Chaim Noll / 08.01.2020 / 06:15 / Foto: Freud / 102 / Seite ausdrucken

Iran: Deutschlands Großstrategen allein zu Haus

Präsident Trumps überraschende Aktion gegen eine der übelsten Figuren des Mittleren Ostens, den größenwahnsinnigen iranischen Terror-Strategen Soleimani, hat die deutsche Außenpolitik in eine bedrückende Lage gebracht. Das marode Teheraner Regime, das im vergangenen Herbst mit Mühe – nicht zuletzt dank der vorzeitlichen Grausamkeit Soleimanis – eine Rebellion verzweifelter Untertanen niedergeschlagen hatte, droht und übt Druck aus auf seine westlichen Sympathisanten. Unter sozialdemokratischen Außenministern hat sich Deutschland als einer der Hauptunterstützer des maroden Teheraner Regimes profiliert und fühlt sich nun, wenigstens verbal, zu Treuebekundungen aufgerufen.

In diesem Sinne veröffentlichte gestern die Internet-Ausgabe des Spiegel unter dem Titel „Der Bruch mit dem Westen“ einen Grundsatz-Artikel von Christiane Hoffmann, einer dort als Nahost-Expertin geltenden Redakteurin (zitiert nach dieser Quelle)

Frau Hoffmann hat Ende des vergangenen Jahrhunderts ein paar Jahre als Korrespondentin in Teheran verbracht, sie spricht Farsi und ist Autorin eines Buches „Hinter den Schleiern Irans. Einsichten in ein verborgenes Land“, das allerdings auch schon vor über einem Jahrzehnt (2009) erschienen ist. „Hoffmann saß 2017 zunehmend häufig in politischen Talkshows (Anne Will, Hart aber fair, Markus Lanz) sowie im ARD-Presseclub“, lässt uns Wikipedia wissen – offenbar gilt auch das als Qualifikation, um die komplexe Lage im Nahen Osten beurteilen zu können.

„Mit seinen Drohungen der vergangenen zwei Tage ist US-Präsident Donald Trump dabei, sich aus der westlichen Wertegemeinschaft zu verabschieden“, beginnt ihr Artikel. Die Verfasserin suggeriert, diese Wertegemeinschaft werde heute weltweit durch Angela Merkel repräsentiert, während die Vereinigten Staaten eine auf Abwegen befindliche marginale Größe darstellten, auf die man notfalls verzichten könne. „Von einem Amerika, das sich so klar gegen westliche Prinzipien stellt, muss sich Europa, deutlicher distanzieren“, fordert Frau Hoffmann. Die Europäer hätten „die völkerrechtswidrige Ermordung von Qasem Soleimani als unverhältnismäßige Eskalation des Konflikts (…) kritisieren“ müssen. „Das Vorgehen der USA wurde nicht einmal erwähnt. So macht Europa sich unglaubwürdig.“

Stattdessen müsse man den USA laut und machtvoll entgegentreten. Denn „die Leisetreterei der Europäer wird Trump nicht besänftigen. Im Gegenteil wächst die Gefahr, dass sich die USA zu weiterer Eskalation ermutigt sehen. Dann allerdings könnten auf die europäischen Alliierten bald unangenehme Entscheidungen zukommen: Was, wenn die Amerikaner einen iranischen Vergeltungsschlag zum Nato-Bündnisfall erklären wollen?“ Das ist offenbar für Frau Hoffmann und andere unter Amerikaphobie Leidende die schrecklichste Vorstellung: dass man für den NATO-Partner einstehen müsste, wie dieser es seit Jahrzehnten für Deutschland tut.

Es mag nicht sehr taktvoll klingen, muss aber einmal ausgesprochen werden: Das heutige Deutschland ist in der internationalen Politik ohne amerikanische Rückendeckung eine Stimme aus dem Nichts. Das Land hat unter der bleiernen Kanzlerschaft Angela Merkels weitgehend seine Verteidigungsfähigkeit eingebüßt, es ist nicht mal mehr imstande, seine Grenzen zu schützen, geschweige denn einen Angriff durch eine fremde Macht abzuwehren, etwa durch einen hochgerüsteten östlichen Nachbarn. Es gibt nicht mal mehr eine funktionierende eigene Armee, man wäre im Notfall ganz auf die NATO angewiesen, und die NATO steht und fällt mit den Vereinigten Staaten. Wer Deutschland wohl will, sollte dringend vor einer weiteren Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen warnen, statt die Konfrontation mit dem wichtigsten Verbündeten zu empfehlen, ein paar windigen Despoten zuliebe, wie den wankenden Mullahs in Teheran.

Für Großmacht-Strategen in den deutschen Medien wie Frau Hoffmann wäre es Zeit, den Ton zu mäßigen, statt zum „Bruch“ mit der Schutzmacht aufzurufen. Und für den Spiegel, auf kompetentere Analysten der deutschen außenpolitischen Situation zu setzen. Auf viele Arten kann man sich „unglaubwürdig“ machen, auch durch journalistische Suggestionen des Schwachsinns. Der iranische Größenwahn scheint auf manche deutsche Medienleute ansteckend zu wirken. Das gibt noch ein paar hochfliegende Augenblicke, ein paar Artikel im Vollrausch, aber am Ende – wie schon so oft – ein böses Erwachen.

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Leserpost

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W.Schneider / 08.01.2020

Welche Werte vertritt denn die Kanzlerin mit ihrer linken CDU außer dem Wert der ewigen Kanzlerschaft?

Hans-Peter Dollhopf / 08.01.2020

Herr Oehler, Sie sagen: “Der engste Verbündete der USA im Mittleren Osten ist das radikal islamistische Saudi-Arabien. Im Kampf gegen den Terror sind die USA daher keine Schutzmacht”. Als Small-Talk-Begriff taugt “Schutzmacht” als Reizwort, der keinerlei analytischen Gewinn bringt. Zwar hat der Begriff “Schutzmacht” auch ernst zu nehmende Bedeutungen, die nicht in diesen Ihren Zusammenhang einer “Problemermittlung” passen!

Karl Eduard / 08.01.2020

Es amüsiert mich immer dieses “Deutschland muß nun aber”. Deutschland ist objektiv zu gar nichts mehr in der Lage, selbst wenn die politische Führung irgend etwas wollte. Der Iran ist sowieso mit Sanktionen belegt, weshalb das Mittel ausfällt. Mit Deutschland geht es zügig bergab, was Bildung, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft betrifft. Das ist inzwischen im hintersten Winkel der Erde angekommen. Selbst in Brasilien, wo der Kanzlerin schon mal gesagt wird, sie soll sich um ihren eigenen Dreck scheren. Und das deutsche Militär ist ein Witz. Deutschland ist derzeit wie so ein winziger Kläffer, der einem gerade so bis zum Knöchel reicht und nur in der Lage ist, Krach zu schlagen. Ein größerer Hund, der dann die Geduld verliert, vom ganzen Gekläffe, macht einmal Haps und es hat sich ausgekläfft. Mit der flinken Schreibefeder wurde noch keine Auseinandersetzung gewonnen. Hinter diplomatischen Noten muß immer eine gut ausgerüstete, schlagkräftige Armee stehen, sonst taugen die diplomatischen Noten nicht mal zum Feuer machen. Nehmen wir mal Rußland. Bis 2014 war Rußland ein Witz. Dann hat Rußland seine Streitkräfte erfolgreich demonstrieren lassen, daß die Zeiten vorbei sind, wo es ignoriert werden konnte. Was haben wir? Weiber, die das Land zerstören. Sie schaffen das.

Gottfried Solwig / 08.01.2020

Was für ein kurzes Gedächtnis. Das klingt beim Spiegel so als ob das EU-Europa, den Krieg in Jugoslawien beendet hat und nicht die USA. Ohne die USA wäre auf dem Balkan immer noch krieg. Wenn es hart auf hart kommt wird dieser Konflikt die EU spalten. Polen z. B. wird sich niemals auf die EU verlassen können. Und ähnlich werden es auch andere Staaten wie Tschechien, Slowakei, Ungarn sehen. Und die Unterstützung seitens Großbritanniens hätten sie sicher. Es ist unglaublich, das jemand von “völkerrechtswidrige Ermordung” in einem Land spricht, dass seit 1998 die Aussiedleraufnahme der eigenen Landsleute aus dem Banat und Siebenbürgen in Rumänien Verfassungswidrig ablehnt. Und auch das hat seit 1998 von Spiegel bis Stern keiner als unrecht gesehen. Die Welt war die einzige Zeitung die ab 1996 die Einschränkung des Aussiedlerrechts als kritisch sah. Das zentrale Leitmotiv Konrad Adenauers für die Bundesrepublik “Wir wählen die Freiheit“ scheint den meisten Bürger keinen begriff mehr zu sein. Und mit dem ende der Kanzlerschaft Helmut Kohls, erleben wir eine wende in der Bundesrepublik, die seitdem alles auf dem Kopf stellt und die Menschen völlig entwurzelt.

Gerhard Rachor / 08.01.2020

Eine kleine Ergänzung zu meinem Kommentar: Der Blog sciencefiles schreibt heute einen Artikel mit folgender Überschrift „ Soleimani, den die ARD u.a. als “getöteter General” verharmlost, war ein Terrorist für die EU“. Laut diesem Artikel war Soleimani die Nr. 15 auf dieser Liste.

U. Unger / 08.01.2020

Gut Herr Noll, dass Sie und ich eine unzertrennbare Nähe zu den USA aufrechterhalten und dafür werben wollen. Die beschriebene Frau Hoffmann hat offensichtlich kein Talent und Einfühlungsvermögen, geschweige denn militärische Erfahrung, um auch nur annähernd zu überreissen, welche Waffe welche Wirkung entfaltet. Wirkungsketten zu untersuchen fällt Ihr offensichtlich generell auch nicht leicht. Das alleine die Zunahme der Atomwaffenstaaten die allgemeine Sicherheitslage generell verschlechtert, müsste sich eigentlich auch geistigen Leichtgewichten einigermaßen rational erschließen. Mit der Zahl menschlicher Bediener erhöht sich logischerweise das Risiko von reinen Fehlbedienungen erheblich. Die roten Telefone in Washington und Moskau dürfte es noch geben, so dass eine Fehlbedienung vermutlich ohne Eskalation abgewendet werden könnte. In allen anderen Konstellationen entdecke ich nichts Vergleichbares! Zudem gibt es genügend Erdoberfläche, auf der aktuell brutale Kampfhandlungen stattfinden. Wer da von einer friedlichen Welt fabuliert, hat nicht alle Latten am Zaun. Wer mit dem Iran mehr symphatisiert, als mit den englischsprachigen Mitgliedern der NATO, mag Werte haben, aber sicher keine “westlichen”. Das USA und Commonwealth Israel als militärischen Partner betrachten, halte ich für sicher. Das von den Atommächten nur China, USA, Frankreich, Israel, Rußland, GB als besonnen einzustufen sind, wage ich aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung zu glauben. Nicht viel, aber ausreichend für Frieden. Daran ändern Talkrunden im ÖRR nichts, egal wie hochklassig sie geführt werden.

Rolf Mainz / 08.01.2020

Wenn Frau Merkel tatsächlich die “westliche Wertegemeinschaft weltweit vertritt”, dann ist wirklich Gefahr im Verzuge. Und wenn eine Journalistin dies glaubt, dann erhebt sich darüber hinaus die Frage nach der Qualität nicht nur der aktuellen Regierungspolitik, sondern auch der aktuellen Medienlandschaft in Deutschland. Ob es völkerrechtlich zu vertreten ist, jemanden (selbst mutmassliche Terroristen) ohne Gerichtsverfahren umbringen zu lassen, sei dahingestellt - die gleiche Frage hätte die Dame jedoch auch Herrn Obama vorlegen müssen, als er auf gleicher rechtlicher Basis Herrn Bin Laden töten liess.

Hans-Peter Dollhopf / 08.01.2020

Herr Heinz, melden Sie sich ruhig, wenn Sie meinen, dass ich falschläge, aber was Sie hier erzählen, ist nicht korrekt. (1) Der UN-Sicherheitsrat überstimmt keine Resolutionen der UN-Vollversammlung, da es sich um getrennte Entscheidungsgremien handelt und die Generalversammlung überhaupt nicht völkerrechtlich bindend abstimmen lassen kann. (2) Es genügt das Veto von einem einzigen der fünf ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat. Dadurch ist es vollkommen egal, ob man sich, wie Sie es hier vorschlagen, Blöcke ausdenkt wie “westliche” oder “östliche” Staaten, welche unterschiedlich mächtig seien. Wenn etwa Russland mit “Njet!” stimmt, dann ist die Sache bereits entschieden, egal wie China dazu steht. Sie stellen hier die Situation als für den “Ostblock” ungerecht dar. Vergessen Sie’s, Sie regen sich unnötig an genau der falschen Stelle auf!

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