Erik Lommatzsch, Gastautor / 18.08.2021 / 12:00 / Foto: Pixabay / 55 / Seite ausdrucken

Vielfalts-Gouvernante für sächsische Museen gesucht

Eigentlich ist es ja sogar verständlich. Weltberühmtheit ist das eine, aber jahrelang tagein, tagaus den alten Kram zu betreuen und zu erläutern, wird irgendwann ziemlich öde. Da muss ein bisschen Pepp rein. Der veröffentlichte Meinungswind ist günstig, man kann sich zugleich oder gar vor allem an der Gutwerdung der Menschheit beteiligen und muss nicht einmal sammeln gehen, die Mittel fließen steuertopfgeneriert herein.

So sind die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – 15 Museen gehören dazu – schon mitten im Vergnügen der zeitgeistigen Neubenennung der ihnen anvertrauten Objekte (siehe beispielsweise hier). Etwas wenig revolutionär erscheint dagegen noch die Selbstpräsentation:

Im gesamten Museumsverbund arbeiten neben Wissenschaftler*innen, Restaurator*innen, Museolog*innen, Depotverwalter*innen, Bibliothekar*innen, Museumspädagog*innen auch Verwaltungsangestellte, gewerbliche Arbeitnehmer*innen und viele Mitarbeiter*innen.

Der Stern ist zwar schon nicht schlecht und man kann beim lauten Vorlesen auch so schön würgen oder fix nachschlagen, ob es die Bezeichnung Museolog inzwischen tatsächlich gibt, für den Fall, dass ein Mann Inhaber der Stelle ist – aber großes Kino sieht anders aus. Ein wenig langweilig erscheint auch, dass der gesellschaftlich Zurückgebliebene sich unter den genannten Berufen etwas vorstellen kann und diese Aufzählung wohl auch selber in ähnlicher Form zustande gebracht hätte, wäre er gefragt worden, wer denn üblicherweise so alles in einem Museum arbeitet. (Gut, der Zurückgebliebene hätte ohne Stern gesprochen und möglicherweise in seiner dämlichen Tapsigkeit das Wort „Museumsführer“ verwendet, aber so ist er nun mal.)

Höchste Zeit also, dieses langweilige Personaltableau zu erweitern. Etwa um die Stelle Kurator für Diversität (m/w/d 100%). Bis zum 20. August ist noch eine Bewerbung möglich, Eile ist also angesagt. Leider ist die Stelle nur befristet, aber hierfür wird sich eine Lösung finden. Arbeiten soll der Kurator in der Abteilung für Outreach und Gesellschaft (OuG) mit Schwerpunkt Diversitätsmanagement im Rahmen des Förderantrages „Museen als Orte der Demokratiebildung“. Den Begriff Outreach sollte man in sein Vokabular aufnehmen, der scheint wichtig zu werden.

Falschwähler ins Museum

Aus der Stellenausschreibung ist zu erfahren:

Das mehrjährige Projekt „Museen als Orte der Demokratiebildung“ wird über eine Laufzeit von fünf Jahren durch die Beauftragte des Bundesministeriums für Kultur und Medien (BKM) gefördert. Es soll ein Modellprojekt zur Prävention von Rechtsextremismus für den Wirkungsraum Sachsen entwickelt werden. Einer der Schwerpunkte liegt auf der ländlichen Region, insbesondere auf Orten, an denen eine mangelnde kulturelle Infrastruktur kaum Diskussionsmöglichkeiten zu gesellschaftlichen Themen erlaubt. Über Outreach- und Inreach-Programme soll mit den Partner*innen vor Ort die kulturelle Teilhabe gesteigert und für Antirassismus sensibilisiert werden. Ziel ist weiterhin die langfristige Zusammenarbeit mit Akteur*innen der politischen Bildung, Interessenverbänden von Menschen mit Migrationshintergrund, wissenschaftlichen Communities und Vertreter*innen der Landespolitik. Das Museum soll als Ort der Demokratiebildung nach innen wie außen gestärkt werden.

Gut so. Rechten sächsischen Dumpfbacken, Spaziergängern und/oder Falschwählern muss das Museum näher gebracht werden. Aber betreut, nicht dass die noch denken, die finden dort die gute alte Zeit. Über den Begriff Demokratie herrschen ja gerade in Sachsen noch immer gefährliche Missverständnisse. Umso besser, wenn das staatlicherseits geklärt wird, und die Dresdner Kunstsammlungen als Um- oder Königsweg zur wahren Demokratiebildung sind sicher ein hervorragender Ansatzpunkt.

Zu den Aufgaben des neu einzustellenden Kurators gehört, wenig überraschend, die Konzeption von Strategien zur Diversitätssteigerung im Museum (Programm, Personal, Publikum, Kooperationspartner*innen). Gewünscht werden unter anderem sehr gute Kenntnisse der aktuellen musealen und gesellschaftswissenschaftlichen Diskurse, insbesondere Diversitätsdiskurse sowie fundiertes Wissen über die Ansprache von einem diversen Publikum (die diverse Grammatik findet sich in dieser Form in der Ausschreibung) und Bewusstsein für diskriminierungssensible Sprache.

Bewerben kann sich fast jeder, vielleicht abgesehen von Abgehängten aus sächsischen Orten, an denen eine mangelnde kulturelle Infrastruktur kaum Diskussionsmöglichkeiten zu gesellschaftlichen Themen erlaubt. Dort muss ja erst demokratiegebildet werden. Ansonsten freuen sich die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auf Interessenten, unabhängig von Geschlechtsidentität, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung. Weiter heißt es: In unserem Projekt ist uns Diversität wichtig. Wir ermutigen deshalb insbesondere Migrant*innen, BIPoC (Black, Indigene, People of Color), Rom*nja und Sinti*zze zu einer Bewerbung.

Man sollte überlegen, ob hier wirklich schon alles abgedeckt ist. Da geht doch sicher noch was.

Foto: Pixabay

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Frank Mora / 18.08.2021

Laut stabilen Umfragen kann sich die CDU bei der bevorstehenden Bundestagswahl in Sachsen auf die Silbermedaille freuen. Nach dem Rauswurf von Thielemann bei der Staatskapelle, verkündet von der Kukturstaatsministerin, die früher Sozialministerin war. Qualität eben, allumfassend. Da war o.g. Text noch kein Allgemeingut. Sowas kommt von sowas. Gerade im stockkkkonservativen Dresden.

Ines Schumann / 18.08.2021

Man sollte sich doch einfach als Mensch bewerben können, egal welchen Geschlechts oder welcher Hautfarbe - eine entsprechende Qualifizierung für den Job sollte in erster Linie die Voraussetzung sein und bei der Einstellung beachtet werden. Was für ein Mumpitz hier betrieben wird!

Andreas Müller / 18.08.2021

Hier werden Sprengstoffattentäter*innen ausgegrenzt. Wir Frau Käßmann (oder heißt sie inzwischen Käßdivers ?) schon vor Jahren sagte, muß man denen mit Liebe begegnen. Wenn man sie nicht einstellt, begehen sie vielleicht ein Attentat. Scheint ziemlich rückständig zu sein, dieses Sachsen.

Markus Kranz / 18.08.2021

Sind jetzt Sachsen indigene Ureinwohner & damit zur Bewerbung extra aufgefordert? Oder fallen sie wegen der prolematisch melaninfreien Hautfarbe aus dieser positiven Diskriminierung von Ureinwohnern raus & sind Feindbild des typisch rassistischen Weltbildes durchschnittlicher Linker?

Joachim Krone / 18.08.2021

Erstmal sind die “Indigenen” in “BIPoC” ja die Sachsen selbst, zweitens muss es (wegen “der Ort”) auch Ort*innen heissen.

K. Manhart / 18.08.2021

Der Beitrag war doch jetzt bestimmt Satire? So viel Dummheit kann es doch gar nicht geben.  Ich glaube langsam ein paar Taliban könnten diesem Land ganz gut tun, dann hätten wir mal echte Probleme.

Dr. Gerhard Maus / 18.08.2021

Kann es sein, dass wir in Deutschland ein “Luxusproblem” haben? In vielen Teilen der Welt kämpfen die Menschen um ihr Überleben, und wir beschäftigen (gutbezahlte, wie ich vermute ...) Person*innen (?), die sich mit einen total überflüssigen Quatsch beschäftigen (dürfen).

Oliver Wilkening / 18.08.2021

Warum schreiben wir nicht alle eine Bewerbung an jobs@skd.museum? Die würden sich freuen. Meine ist eben rausgegangen. Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr geehrte Diverse! Ich will mich gar nicht lange mit fachlichen Vorreden aufhalten, sondern gleich in medias res gehen: Ich bin perfekt für die Stelle geeignet. Ich habe keine Ahnung, bin aber nur 136 cm gross (Mikrosomie), struktureller Analphabet, leide unter Farbenblindheit und bin immer noch schwer traumatisiert, da ich noch bis in die Pubertät beim sogenannten “Zwerge/innenwerfen” missbraucht wurde. Lassen Sie sich durch meinen deutschen Namen nicht täuschen, der ist angenommen. Ich bin zu 25% Sinti/Roma, zu 25% afroamerikanisch, zu 25% afghanisch und zu 25% ein Idiot. Ausserdem leide ich unter Epilepsie. Geschlechtlich betrachte ich mich primär als Einhorn, bin aber auch allen anderen 63 Geschlechtern zugeneigt. Die 100 % - von was auch immer - erfülle ich perfekt. Ich trage nie braune Kleidung und versuche immer links an der Ampel stehen. Selbstverständlich bin ich Antifa-Sympathisant und Antirassist. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass ich allergisch auf Darstellungen von historischen Machtsymbolen bin, weil ich diese als reaktionär und faschistoid empfinde. Ich habe mich u. a. noch nie als indigener Bewohner Amerikas verkleidet oder als “kölsche Jeck”, weil ich das als diskriminierende Kulturaneignung empfinde. Meine Lebenswandel ist nachhaltig, linksökologisch alternativ, CO2-neutral. Natürlich bin ich komplett geimpft und kann dies auch belegen (inkl. Feuerländische Pinguingrippe und Zwergpinscherstaupe). Eine perfektere Besetzung kann es gar nicht geben. Mit freundlich-divers-multikulturellen Grüssen

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