Claudio Casula / 25.11.2023 / 10:00 / Foto: Abenteurer Morane / 31 / Seite ausdrucken

Kein Halt für Rechtsabbieger in Europa

Während man sich in Deutschland verbissen in der „Brandmauer“ verkeilt hat, werden im übrigen Europa fröhlich allerlei Bündnisse unter Beteiligung von Bürgerlichen, Konservativen und Patrioten geschmiedet: Mitte-rechts, rechts-links, rechts-rechts. Und die Welt geht nicht unter.

Es wird einsam um die politischen Exorzisten in Deutschland. Geert Wilders, frisch gekürter Wahlsieger in den Niederlanden, dürfte die nächste Regierung in Den Haag anführen – wahrscheinlich in einer Koalition mit respektive geduldet von Pieter Omtzigts Nieuw Sociaal Contract und den Rechtsliberalen um Dilan Yesilgöz. Die „Brandmauer“, die der scheidende Regierungschef Mark Rutte aufrechterhielt, wird dann eingestürzt sein. In Wien gingen ÖVP und FPÖ eine formelle Koalition ein, obwohl es der ÖVP auch für eine parlamentarische Mehrheit mit der SPÖ gereicht hätte, ohne dass Österreich seither um den Anschluss an Deutschland gebettelt hätte. Und auch im übrigen Europa sehen wir jede Menge Koalitionen, die nicht von Linksgrünen dominiert werden. Denn auch wenn es in Deutschland, wo der „Kampf gegen rechts“ ausgerufen und eine „Brandmauer“ errichtet wurde, vergessen sein mag: rechte, konservative, auch nationalistische Parteien zu wählen, ist jenseits unserer Grenzen völlig normal. Hier scheint inzwischen das gute alte Motto zu gelten: Right is right and left is wrong.

Werfen wir einen Blick auf die Europa-Karte und da zunächst nach Skandinavien. In Schweden lässt sich die Regierung Kristersson, eine Minderheitsregierung aus Moderater Sammlungspartei, Christdemokraten und Liberalen, von den Schwedendemokraten (bei uns als „rechtsextrem“ bzw. „Rääääächtspopulisten“ firmierend) tolerieren. In Norwegen gibt es eine Minderheitsregierung aus der sozialdemokratischen Arbeiderpartiet und der Zentrumspartei Senterpartiet. Und in Dänemark koaliert Ministerpräsidentin Frederiksen, eine Sozialdemokratin, mit der liberal-konservativen Venstre und den liberalen Moderaten. Die rechte dänische Volkspartei ist marginalisiert, seit die Regierung eine restriktivere Einwanderungspolitik praktiziert: Abschiebezentren, weniger Geld für Asylbewerber (meist Sachleistungen), erschwerter Familiennachzug, Beschlagnahmung von Wertsachen („Schmuckgesetz“), Verbot von mehr als 30 Prozent „nichtwestlichen“ Migranten in Stadtteilen („Ghetto-Gesetz“), Kita-Zwang, um die Kleinen auf westliche Werte einzunorden und ihnen die dänische Sprache zu vermitteln.

Das wirkte auf versorgungssuchende Migranten offenbar abschreckend. Von Platz 5 der EU-Länder mit den meisten Asylbewerbern rutschte Dänemark auf Platz 20, im vergangenen Jahr suchten nur 4.600 Menschen in Dänemark Asyl. Entweder wussten sie nichts von den Restriktionen oder sie gingen tatsächlich gezielt nach Dänemark, weil sie Smørrebrød und Pølser lieben. Scherz beiseite: Ganz offensichtlich hat die Abschaffung der Pull-Faktoren den Zustrom entscheidend abgeschwächt – jener Pull-Faktoren, deren bloße Existenz hierzulande von sich wie Aale windenden „Faktencheckern“ und „Migrationsforschern“ geleugnet wird (etwa hier, hier und hier).

„Ich will keine Mini-Gazas in Budapest“

Sehen wir nach Mittel- und Osteuropa, in die Visegrád-Staaten. Dort hat etwa der polnische EU-Parlamentarier Dominik Tarczyński überhaupt kein Problem damit, seine Abneigung gegen die „illegale muslimische Einwanderung“ kundzutun. Im Interview erwähnt er, dass genau deshalb, weil man keine illegalen Migranten aus islamischen Ländern über die Grenzen lasse, es noch nie einen Terroranschlag in Polen gab. Das Land habe zwei Millionen Ukrainer aufgenommen, aber die würden arbeiten und keinen Ärger machen. In Ungarn, wo die von Viktor Orbán geführte Koalition aus Fidesz („nationalkonservativ“, „rechtspopulistisch“) und KNDP (Christdemokraten) regiert, sieht man das ganz ähnlich. Orbán sieht, wie unsere Städte aussehen, er kennt unsere Kriminalstatistiken, und wenn er nach Frankreich blickt und etwa den brutalen Überfall von Migranten auf ein Dorffest registriert, wo die Täter „Wir wollen Weiße abstechen!“ rufen, sagt er sich: „Ich will keine Mini-Gazas in Budapest“

Die will man auch in Tschechien und in der Slowakei nicht. In Prag stellt das Mitte-Rechts-Bündnis SPOLU mit dem drittplatzierten Mitte-links-Bündnis aus Piraten und Stan eine Koalitionsregierung. Und in Bratislava gibt es neuerdings ein Bündnis von Robert Ficos linkspopulistischer Partei Smer mit der sozialdemokratischen Hlas und der nationalistischen SNS.

In Großbritannien sind die Konservativen an der Macht; es sei daran erinnert, dass das Vereinigte Königreich nicht zuletzt der verheerenden Migrationspolitik wegen aus der Europäischen Union austrat. In Italien regiert eine Rechts-Koalition aus Fratelli d'Italia, Lega und Forza Italia unter Ministerpräsidentin Georgia Meloni, der deutsche Leitmedien vor der Wahl das Etikett „Postfaschistin“ angeheftet hatten, wovon sie jetzt lieber Abstand nehmen; schließlich steht Italien auf der Seite der Ukraine, und Kanzler Scholz soll ganz gut mit ihr auskommen, da bietet sich die Verteufelung nicht mehr so an.

Bloß kein Wasser auf die Mühlen der Unaussprechlichen…

Und dann ist da noch Frankreich. Dort hockt Marine Le Pen schon in den Startlöchern, ihr Rassemblement National liegt in den Umfragen vorn. Wer es noch rechter mag, hat mit Eric Zemmour von der Partei Reconquête eine noch islamkritischere Alternative. Und selbst der wird nicht aus der öffentlichen Debatte ausgeschlossen, weil eine Beteiligung als gefährlich angesehen würde. „Wasser auf die Mühlen“ der Unaussprechlichen zu kippen ist eine spezifisch deutsche Angst, die der heimlichen Gewissheit geschuldet sein mag, in einer offenen Debatte den Kürzeren zu ziehen.

Der politische Gegner wird von unserem politmedialen Komplex weiterhin ins Reich des Bösen verbannt. Meloni, Le Pen, Wilders, Kickl, Orbán – die wurden alle, auch Trump und Milei jenseits des Atlantiks, in Slytherin sozialisiert. Schlimm, dass die tatsächlich gewählt werden. Das könnte bei uns nicht passieren, schließlich gibt es da die „Brandmauer“, die verlässlich verhindert, dass sich jemals Mehrheiten jenseits von Linksgrün bilden. Allerdings muss eine Brandmauer entsprechend § 30 der deutschen Musterbauordnung, um den Anforderungen der Feuerschutzklasse F90 zu entsprechen, bauartbedingt nur über einen Zeitraum von 90 Minuten ein Übergreifen von Flammen und Rauch auf benachbarte Gebäude verhindern.

Die 90 Minuten sind schon lange herum. Im übrigen Europa schmieden Konservative und „Rechtspopulisten“ Bündnisse und siehe da: Die Welt geht nicht unter. Wenn sich das herumspricht, ist die alberne Brandmauer früher oder später auch zwischen Rhein und Oder Geschichte. 

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten

Foto: Abenteurer Morane CC BY-SA 3.0, Link

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Sabine Heinrich / 26.11.2023

@Thomas Szabo: Gern würde ich Martin Luther spielen und denen, die unser Land mit Karacho ungebremst in den Untergang steuern, mindestens 100 Thesen nicht nur an jede Kirchentür nageln, sondern mit Schmackes um die die Ohren schlagen! Aber habe ich Lust, wegen pflichtbewusster Büttel und regierungstreuer Horden und Denunzianten jedweden Alters, Berufs (so sie einen haben) und Geschlechts für den Rest meines Lebens in den Knast zu wandern?

Wilfried Düring / 25.11.2023

Die Vergeßlichkeit des bunten Kanzler ist sprichwörtlich (Cum-Ex und Wirecard hab ich vergessen grad). Nun traf er sich mit Ministerpräsident Meloni und - gab ihr Hand. Offenbar hatte er vergessen wen er vor sich hat - schließlich ist Frau Meloni doch bekanntermaßen ‘Post-Faschistin’- man kann das in vor HASS triefenden Beiträgen der Qualitäts-Journos vom Relotius-Lügel ganz genau nachlesen. Aber wenn Olaf der Vergeßliche als bunter Kanzler Frau Meloni die Hand schüttelt - dann wird gemeine Steuerzahler das ja wohl auch dürfen. Und ich habe da auch eine ganz klare Haltung: Lieber eine POST-Faschisten als ein landesverräterischer originären FDJ-Bückling!

Thomin Weller / 25.11.2023

@Andreas Giovanni Brunner Sie verstehen vieles grundsätzlich nicht. Weltweit absolut einmalig war die industrielle Hand in Hand mit der Politik-Hochfinanz eines jeden EU Staat, die Vernichtung von Menschenleben durch Arbeit und speziell das Judentum. Der Begriff Shoa ist real und zum Glück bisher historisch einmalig in der Dimension. D.h. auch die Wirtschaft und Politiker haben mitgemacht. Vernichtung durch Arbeit, da ist die SPD wieder auf dem Pfad, ergo sozialistisch was sie vorgeben zu sein und nicht sind. Gut Bescheißen können sie.  Die grüne Pest ist, aus meiner Sicht eine alte Installation, zeitlich umbei Petra Kelly, der Geheimdienste. Ihnen fehlt die Differenzierung z.B. Politik, Kirche und Finanzwelt z.B. Schweiz. Ohne die Schweiz wäre eine solche Dimension der Vernichtung nie-niemals möglich gewesen. Sie gab die MEFO Kredite für die gesamte Vernichtung und Krieg. Aktuell wollen sie in die NATO, klar, es wird mächtig eng, die Schlinge zieht sich zu. Das Grüne hat sich auch nur ein Label namens “grün” umgehängt, ist aber ultra braun-schwarz religiös, eher Sekte… ferngelenkt. Sie müssen noch einiges lernen. Sorry, ich kann solch Geschreibsel nicht stehen lassen.

Mathias Rudek / 25.11.2023

Gott sei Dank lieber Herr Casula, bringen sie die inzwischen vernunft-bürgerlichen Regierungen noch einmal zusammen. Eine Wohltat.

Peter Robinson / 25.11.2023

Die Islam-Partei «DENK» hat 7 Prozent in den Niederländer gepunktet. Zur Erinnerung: die FDP ist mit 5 Prozent in der Regierung in Deutschland beteiligt.

Jürgen Knittel / 25.11.2023

Genau nationale Notlage, die nächsten Wahlen werden bis auf den Sankt Nimmerleinstag ausgesetzt und die amtierende Verwaltungsspitze durch Ermächtigung im Amt zementiert. Der Pöbel arbeitet sich an dem vermeintlich aufgedeckten Betrug durch “Karlsruhe” seinem Urteil ab, waren aber nicht beim Kameradschaftlichen Tête-à-Tête mit der Justiz dabei. Nicht einmal die Menüfolge zum Dinner wurde veröffentlich. Angemessen wäre Schweineschmalz mit Stulle und Gänsewein gewesen oder eine Diät aus Wassersuppe. Alles Verschwörungstheorien, aber die Verschwörungstheorien von gestern ist die Realität von heute oder morgen, sagte ein Freund,

Peter Robinson / 25.11.2023

Und Deutschland nimmt jetzt Afghanen aus Pakistan auf. “Zu den Schutzmaßnahmen zählt die Übermittlung einer Liste der sich in Pakistan aufhaltenden und in Deutschland aufzunehmenden Personen an das pakistanische Außenministerium”, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Clara Bünger, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete. // Offiziell nennt Pakistan Sicherheitsbedenken als Grund für die Abschiebungskampagne (1,7 Mio.), die nur wenige Monate vor den Parlamentswahl im Februar stattfindet. // Quelle exxpress.at

Tobias Meier / 25.11.2023

Alles nur eine Frage der Zeit. Wie lange hat nach der Wende denn die “Brandmauer” gegen PDS/die Linke gehalten? Sollte die CDU ihre Rückbesinnung auf konservative Werte beibehalten, bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als sich gegenüber der AfD und - wo möglich - den freien Wählern zu öffnen. Denn die Traumtänzer/innen wie außen aus der rotgrünen Ecke kommen dann nicht mehr als Koalitionspartner in Betracht. Und die FDP dürfte mit der Teilnahme an der Ampelregierung endgültig politischen Selbstmord begangen haben und im Nirwana der deutschen Parteiengeschichte verschwinden. Die Zeiten für absolute Mehrheiten nur einer Partei sind in Deutschland ebenfalls vorbei. Die AfD andererseits muss eigentlich “nur” clever genug sein, die rechtsradikalen Idioten in der Partei loszuwerden oder zumindest kaltzustellen. Sollte dies gelingen, kann es, vermutlich erst vorsichtig und auf Kommunal- oder Landesebene, binnen 5 Jahren die ersten Kooperationen und sogar Koalitionen zwischen schwarz und blau geben.

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