Gerd Buurmann / 09.12.2022 / 14:00 / Foto: achgut.com / 48 / Seite ausdrucken

Kurzkommentar: Im Zweifel gegen den Verdächtigen

Laut Innenministerin Nancy Faeser sollten Staatsbedienstete ihre Unschuld beweisen, wenn der Staat ihnen eine verfassungsfeindliche Gesinnung unterstellt und sie aus dem Dienst entfernen möchte. „Im Zweifel für den Angeklagten“ wird damit ad absurdum geführt.

Die Überzeugung, dass der Staat die Schuld eines Anklagten nachweisen muss und bis zum Beweis der Schuld jeder Angeklagte als unschuldig gilt, ist ein wichtiger Grundsatz in Rechtsstaaten. Am 16. März 2022 jedoch erklärte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser, dass dieser Grundsatz im Beamtenrecht nicht mehr gelten solle. Stattdessen sollten Staatsbedienstete ihre Unschuld beweisen, wenn der Staat ihnen eine verfassungsfeindliche Gesinnung unterstellt und sie aus dem Dienst entfernen möchte. Bei einer Befragung im deutschen Bundestag erklärte sie (ab Minute 53):

„Was mich schon seit langem umtreibt, ist, dass wir eine Möglichkeit schaffen, die Beweislast umzukehren, das heißt, wenn Tatsachen vorliegen, dass dann derjenige auch beweisen muss, dass es eben nicht so ist, anstelle dass der Staat immer nachweisen muss, sehr kompliziert, dass eben andere Gründe dafür vorliegen, dass er nicht verfassungstreu ist.“

Es ist erstaunlich, wie wenig Resonanz es auf diesen Aufruf einer deutschen Innenministerin zur Aufhebung dieses grundlegenden, rechtsstaatlichen Prinzips in der deutschen Presselandschaft gab. Hätte dies ein Viktor Orbán im ungarischen Parlament gefordert, die ARD hätte vermutlich sogar einen Brennpunkt dazu gesendet.

Was Nancy Faeser fordert, ist ein politisches System, bei dem man bei jeder Wahl Angst haben muss, dass der politische Gegner gewinnt. In einer Demokratie verschieben sich die Mächteverhältnisse ständig und auch die Gegner werden mal an die Hebel der Macht gelangen. Bei jedem Gesetz sollte man sich daher stets folgende Frage stellen: Kann ich wollen, dass dieses Gesetz auch gilt, wenn meine politischen Gegner an der Macht sind?

Wenn diese Frage mit Nein beantwortet wird, sollte von dem Gesetz Abstand genommen werden, denn der politische Gegner kann nach jeder Wahl an entscheidende Positionen der Macht kommen. Das ist das Wesen der Demokratie. Es ist daher gut, wenn ein neuer Wahlsieger kein System vorfindet, das es ihm ermöglicht, seine politischen Gegner zu entfernen.

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Hans-Peter Dollhopf / 09.12.2022

Franz Klar / 09.12.2022 “Wie weit ist Fräser seit März damit gekommen ? Hat Sie was unternommen ? Bitte immer Fakten mitliefern !” - - - Und was soll jetzt diese Pseudo-IQ-Simulation? Gottlob sind Sie kein “Wissenschaftlicher” Mitarbeiter an einem Lehrstuhl für Geistigen Stuhlgang. Oder?

T. Merkens / 09.12.2022

Die Kommentatoren Tina Tobel, Hans Marner, Oliver König und Gerhard Schäfer sprechen mir aus der Seele: Wer wollte sich wie wehren, wenn er unvermittelt von der bewaffneten Staatsmacht zum Teil einer “Reichsbürger-Verschwörung” erklärt würde? Hausdurchsuchung, Festnahme, Medienerichterstattung - selbt wenn es gelänge, nach geld- und nervenzehrenden Gerichtsverfahren die “Nichtexistenz” einer Verschwörung und damit seine “Nichtschuld” zu “beweisen” (und außerdem noch “Recht” zu bekommen…) wäre der angerichtete Schaden nicht mehr behebbar. Die Worte des Herrn Schäfer “Die sozialistische Hölle öffnet hier ihre Tore!” treffen es exakt! Unter anderem deswegen finde ich z. B. die Worte des Achse Autors Thomas Maul im vorangegangenen Beitrag “Prinz Putsch und seine Terror-Rasselbande” vollkommen unangemessen und beispiellos unwitzig. Ich wünsche ihm von Herzen, dass er selber (immerhin Achse-Autor) niemals eine derartige Aktion erleben muss und niemals von Journalisten so bezeichnet werden wird!

Werner Arning / 09.12.2022

Man darf gespannt sein, was Frau Faeser mit „wenn Tatsachen vorliegen“ meint. Etwa die Teilnahme an einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen, oder AfD zu wählen, oder bei achgut einen Kommentar zu verfassen, in welchem die Regierungspolitik kritisiert wird? Wo liegt die Grenze? Welche „Tatsache“ erachtet Frau Faeser als ausreichend, um eine Verfassungsuntreue zu unterstellen? Ach du lieber freiheitlicher Rechtsstaat. Das war’s dann wohl. Dachte mir schon, dass das ganze Putsch-Theater einen derartigen Hintergrund hat. Und die Medien, die beteiligten Beamten, die beteiligte Justiz, die beteiligten Polizisten, sie alle   machen mit. Unglaublich.

Dirk Jungnickel / 09.12.2022

Dies SPD Lady - Faeser wird man sich merken müssen. Wie hier schon angemerkt wurde, sind deren Ambitionen nicht neu, neu ist die Tatsache, dass sie sich wagt, sie auszusprechen, nein, dass sie die Unverschämtheit besitzt zu glauben damit durchzukommen. In der verblichenen “DDR” hatte man für den Frieden zu sein. das hieß  einer schwachsinnigen Ideologie zu folgen und ihre “Maßnahmen” nicht zu hinterfragen. Bei Faeser setze man für “Frieden” nur “Demokratie”  und wer g e g e n Demokratie ist, hat die Klappe zu halten. Was Faeser unter Demokratie verstehen mag,  wird immer deutlicher. Dem Michel werden nun tatsächliche undemokratische Umtriebe vorgeführt. Und ein Heinrich XIII. ist schon prima vista suspekt. Das wird noch garniert mit Putschplänen, Armbrustbewaffnungen, Antisemitismus, der nicht fehlen darf, sowie eineinhalb Bundeswehrsoldaten und einer gefährlichen Richterin. Spätestens hier kommt die AfD ins Spiel, der Esel den man meint, wenn man auf den Sack schlägt.  Auf dass der Michel die nicht mehr wählt ! Leider dürfte die peinliche und durchschaubare partiell Rechnung aufgehen ...

Peter Wachter / 09.12.2022

Nancy, Nancy, ich weiss was, ich hätt da so ein Kanditat, schau mal auf YT:“Rückzuführende verletzen sich mit Rasierklingen, um in Deutschland zu bleiben” | Lanz vom 08.12.22, krieg ich jetzt Pluspunkte ?

Rolf Mainz / 09.12.2022

Erstaunlich wie sicher sich Gestalten a la Faeser inzwischen zu fühlen scheinen. Sich selbst weitab von demokratischen Prinzipien bewegend, schwingen sie sich zu geradezu schwindelerregender Unverschämtheit auf, Andersdenkenden Verfassungsfeindschaft zu unterstellen. Hier hat man den Bock zum Gärtner gemacht, gar keine Frage. Seit 1945 ist zumindest in Westdeutschland die Demokratie nicht solcherart mit Füssen getreten worden. Und Ex-DDR-Bürger werden das basierende perfide Gedankengut nur allzu gut (also schlecht) in Erinnerung behalten haben. Verrat am deutschen Volk und an grundlegenden demokratischen, rechtstaatlichen Prinzipien. Und wieder - wie 1933 und 1949 - laufen viele, viel zu viele, mit.

Felix von Pommern / 09.12.2022

Moin, verstehe die ganzen Sorgen “nicht”. Die Flachwanze wird in den Körper implantiert und permanent von “vertrauenswürdigen” Privatfirmen, ansässig im Lande des Hegemons, überwacht und jede Bewegung, jedes Wort uswusf. “ganz sicher” und unter Beachtung des dann leicht anzupassenden Datenschutzes gespeichert. Und schon kann jeder—der “völlig freiwillig” dieser Totalüberwachung zugestimmt hat, stets seine Unschuld beweisen (lassen, gegen entsprechende Zuwendung in Zentralbankgeld). So sicher als sich Christen in 2000 Jahren erst letztens erstmalig das Singen verbieten ließen. Ich halte die ganze heute überall benannte und kommentierte Beweislastumkehr für einen Testballon ohne jede reale Folgenabschätzung. Frau Faeser möchte möglicherweise ihren Namen bekannter machen, besonders in Hessen. LG und Schöne Tage.

Emil.Meins / 09.12.2022

Ich habe vor kurzem wieder den Ersten Band von “Das Rad der Zeit” gelesen. Dort gibt es die “Weißmäntel” genannten “Kinder des Lichts”, die überall nach vermeintlichen “Schattenfreunden” suchen, also angeblichen Anhängern des “Dunklen Königs”, auch “Herz der Dunkelheit” oder “Vater der Lügen” genannt.  Ihr Ziel ist die Vernichtung aller Schattenfreunde und der Sieg über den Dunklen König, allerdings haben sie sich zu einer extrem ideologisch ausgerichteten, militärischen Organisation entwickelt, im Glauben, nur sie dienten der absoluten Wahrheit und dem Recht. Ihre Methoden sind willkürliche Festnahmen auch Unschuldiger, nur auf Verdacht, da sie in ihrem Wahn überall Feinde sehen. Diese gelten von vorneherein als schuldig, und werden verhört und gefoltert. Leugnen gilt als Beweis der Zugehörigkeit zum Schwarzen Herrscher und bedeutet “schuldig”, ein Geständnis hat dieselbe Konsequenz. Folglich hat ein einmal Beschuldigter fast keine Chance, ungeschoren davon zu kommen, egal was er sagt und tut. Bei der Heiligen Inquisition war es ähnlich, also alles schon mal dagewesen. Die Pläne Faesers sind nicht mehr weit davon entfernt, ein ähnliches Terrorregime zu errichten, und mit Haldenwang hat sie den richtigen Exekutor an der Hand, der bestimmt auch einen wunderbaren Nazischergen abgegeben hätte. Man muss sich nur eine Stahlrandbrille und eine fesche Uniform dazu denken, dann passt es. Das sind die eigentlich gefährlichen Leute: man braucht ihnen nur ein entsprechendes Amt geben, dann lernt man sie kennen.

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