Es ist so kompliziert, weil man eine zweiseitige Sicht benutzt: etwa Räx gegen Lynx, Konserven gegen Revoluzzer o.ä. Das gehört alles zum späten 18. - frühen 19.Jh, und wir haben schon Mitte des 21.Jh. draußen. Grob gesagt, erleben wir einen Konflikt zwischen einer imperialen und einer nationalen Mentalität. Imperialisten sind diejenigen, die behaupten, dass die Schicksäle der Welt ausschließlich von Großmächten (USA, China, Russland, “vereintes” Europa - das letztere ist zwar ein Phantom ohne Oper, gehört aber mental zur gleichen Reihe) und “Großen Menschen” (Putin, Trump, Gorbatschow, Bill Gates, Klaus Schwab etc.) abhängt. Einzelne Völker (und schon sowieso Menschen) spielen keine Rolle, und kleine Völker wie Polen oder Ungarn seien für die Globale Politik wie Ameisen unter dem Füssen von Elefanten. Nationalisten glauben dagegen, dass menschliche SUBJEKTE bestimmte, flexible Gemeinschaften bilden (Nationen), in denen sie letztendlich selbst ihr Schicksal in eigene Hände nehmen können (wenn sie wollen). Sie können ihre Führer wählen und abwählen, ihren politischen Kurs finden oder ändern. Nun aber darf man aus dieser Zweiteilung nicht den Schluss ziehen, dass alle Imperialisten auf der einen Seite gegen Nationalisten stehen - im Gegenteil! Imperialisten sind (und das ist gut so!) im ewigen Kampf gegeneinander, denn jedes Imperium will wachsen (das gehört zur Definition eines Imperiums), und wachsen kann es nur auf die Kosten eines anderen Imperiums. Hoffentlich wird an dieser Stelle einigen klar, dass sowohl prorussische Pseudotauben (im wahren Sinne, d.h. sie können nicht hören) als auch harte antirussische Falken v.a. aus dem grünen Lager gleiche Imperialisten sind, nur stehen sie für verschiedene, einander hassende Imperien - aber für das SELBE imperiale Prinzip, genauso wie Hitler und Stalin für dasselbe totalitäre Prinzip standen, egal wie stark sie einander hassten.
Die Grünen hauen anderen so gern auf die Schnauze. Hauptsache sie müssen es nicht selber tun.
Die Verwirrung löst sich schnell auf, wenn man verstanden hat, dass es ganz und gar nicht die deutsche Entspannungspolitik gewesen ist, die Russland zu seinem Angriff auf die Ukraine motiviert hat. Es ist auch nicht die Entspannungspolitik der Grund, warum die Russen sich angewidert von Europa wegdrehen und sich nach China orientieren. Es ist ganz im Gegenteil doch so, dass die Entspannungspolitik mit einem Streich vom Tisch gewischt wurde, nachdem man ihre Grundlagen schon vorher schrittweise zerstört hat. Zum Beispiel durch den Betrug Merkels mit Minsk. Auf Deutsch nennt sich das “Zeitenwende”. Ausserdem brauchen wir in Europa keine Ostpolitik. Darum kümmern sich am Ende sowieso die USA. Biden fliegt direkt nach Warschau und Berlin, Brüssel und Paris, die er bisher nicht ein einziges Mal beehrt hat (deren Regierungschefs fahren ja auch regelmässig zur Audienz ins Weisse Haus), schauen erniedrigt zu. Die USA wollen ihre europäische Einflusszone um die Ukraine erweitern, Russland will das verhindern, das ist der eigentliche Grund für den Krieg.
Ist “die Sache” denn wirklich verwirrend? Oder kann sie nicht auf einfach Verständliches heruntergebrochen werden? Ein Weglassen von Doppelstandards und eine Rückführung bzw. ein Herunterbrechen von Taten oder Aktivitäten auf denen tatsächlichen Inhalt (oder auf deren konkrete Konsequenzen) - unabhängig wie schön oder rabulistisch der verwendete Begriff sein mag, mit dem die Taten einer Öffentlichkeit verkauft werden - würde den Großteil der Verwirrung auflösen: Ob ein Land mit Krieg überfallen, eine Revolution von außen angezettelt, ein Machthaber von Außenkräften umgebraucht wurde - läuft doch letzlich auf das gleiche Ergebnis hinaus… Dazu gehört natürlich auch ein Rückblick in die Geschichte. Welcher Herrscher (oder Herrschergruppe) versuchte nicht, seinen Machtbereich auszudehnen? Und dies gelang eben mehr oder weniger erfolgreich und mehr oder weniger lang andauernd. So entstanden Reiche (oder Herrschaftsbereiche) - und so gingen sie teilweise wieder unter. Der aktuelle Status Quo auf diesem Planeten ist eben ein zeitlicher Schnappschuss. Das Britische Empire ist Geschichte mit den Resten Falkland, Nordirland, Schottland, Wales, das US-Reich beherrscht aktuell neben Kanada den nordamerikanischen Kontinent und defacto Kolonien wie das eingegliederte Hawaii (usw. usw.), Frankreich hat als Kolonie noch franz. Guayana und Russland hat Sibirien usw. usw. (Diese Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit). Und dann haben wir die EU, deren Machthaber und Propagandisten gerade dabei sind bzw. versuchen, ein Reich zu schaffen, das - wie es schon Napoleon und Hitler versuchten, von der Biskaya bis zum Ural reichen soll. Was wiederum den US-Machthabern zuwider läuft, die Europa (bis zum Ural) als Vasallen sehen bzw. haben möchten.
Die Deutschen nehmen sich wie immer, auch schon früher, viel zu wichtig. Die “Musik spielt” bei wirklichen Großmächten wie USA, China, Rußland oder auch Indien und anderen aufstrebenen Nationen. Beispiel: russisches Gas, Öl und andere Rohstoffe, die wir nicht mehr abnehmen, gehen eben jetzt nach China und Indien und andere Länder. Von dort kaufen wir sie dann teuer zurück, meistens als weiterverarbeitete Erzeugnisse. Die osteuropäischen Länder sind klüger, sie machen den EU-Quatsch nur teilweise mit. Die deutsche Ostpolitik sollte sich an ihnen orientieren. Sie sind unsere Nachbarn.
Dieser Herr Cherepanyn behauptet: 1. Russland führt einen “totalen” Krieg: Eben das sucht Russland (bislang) zu vermeiden. Das ist sicher ein brutaler Krieg, wie zwangsläufig alle Kriege, aber er ist nicht “völkermörderisch”. 2. Er redet von “dem Westen”: Konkretisiert müßte es heißen, es gibt den Hegemon USA (mit Anhängseln wie GB), der sich in seinem Einflussbereich durchsetzt, nötigenfalls mit Sprengstoff, normalerweise reicht wirtschaftlicher Druck. 3. Die von C. so genannte “Euro-Maidan-Revolution” war in Wirklichkeit ein CIA-Putsch gegen eine gewählte Regierung. 4. Er fordert “Europa” solle sich für “Antioligarchie” einsetzen: Bravo, stoppen wir die Unterstützung der ganz und gar oligarchischen Ukraine. 5. Dass “der Westen” Osteuropa kolonialisiert habe, wie C. schreibt, ist nicht ganz falsch. In der Jelzin-Ära hat “der Westen” genauer: die USA, versucht, dies auf Russland auzudehnen, hat nicht funktioniert. Aber die USA bleiben dran und rücken dem russischen Bären immer näher auf den Pelz, der Bär fängt an sich zu wehren, wie böse, dem müssen wir die Beine wegschlagen, so dass er nicht wieder aufsteht usw. 6. Die Ukraine zahlt “jeden Tag einen immensen Preis” schreibt C.: Das ist sicher richtig, sie muss selbst wissen, ob es den Preis wert ist. Ich verzichte ausdrücklich darauf, dass die Ukrainer für mich kämpfen.
7. Die finale Behauptung C.s: “Die eigentliche Wahl, vor der der Westen derzeit steht, lautet jedoch, entweder unverzüglich alle ihm zur Verfügung stehenden militärischen, politischen und wirtschaftlichen Mittel einzusetzen, um die russischen Aggressoren zu besiegen und die Grenzen der Ukraine wiederherzustellen, oder erst dann zu intervenieren, wenn sich diese Aggression anderswo ausgeweitet hat und Osteuropa erneut zum Schlachtfeld geworden ist.”: Wie sollten stattdessen die Interessen Russlands berücksichtigen, verstehen und schauen, wie wir sie mit UNSEREN Interessen (kein selbstmörderischer Krieg mit Russland, stattdessen Freiheit, Wohlstand und Sicherheit) vereinbaren können. Das könnte heißen: Keine erneute Osterweiterung der NATO, Autonomie mit Schutz der Minderheiten in der Ostukraine, Anerkennung der Krim als russische Provinz, Handel mit Russland zum gegenseitigen Vorteil, Aufrüstung um unsere Unabhängigkeit zu stärken.
Ich wundere mich auch, dass sich die Grünen für den ukrainischen Nationalstaat engagieren, statt in marxistisch-leninistischer Tradition von den Ukrainern zu fordern, dass sie ihre nationale Identität, ihre nationale Kultur, ihre ethnische Homogenität aufgeben und sich in Mütterchen Russlands imperialen, kolonialen Armen im postsowjet-faschistischen Einheitsbrei auflösen. Bei uns propagieren die Grünen die Auflösung der Nationalstaaten und das EU-Kolonialreich. Die EU funktioniert wie ein Kolonialreich “nach innen”, sie betreibt einen Kolonialismus im inneren. Sie untergräbt die einzelnen Nationalstaaten und importiert Kolonisten aus allen unterentwickelten Ländern der Welt. Der alte Kolonialismus der Europäer war wenigstens eine Nivellierung nach oben, während der interne Kolonialismus der EU eine Nivellierung nach unten ist. Der Kolonialismus des späten 19 Jahrhunderts brachte die Staaten Afrikas innerhalb 1 Jahrhunderts aus der Steinzeit ins 20 Jahrhundert. Vielleicht sollten die Nachfahren ehemaliger Sklavenhändler tatsächlich eine Entschädigung zahlen. Beispielsweise könnten die Staaten Afrikas eine Entschädigung an die Schwarzen in der USA zahlen, schließlich verkauften schwarze Sklavenhändler ihre schwarzen Brüder an die muslimischen Sklavenhändler, die als Zwischenhändler fungierten.
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