Ulrike Stockmann / 31.05.2023 / 14:00 / Foto: Fabian Nicolay / 23 / Seite ausdrucken

Razzien bei Klima-Aktivisten: Ja, bitte!

Die Razzien bei Vertretern der Letzten Generation haben eine Debatte ausgelöst. Handelt es sich dabei um eine legitime Maßnahme oder staatliche Schikane? Bei Achgut lesen Sie dazu unterschiedliche Meinungen zweier Achgut-Autoren – Ulrike Stockmann ist dafür.

Ich muss sagen, dass ich staatliche Gewalt ablehne, solange sie nicht absolut nötig ist. Als in der Coronazeit friedliche Demonstranten mit Wasserwerfern traktiert und exponierte Kritiker durch staatliche Repressionen schikaniert wurden, war ich regelmäßig fassungslos. Sei es die Anwältin Beate Bahner, gegen die wegen ihrer frühen Verfassungsklage gegen den Covid-19-Notstand der Staatsschutz ermittelte; der kritische Arzt und Publizist Paul Brandenburg, der wegen einer haltlosen Denunziation eine Hausdurchsuchung kassierte; die Präparatorin Samiha Youha, die wegen eines kritischen Videos gegen die Corona-Maßnahmen Polizeibesuch bekam oder der „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg, der wegen angeblicher Steuerhinterziehung unverhältnismäßig lange in U-Haft saß. Alle diese Beispiele sprechen für eine willkürlich anmutende Staatsmacht, die sich gegen Kritiker richtet, die sich keiner kriminellen Handlung schuldig gemacht haben.

Letzte Woche gab es im Auftrag des bayrischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft München bundesweite Razzien gegen die sogenannten „Klima-Kleber“ der Letzten Generation. Wohnungen und Geschäftsräume von Klima-Aktivisten wurden durchsucht, außerdem „zwei Beschlüsse zur Kontobeschlagnahmung und ein Vermögensarrest zur Sicherung von Vermögenswerten vollstreckt“. Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren. Ihnen wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Auch die Wohnung der Aktivistin Carla Hinrichs wurde durchsucht. Die 26-jährige Pressesprecherin der Bewegung berichtete in einem Video über die für sie traumatische Erfahrung: „Plötzlich wacht man auf, weil gegen deine Tür gedonnert wird. Man wacht auf, weil ‚Polizei‘ geschrien wird und plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Waffe vor deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich.“

Mir ist klar, dass eine Hausdurchsuchung ein furchtbares Erlebnis ist, und wem würde wohl nicht das Herz in die Hose rutschen, wenn er wie oben beschrieben aus dem Schlaf gerissen würde? Aber was haben die Extremisten der Letzten Generation denn erwartet? Seit Monaten terrorisieren sie das Land und nötigen unaufhörlich Verkehrsteilnehmer, mit teilweise verheerenden Folgen. Vor allem machen sie sich regelmäßig strafbar.

Immer wieder geraten sie durch die Behinderung von Rettungswagen in die Schlagzeilen, allein in Berlin sind bislang 104 Einsätze der Feuerwehr durch die Blockaden beeinträchtigt worden. Von April bis Mitte Mai dieses Jahres sei es zu 76 solcher Fälle gekommen. Die Folgen für die jeweiligen Notfälle wurden bislang nicht statistisch erfasst, es ging jedoch um Patienten in lebensbedrohlichen Lagen sowie um „Gasaustritt, Reanimation, Schlaganfälle, Kopfverletzung und Geburt samt Blutungen“. Wer derart kaltblütig mit dem Leben anderer Menschen spielt und permanent gegen geltendes Recht verstößt, darf sich nicht wundern, wenn gegen ihn ermittelt wird. Und falls erforderlich, eben auch mittels Hausdurchsuchung, um „Gegenstände oder Personen aufzufinden, um die Ermittlungsarbeit voranzutreiben“. Wie gesagt: Selbstverständlich muss es für einen solchen Eingriff einen triftigen Grund geben und darf ein solcher nicht als Einschüchterung missbraucht werden.

„Klimakampf, nicht Klimakuscheln“

Vor wenigen Monaten erhitzten sich die Gemüter am Tod einer Radfahrerin, die im vergangenen Oktober in einen Unfall mit einem Betonmischer geraten war. Ein Einsatzwagen war durch einen von Klima-Extremisten verursachten Stau blockiert worden, die verletzte Frau starb im Krankenhaus. Ein Gericht entschied, dass es sich dabei jedoch um keine fahrlässige Tötung durch die „Klima-Kleber“ gehandelt habe. Von Unrechtsbewusstsein oder Entsetzen war bei den Extremisten ohnehin keine Spur, stattdessen rechtfertigten sie sich. Pressesprecherin Carla Hinrichs äußerte damals gönnerhaft: „Es bestürzt uns, dass heute eine Radfahrerin von einem LKW verletzt wurde. Wir hoffen inständig, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Verspätung nicht verschlimmert hat.“ Die Gruppe könne jedoch nicht ausschließen, dass die Verspätung des Einsatzwagens durch ihre Aktion verursacht wurde.

Die Aktivistin Aimée van Baalen erklärte: „Wir wünschten, eine solche Störung wäre nicht notwendig, um die Regierung in der Klimakrise zum Handeln zu bewegen.“  Die Gruppe würde ihre Proteste jedoch erst beenden, wenn die Bundesregierung handle. Der Aktivist Tatzio Müller postete damals gar auf Twitter: „Scheiße, aber: nicht einschüchtern lassen. Es ist Klimakampf, nicht Klimakuscheln, & shit happens.“ Dass er den Tweet später aufgrund großer Kritik löschte und sich entschuldigte, macht es nicht wirklich besser.

Der parteilose Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg lässt aktuell Verfahren gegen die Klima-Aktivisten prüfen, in Brandenburg laufen bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Derweil betont SPD-Chefin Saskia Esken, dass „auch nicht parlamentarische, aktivistische Bewegungen im demokratischen Gemeinwesen ihren Platz haben“ müssten. Das triffft absolut zu, ist im Falle der kriminellen Letzten Generation jedoch eine glatte Verharmlosung. Ebenso lächerlich erscheint die immer wieder vorgebrachte Warnung vor einer Radikalisierung der Gruppe, wenn man sie kriminalisiere. Im Gegenteil, das größtenteils wohlwollende Echo aus Politik und Medien sorgt vermutlich für wachsendes Oberwasser und eine zunehmende Enthemmung bei den Extremisten. Mitunter erscheint es, als sei ihnen die Tragweite ihrer Taten nicht klar und als würden sie ihren Terror für ein Spiel halten. 

„Erfahrungen, wie sie Hinrichs machte, mussten auch Corona-Maßnahmen-Kritiker machen. Von Empörung der großen Medien gab es damals keine Spur. Es gab auch keine Berichte über Anzeigen gegen die Polizei“, kommentiert Boris Reitschuster oben zitiertes Video zur Hausdurchsuchung. Der berühmte Journalist und Corona-Politik-Kritiker ist wegen staatlicher Repressalien nach Montenegro gezogen. Es wird höchste Zeit, dass polizeiliche Maßnahmen wieder im richtigen Verhältnis eingesetzt werden.

Die gegenteilige Meinung von Thilo Schneider lesen Sie hier.

Foto: Fabian Nicolay

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Matthias Zahn / 31.05.2023

Der Staat muß für die Sicherheit seiner Bürger eintreten, und zwar mit den passenden Mitteln, notfalls unter Anwendung des staatlichen Gewaltmonopols. Dazu habe ich zwei Anmerkungen. (1) Wenn Straftäter durch Blockaden diese Sicherheit gefährden, nicht nur heute, sondern auch in der Zukunft, dann muß der Staat handeln. Mit guten Worten allein kann man den Klima-Klebern nicht beikommen, aber mit dem Durchsuchen von Wohnungen schon. (2) Von Corona-Maßnahmen-Kritikern ging (und geht) keine Gefahr aus, eine sachliche Diskussion zu den Maßnahmen hätte gereicht (und steht immer noch aus).

Silas Loy / 31.05.2023

Den “triftigen Grund” für den Einsatz eines solchen Rollkommandos mit anschliessender Hausdurchsuchung haben Sie leider nicht genannt, sehr geehrter Frau Stockmann. Vielleicht fragen Sie mal die Richter:innen, die so etwas unterschreiben, vielleicht wissen die mehr?

Rudi Hoffmann / 31.05.2023

Wieso werden Normalbürger blockiert und nicht die Fahrzeuge und Fahrbereitschaft der Bundestagsabgeordneten ?

D. Katz / 31.05.2023

Razzien sind Augenwischerei und Wahlkampfgedöns. Würde unmittelbar, noch während Begehung der Straftat, auf den Straßen so entschieden durchgegriffen, wie man es bei friedlichen Demonstranten praktizierte, die sich gegen die diktatorischen Maßnahmen der Regierenden positionierten, wäre das hundertfach wirksamer als ein paar Besuche in den Terrornestern. Festnehmen, umgehend aburteilen und bei Wiederholung ohne Trara für einige Zeit wegsperren.

Wolfgang Fischer / 31.05.2023

Die Grundüberlegung scheint auf dem Glauben an einen funktionierenden Rechtsstaat zu beruhen. Den haben wir aber schon seit Merkels Amtsantritt nicht mehr. Glaubt hier irgendwer, mit Razzien lasse sich die Primarkbelumpte, zu nichts zu gebrauchende Rasselbande im Zaum halten? Lasst sie das Land blockieren, lasst den Habeck die Wirtschaft entkernen, die Bärböckige Passe verteilen und lasst die Strack Ballermann Waffen verticken. Der Feind meines Feindes ist immerhin mein Freund!

R. H. van Thiel / 31.05.2023

Es mutet seltsam an, daß plötzlich eine Razzia stattfindet, nachdem man die Klimaklebeverkehrsbehinderspinner monatelang (!) hat gewähren lassen. Wenn einer auf der Straße klebt und mindestens Nötigung begeht, indirekt das Leben anderer Bürger gefährdet, warum kamen denn da nicht die Wasserwerfer zum Einsatz? Vor Monaten hieß das doch auch nur “beregnen”.

bert bessler / 31.05.2023

Wer ständig nach mehr Polizei schreit, wacht im Polizeistaat auf, und da sind wir längst, und befinden uns auch schon lange auf dem Weg in den totalen Präventionsstaat, der alles durchsetzt und jede Zuwiderhandlung unmöglich macht, was natürlich gleichbedeutend damit ist, jede Freiheit abzuschaffen. Hinzu kommt noch ein endlos wachsender Sozialstaat, der damit argumentiert, dass es doch besser wäre, mit endlosen Sozialprogrammen jede mögliche Fehlentwicklung zu unterbingen, weil das ja angeblich Steuern spart und Kriminalität vermeidet, und somit der Polizei Arbeit abnimmt. Also müsste eigentlich die Polizei abgebaut und deren Privilegien reduziert werden. Wird sie aber nicht, sondern sie wird immer weiter aufgerüstet. Selbiges gilt auch für die Sozialsparte, wenn wenn die Polizei irgendwelche Kommenichtklars in den Knast befördert, statt in die Klapse, müsten Kapazitäten im sozialen Bereich frei werden, die abgebaut werden können. Aber sie werden nicht abgebaut. Das Ganze ist ein abgekartertes Spiel, das in totalitärem Sozialismus endet, und auch da sind wir bereits weit fortgeschritten. Die Alternative dazu ist, dass man Sozialscheiß und Polizei massiv zurückstutzt, und den Leuten aus dem Weg geht, wenn sie sich selbst helfen, was natürlich bedeutet, dass Klimakleber vor Ort von verärgerten Autofahrern vom Asphalt gerissen und gegebenenfalls verprügelt werden, und denen niemand einen Strick daraus dreht. Aber Ihr wollt natürlich alle Sozialismus hier, wegen muh-rechtstaat (fick ihn)

Andreas Bitz / 31.05.2023

Carla Hinrichs hat - darauf wurde von Polizeiexperten hingewiesen - ihre traumatische Erfahrung vorgetäuscht; sie ist eine Lügnerin. „Plötzlich wacht man auf, weil gegen deine Tür gedonnert wird. Man wacht auf, weil ‚Polizei‘ geschrien wird und plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Waffe vor deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich.“ Sie hat ja selbst die Wohnungstür geöffnet. Und es ist ausgeschlossen, daß ein Polizist mit “schussicherer Waffe” vor ihrem Bett stand. Die angebliche “Razzia” ist nichts als eine Propagandaaktion von Frau Faeser, sie dient der Mobilisierung weiterer Grünextremisten.

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