03.04.2024

@armin wacker : >>Ich Frage Mal nur so, was machen die Target2 Salden?<< ## Wenn sie nicht mehr da sind, sind sie weg. Oder woanders.

armin wacker / 03.04.2024

Ich Frage Mal nur so, was machen die Target2 Salden?

Silas Loy / 03.04.2024

Nachdem selbst ein Weidmann das Weite gesucht hat, ist eben die Bühne frei sogar für Leute wie Nagel. Wer noch Pöhl und Schlesinger gekannt hat, wendet sich mit Grauen ab. Die Bundesbank ist nur noch ein Schatten ihrer einstigen Kraft zur Sicherung der Geldwertstabilität und damit unserers Wohlstands, die Bundesrepublik ein hilfloser Teil der Neuen Lateinischen Münzunion, der immer weiter hinein- und heruntergezogen wird. “Alles für Europa!” (frei nach B. Höcke)

L. Luhmann / 03.04.2024

Ich bin mal gespannt, wie die es schaffen werden, uns trotzdem glücklich zu machen.

Günter H. Probst / 03.04.2024

Die frühere Bundesbank war von politischen Weisungen weitgehend unabhängig und einer Geldwerthaltigen Währungspolitik verpflichtet. Das war den Linken in D immer schon ein Dorn im Auge, weil sie die Geldpolitik nicht für soziale Wohltaten nutzen konnte. So konnte die Bundebank aber meist Gewinne an den Bundeshaushalt überweisen. Die Filiale Bundesbank der EZB ist politischen Weisungen unterworfen und betreibt Weichwährungspolitik. Nun macht sie selbst Schulden, durch unüberlegte, aber politisch opportune, Anleihen der 0-Zins-Politik-Phase der EZB, in der die Geldmenge ohne wirtschaftlichen Grund, unermeßlich ausgedehnt wurde. Die Geldmengenausdehnung und 0-Zins-Politik der EZB führte zu einem Geldwertverlust und zu einer Teilvernichtung der Sparguthaben. Und beschert uns jetzt die Teuerung. Angesichts dieser Wohlstandsvernichtung sind die Schulden der Bundesbank nur ein kleiner Klacks. Für Notenbanken von Weichwährungen, die politischen Weisungen unterliegen, wie in Frankreich und Italien üblich, braucht man keine selbstbewußten Fachleute. Es reichen Dienende.

Helmut Driesel / 03.04.2024

  Die Bilanzen von Zentralbanken gehören wahrscheinlich zu den nebensächlichsten Sachen der Welt. Aber wenn es dann nur noch digitales Geld gibt, dann können die Währungen ja gewechselt werden wie die Hemden. Währungsunion und Währungsreform, alles nur ein Mausklick. Wenn 1 Bitcoin gerade einen Tesla kostet oder umgekehrt, ließe sich damit auch eine neue gedeckte Währung schöpfen. Neues Geld, neues Glück!

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