Henryk M. Broder / 01.05.2022 / 12:00 / Foto: Fabian Nicolay / 88 / Seite ausdrucken

Schröder macht den Putin

Ein Interview, das Gerhard Schröder der New York Times gegeben hat, brachte den Ex-Kanzler der Bundesrepublik über Nacht zurück in die mediale Öffentlichkeit. Obwohl er nichts wirklich Neues oder Weltbewegendes gesagt hat. Als Leitender Angestellter der Firmen Gazprom und Rosneft und Lobbyist für das vorläufig auf Eis gelegte Nord-Stream-2-Projekt ist es seine Aufgabe, Putins Politik positiv darzustellen.

Was angesichts des Infernos, das die russische Armee derzeit in der Ukraine veranstaltet, nicht einfach ist. Er habe, sagte der Ex-Politiker der NYT, „immer deutsche Interessen vertreten“, er denke, „dieser Krieg war ein Fehler“, das habe er „auch immer gesagt“. Er wisse, „dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden, aber das ist nicht so leicht“, es gebe da „ein paar Punkte, die geklärt werden müssen“.

Um welche „Punkte“ es sich handelt, behielt Schröder für sich. Laut Putin soll die Ukraine entnazifiziert und demilitarisiert werden. Und diese „Sonderoperation“, so gab der russische Präsident vor kurzem in einer Videokonferenz bekannt, werde „bis zum Ende durchgeführt“, d.h. bis die Ukraine vollständig entnazifiziert und demilitarisiert wurde. Nicht einen Tag eher.

Schon möglich, dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden, aber eben nach seinen Bedingungen. Dass es leichter ist, einen Krieg anzufangen, als zu beenden, das weiß jeder Gefreite. Deswegen hat sich auch der als „Blitzkrieg“ konzipierte Zweite Weltkrieg ein wenig in die Länge gezogen. 

Zum Massaker von Butscha fand Schröder ebenfalls die passenden Worte. Er glaube nicht, dass Putin den Befehl zu der Aktion gegeben habe, das müssen „niedrigere Stellen“ gewesen sein. Eine Lageeinschätzung, die daran erinnert, dass auch der „Führerbefehl“ zur „Endlösung der Judenfrage“ bis heute nicht gefunden wurde. 

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Leopold Hrdlitschka / 01.05.2022

Na Herr Broder, was muss der oder dieser, bzw. DER RUSSE tun, damit der Russe auch für Sie “tragbar” ist? Klar, DER RUSSE muss natürlich die Bodenschätze abliefern, welche ihm ja gar nicht gehören. Eher schon steht das russische Erdgas z.B. amerikanischen Energiekonzernen zu. Wie man Länder richtig in “Ordnung bringen” kann, hat ja unsere Vormundsmacht 2011 in Libyen bewiesen, wo es seit dem besten Gesundheitssystem ganz Afrikas nun wieder volkstümliche Sklavenmärkte gibt. Man sieht: Fortschritt ist möglich, wenn nur die Fachleute der ältesten Demokratie der Welt die Sache beherzt in die Hand nehmen.

Florian Bode / 01.05.2022

Gaz-Gerd ist bald achzig. Da dürfte sein Gefühl „Im Grunde habe ich alles richtig gemacht“ schon stark ausgeprägt sein. Wenn Kritik, dann an denen, die im folgten.

Dirk Jungnickel / 01.05.2022

Schröder, der Brieftaschenpolitiker,  konnte sein Proleten - Image nie verbergen und schon gar nicht ablegen. Wenn man allerdings mit beiden Nachfolgern vergleicht,  kann man durchaus mit gutem Willen ein paar kleine Vorteile herausfischen. Im Nachhinein hat Merkel wohl mit ihrer Verhinderung des NATO - Beitritts der Ukraine schlimme Weichen gestellt, und der jetzige K - Darsteller, auf seinem morschen SPD - Ast hockend, dürfte sich als Marxist und Nachrüstungsgegner auch heute noch mit Krenz gut verstehen sowie noch manchen Koffer im Kreml deponiert haben.

Klaus Keller / 01.05.2022

Deswegen hat sich auch der als „Blitzkrieg“ konzipierte Zweite Weltkrieg ein wenig in die Länge gezogen… Auch dieser Krieg wurde nicht als Blitzkrieg geplant. vgl Blitzkrieg-Legende von Karl-Heinz Frieser. Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. - Das die Lieferung von Waffen an die Ukraine diesen Krieg verkürzt oder die Folgen für die Zivilbevölkerung mindert glauben vermutlich nur ..... Suchen sie sich einen Begriff der zu ihrer Stimmung passt. - Und diesen Sachverhalt halte ich für wichtiger als die Frage ob Herr Schröder eher im deutschen, im russischen oder im eigenen Interesse handelt. Ggf profitieren mehrere davon auch wenn es in Kriegszeiten in der direkten Nachbarschaft unschön ist. vgl ggf auch Gastransport durch die Ukraine der noch nicht unterbunden wurde.

Karsten Dörre / 01.05.2022

Die “Kultur” im Miteinander in Deutschland geht in eine düstere Zukunft. Die Zivilbevölkerung in einem zunehmend totalitaristisch geführten Land verantwortlich zu machen wäre so, als ob man nachträglich die ostdeutsche Bevölkerung für 40 Jahre DDR-Diktatur oder das deutsche Volk für 1933-1945 verantwortlich mache. Ich erwarte nicht von meinem Arbeitgeber, dass er sich täglich zu politischen Themen öffentlich positioniert. Schröder ist zu nichts verpflichtet, auch nicht wen zu Munde zu reden. Als Deutscher brauche ich Schröders Für oder Gegen-Statement nicht. Ich kann mir allein eine Meinung zum russischen Überfall auf die Ukraine machen. Herr Broder, passen Sie auf, dass Sie nicht die Rhetorik von Schuld und Bußetun der besonders wertvoll guten und unfehlbaren Deutschen übernehmen.

S. Andersson / 01.05.2022

Oha…. was soll mir dieser Text sagen?? Ich denke das absolut jeder der einen Krieg als OK ansieht oder Waffen liefert sich schuldig macht. Krieg nutzt nur denen die daran inkl der Kinder von denen nicht aktiv teil nehmen. Nichts ausser „legalisiertem“ Mord!

J.Pomer / 01.05.2022

Sehr geehrter Herr Broder, es fällt inzwischen sogar einem Blinden auf, dass Sie ganz eindeutig, ja 100%ig, die Position in diesem Konflikt, bezogen haben und es in jedem Artikel auch zum Ausdruck bringen. Auch Ihre, bisherige Einschätzung der Außenministerin, ist jetzt in Ihrer Einschätzung gestiegen, weshalb auch immer. Warum nicht. Was mir allerdings ebenfalls auffällt, dass auch sonst, die gesamte ACHSE, das Thema scheut. Fällt das nur mir auf? Habe ich etwas übersehen?

Wilfried Cremer / 01.05.2022

Lieber Herr Broder, so leid es mir auch tut, das „Stabat Mater“ ist ein Teil der Wirklichkeit des Lebens und nimmt grundsätzlicher Befürwortung von Nothilfe und Notwehr nichts.

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