Claudio Casula / 23.07.2022 / 06:00 / Foto: Sandro Halank / 77 / Seite ausdrucken

Patricia und die Neidhammel

Die Luft wird dünner für die RBB-Intendantin und amtierende ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger. Was schreibt sie wohl darüber in ihr Tagebuch?

Liebes Tagebuch,

was für ein Tag! Ich bin fix und fertig. 

Weil Wolf-Dieter und ich nicht zur Sondersitzung des Landtags gegangen sind, haben die sich jetzt alle zusammengetan und mir ein Ultimatum gestellt: Ich soll binnen 14 Tagen doch tatsächlich einen Katalog mit 24 gemeinen Fragen beantworten! Fraktionsübergreifend beschlossen! Die machen sogar gemeinsame Sache mit der AfD! Eine unglaubliche Sauerei.

Vorwürfe ohne Ende, das ist so ungerecht. Und worauf stützen sie die? Auf einen Bericht im Business Insider, diesem Springer-Blatt! Das sagt doch alles. Hier, Frage 15 von wegen Honorarauskünfte: „Hat die Intendantin das Vertragsverhältnis ihres Ehemanns als Vorteil im Sinne des § 331 Abs. 3 StGB gegenüber der zuständigen Stelle des RBB angezeigt und wurde ihr die Annahme des Vorteils genehmigt?“

Mein Gott, der Gerhard hat 25 Jahre mit seinem kargen SPIEGEL-Redakteursgehalt auskommen müssen, und jetzt hat er mal für Beratungsleistungen und eine Autorentätigkeit insgesamt gut 140.000 Euro an Messe-Geldern bekommen. Das ist doch heutzutage kein Geld! Dafür kriegst du gerade mal einen popeligen Aston Martin Vantage.

Ich sag' dir was, das ist 'ne Neiddebatte, nichts weiter. Sie haben ja schon rumgemotzt, als mein Intendantengehalt um schlappe 16 Prozent auf 303.000 Euro per annum erhöht wurde. Dabei verdienen Joe Biden und Olaf Scholz immer noch mehr

„Digitalisierung, Dialog und Diversität“ – schlicht genial!

Kann ich was dafür, dass Wolf-Dieter nicht nur Immobilienunternehmer, sondern auch Aufsichtsrats-Chef der Messe ist? Passt ihnen nur nicht, dass wir mit Wolf-Dieter befreundet sind. Wieder: purer Neid, weil er nicht nur Verwaltungsratschef, sondern auch ein Top-Netzwerker ist, Golf-Turniere veranstaltet und mit Spitzenpolitikern auf Du und Du ist. Und ein Domizil auf Sylt besitzt. Wenn wir ihn da besuchen, dann ist es ja wohl auch in Ordnung, wenn wir selbst mal Leute in unsere Berliner Wohnung einladen. Und, ja: Das sind dann eben Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur, mit denen wir bekannt sind, und nicht Erna Koslowski von nebenan. Jetzt ziehen sie sich daran hoch, dass diese Einladungen privat und nicht dienstlich gewesen sein sollen. 

Als ob man das immer so klar trennen könnte! „Verschwendung von Gebührengeldern“ – hallo?! Der Sender hat halt die Rechnung beim Catering-Service zu begleichen, so arm ist der ja auch nicht. Ich meine, bei einer halben Milliarde werden die ja wohl noch ein paar Häppchen und Menüs stemmen können!

Allein sechs unverschämte Fragen zu den „mit Spesen abgerechneten Treffen in der Privatwohnung der Intendantin.“ Unglaublich! Und dann die Frage, ob ich bereit sei, „die Vorgänge einer freiwilligen Prüfung durch den Landesrechnungshof Brandenburg und/oder den Rechnungshof von Berlin unterziehen zu lassen?“

Die reinste Drohung. Die können einfach nicht damit leben, wenn jemand für Spitzenarbeit auch angemessen bezahlt wird. Ich hab' damals wochenlang 24/7 getüftelt, um das Motto für meine Amtszeit als ARD-Vorsitzende zu erarbeiten. Schlaflose Nächte gehabt. Es musste kurz und knackig sein, gut im Gedächtnis bleiben, viel Aussagekraft besitzen. Aber die Mühen lohnten sich am Ende: „Digitalisierung, Dialog und Diversität“ – schlicht genial, ohne mich jetzt selbst loben zu wollen. Noch dazu alliteriert! Von wegen „Beliebigkeit“.

Die sind doch bloß angefressen, weil wir ein paar dutzend Freie rausschmeißen müssen. Ja was?! Allein letztes Jahr mussten wir 30 Millionen Euro einsparen!

Nur noch Pfennigfuchser unterwegs

Seit die Springer-Presse die Schmutzkampagne losgetreten hat, herrscht Riesenaufregung im Hühnerstall. Von wegen, die Krise sei nicht gut kommuniziert worden. Angeblich meinen selbst Top-Manager, es sei nicht gut, dass der Gerd in einem Bereich beschäftigt worden ist, der von einem Verwaltungsratschef kontrolliert wird, der auch für mich selbst zuständig ist. „Stillos“ und „unprofessionell“.

Unprofessionell?! Ich? Ich glaub', es hackt! Am schlimmsten ist aber das eigene Haus. Fallen mir noch in den Rücken. Man muss sich nur anschauen, wie sie jetzt in Sack und Asche gehen, nur weil das neue Digitale Medienhaus des RBB 100 Millionen oder auch ein bisschen mehr kostet. Also, entweder man will ein repräsentatives Erscheinungsbild oder man zimmert sich eine analoge Bretterbude zusammen. Kann sich ja jeder selbst ausmalen, wie das nach außen ankäme. Nur noch Pfennigfuchser unterwegs.

Okay, ich habe für den Bau drei Berater angeheuert, die auch Geschäftsbeziehungen zu Wolf-Dieter unterhalten, aber da gleich von Vetternwirtschaft oder Filz zu quatschen, das ist doch die reine Vorverurteilung! Und jetzt ziehen sie noch den Schwanz ein, statt sich vor ihre Chefin zu stellen. Wollen alles „mit größtmöglicher Transparenz“ aufklären. Prüfung durch Revision und Compliance-Beauftragte, externe Anwaltskanzlei, bla bla.

Leckt mich doch. Keine Ahnung, wie ich aus dem Schlamassel rauskommen soll. Ich hab‘ Transparenz versprochen, dabei transpiriere ich nur noch wie blöd. Die Neidhammel in Potsdam haben mich auf dem Kieker, und auf die eigenen Leute kannst du dich auch nicht verlassen. Bis 5. August hab‘ ich noch Zeit, dann bin ich geliefert. Ehrlich, manchmal widert mich dieses Land so an. 

 

In eigener Sache:

Seit einigen Tagen ist Achgut.com erneut Verleumdungen und Boykott-Aufrufen aus dem antisemitischen Milieu auf Twitter ausgesetzt. Anonyme Denunzianten, die unser freies Onlinemedium wirtschaftlich vernichten wollen, denunzieren uns bei Unternehmen – verbunden mit dem Aufruf, keine Werbung mehr bei uns zu schalten. Mehr dazu finden Sie im Beitrag: Die „Compliance“ von Antisemiten. Aufgrund vieler Fragen von Achse-Lesern und Twitter-Nutzern, was man ganz praktisch dagegen tun könnte, beschreiben wir hier die Möglichkeit, verleumderische Twitter-Tweets und Nutzer-Profile bei Twitter zu melden: Was Sie gegen Twitter-Denunzianten tun können.

Foto: Sandro Halank CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Caroline Neufert / 23.07.2022

Nett, wenn man sie gestern im Interview gehört hat, merkt man sofort die Lüge ...

Manfred. Löffert / 23.07.2022

Ein wirklich toller, satirischer Beitrag zum Thema.  Verrückt daran ist nur, dass man sich vorstellen kann, dass die gute Frau tatsächlich genau so denkt, wie im Beitrag beschrieben.

A. Ostrovsky / 23.07.2022

Ich erinnere mich an “Ein KKessel Buntes” und habe gar nicht verstande, dass ich davon den Drehwurm bekommen sollte. Wir hatten damals gar nicht so eine Waschmaschine mit großem Bullauge. Und vor allem hätte ich mir niemals vorstellen können, dass es Leute gibt, die während der ganzen Sendezeit vor dem Bullauge sitzen und mit den Augen die Drehbewegung nachverfolgen. Bei diesem Sender kann die Intendantin (seltsam, wir verwenden da wie selbstverständlich eine weibliche Form, obwohl alle Geschlechter gleich sind und es sie schlichtweg gar nicht mehr gibt) gar nicht genug verdienen. Wer hätte denn bezweifelt, dass die Entwicklung genau so verläuft, wenn jede Kontrolle, jeder Anstand, jede Kompetenz und jeder Gerechtigkeitssinn akribisch aus dem Laden herausgedrängt wurde, um nicht als Sand im Getriebe am Ende noch den Endsieg zu verhindern. Das war von der Vorsehung so bestimmt und KONNTE GAR NICHT ANDERS verlaufen. Der ganze Sinn des Senders ist die wirtschaftliche Grundversorgung der Kreuzzugsteilnehmer nach Abschluss der Kämpfe. Gesiegt haben die mit dem roten dreieckigen Wimpel. Und nun erhalten sie eine Grundversorgung nach den Prinzipien der Kommunistischen Gesellschaft: “Jedem nach seinen Bedürfnissen!” Dabei ist das nicht die männliche Form, sondern das Neutrum!

Atticus Finch / 23.07.2022

Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Und nein, ich bin komplett neidfrei, die Frau kann verdienen, soviel sie will, solange das dem Wettbewerb entspricht.

Andreas Mertens / 23.07.2022

Der post-feudale Nepotismus in “unserem” Failed-State, inklusive maßloser Gier bei gleichzeitiger Verachtung für “Die da Unten”,  erreicht täglich neue Höhepunkte. Ganz großes Theater.  Im historischen Kontext aber eher ein Dramolett.  Beim Umgang mit unbotmäßigen Behörden, säumigen Kunden oder schludrigen Angestellten pflegte mein Großvater gelegentlich zu sagen : “Hin und wieder muss mein eines der Schweinchen schlachten, damit der Rest im Stall nicht vergisst, wer das Schweinchen und wer der Bauer ist.” Jetzt halten die meisten Politiker medialen Nassauer “Die da Unten” samt und sonders für tumbe, willfährige Bauern. Sei’s drum. Leider vergessen sie dabei welche Rolle den Schweinchen am Ende zugedacht ist. Ich bitte derohalben höflichst darum mir zu rapportieren sobald sich dieses Drama seinem Ende zuneigt. Ich gedenke dieses Staatstheater vor dem letzten Akt (auf leisen Sohlen) zu verlassen. Ich hege den leisen Verdacht, hinter der Bühne steigt bereits Rauch auf.

Ralf Berzborn / 23.07.2022

Liest sich irgendwie heute alles wie Attacke , auf zum Gegenangriff ,aber bitte nicht gleich das ganze Pulver verschießen   der dumme Michel hat den Knall ,  bis zur nächsten Wahl sowieso schon wieder vergessen . Wenn Hosen runterziehen was bringen soll dann braucht es Reichweite und den richtigen Zeitpunkt ,  zupfen alleine tangiert diese Ausbeuterbande nicht einmal peripher , aber was oben im großen Stil betrieben wird , wird unten im   Kleinen genau so praktiziert , wie der Herr so das Gescher , nimm was du kriegen kannst und gib nichts mehr zurück Umverteilung weckt Begehrlichkeit und Mitnahme , Sozialismus ist eben schei… , leider leben mittlerweile die Meisten zu gut davon . nochmal 800 € negativer Steuersatz und eine kostenlose KV , und wenn der Schwanz mal wieder zu heftig ausschlägt : Generalstreik oder positiv testen lassen . Aber wie heißt es doch so schön : Laßt sie nur jammern und demonstrieren solange sie noch Steuern ,Gebühren , Umlagen , Zuschläge , Beiträge , Abgaben ......... zahlen , kann es uns egal sein ..

Peter Groepper / 23.07.2022

Achgut: Bitte bringen Sie doch regelmäßig, vielleicht 1x pro Monat einen Bericht über einen öffentlich finanzierten Bereich, wo nicht ganz massiv gekungelt, gemauschelt, betrogen oder gelogen wird zum Vorteil der Amtsinhaber, der Regierung oder der Partei. Und wenn die Suche schwierig ist, dann berichten Sie doch, wo Sie gesucht haben und nicht fündig geworden sind. Ich meine nicht die kleinen Gaunereien, denn die gibt´s ja wirklich überall und keiner sollte den ersten Stein werfen.

A. Ostrovsky / 23.07.2022

@K.Lehmann : “Darum schaue ich nur selten den RBB, um meine Eindrücke mir immer wieder zu bestätigen….” Falls Sie noch in der Zone wohnen, und kein Polnisch verstehen, bleibt Ihnen da nur der MDR unter Karola Wille. Das soll kein Vorwurf sein, nur ein Hinweis.

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