In Schottland trat ein Gesetz in Kraft, bei dem sich selbst hartgesottene Kulturkämpfer die Augen reiben. Demnach könnten alle Witze, die den Namen auch verdienen, ab sofort strafbar sein. Passend dazu warnt die Polizei vor dem „Hassmonster“ (Foto oben).
In Schottland trat am 1. April ein Gesetz in Kraft, bei dem sich selbst hartgesottene Kulturkämpfer die Augen reiben. Der „Hate Crime and Public Order Act“, zu Deutsch also das „Gesetz über Hasskriminalität und öffentliche Ordnung“, stellt für viele Beobachter einen enormen Einschnitt in die Meinungsfreiheit dar. Unter anderem bei Kritik am Transthema würde hiermit möglich, unliebsame Äußerungen als „Hassrede“ abzustempeln – die bis dato einfach als Meinungsäußerung galten. Im schlimmsten Fall warten auf einen in diesem Sinne Verurteilten bis zu sieben Jahre Haft.
Im Gesetzestext heißt es, es handele sich um „ein Gesetz des schottischen Parlaments, um Bestimmungen über die Verschärfung von Straftaten aufgrund von Vorurteilen zu erlassen; um Bestimmungen über den Straftatbestand der rassistisch motivierten Belästigung zu erlassen; um Bestimmungen über Straftaten im Zusammenhang mit der Aufstachelung zum Hass gegen eine Gruppe von Personen zu erlassen; um den gewohnheitsrechtlichen Straftatbestand der Blasphemie abzuschaffen; und für damit verbundene Zwecke.“
Wie der Guardian schreibt, schafft dieses Gesetz „einen neuen Straftatbestand für ‚bedrohliches oder beleidigendes Verhalten, das darauf abzielt, Hass‘ aus Gründen des Alters, einer Behinderung, der Religion, der sexuellen Ausrichtung, der Transgender-Identität und anderer Geschlechtsmerkmale zu schüren. Diese zusätzlichen Bestimmungen ergänzen die bereits seit 1986 im Vereinigten Königreich geltenden Straftatbestände der Aufstachelung zum Rassenhass“.
„Hassverbrechen“ und die Meinungsfreiheit
Das Gesetz sei bereits 2021 unter der Vorgängerregierung verabschiedet worden, hätte jedoch ungewöhnlich lange gebraucht, um in Kraft zu treten, da „frühere Fassungen einen Aufschrei von Gruppen aus dem religiösen und kreativen Bereich hervorgerufen hatten“. Der Aufschrei blieb auch jetzt nicht aus, als das Gesetz nun unter dem schottischen Ersten Minister Humza Yousaf von der als linksnational geltenden SNP in Kraft trat. Er hatte bereits als damaliger Justizminister laut Guardian dazu beigetragen, den Gesetzentwurf durch das Parlament zu bringen. Nun habe er den schottischen Abgeordneten versichert, dass der Schutz der Opfer von „Hassverbrechen“ und die Meinungsfreiheit in einem ausgewogenen Verhältnis stünden.
Ob dies den Tatsachen entspricht, ist zweifelhaft. Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling postete prompt auf Twitter: „Wenn das, was ich hier geschrieben habe, nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes eine Straftat darstellt, freue ich mich darauf, verhaftet zu werden, wenn ich in die Geburtsstadt der schottischen Aufklärung zurückkehre.“
Damit meinte sie ihre vorherige Auflistung von Transfrauen, die ihren Zugang zu Frauenräumen missbraucht haben – sei es durch die Teilnahme am Frauensport, die Besetzung von Frauenämtern oder gar durch das Begehen von Sexualstraftaten. Nachdem Rowling die „Ladys“ als Damen vorgestellt hatte, postete sie: „Nur Spaß. Offensichtlich handelt es sich bei den in den obigen Tweets erwähnten Personen überhaupt nicht um Frauen, sondern um Männer, und zwar um jeden einzelnen von ihnen.“
Die einst gefeierte Autorin wird bekanntlich seit einiger Zeit wegen ihrer Kritik an der Translobby von Aktivisten und vielen Medien verunglimpft. Rowlings Haupt-„Verbrechen“ besteht vor allem darin, abzustreiten, dass Transfrauen Frauen seien. Rowling warnt auch immer wieder davor, dass etwa Sexualstraftäter „Selbstbestimmungsgesetze“ ausnutzen könnten, um als biologischer Mann in Frauenschutzräume zu gelangen. In ihrem Posting thematisierte sie unter anderem den Fall von Isla Bryson, einem als Adam Graham geborenen Schotten, der während seines Prozesses wegen zweifacher Vergewaltigung mit der Prozedur einer Geschlechtsumwandlung begann – mutmaßlich um bessere Haftbedingungen in einem Frauengefängnis zu erzielen, was ihm fast gelungen wäre. Nach seiner Verurteilung Anfang 2023 sitzt er seine Strafe jedoch in einem schottischen Männerknast ab.
Hemmungen, Grundrechte auszuüben
Es ist erstaunlich, dass neben etablierten Woke-Kritikern wie Rowling auch Medien, die sich bisher als Befürworter der politischen Korrektheit hervortaten, deutliche Worte der Ablehnung für dieses Gesetz finden. Wie etwa Zeit Online: „Nur, wo enden anstößige, spitze und provokative Meinungen, und wo fängt dieses strafbare Hass-Schüren an? Klare Antworten auf diese Fragen bleibt der ‚Hate Crime Act‘ schuldig, und genau deswegen ist er bedenklich“, schreibt dort Jochen Bittner.
Das Gesetz mache außerdem keinen Unterschied, „wenn Meinungen zu Hause geäußert werden, also im klassischen geschützten Bereich. Theoretisch könnten Kinder also ihre Eltern melden wegen solcher 'Hasskriminalität'.“ Desweiteren wirft der Autor der schottischen Regierung vor, den sogenannten „Chilling Effect“ zu nutzen – also den Effekt, dass durch rechtliche Maßnahmen Hemmungen entstehen, Grundrechte auszuüben. Denn einhergehend mit dem Gesetz wurden in Schottland „über 400 Meldestellen für Hasskriminalität eingerichtet, in Einkaufsstraßen, Universitäten, Rathäusern und Cafés“. Meldungen sollen auch anonym erfolgen können. Bittner weist auf eine haarsträubende „Legaldefinition“ von Hasskriminalität der schottischen Polizei hin:
„Jede Straftat, die aus Sicht des Opfers oder irgendeiner anderen Person (ganz oder zum Teil) motiviert ist durch Boshaftigkeit oder Böswilligkeit gegenüber einer sozialen Gruppe.“
Büttner: „Dass die Definitionsmacht darüber, was eine Straftat ist, beim 'Opfer oder jeder anderen Person' liegt, das hat es in Westeuropa mutmaßlich seit den Zeiten der Hexenverbrennungen nicht mehr gegeben.“ Laut einem Memorandum des schottischen Parlaments zum neuen Gesetz müsse eine strafbare Aussage „zudem nicht einmal geäußert werden, damit man sich strafbar macht“. Büttner weiter: „Es reicht, ‚hetzerisches Material‘ zu besitzen, das möglicherweise zur Verbreitung gedacht ist und das ‚wahrscheinlich‘ dazu führen würde, dass Hass geschürt wird. Unter ‚inflammatory material‘ fällt unter anderem alles, was sich elektronisch weiterverbreiten lässt, also Internet-Memes, Fotos oder Videos.“
Laut Spiegel habe zudem der Generalsekretär der Polizeigewerkschaft Scottish Police Federation, David Kennedy, in einem Interview des Radiosenders BBC 4, gewarnt, dass die Beamten nicht ausreichend geschult seien, um die neue Gesetzgebung anzuwenden. Schottlands zuständige Staatssekretärin Siobhian Brown habe außerdem in einem BBC-Interview nicht ausgeschlossen, dass auch das sogenannte Misgendern strafrechtlich verfolgt werden könne. Darunter versteht man beispielsweise, einen Mann, der sich als Frau identifiziert, als Mann anzureden.
Maulkorb für mutmaßlich alle Witze
Der real-politische Unterbau des schottischen Gesetzes erweckt vor diesem Hintergrund ganz und gar nicht den Eindruck, dass es tatsächlich um den Schutz von Opfern von Beleidigung gehe. An diesem Punkt stellt sich auch die Frage, aus welchem Grund bisherige Gesetze gegen Diskriminierung, Beleidigung und ähnliche Verstöße nicht ausreichen sollten. Man fühlt sich unweigerlich an die von deutschen Ampel-Politikern immer wieder bemühten angeblichen Vergehen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ erinnert. Auf diese Weise sollen bestehende Gesetze als unzureichend gebrandmarkt und legale Handlungen kriminalisiert werden (man denke etwa nur an Lisa Paus‘ „Antifeministische Meldestelle“, Achgut berichtete).
Und wie stellt man sich unter einer solchen Gesetzgebung eigentlich Satire vor? Auftritte von Kabarettisten und Komikern? Die Anwendung von Ironie, Sarkasmus und sprachlicher Doppelbödigkeit? Besonders kurios, dass ausgerechnet im für seinen schwarzen Humor berühmten Großbritannien ein derartiger Maulkorb für mutmaßlich alle Witze, die den Namen auch verdienen, durchgewunken wurde. Roger Letsch schrieb hierzu bereits Ende März auf Achgut:
„De facto wäre das die umfassende Totalzensur jeder kulturellen Regung im besten Schottland, was es je irgendwo im weiten, wilden Westen gab. Kein (Komiker wie) Ricky Gervais oder Dave Chappelle könnte auch nur noch einen Fuß auf schottischen Boden setzen und jeder, der ihre Witze erzählt, ihre Memes teilt oder ihre Veranstaltungen besucht, wäre wegen Beihilfe zu Hatespeech dran. Und das auf einer Insel, wo Spott und stilvolle Beleidigung spätestens seit Shakespeare als höchste Kunstform gelten.“
„Ein mutierter Penis, der Schwachsinn erzählt!“
Der britisch-russische Satiriker Konstantin Kisin (auf Achgut bereits vertreten mit beispielsweise dieser fulminanten Rede) richtete vor wenigen Tagen in seinem Podcast „Triggernometry“ folgende Worte an die Adresse des schottischen Ersten Ministers:
„Weil er ein komödiantisches Genie ist, der das Konzept von Ironie nicht versteht, hat Humza beschlossen, dieses wunderbare Gesetz am 1. April zu enthüllen.“
Sein Co-Moderator Francis Foster fuhr fort:
„Damit wir alle dieses neue wichtige Gesetz verstehen, hat er außerdem einen Experten engagiert, der alle Erwachsenen mit an Bord holt.“
Kisin ergänzte:
„Das Hassmonster! Ganz genau, denn wenn ein wichtiges Gesetz eingeführt wird, das die politische Landschaft verändert, will man das doch von einem Geschöpft vermittelt bekommen, das wie ein mutierter Penis aussieht.“
Foster:
„Ein mutierter Penis, der Schwachsinn erzählt! Das Hassmonster hat wirklich schon ein paar Glanzstücke geliefert.“
Kisin:
„Mir gefällt am besten, dass der wütende Penis umso größer und erregter wird, je mehr er Hass ausgesetzt ist.“
Foster:
„Stellen Sie sich vor, er würde diesen Podcast sehen. Er würde wahrscheinlich über den ganzen Bildschirm explodieren.“
Kisin:
„Seien wir ehrlich: Humza würde wahrscheinlich genauso reagieren. Ein Blick auf unsere Folge mit einer genderkritischen Feministin würde ihn wohl unglaublich erregen.“
Foster:
„Sobald er daran denkt, uns dafür einzusperren.“
Wer einen Blick auf das schottische „Hassmonster“ werfen will, möge sich dieses Video auf dem Kanal der schottischen Polizei ansehen. Das merkwürdige Maskottchen ist Teil einer bereits einjährigen Kampagne gegen „Hasskriminalität“. Foster und Kisin haben in ihrer Darstellung nicht übertrieben. Möge der britische Humor gegen das Hassmonster gewinnen!
Ulrike Stockmann, geb. 1991, ist Redakteurin der Achse des Guten. Mehr von ihr finden Sie auf ihrem YouTube-Kanal.