Harte, kaum zu erfüllende Forderungen machen Religionen attraktiv. Siehe Islam, siehe Orthodoxie (in Südosteuropa wird fast jedes Kind getauft). Dabei ist es unerheblich, ob man sich selbst an die Gebote hält oder das überhaupt nur vorhat. Fundamentalisten und Traditionalisten, welche Eindeutigkeiten versprechen oder eine Sehnsucht nach dem Numinosen stillen, werden eine Zukunft haben (ob als Minderheit oder Mehrheit, wird je nach Region/Religion unterschiedlich sein). Dass mir das nicht gefällt, ändert nichts an der Tatsache. Somit folgt der synodale Weg und ähnliche Bewegungen (der deutsche “Mehrheits"protestantismus ohnehin) einer seltsamen Illusion, wenn man tatsächlich glauben sollte (oder es auch nur anstrebt), die “Herde” halten zu können.
“Die Entchristlichung des Landes hat zweifellos dramatische Ausmaße angenommen.” Als “Laien-Christ”, so möchte ich mich mal bezeichnen, stellt sich mir die Frage: sind die dramatischen Austritte aus den Amtskirchen tatsächlich ein Zeichen für Entchristlichung? Sind die Christen, die austreten, am Tag danach keine Christen mehr? Für mich stellt sich die Sachlage ganz anders dar: es findet eine dramatische Entchristlichung des Führungspersonals der beiden Amtskirchen statt, die ehrliche, überzeugte Christen nicht mittragen können und gehen lassen. Wenn der erwähnte Marx und sein evangelischer Genosse vor einer anderen Religion verschämt das Kreuz verstecken, outen sie sich selbst als überaus peinliche Antichristen. Die verhängnisvolle Rolle, die die führenden Würdenträger beider Amtskirchen in den Krisen “Flüchtlinge”, “PLANdemie” und jetzt “Klima-Lüge” spielen, tut ihr Übriges. Kirchentage sind inzwischen zu ekelerregenden, abstoßenden Shows rotgrüner Ideologie geworden, die laut schreienden Minderheiten Bühnen verschaffen und das christliche Menschenbild verhöhnen. Tiefgläubige Christen aus meinem persönlichen Umfeld wenden sich angewidert ab.
Der eine reitet in den Himmel (oder krabbelt an einer Leiter hoch wie ein Frosch im Glas, da sind sie sich nicht so einig), die andere fährt einfach. Wer`s glaubt, wird selig und kommt auch in den Himmel. Dort treffen sich dann alle; wird sicher lustig. Ist aber eher nichts für mich, ich hasse Menschenansammlungen.
Religion dient dazu, vermeintliche Werte zu vermitteln, ohne dass man sie wissenschaftlich begründen muss. Wer religiöse Werte wissenschaftlich widerlegt, gilt als Gotteslästerer und wird mit dem Ausstoß aus der Gesellschaft bestraft. Das galt im Mittelalter genau so wie heute. Religion ist Antiwissenschaft. Da die heutige Menschheit mit der 2000 Jahre alten Bibel nichts mehr anfangen kann, sind die christlichen Prediger auf die heutigen lukrativen Religionen aufgesprungen, nämlich der Corona- und der Klimareligion. Ein Abrutschen des Christentums in die Bedeutungslosigkeit halte ich persönlich keineswegs für bedenklich.
(2/2): Ein kleines Beispiel: Gleich im ersten Kapitel des Neuen Testaments, in Mt 1,25 heißt es, dass Josef seine Frau Maria „nicht erkannt“ hatte, bis sie Jesus gebar. Im grie. Original lautet die Konjunktion „heos“ (bis, während, so lange), und der Satz wäre nicht (so) formuliert worden, wäre anderes mitzuteilen gewesen. – Dass nach der Schuld des Dritten Reiches und der Not der Nachkriegszeit mit zunehmendem Wohlstand und Materialismus die Erkenntnis der eigenen Schuldhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit, mithin auch das Interesse am christlichen Glauben wich und zu einer ungerichteten spirituellen Sehnsucht wurde, die durch Sakralitäten jeglicher Couleur befriedigt werden muss, ist keine Überraschung, das hatte Joseph Ratzinger damals auch schon erkannt. Die wahre Zahl der gottgefällig Glaubenden und Lebenden oder eine Umkehr zu Gott hin ergibt sich aus den Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen nicht, das ist wie mit beim PCR-Test ...
Danke, Herr Etscheid – ja, in einer kultivierten Gesellschaft ist auch über diese Dinge zu reden. Heiligkeit und Tradition sind jedoch ganz unterschiedliche Dinge. Streng genommen sind die Evangelikalen – als die nicht liberal oder „ungläubig“ gewordenen Evangelischen – sogar die eigentlichen Traditionalisten, da sie sich nicht vorkonziliar oder vor-reformatorisch, sondern vor-kirchlich an Lehre und Leben der ersten Generation der Christenheit orientieren, wie sie im Neuen Testament überliefert sind. Jesus, der Immanuel („Gott mit uns“), bewegte sich unter dem einfachen Volk durchs Land, sprach ihre Sprache, benutze für sie verständliche Bilder (Gleichnisse), um ihnen die Heiligkeit Gottes und die Vernunft übersteigende Wahrheit nahezubringen. Die Versammlung zu Gebet, Lehre, Gemeinschaft und Brotbrechen (Abendmahl bzw. Eucharistie) und die Weitergabe des Evangeliums geschah auf einfachste und un-liturgische Weise, aber in der Gegenwart des Heiligen Geistes. Es gab damals keinen zum Altar hin und in einer Fremdsprache zelebrierenden Priester in schönen Gewändern, sakrale Gebäude und Riten. War doch Jesus selbst zum neuen und einzigen Hohenpriester und durch seine Hingabe zum einzig versöhnenden Opfer geworden. Die Vielzahl der Christen und Gemeinden wurde zum neuen „Leib Christi“ unter Jesus Christus als Haupt, wie es Paulus formulierte. Daher sind sich über die Jahrhunderte entwickelnde Formen und Riten nicht per se abzulehnen, aber sie sind nicht das Eigentliche und Heilsvermittelnde. Und damit wären wir beim Dissens zwischen Katholiken und Evangelischen. Bei aller Wertschätzung für Maria – zu glauben, dass sie auch nach Jesu Geburt für den Rest ihres Lebens mit ihrem Mann Josef nicht intim geworden sei, bereits ohne Erbsünde empfangen wurde, und am Ende als Jungfrau und sündlos wie Jesus in den Himmel aufgenommen wurde, fällt Evangelischen nicht leicht, zumal solche Behauptungen wesentlichen Linien der Bibel zuwiderlaufen. (1/2)
Die Entchristlichung des Landes hat dramatische Ausmaße angenommen. Was für eine Arroganz! Dieses Land wird nicht weniger christlich nur weil Leute die Amtskirche verlassen. In Bayern ist der Tag in jenen Gemeinden arbeitsfrei, die mehrheitlich eine katholische Bevölkerung haben, schreibt die faz. Wenn das in einigen Jahren nirgends der Fall ist, fällt die juristische Grundlage für den so begründeten öffentlichen Feiertag weg. Jeder darf sich einen Tag Urlaub nehmen wenn er an diesem Tag trotzdem nicht arbeiten will. Mich sorgen da ganz andere Dinge.
Zuerst, und damit widerhole ich mich, ist unser Europäischer Kulturraum kein christlich-jüdisch geprägter, sondern eine von der Aufklärung geprägte Kultur. Die christlichen Kirchen vergessen gerne, dass es gerade die katholische Kirche war, die die Aufklärung mit allen Mitteln bekämpft hatte, bis die Aufklärung nicht mehr aufzuhalten war. Seitdem biedert sich die Kirche dem jeweiligen Zeitgeist an. Mal war das das Nationalsozialistische Gedankengut, heute das Grünsozialistische. Ich gönne jedem Menschen seine Religion, ob Christlich, Jüdisch, Muslimisch oder Klimareligion. Hauptsache man zwingt mir den jeweiligen Glauben nicht auf und achtet die Menschenrechte. Das haben die Juden und Christen heute gemeinsam mit mir. Die anderen beiden stehen im klaren Widerspruch zu Freiwilligkeit und Menschenrechten.
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