Kaiser Wilhelms grüne Nachfolger: Energiepolitik mit dem Kanonenboot

Dank blindem grünen Fanatismus, monistischer Weltsicht und totaler Ignoranz historischer Zusammenhänge, ergeben sich in der aktuellen Politik Parallelen zur Geschichte Deutschlands vor hundert Jahren. Nach grünem Benzin aus Patagonien und nach grünem Ammoniak aus Namibia soll nun grüner Wasserstoff aus Dänemark kommen.

Die deutsche Kanonenboot-Diplomatie im Ersten Weltkrieg war ein einziges Desaster. Der Kreuzer „Dresden“ versenkte sich selbst im März 1915 vor der chilenischen Küste, in der Skagerrak-Schlacht an Dänemarks Nordspitze wurde der Stolz der kaiserlichen Marine vernichtet, und, wenn wir Humphrey Bogart glauben können, dann hat er mit seiner „African Queen“ die Corvette „Königin Luise“ im Tanganjika-See erledigt.

Ausgerechnet in diesen drei Regionen – ChileAfrika und Dänemark – versucht die deutsche Regierung nun abermals, gut hundert Jahre später, mit einer neuen Strategie den Sieg zu erringen. Gekämpft wird diesmal nicht mit Kanonenbooten, sondern mit Windmühlen, statt Torpedos werden Milliarden an Steuergeldern verschossen, und der Feind heißt CO2. Ist das nicht Wahnsinn?

So wurde neulich mit Dänemark eine Vereinbarung über die Lieferung von „grünem“ Wasserstoff an Deutschland unterzeichnet. Erzeugt werden soll die Ware mit Windmühlen, geliefert werden soll sie per Rohrpost, angestrebt wird ein Umfang von einer Million Tonnen pro Jahr. Ja, hier soll nicht gekleckert werden, sondern geklotzt! Wie realistisch ist diese Zielsetzung? Ich schlage vor, wir schauen uns das mal an.

Windmühlen erzeugen Strom, mit dessen Hilfe man per Elektrolyse den begehrten Wasserstoff (H2) gewinnen kann. Pro Kilogramm (kg) H2 braucht man rund 10 Liter Wasser und 55 Kilowattstunden (kWh).

Die geplante Million Tonnen an H2 ist nichts anderes als eine Milliarde kg H2. Man bräuchte für die Elektrolyse nach Adam Riese also 55 Mrd. kWh pro Jahr. Kraftwerksfritzen würden hier von 55 Terawattstunden (TWh) sprechen. Ist das viel? Es ist rund die Hälfte der jährlich in Deutschland aus Windenergie erzeugten Elektrizität. Da müssten die Dänen dann für uns zehn- bis zwanzigtausend Windmühlen hinstellen – die haben ja sonst nichts zu tun, und Platz haben sie auch – oder?

Kopenhagen ohne Trinkwasser?

Bräuchte man da sonst noch etwas? Allerdings: man bräuchte 10 Milliarden Liter Wasser, genauer gesagt: Süßwasser. Das ist vielleicht so viel, wie die Bürger Kopenhagens pro Jahr verbrauchen. Sollte man denen jetzt das Wasser abgraben? Die Deutschen würden sich das vielleicht gefallen lassen, aber die Dänen wohl kaum. Man betreibt die Elektrolyse deswegen mit Seewasser, denn da stehen die Mühlen ja sowieso mitten drin. Allerdings senkt das den Wirkungsgrad erheblich.

Und noch etwas nagt an der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens. Man will den H2 ja per Rohr, à la Nordstream, nach Deutschland pusten, so mit etwa 1.000 km/h. Das kostet auch Energie. Es geht zwar auch langsamer, wenn man den H2 erst komprimiert, aber auch das kommt nicht zum Nulltarif. Anders gesagt, mit den erwähnten 55 TWh pro Jahr ist es nicht getan. Man bräuchte noch mehr Elektrizität! Das geht dann schon in Richtung Größenwahn – wie vor hundert Jahren.

Wie kann man sich auf solch ein unrealistisches Projekt überhaupt einlassen? Das kann passieren, wenn Kinderbuchautoren an die eigenen Märchen glauben – und wenn man ihnen Zugang zu Milliarden an Spielgeld gibt. Und wenn man sie mit Experten umgibt, deren Expertise darin besteht, das Richtige zu sagen, um weiterhin gut bezahlte Berateraufträge zu bekommen – um das zu erreichen, darf man dann alles sagen, nur nicht die Wahrheit. 

Stoppt denn niemand diesen Wahnsinn? Aber eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass die Ampel bei grünen Projekten auf Rot schaltet. Nach grünem Benzin aus Patagonien und nach grünem Ammoniak aus Namibia soll nun also grüner Wasserstoff aus Dänemark kommen. Auch diese Kanonenboot-Diplomatie wird scheitern, wie schon vor hundert Jahren; und vielleicht hatte ja auch damals jemand an seine eigenen Märchen geglaubt, und niemand traute sich zu widersprechen.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

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Leserpost

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R.Brenke / 17.05.2023

zur Erinnerung: Luftschiff “Hindenburg” explodierte, war mit Wasserstoff gefüllt AKW Fukushima flog auseinander, da sich darin Wasserstoff sammelte und zur Explosion kam Viel Spaß mit diesem hochentzündlichen Stoff!

Wolfgang Richter / 17.05.2023

Ein weiteres Beispiel in der langen Reihe von Unsinnsprojekten, das belegt, daß wir von Utopisten regiert werden, keinerlei Bezug zur Realität und dem Geld “der anderen”. Alles stoppen und zurück vor “Los”, mit kompetentem Personal, aussagekräftige Bewerbungsunterlagen zu senden an einen Bürgerausschuß.

Uwe Manzke / 17.05.2023

@Karsten Dörre: Da prustet mir vor Lachen doch glatt mein Bier wieder aus dem Mund ..... genau mein Humor ....

Michael Boden / 17.05.2023

Guter Artikel, Herr Hofmann-Reinecke, wie immer. Aber, die unbeholfene Kanonenbootdiplomatie fand nicht im WW I statt, sondern deutlich davor. Und Skagerak war keine Deutsche Niederlage, sondern ein Deutscher Sieg (Punktsieg nur, aber immerhin) Ich lebe 200 m nördlich des Nordostseekanals, den patriotische Dänen noch vor 25 Jahren als Dänische Südgrenze haben wollten. Ich war damals empört, heute nicht mehr. Es wär schön. 

S. E. L. Mueffler / 17.05.2023

Es geht mir dermaßen auf den Zeiger, wenn ich die ewig gleichen Herabsetzungen historischer Persönlichkeiten oder Institutionen lesen muß, die aus trübsten Quellen gespeist sind. Es sind falsche Gewissheiten, die mit den Realitäten wenig bis nichts zu tun haben, da sogenannte Sieger die Geschichte schrieben und schreiben. Es wird Zeit, dieses Wiederkäuen zu beenden.

T. Merkens / 17.05.2023

Lieber Herr Gerard Doering, Empfehlung: suchen Sie z. B. bitte mal nach “Deutschlands Vizekanzler spricht Dänisch und hat vier Söhne in Dänemark: “Das kann sehr wichtig sein“” Das sollte auf eine deutschsprachige “.dk” Seite führen.

C. Fischer / 17.05.2023

S.M. Willie Zwo mit den Grünen zu vergleichen, ist Majestätsbeleidigung!

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