Manfred Haferburg / 13.12.2023 / 06:25 / Foto: Montage Achgut.com / 75 / Seite ausdrucken

Im Wasserstoffwirtschafts-Delirium (2)

Wasserstoff wird heute als Wundermittel der Energiewende gehandelt. Mit ihm sollen angeblich die Speicher-Probleme von Wind- und Sonnenenergie gelöst werden. Im 2. Teil einer Mythenkiller-Reihe über den „Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft“ in Deutschland geht es um die Gefährlichkeit.

Was hat der Zeppelin Hindenburg in Lakehurst mit dem Raumschiff „Challenger“ und den Turbinengebäuden der Reaktorblöcke in Fukushima gemeinsam? Sie wurden durch die Explosion von Wasserstoff zerstört. Wasserstoff wird als die Wunderwaffe der Energiewende gehandelt, hat aber offensichtlich ein großes Zerstörungspotenzial. Dieses Element soll den Verkehr, das Heizen, die Stromerzeugung, aber auch die Industrie umweltfreundlicher, das heißt kohlendioxidfrei machen.

Wasserstoff ist das kleinste und häufigste Element des Universums. Es ist das chemische Element mit der geringsten Atommasse. Sein häufigstes Isotop enthält kein Neutron, sondern besteht aus nur einem Proton und einem Elektron. Anders als auf der Sonne, dem Saturn oder Jupiter kommt das farb- und geruchslose Gas auf der Erde fast ausschließlich in gebundener Form vor: Es steckt in fossilen Rohstoffen wie Erdgas und Erdöl sowie in über der Hälfte aller bekannten Mineralien. Und wie sein Name und sein chemisches Symbol „H2“ bereits sagt, ist Wasserstoff auf der Erde vor allem in H2O, also in Wasser, gebunden.

Wasserstofferzeugung

Wasserstoff wird heute hauptsächlich mittels Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen. Dabei wird viel CO2 freigesetzt, was ihn nicht so umweltfreundlich macht wie gemeinhin gedacht. Alternativ kann Wasserstoff auch mit Strom im Elektrolyseverfahren erzeugt werden. Dabei wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Verwendet man dabei ausschließlich Strom aus regenerativen Quellen, gilt der Wasserstoff als CO2-frei und heißt „grüner Wasserstoff“. 

Wasserstoff im Transportwesen

Technologisch hat sich im Wasserstoff-Fahrzeugbau der Brennstoffzellenantrieb durchgesetzt. Er funktioniert wie ein umgedrehter Elektrolyseur: Wasserstoff wird mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft in Wasser und Strom aufgespalten. Ersteres sickert aus dem Auspuff, letzterer treibt einen Elektromotor an. Brennstoffzellenautos sind also auch E-Fahrzeuge. Im Vergleich zu den reinen Batteriefahrzeugen versprechen sie aber eine größere Reichweite und lassen sich fast ebenso schnell betanken wie ein Verbrenner – so die Argumente der Wasserstoffbefürworter. 

Wasserstoff soll auch Flugzeuge und Schiffe antreiben. Über lange Distanzen werden wir Menschen und Waren auch in fernerer Zukunft nicht vollelektrisch ans Ziel fliegen oder große Schiffe bewegen können. Denn dazu sind Batterien zu groß und zu schwer. Neben Biokraftstoffen setzt die Politik ihre Hoffnungen daher auf Wasserstoff. 

Wasserstoff für die Industrie und Stromproduktion

Mit einem Anteil von 25 Prozent ist die Industrie der zweitgrößte CO2-Produzent in Deutschland – noch vor dem Verkehr, der 20 Prozent beisteuert. Künftig soll Wasserstoff die Produktion von Stahl, Treibstoffen und Grundchemikalien klimafreundlicher machen. Doch auch ein großer Teil des Stroms, der etwa 25 Prozent des Primärenergiebedarfs ausmacht, soll mit Wasserstoff-Gasturbinen erzeugt werden, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen. Die Mengen an Wasserstoff, die dafür gebraucht werden, erscheinen schier ungeheuerlich. 

Die Bombe an Bord

Es hört sich so einfach an. Mit dem grünen Wasserstoffauto an die Tankstelle fahren, in drei Minuten volltanken, und auf geht’s zur Langstrecke. Doch so einfach ist das nicht. Wasserstoff muss nämlich entweder gasförmig unter hohem Druck (350 bar oder 700 bar) oder flüssig bei minus 253 Grad Celsius gespeichert werden. Die Automobilbranche setzt auf den Einsatz von Drucktanks, bei denen das Druckniveau bis zu 700 bar beträgt. In Brennstoffzellenfahrzeugen kommen kohlefaserummantelte Behälter aus Aluminium oder Kunststoff zum Einsatz. 

Schon ein Behälter mit einem Innendruck von 700 bar stellt ein Sicherheitsrisiko dar. 700 bar entspricht dem Druck einer 7 km tiefen Wassersäule. Wenn ein Behälter mit 700 bar Innendruck beschädigt wird, knallt es ganz erheblich. Dazu kommt noch das Knallgasrisiko der austretenden Wasserstoffwolke. Ein Wasserstofftank stellt bei einem schweren Unfall eine Bombe an Bord dar.

Betrachten wir mal einige kritische Risikofaktoren durch die Eigenschaften des kleinsten aller Moleküle:

Explosivität: Wasserstoff kann in seiner Reinform nicht explodieren. Das Risiko entsteht jedoch, wenn Wasserstoff in Kontakt mit Luft gerät. Treffen Wasserstoff und Sauerstoff aufeinander, reagieren sie explosiv. Diese Gefahr besteht, wenn Wasserstoff in einer Konzentration zwischen 4 und 77 Volumenprozent in der Luft liegt. Das bedeutet: Wenn Wasserstoff entweicht, kann bereits ein statischer Funke an der Kleidung ausreichen, um eine Explosion auszulösen.

Unsichtbare Flamme: Die Wasserstoff-Flamme ist sehr blass und bei Tageslicht nicht oder kaum sichtbar. Sie gibt wenig von der Infrarotstrahlung ab, die Menschen als Wärme wahrnehmen und kann daher nicht als solche empfunden werden. Sie emittiert erhebliche ultraviolette Strahlung. Daher sind spezielle UV-Detektoren erforderlich, um auf das Vorhandensein von Wasserstoff-Flammen hinzuweisen.

Leckagen: Aufgrund seiner geringen Molekülgröße und niedrigen Viskosität kann Wasserstoff schnell aus Druckgasleitungen und -behältern austreten. Wasserstoff kann sogar durch Stahlwände kriechen. Neben der richtigen Auslegung und Konstruktion sind Instandhaltung und regelmäßige Inspektionen unbedingt notwendig, um die Sicherheit einer Anlage zu gewährleisten. Stationäre Gasmesstechnik und Frühwarnsysteme sorgen für zusätzliche Sicherheit.

Materialversprödung: Wasserstoff ist das kleinste aller Moleküle und kann leicht durch Materialien dringen und diese in manchen Fällen verspröden. Die richtige Auswahl, Handhabung und Instandhaltung von Materialien sind entscheidend. Aus diesem Grund werden für Lagertanks in der Regel Edelstahl und Verbundwerkstoffe verwendet.

Gaswolken: Wie Ammoniak und Methan hat auch Wasserstoff eine geringere Dichte als Luft und bildet bei Undichtigkeiten Gaswolken an Innendecken. Diese neigen zu Explosionen. Gasmesstechnik in Garagen wird daher in der Regel oben installiert. 

Geruchlos und farblos: Wasserstoff hat keinen Geruch und keine Farbe, ist also für den Menschen nicht wahrnehmbar. Bei Methan wird dieses Problem durch die Zugabe von Duftstoffen entschärft. Ob dies auch bei Wasserstoff möglich ist, wird derzeit erst erforscht. Gas- und Leckagedetektoren sind hier unerlässlich.

Wenn man sich vorstellt, dass Millionen von harmlosen Laien bezüglich des Umgangs mit einem hochexplosiven Gas auf diese Technologie bei 40 Millionen Personenkraftwagen, vier Millionen Lastkraftwagen und Millionen von Landwirtschafts- und Baumaschinen losgelassen werden, fragt man sich unwillkürlich, mit wie vielen Wasserstoff-Austritten pro Tag gerechnet werden muss. Wird es Idioten geben, die versuchen, Wasserstoff aus Tanks zu klauen? Wie viele Tanks fliegen bei den 6.000 Verkehrsunfällen pro Tag in Deutschland in die Luft? Auch an die Wartung der Tanks, Tanksäulen und Kraftstoffleitungen werden Ansprüche gestellt, die mit einem Benzin- oder Dieselkraftstoffsystem, das weitestgehend drucklos funktioniert, nicht im Geringsten vergleichbar ist. Auch sind Benzin und Diesel zwar brennbar, bilden aber mit Luft nicht gleich so ein hochexplosives Gemisch wie Wasserstoff.

Ich bin überzeugt, dass eine übers ganze Land verbreitete Wasserstoffwirtschaft um ein Vielfaches gefährlicher ist als die Stromerzeugung durch Kernenergie in den Händen lizenzierter Operateure und streng überwachter Betreiber. Aber auch hier gilt die grüne Risikophilosophie: „No pain, no gain“. Na dann: Guten Flug.

Im nächsten und letzten Beitrag dieser Reihe widmet sich der Autor den Problemen bei der Beschaffung der Unmengen des für die komplette Dekarbonisierung benötigten Wasserstoffs.

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Foto: Montage Achgut.com

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Leserpost

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Thomin Weller / 13.12.2023

Königsdisziplin, aus Sonnenstrahlung gleich Wasserstoff erzeugen. In der Doku “Sonnenöfen der Pyrenäen” , in THEMIS, Odeillo u.a. behaupten Wissenschaftler der Helmholtz Gemeinde DLR das sie einen Ansatz gefunden haben, direkt aus der Sonne über einen Parabolspiegel Wasserstoff herzustellen. Der französisch, militärische Komplex hat dank Macrone die Anlagen, obwohl kurz zuvor mit zig Millionen modernisiert, eröffnet, wieder geschlossen. Wie glaubwürdig ist diese Helmholtz Gemeinde seit der Plandemie? Ich würde sie in einen Vulkan schmeißen wollen. Sie arbeiten gegen alle, verraten alles, selbst die Wissenschaft.

Sam Lowry / 13.12.2023

...bei Kippfenster ohne Heizung! Ich glaube nur noch, was ich selbst ausprobiert habe, und genau das sollte jeder so machen.

Sam Lowry / 13.12.2023

Jaja, und natürlich sind Teelichtöfen völlig nutzlos. Komisch, dass ich hier damit heizen kann… da helfen auch keine Panik-Videos von “Explodierenden Teelicht-Öfen” auf Youtube. Komisch, immer sehr viele Schnitte bis zum GAU. Ich habs ausprobiert. Die angeblich explodierenden Teelichtöfen erhält man nur unter Zugabe von Lampenöl oder Spiritus. Das sieht dann genauso aus wie im Video. Leider glauben das viel zuviele Vollidioten… ich habe hier mit 2 Teelichtöfen ohne Heizung lässige 24,3 Grad. Fertisch…

Sam Lowry / 13.12.2023

Nee, völlig ungefährlich. Wir vertrauen den Kommentatoren und der Regierung… bzw. beiden. Denn: Etwas 10.000 Dummschwätzer hat die Regierung unter sich, die das Internet und die Foren zersetzen. Da kann auch schonmal einer hier aufschlagen… wer das nicht weiß, weiß so ziemlich gar nichts!

Gerald Schwetlik / 13.12.2023

@michael foitzik ich kann doch nichts dafür, dass Herr Haferburg hier kompletten Unsinn verzapft. H2 hat mich mein ganzes naturwissenschaftliches und professionelles Leben begleitet, alles was ich da schreibe, entspricht Tatsachen. Herr Haferburg mag AKW Spezialist sein, von Wasserstoff hat er keinen Schimmer. Diese emotionale Betrachtung in seinem Beitrag ist einfach populistisch. Prüfen sie doch meine Angaben! Googeln sie den Chemiepark Marl. Googeln sie Hexagon Composites für die heutigen Lagermöglichkeiten, rufen sie chemische Institute in Deutschland und fragen sie wie oft denen eine Wasserstoffflasche um die Ohren geflogen ist. Fragen sie Hydrierbetriebe, die seit Jahrzehnten mit H2 aus Leitungen bedient werden. Sorry aber Herr Haferburg schreibt Unsinn. kompletten Unsinn. Er weiß nicht einmal, dass Wasserstoff detoniert = Überschallgeschwindigkeit der Druckwelle im Gegensatz zu einer Explosion = Unterschallgeschwindigkeit der Druckwelle. Das wäre das einzige Argument, das sachlich gesehen, H2 gefährlicher macht als fossile Gase. Ändert nix daran, dass ein zündbares Gemisch mit H2 nur schwer zu erreichen ist. Und hören sie auf den unseligen Zeppelin zu erwähnen.

Thomas Glass / 13.12.2023

Bei diesen ganzen Betrachtungen wird allerdings außer acht gelassen, dass Wasserstoff unglaublich leicht ist. Einmal frei gesetzt hat er nichts eiligeres zu tun, als in Richtung Weltraum aufzusteigen. Bei der “Hindenburg” dürfte nur die Hülle, der Treibstoff und Teile der Einrichtung gebrannt haben. Bei der “Challenger” sah es nur nach Explosion aus, weil sich das Gas schlagartig ausdehnen konnte. Meines Wissens nach brennt Wasserstoff übrigens mit kaum sichtbarer Flamme. Einzig in Fukushima konnte sich Knallgas bilden, weil das H2/O2-Gemisch in einem geschlossenen Raum “gefangen” war. Das ist in freier Umgebung vollkommen unmöglich.

Andy Malinski / 13.12.2023

@ Bernd Hartke: Da hat wohl in Papas Labor jemand gegen eindeutige Vorschriften verstoßen, nach denen eine Druckgasflasche nur im Transportwagen oder im Wandgestell zur Benutzung kommt. Viel Höhe, geringe Aufstandsfläche und etwas radialer Zug am oberen Ende und schon kippt eine frei stehende Druckflasche. Das Ventil, meist aus sprödem Messing und durch die Dekompression auch noch gut gekühlt, platzt beim Aufschlag weg und wer dann im Weg steht, wird zum Gesichtsältesten. Derart durchgehende Gasflaschen sind schon seit vielen Jahrzehnten bekannt ...

Klaus Keller / 13.12.2023

An Michael Foitzik: Danke für den Tipp! Das Gespräch mit Prof. Dr. Fritz Indra war sehr lehrreich und ich musste oft lachen. Glücklicher Weise ist lernen nicht immer ein schmerzhafter Prozess. Leute die ständig ihre Fehler widerholen haben schmerzen weil Sie eben nix lernen. PS Wenn man Bilder hochladen könnte, würde ich eines zeigen von einem zerstörten Rettungswagen, den die Detonation einer O2 Flasche zerlegte und da ging es vermutlich nur um den Druck in einer der Flaschen.

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