Früher, als Kind, war ich stolz Messdiener zu sein. Der Pfarrer und der Vikar waren für mich, ähnlich wie Ärzte und die Polizei, noch echte Autoritätspersonen, ohne die viele Feste, Rituale und Traditionen schier unvorstellbar waren. Klar, auch damals schon war nicht alles Gold, was glänzte und wie alle Jugendlichen lehnte man sich irgendwann gegen allzu harsche Glaubens- und Sittenvorstellungen auf. Aber heute ist davon nichts mehr übrig geblieben, als einige schöne Erinnerungen aus einer längst vergangenen Zeit. In diesem beliebigen, multikulturellen Lala- und Blödland, gibt es keine echten Werte und Überzeugungen mehr. Wozu also noch in der Kirche bleiben und deren feigen, wie zeitgeistig austauschbaren Protagonisten, Geld in den Allerwertesten schieben?! Ich bin folgerichtig ausgetreten, obwohl ich nach wie vor an Gott glaube. Aber ich kann schließlich auch Schwimmen, ohne im Schwimmverein zu sein!
Bin neulich ausgetreten. Alle Kinder habe ich mitgenommen. Habe in unserer Dorfkirche geheiratet und alle Taufen dort vornehmen lassen, darf den Laden aber nicht mehr betreten wegen Hausrecht und Maskenpflicht und ab Herbst wieder Zutritt nur für die überlebenden Impflinge. Wenn das der Jesus noch miterleben könnte.
Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus teilte mit, dass es letztlich eine individuelle Abwägung ” der Pfarrperson” (wörtlich!) sei, ob sie eine Trauung von zwei Kirchenaustretern vornehmen wolle. Also wozu noch Kirchenmitglied sein?
Glauben Sie, daß Frau Käßmann sich auch so geäußert hätte, wenn das konfessionslose Paar aus dem Kreis der Grünen gekommen wäre ?
Die Kirchen haben ihren Niedergang zum großen Teil selbst verschuldet. In der katholischen Kirche war manchmal ein starrer, lebensferner Konservativismus das Problem, v.a. das skandalöse Verbot “künstlicher” Verhütungsmittel. Aber auch die katholische Kirche ist unter Franziskus I endgültig zum Zeitgeist-Rummelplatz verkommen. Es lag nicht hauptsächlich an Franziskus, der Niedergang hatte viel früher angefangen. Heute überbieten katholische und protestantische Geistliche einander mit Kitsch (z.B. einem “Flüchtlings"boot als Altar und der Behauptung, Maria, Josef und das Baby Jesus seien “Flüchtlinge” gewesen, obwohl sie laut NT innerhalb der Grenzen ihres Landes Judäa wanderten und dabei nicht verfolgt wurden) und Einmischungen in politische Fragen, die sie nichts angehen (klima-aktivistisches Geplapper, Kniefälle vor den Muslimen). In protestantischen Extremfällen vergeistlicht man einen ev. Kirchentag mit Vulvenmalen. Man gibt sich alle Mühe, so fluide, beliebig, gleichzeitig totalitär und bedeutungslos wie der woke Zeitgeist zu werden. Man stützt die Regierungspolitik und gibt sich dabei ganz dolle aufsässig - eine typische, auch weit außerhalb der Kirchen beliebte Masche der medialen und “N"GO-Kulturrevolutionäre. Menschen mit religiösem Tiefgang fliehen aus den Kirchen entweder zu fundamentalistischen Sekten und sekten-ähnlichen Kreisen oder aber zum Islam.
Jahrzehntelang hat die evangelische Kirche dem Abbau aller Werte nicht nur tatenlos zugesehen, sondern die Reduzierung der Ehe auf eine Party „für alle” selbst mit betrieben. Wenn jetzt Hans und Franca Wurst auf diesen Trend aufspringen, braucht Frau Käßmann sich nicht so scheinheilig beklagen..
Wenigstens sterben lässt es sich noch gut katholisch. Ansonsten wird man als potenzieller Senioren-Killer tituliert, wenn man keine Lust hat, intravenöses Weihwasser aus Mainz (oder aus einem sonstigen heiligen Vakzinbrunnen) zu sich zu nehmen, wie etwa in der Adventsbotschaft 2021 verlautet, die damals der Hassprediger aus Rottenburg-Stuttgart von sich gab. Das Kindeswohl wäre nach dessen Worten ebenso durch die hiesigen Verweigerer gefährdet, was aus dem Munde eines Oberhirten bizarr anmutet, dessen Angestellte für ihre unerwünschten Streicheleinheiten gegenüber jener Altersgruppe berüchtigt sind. Eine Cartoon-Sequenz aus Monty Pythons Flying Circus, die im Original verworfen wurde (Season 2 “How not to be seen” / “Hidden joke” beim"Crackpot Religions Ltd.”-Sketch), aber z. B. auf Youtube bewundert werden kann (oder konnte), zeigt eine Kreuzigungsgruppe an Telefonmasten, über deren Drähte man direkt mit dem Liebhaftigen telefonieren kann. Und der Teufel zu Füßen fragt: “Hello, has anybody called?” Vielleicht war ja Lindner am anderen Ende der Leitung…
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