Anabel Schunke / 28.03.2018 / 06:25 / Foto: Leonhard Melzer / 45 / Seite ausdrucken

Hussein K., ein Mann im luftleeren Raum

Als Hussein K. am vergangenen Donnerstag zu einer lebenslangen Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt verurteilt wird, kommt es zu Applaus im Gerichtssaal. Die Rhein-Neckar-Zeitung attestiert dem Urteil darüber hinaus eine „gesellschaftliche beruhigende Wirkung“. Es ginge auch darum, „dass die Allgemeinheit die Justiz als gerecht empfindet“. Ein Eindruck, der besonders in den letzten zweieinhalb Jahren der Flüchtlingskrise Schaden genommen hat.

Die Euphorie in der deutschen Presse hält sich angesichts der harten Strafe für Hussein K. dennoch in Grenzen – anders als zu Beginn der massenhaften illegalen Migration nach Deutschland, die auch den späteren Mörder von Maria L., der zuvor bereits eine Frau in Griechenland eine Klippe hinunter geworfen hatte, eine Einwanderung nach Deutschland ermöglichte. Das Urteil sei „angemessen“ (Rhein-Neckar-Zeitung), „ein Grund, aufzuatmen“ (WELT). Der Prozess habe gezeigt, dass der deutsche Rechtsstaat „funktioniert und wehrhaft“ (Augsburger Allgemeine) ist. Die Sorge zahlreicher Bürger „vor einer unkontrollierten Einwanderung“ (FAZ) bliebe jedoch verständlich. Für die Justiz sei „der Fall – abgesehen von der Revision – erledigt“ (Reutlinger General-Anzeiger), dennoch blieben Fragen offen, die den politischen Bereich beträfen (Stuttgarter Nachrichten).

Einzig Solveig Bach weigert sich, in ihrem Kommentar auf der n-tv-Seite einen Zusammenhang zwischen der Flüchtlingsdebatte und dem Mord an Maria L. herzustellen. Hussein K. sei vor allem ein Verbrecher. Zwischen der Tatsache, dass er als Flüchtling hierher kam und der Tat „sollte man keinen zu einfachen Zusammenhang herstellen“. Die Richterin des Falls sieht das ähnlich. In ihrer Urteilsverkündung heißt es: „Die Tat ist nicht von einem Ausländer, einem Flüchtling, einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling, einem Mann verübt worden – sondern von einem Menschen", heißt es von Richterin Schenk: „Von Ihnen, Herr K."

Die Wiederentdeckung des Individuums

Ist es tatsächlich so einfach? In jedem Fall handelt es sich bei der Aussage der Richterin um einen cleveren Schachzug. Mit der plötzlichen Wiederentdeckung des in Deutschland eigentlich längst in Vergessenheit geratenen eigenverantwortlichen Individuums erfolgt die Loslösung aus jedweder gesellschaftlicher und politischer Verantwortung. Hussein K. wird zu einer Person im luftleeren Raum, in dem sich weder ignorante Flüchtlingshelfer noch grob fahrlässige Politiker bewegen.

Wurde mittels des linken Kampfbegriffes der „strukturellen Gewalt“ das eigenverantwortliche Individuum in einem mittlerweile Jahrzehnte andauernden Prozess nahezu komplett durch das „Opfer der äußeren Umstände“ ersetzt, entdeckt man es angesichts eines erdrückenden Zusammenhangs zwischen politischem Versagen und fast schon kriminell agierenden Bessermenschen wieder. Wer sich so daneben benimmt, dass ein Schönreden nicht mehr funktioniert, dem wird eben kurzerhand die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe abgesprochen.

Während bei jedem Vorzeige-Portemonnaie-Finder und künftigen Integrationsbambi-Gewinner der Flüchtlingsstatus nicht oft genug erwähnt werden kann, ist Hussein K. anscheinend ab dem Zeitpunkt des Mordes vom Himmel gefallen und hat mit Flüchtlingen genauso viel zu tun, wie der Terror mit dem Islam. Dass diese Beruhigungspille für einen stetig wachsenden Teil der Bevölkerung nicht mehr wirkt, zeigen die Reaktionen der Presse. Ein Gerechtigkeitsgefühl will sich ob der Verurteilung Hussein K.s anscheinend nicht einmal mehr dort einstellen, wo man die Politik der offenen Grenzen so lange wohlwollend begleitet hat.

Es zeigt sich: Wenn die Ungerechtigkeit nicht erst mit dem Mord beginnt, sondern schon mit einem illegalen Grenzübertritt, mit einer falschen Altersangabe und zu Unrecht erhaltenen Leistungen, wird das Urteil über den Mord allein keine Gerechtigkeit mehr herstellen. Dann wird deutlich, wie sehr der Rechtsstaat und das Vertrauen in selbigen tatsächlich Schaden durch diese Asylpolitik genommen hat und dass jedweder Versuch, die Zusammenhänge zwischen solchen Taten und dieser verantwortungslosen Politik zu leugnen, künftig nur noch stärker ins Leere laufen wird.

Menschen nicht so nah an sich heranlassen

Das Individuum, so viel steht fest, wird in Deutschland immer nur noch dann bemüht, wenn es einen Nutzen in der Debatte um Islam und unkontrollierte Einwanderung hat. Wenn es um das Ignorieren eines offensichtlichen Zusammenhangs zwischen einem bestialischen Mord und der Verweigerung etablierter Parteien, Grenzkontrollen einzuführen, genauso geht, wie um Asylverfahren und Religionsfreiheit.

Während das individuelle Recht eines Asylbewerbers auf Prüfung seines Einzelfalls vor deutschen Gerichten eine Abweisung an der Grenze – trotz vorheriger Wanderung durch mehrere sichere Drittstaaten – laut führender Politiker unmöglich macht, ist mein individuelles Recht als Bürger dieses Landes, diese Zuwanderung abzulehnen und von diesem Staat vor den mannigfaltigen negativen Auswirkungen selbiger geschützt zu werden, praktisch nicht mehr existent.

Eine Herauslösung aus dem Kollektiv der von der Politik verarschten Deutschen ist im Gegensatz zu Hussein K.s Herauslösung aus der Gruppe der Flüchtlinge nicht möglich. Stattdessen muss ich mir nicht nur von NRW-Innenminister Reul (CDU) in Bezug auf die wachsende Anzahl von Messerattacken sagen lassen, dass man andere Menschen eben nicht so nah an sich heranlassen müsse, sondern auch gesellschaftlich darüber diskutieren, ob der Islam zu Deutschland gehört.

In dieser Frage gibt zumindest Ursula von der Leyen eine klare Antwort. In einem BILD-Interview heißt es von der Verteidigungsministerin zu dieser Frage, dass es darauf ankäme, ob diejenigen, die eine bestimme Religion haben, zu unserem Grundgesetz stünden und ob es eine klare Trennung von Religion und Staat gäbe. Als Nikolaus Blome sie darauf hinweist, dass dies im Islam wohl kaum der Fall wäre, kontert die Ministerin: „Ich urteile aus der Position des individuellen Menschen, der glauben kann, woran er möchte, so lange klar ist: Für uns alle gilt die Verfassung und das Grundgesetz.“

In Berlin sehen das zwar einige Schüler inzwischen anders, aber das soll uns nicht davon abhalten, dem Islam als Religion des eigenverantwortlichen Individuums nach wie vor alle Freiheiten zuzugestehen, die es braucht, um sich ungestört zu entfalten. Und sollte doch mal wieder einer aus der Reihe tanzen, dann greifen wir erneut zum altbewährten „die Gesellschaft ist schuld“ oder erschaffen gleich einen luftleeren Raum, in dem nicht Flüchtlinge Straftaten begehen, sondern Menschen.

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Knoch Walter / 28.03.2018

Sehr geehrte, liebe Frau Schunke, Daumen und hoch für Ihren Beitrag. Dabei haben Sie in den zwei, drei Sätzen zu Beginn Ihres Textes schon alles gesagt. Paradigmenwechsel nach gusto, so heißt wohl das neue Om!!!!!

P.Steigert / 28.03.2018

Die deutschen Wähler haben es bei der letzten Wahl abgesegnet. Wenn es die Wähler nicht stört, dann kann es den Politkern doch egal sein.

Maja Schneider / 28.03.2018

Wieder einmal genau auf den Punkt getroffen, liebe Frau Schunke, ich stimme mit Ihnen in jedem Punkt überein. Es ist in der Tat der Gipfel an Raffinesse oder durchtriebener Propaganda(?), jetzt auf einmal den Menschen als Individuum mit Eigenverantwortung zu sehen! Und das in einem Staat, der sich seit Jahren durch Erziehung von oben, durch Gängelei und oft sinnlose Vorschriften in das Leben seiner Bürger und Bürgerinnen massiv hereindrängt bis hin zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, immer unter dem Deckmäntelchen, den Rechten nicht in die Hände spielen zu wollen und “Fake-news” sowie “hate speeches” schon im Keim zu ersticken. Jedes Mittel ist recht, um den fundamentalen Fehler in der Migrationspolitik zu vertuschen und ja keinen Zusammenhang zwischen der unkontrollierten massenhaften Zuwanderung vornehmlich junger Männer aus einem uns völlig fremden Kulturkreis und deren Konsequenzen für unser Zusammenleben herstellen zu müssen. Man kann nur hoffen, dass immer mehr Menschen, die hier schon länger leben, endlich aufwachen, der Realität in die Augen sehen und sich wehren.

Martin Landvoigt / 28.03.2018

Gerechtigkeit kann nicht sein, einen Mörder möglichst human dauerhaft wegzusperren, sondern die Rechte so zu schützen, dass es eben nicht zu Morden und anderen Verbrechen kommt. Denn Maria wird durch das Urteil nicht lebendig und auch nicht entschädigt. Statt dessen werden wir als Gemeinschaft der Steuerzahler unter diesem Urteil zumindest finanziell weiter leiden. Auch wenn die Gerichte nur unter der Maßgabe der individuellen Schuld urteilen können, so können sie dennoch jene Gerechtigkeit nicht herstellen. Der Schaden wird nicht geheilt, sondern das Mögliche getan, um dem zu wehren ... wirklich? Denn auch wenn es autochtone Verbrechen gibt, so ist es doch die Verantwortung der Politik, Schaden vom deutschen Volk und seinen Mitgliedern fern zu halten. Mit der unkontrollierten Öffnung der Grenzen wurde sie dieser Verantwortung nicht gerecht. Denn nur so wurden Gewalttäter in unübersehbarer Zahl in das Land geholt. Gerade mit einer ‘Refugees Welcome’ Kampagne wurde die Anreize und Signale für eine Massenmigration gesetzt. Von Anfang an wurde der Verdacht laut, dass es sich hierbei um überproportional viele Gewalttäter handeln würde. Dies wurde sehr harsch als rechtspopulistische Hetze und Rassismus abgetan. Dadurch wurden die Opfer erst zu solchen.

Rüdiger Kuth / 28.03.2018

Da kommt jemand illegal ins Land, lügt bei bei seiner Identität/Alter, meuchelt einen anderen Menschen - und dann ist die Gesellschaft schuld? Wow, was habe ich falsch gemacht??

Franck Royale / 28.03.2018

Wie jetzt, diese Tat ist nicht von einem “Mann” verübt worden? Die deutsche Presse und der betreute Bürger kennen doch nur diese eine Tätergruppe: Männer. Aber wenn wir schon mal bei derlei sprachlichen Feinheiten sind: Wenn Ursula von der Leyen ihre persönliche Meinung in der Öffentlichkeit kundtut, dann bitte unbedingt auch als Mensch, und nicht als Verteidigungsministerin - denn ich sehe absolut keinen Zusammenhang zwischen ihren Taten und militärisch notwendigen Verteidigungsaufgaben.

A. Witzgall / 28.03.2018

Ich glaube nicht, dass es so einen riesigen Aufwand um die Feststellung des Alters gegeben hätte, wäre der Druck seitens der schon länger hier Lebenden nicht so enorm gewesen. Herr Hussein K. hätte gute Chancen gehabt, als Minderjähriger Otto-Normal-Mörder durchzugehen. Das Urteil ist nach meiner Meinung auch allein diesem Druck geschuldet. Wenn jetzt dieses Urteil als Sieg des Rechtsstaates gefeiert wird, dann ist es vielleicht ein hoffnungsvoller Auftakt auch einmal Recht zu sprechen über illegale Einwanderung, brechen von EU-Gesetzen durch politisch Verantwortliche, Asylmissbrauch, Sozialmissbrauch, uvm. Also los, die Gesetze warten nur darauf umgesetzt zu werden, um der von unserem derzeitigen Innenminister festgestellten Herrschaft des Unrechts ein Ende zu bereiten.

Veronika Geiger / 28.03.2018

Hussein K. hat ein Gewaltverbrechen auf Korfu begangen und dafür für mehrere Jahre eine Gefängnisstrafe erhalten. Dennoch kam er bereits nach 2 Jahren wieder frei. Ich behaupte, dass Griechenland die “Gunst der Stunde” genutzt hat, als unsere Kanzlerin im September 2015 die Grenzen für Jedermann geöffnet hatte. Die griechischen überfüllten Gefängnisse wurden daraufhin geleert, in der Hoffnung, dass man diese gewalttätigen, nicht lernfähigen, kostenintensiven Straftäter Richtung Deutschland los wird. So geschehen bei Hussein K., der seine Chance nutzte sich als Minderjähriger hier gute Leistungen zu ergattern. Wohlmeinende Gutmenschen haben seinen Angaben zu seiner Person vorbehaltlos geglaubt. Es hieß, er wohnte bei Gasteltern in einem Wohngebiet der Gutbetuchten, betüttelt von gut meinenden Flüchtlingshelfern. Er hatte also eine Chance auf ein gutes Leben hier in Deutschland. Genau das entsetzt mich am allermeisten, dass er diese Chance ungenutzt ließ. Ich frage mich in wie vielen Angekommenen ebenfalls dieses gewaltbereite Potenzial steckt, das jederzeit zum Vorschein kommen kann? Zumal nicht jeder Angekommen solche “günstige Bedingungen” vorfindet wie Hussein K. Die Tat von Hussein K. ist zutiefst abscheulich und zunächst kann man schon sagen, diese Tat wurde nur von diesem einen Menschen begangen. Er allein ist dafür verantwortlich. Aber, waren es auch nicht die “Umstände”, die diese Tat überhaupt ermöglicht haben? “Umstände”, die sich eigentlich ein Rechtsstaat gar nicht leisten kann? Ich hoffe die Worte der Richterin haben eher zum Nachdenken angeregt und dass unsere gut meinenden Mitmenschen nicht mehr alles was ihnen so von unserer Regierung serviert wird völlig unkritisch hinnehmen. Dann wäre schon einiges gewonnen.

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