Was geht im Kopf eine Politikers wie Friedrich Merz vor, der die Grünen erst zum Hauptgegner erklärt und dann eine Koalition mit ihnen nicht mehr ausschließt?
Was geht im Kopf eines Politikers vor? Vielen von uns Normalbürgern ist das ein Rätsel. Die Robusteren nehmen an, dass Politiker stets an den nächsten Wahltermin denken. Dafür spricht viel. Andere glauben, dass sie sich an Umfragewerten orientieren. Das darf man bezweifeln, wenn man sich anschaut, mit welcher Inbrunst an Meinung und Interesse der Bevölkerung vorbeiregiert wird. Doch wollen nicht viele unserer Politiker das Klima, die Welt oder die Demokratie retten? Das sind doch schon mal hehre Ziele, nicht bloß interessegeleiteter Opportunismus!
Nun, das Klima lässt sich nicht „retten“, für die Weltrettung fehlt das politische Mandat, und die Demokratie rettet man nicht durch Ausschaltung der parteipolitischen Opposition. Aber moralgesättigte hohe Ziele sind konkurrenz- oder alternativlos, das haben die Grünen zuerst, die anderen ein wenig später gelernt. Und sie haben den Vorteil, dass man damit die Bevölkerung moralisch erpressen kann.
Zurück zur Ausgangsfrage: Was geht im Kopf eine Politikers wie Friedrich Merz vor, der die Grünen erst zum Hauptgegner erklärt und dann eine Koalition mit der Partei auf Bundesebene nicht mehr ausschließt? Die Grünenvorsitzende Ricarda Lang begrüßt das gutgelaunt. Und „die-Quadratur-des-Kreises“-Robert Habeck begreift das als Chance, endlich den Rechtsradikalismus in Deutschland zurückzudrängen.
Die CDU als Antifa?
Nun, Merz verweist auf das Beispiel Hessen: Dort habe Boris Rhein von der CDU eine Koalition mit den Grünen nicht ausgeschlossen, um die Ansprüche der SPD möglichst kleinzuhalten. Gute Idee – aber sollte man das vorher ausplaudern?
Oder ist das schon längst eingetütet, wie Wolfgang Kubicki, stellvertretender FDP-Vorsitzender, in der „Bild“-Zeitung mutmaßt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck habe Friedrich Merz bereits „Verhandlungen über ein neues Sondervermögen für die Wirtschaft“ angeboten. Ja dann ...
Wir, die wir uns nicht wirklich auskennen mit dem, was in einem Politikerkopf so vor sich geht, fragen uns, ob Merz mit dem Flirt mit den Grünen womöglich die Merkelianer in seiner Partei ruhigstellen wollte? Vielleicht, aber die vertreten nicht unbedingt die Mehrheit der CDU-Wähler. Außerdem könnte es natürlich passieren, dass solche Pläne ausgerechnet den Anderen in die Hände spielen, der Werteunion von Hans-Georg Maaßen, dem Spaltpilz erst in und jetzt außerhalb der CDU. Und die hat bekanntlich keine Brandmauer gegen die Schwefelpartei AfD errichtet.
Lasst die AfD im östlichen Landsteil zulegen und die Maaßenpartei zweistellig werden – schon gibt es gänzlich andere Optionen. Wenn auch noch nicht für die Bundestagswahl. Aber was ist mit der FDP, die früher immer so nützlich war? Lustig ist ja schon die Aufforderung von Merz an die FDP, sich noch vor Ablauf der Legislaturperiode aus der Ampelregierung zurückzuziehen, anderenfalls werde man ihr die letzten ihrer Wähler abjagen. Recht hat er: Das wäre vielleicht die letzte Chance für die FDP, ein wenig Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Ob es dann allerdings bereits schon für eine schwarzgelbe Koalition reicht?
„Weiter so“ mit den Grünen?
Und so rechnen sie alle hin und her. Welche Optionen für die Machtübernahme bleiben, sofern man die AfD weiterhin ausschließt? Vor allem aber: Was spricht eigentlich für die CDU, außer, dass sie bundesweit wahrscheinlich stärkste Partei bleibt? Werden unter Merz unsere Grenzen effektiv kontrolliert? Wird es endlich jene „Deportation“ Illegaler und Straffälliger geben, von der der jetzige Kanzler Olaf Scholz spricht? Werden wichtige Industrien im Vertrauen auf Merz im Lande bleiben, denen er soeben in Hinblick auf Machtübernahme ein „Weiter so“ mit den Grünen vorgesetzt hat?
Wird der Kanzlerneubau gestoppt, werden Gelder für Entwicklungshilfe und grünrote „NGOs“ gekürzt, wird der Bundestag verkleinert, werden die tausende von Zuarbeitern in Ministerien und Parteien reduziert? Wird es unter Merz endlich eine vernünftige Agrar- und Energiepolitik geben, die dem Land noch ein Minimum an Souveränität, also an Unabhängigkeit von anderen, belässt? Gäbe es endlich gebotenen Widerstand gegen EU-Pläne und -vorschriften? Und gäbe es unter einer Merz-Regierung Respekt vor privaten Solidaritätsgemeinschaften wie Ehe und Familie, oder wird der zerstörerische Genderkurs fortgesetzt? Nun, davon erfährt man wenig. Aber vielleicht fühlt sich der CDU-Vorsitzenden ja nach den nächsten Wahlen ein wenig erleuchteter. Ist ja noch Zeit bis zur Bundestagswahl.
Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.
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